Übersteiger 105

Willkommen im Theater! 

Liebe Übersteiger-Leserinnen und Leser. Ja, Ihr seid natürlich alle da. Ob auch Gäste aus Dresden heute den Weg ans Millerntor fanden, lässt sich bisher nur vermuten. Wegen unentwegter Zündelei und einem Innenarchitektur Praxisversuch ihrer Fans in der Dortmunder Arena hat die SG Dynamo freiwillig auf ihr Kartenkontingent verzichtet. Das bedeutet aber nicht, dass sich keine Dresdner heute im Stadion aufhalten dürfen. Ob es ohne eigenen Gästeblock besser läuft? Mal sehen.

Es rauscht im Blätterwald, wenn es um Fußball, Gewalt und Pyro geht. Und da stehen wir natürlich nicht hinten an. Auch der Übersteiger macht mit und beschäftigt sich mit diesen Themen. Zum einen blicken wir zurück auf die Gespräche von DFB und DFL zu Pyroeinsätzen im Stadion und natürlich haben unsere redaktionseigenen Leuchtraketen-Fänger in Rostock auch ihre Erlebnisse im Heft beschrieben. Zu Hansa fällt uns eigentlich nur noch… Ach, drauf geschissen: WHO THE FUCK IS hansa rostock?

Was interessiert uns dieses Provinznest im Nordosten. Der Übersteiger ist weit rumgekommen und präsentiert euch den Eger in Brentford und wahre Helden hat er auch kennen gelernt und ist mit unserer Radsportabteilung rumgeradelt. Die große weite Finanzwelt hat den FC St. Pauli schon länger erreicht und nun können sich wahrscheinlich auch einige von Euch stolze Anleihezeichner nennen. Unser Finanzexperte hat sich die Anleihe und den dazu gehörenden Prospekt mal genauer angesehen. Wir raten: Wenn Ihr investieren wollt, dann kauft euch jedes Mal einen Zweit-Übersteiger. Das Geld ist bestimmt besser angelegt. Die weitere Vereinspolitik lassen wir selbstverständlich nicht außen vor. Unser armer Redakteur saß bis spät in der Nacht in der JHV und hat dann die weiteren dunklen Stunden durchgeschrieben, nur um Euch einen aktuellen Artikel zu servieren. Also greift zu und genießt. Auch im Stadionbau ist eine Entscheidung gefallen. Dazu gibt es hier und jetzt nichts, dafür aber in der nächsten Ausgabe, in der wir diesbezüglich mal fragen, wer eigentlich in unserem Verein das Sagen hat.

Ein vorerst letzte Mal was zu sagen hat die Weinbar St.Pauli, die auf ihre viel zu kurze Geschichte in unserem Heft zurückblickt. Das Raval hingegen hat seine Pforten leider schon seit zwei Wochen geschlossen, da sagen wir an dieser Stelle einfach nochmal nachtraglich „Tschüß“!

Auch wenn heute kaum Dresdner da sein sollten, habt ihr sie zumindest im Heft. Wir haben die Sachsen nicht ganz vergessen und beschäftigen uns tatsächlich mit ihnen, ohne sie einfach hinter den heimischen Ofen zu schicken. Vor eben diesem haben wir die Fans von Tebe – sorry, TeBo Berlin – gefunden und sie auch gleich zu zwei neuen Ausgaben der wunderbaren Lila Laune verdonnert. Warum Bürotechnik kein Verbrechen ist und an welcher Stange bei Tebe getanzt wird, könnt ihr in der Wiederauferstehung des wunderbaren Fanzines hier im Heft nachlesen. Besten Dank dafür nach Berlin: Nur ab jetzt müsst ihr das bedruckte Papier schon selbst bezahlen!

Als gewohnte Zugaben gibt es unsere Evergreens mit neuen Geschichten von alten Spielern, Statistik, Döntjjtes, Platten- und Buchrezis und vieles, vieles mehr. Unsere Titelfrage werden wir übrigens beim Verkauf der 106 wieder stellen. Dann geht es um Euch und die Frage, ob ihr auch alle im St. Pauli Museum gewesen seid. Wer das dann verneint, bekommt keinen Übersteiger. Jawohl! Also: Alle hin da!

Und nun Vorhang auf für den letzten Akt der Hinrunde. Wir sehen uns im nächsten Jahr!

Willkommen im Theater! 

Liebe Übersteiger-Leserinnen und Leser. Ja, Ihr seid natürlich alle da. Ob auch Gäste aus Dresden heute den Weg ans Millerntor fanden, lässt sich bisher nur vermuten. Wegen unentwegter Zündelei und einem Innenarchitektur Praxisversuch ihrer Fans in der Dortmunder Arena hat die SG Dynamo freiwillig auf ihr Kartenkontingent verzichtet. Das bedeutet aber nicht, dass sich keine Dresdner heute im Stadion aufhalten dürfen. Ob es ohne eigenen Gästeblock besser läuft? Mal sehen.

Es rauscht im Blätterwald, wenn es um Fußball, Gewalt und Pyro geht. Und da stehen wir natürlich nicht hinten an. Auch der Übersteiger macht mit und beschäftigt sich mit diesen Themen. Zum einen blicken wir zurück auf die Gespräche von DFB und DFL zu Pyroeinsätzen im Stadion und natürlich haben unsere redaktionseigenen Leuchtraketen-Fänger in Rostock auch ihre Erlebnisse im Heft beschrieben. Zu Hansa fällt uns eigentlich nur noch… Ach, drauf geschissen: WHO THE FUCK IS hansa rostock?

Was interessiert uns dieses Provinznest im Nordosten. Der Übersteiger ist weit rumgekommen und präsentiert euch den Eger in Brentford und wahre Helden hat er auch kennen gelernt und ist mit unserer Radsportabteilung rumgeradelt. Die große weite Finanzwelt hat den FC St. Pauli schon länger erreicht und nun können sich wahrscheinlich auch einige von Euch stolze Anleihezeichner nennen. Unser Finanzexperte hat sich die Anleihe und den dazu gehörenden Prospekt mal genauer angesehen. Wir raten: Wenn Ihr investieren wollt, dann kauft euch jedes Mal einen Zweit-Übersteiger. Das Geld ist bestimmt besser angelegt. Die weitere Vereinspolitik lassen wir selbstverständlich nicht außen vor. Unser armer Redakteur saß bis spät in der Nacht in der JHV und hat dann die weiteren dunklen Stunden durchgeschrieben, nur um Euch einen aktuellen Artikel zu servieren. Also greift zu und genießt. Auch im Stadionbau ist eine Entscheidung gefallen. Dazu gibt es hier und jetzt nichts, dafür aber in der nächsten Ausgabe, in der wir diesbezüglich mal fragen, wer eigentlich in unserem Verein das Sagen hat.

Ein vorerst letzte Mal was zu sagen hat die Weinbar St.Pauli, die auf ihre viel zu kurze Geschichte in unserem Heft zurückblickt. Das Raval hingegen hat seine Pforten leider schon seit zwei Wochen geschlossen, da sagen wir an dieser Stelle einfach nochmal nachtraglich „Tschüß“!

Auch wenn heute kaum Dresdner da sein sollten, habt ihr sie zumindest im Heft. Wir haben die Sachsen nicht ganz vergessen und beschäftigen uns tatsächlich mit ihnen, ohne sie einfach hinter den heimischen Ofen zu schicken. Vor eben diesem haben wir die Fans von Tebe – sorry, TeBo Berlin – gefunden und sie auch gleich zu zwei neuen Ausgaben der wunderbaren Lila Laune verdonnert. Warum Bürotechnik kein Verbrechen ist und an welcher Stange bei Tebe getanzt wird, könnt ihr in der Wiederauferstehung des wunderbaren Fanzines hier im Heft nachlesen. Besten Dank dafür nach Berlin: Nur ab jetzt müsst ihr das bedruckte Papier schon selbst bezahlen!

Als gewohnte Zugaben gibt es unsere Evergreens mit neuen Geschichten von alten Spielern, Statistik, Döntjjtes, Platten- und Buchrezis und vieles, vieles mehr. Unsere Titelfrage werden wir übrigens beim Verkauf der 106 wieder stellen. Dann geht es um Euch und die Frage, ob ihr auch alle im St. Pauli Museum gewesen seid. Wer das dann verneint, bekommt keinen Übersteiger. Jawohl! Also: Alle hin da!

Und nun Vorhang auf für den letzten Akt der Hinrunde. Wir sehen uns im nächsten Jahr!

Willkommen im Theater! 

Liebe Übersteiger-Leserinnen und Leser. Ja, Ihr seid natürlich alle da. Ob auch Gäste aus Dresden heute den Weg ans Millerntor fanden, lässt sich bisher nur vermuten. Wegen unentwegter Zündelei und einem Innenarchitektur Praxisversuch ihrer Fans in der Dortmunder Arena hat die SG Dynamo freiwillig auf ihr Kartenkontingent verzichtet. Das bedeutet aber nicht, dass sich keine Dresdner heute im Stadion aufhalten dürfen. Ob es ohne eigenen Gästeblock besser läuft? Mal sehen.

Es rauscht im Blätterwald, wenn es um Fußball, Gewalt und Pyro geht. Und da stehen wir natürlich nicht hinten an. Auch der Übersteiger macht mit und beschäftigt sich mit diesen Themen. Zum einen blicken wir zurück auf die Gespräche von DFB und DFL zu Pyroeinsätzen im Stadion und natürlich haben unsere redaktionseigenen Leuchtraketen-Fänger in Rostock auch ihre Erlebnisse im Heft beschrieben. Zu Hansa fällt uns eigentlich nur noch… Ach, drauf geschissen: WHO THE FUCK IS hansa rostock?

Was interessiert uns dieses Provinznest im Nordosten. Der Übersteiger ist weit rumgekommen und präsentiert euch den Eger in Brentford und wahre Helden hat er auch kennen gelernt und ist mit unserer Radsportabteilung rumgeradelt. Die große weite Finanzwelt hat den FC St. Pauli schon länger erreicht und nun können sich wahrscheinlich auch einige von Euch stolze Anleihezeichner nennen. Unser Finanzexperte hat sich die Anleihe und den dazu gehörenden Prospekt mal genauer angesehen. Wir raten: Wenn Ihr investieren wollt, dann kauft euch jedes Mal einen Zweit-Übersteiger. Das Geld ist bestimmt besser angelegt. Die weitere Vereinspolitik lassen wir selbstverständlich nicht außen vor. Unser armer Redakteur saß bis spät in der Nacht in der JHV und hat dann die weiteren dunklen Stunden durchgeschrieben, nur um Euch einen aktuellen Artikel zu servieren. Also greift zu und genießt. Auch im Stadionbau ist eine Entscheidung gefallen. Dazu gibt es hier und jetzt nichts, dafür aber in der nächsten Ausgabe, in der wir diesbezüglich mal fragen, wer eigentlich in unserem Verein das Sagen hat.

Ein vorerst letzte Mal was zu sagen hat die Weinbar St.Pauli, die auf ihre viel zu kurze Geschichte in unserem Heft zurückblickt. Das Raval hingegen hat seine Pforten leider schon seit zwei Wochen geschlossen, da sagen wir an dieser Stelle einfach nochmal nachtraglich „Tschüß“!

Auch wenn heute kaum Dresdner da sein sollten, habt ihr sie zumindest im Heft. Wir haben die Sachsen nicht ganz vergessen und beschäftigen uns tatsächlich mit ihnen, ohne sie einfach hinter den heimischen Ofen zu schicken. Vor eben diesem haben wir die Fans von Tebe – sorry, TeBo Berlin – gefunden und sie auch gleich zu zwei neuen Ausgaben der wunderbaren Lila Laune verdonnert. Warum Bürotechnik kein Verbrechen ist und an welcher Stange bei Tebe getanzt wird, könnt ihr in der Wiederauferstehung des wunderbaren Fanzines hier im Heft nachlesen. Besten Dank dafür nach Berlin: Nur ab jetzt müsst ihr das bedruckte Papier schon selbst bezahlen!

Als gewohnte Zugaben gibt es unsere Evergreens mit neuen Geschichten von alten Spielern, Statistik, Döntjjtes, Platten- und Buchrezis und vieles, vieles mehr. Unsere Titelfrage werden wir übrigens beim Verkauf der 106 wieder stellen. Dann geht es um Euch und die Frage, ob ihr auch alle im St. Pauli Museum gewesen seid. Wer das dann verneint, bekommt keinen Übersteiger. Jawohl! Also: Alle hin da!

Und nun Vorhang auf für den letzten Akt der Hinrunde. Wir sehen uns im nächsten Jahr!

Eure Übersteiger


Auf St. Pauli regeln wir das unter uns

Die Sankt-Pauli-Anleihe ist etwas für Liebhaber

Von Hermannus Pfeiffer

Fast ein Dutzend Profiklubs in Deutschland hat bereits Fan-Anleihen ausgegeben. Nun auch der FC St.Pauli. Ein gutes Geschäft ist das vor allem für den Klub.

Schon vor einigen Jahren haben deutsche Fußball-Klubs den Anleihemarkt als Finanzierungsquelle entdeckt. Doch so viel Gutmensch war selten im Kicker-Business wie dieses Mal: „Während wir in der Vergangenheit häufig darauf angewiesen waren, dass wir etwas bekamen, können wir nun etwas zurückgeben“, sagte Michael Meeske, Geschäftsführer des Hamburger Fußballclubs St.Pauli. Geben ist gewiss seliger denn Nehmen, doch einnehmen möchte unser populärer Verein trotzdem etwas, nämlich sechs Millionen Euro. Diese Millionen sollen Anhänger und Anleger dem Verein für den geplanten Ausbau von Stadion und Trainingsgelände leihen. Das ist jedoch nicht ohne Risiko.

Fast ein dutzend Profiklubs hat bereits Anleihen ausgegeben. Darunter so namhafte Vereine wie Schalke 04, 1. FC Köln und Hertha BSC, 1860 München, Hansa Rostock und Arminia Bielefeld. Mit dem frisch geliehenen Geld wurden Stadien ausgebaut, alte Schulden getilgt oder einfach nur der Verein für ein paar Monate finanziell über Wasser gehalten.

Stefan Ludwig, Fußballexperte der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte & Touche in Düsseldorf, hält Anleihen für „eine interessante Alternative“ zum Bankkredit. Die volle Summe für einen Stadionbau werde kaum über einen preiswerteren Kredit allein zu finanzieren sein und – aus Sicht des Vereins – sei „ein sinnvoller Mix bei der Finanzierung anzustreben“. Dazu gehörten dann auch Anleihen. Davon ist auch Geschäftsführer Meeske überzeugt: „Die Anleihe ist ein wichtiger Baustein der Finanzierung neben einem Darlehen und dem Eigenkapitalanteil, da die Last der Finanzierung somit noch auf eine weitere Schulter verteilt wird.“ Um den Ausbau der Gegengerade und Nordtribüne sowie des Trainingsgeländes an der Kollaustraße im Hamburger Stadtteil Niendorf zu finanzieren soll ein Darlehen von rund zwölf Millionen Euro aufgenommen werden. Dazu kommen fünf Millionen eigenes Kapital und – wenn alles wie geplant klappt – noch einmal sechs Millionen aus der Anleihe.

Auf einen weiteren Aspekt weist Professor Wolfgang Maennig, Sportökonom an der Uni Hamburg, hin: „Anleihen werden von Unternehmen auch auf dem allgemeinen Kapitalmarkt neu entdeckt, weil die Banken angesichts der Krise mit Krediten zurückhaltender umgehen.“ So würden die meisten Fußballvereine von den Banken entweder keinen Kredit erhalten oder nur zu deutlich höheren Zinssätzen als bei Anleihen. Daher sei auch die Entscheidung des FC St.Pauli nachzuvollziehen: „Ich bin sicher, Sankt Pauli würde für sechs Prozent kein Darlehen von einer Bank erhalten.“

Anderseits können Traditionsvereine wie der FC St. Pauli auf ein großes Potenzial an möglichen Anlegern „mit einer hohen emotionalen Bindung“ zurückgreifen – zehntausende Fußballanhänger – und brauchen daher nur einen niedrigeren Zinssatz zu bieten als normale mittelständische Unternehmen, ergänzt Analyst Ludwig. Auf „dem Markt“ entscheidet normalerweise das Verhältnis von Risiko und Rendite: Anleihen mit einem hohen Risiko wie das St.Pauli-Papier müssen daher eine hohe Rendite als Risikoprämie für Anleger bieten – und umgekehrt. Darum müssen einerseits große Spieler wie Airbus oder VW nur einen halb so hohen Zinssatz bieten, um fremdes Geld zu kriegen und anderseits selbst vergleichsweise namhafte Mittelständler, die in diesen Tagen Anleihen auflegen, wie die Süßkatzenproduzenten von Katjes (7,1 Prozent) oder der Badarmaturenhersteller Grohe (8,6 Prozent) deutlich mehr Zinsen bieten, als es unser Fußballklub tut. Dabei gelten deren Geschäftsmodelle vergleichsweise als grundsolide.

Trotz Milliardeneinnahmen schiebt die Fußballbranche einen großen Schuldenberg vor sich her. Alt- und die geplanten Neuschulden summieren sich bei St. Pauli auf rund 50 Millionen Euro. Ein dicker Batzen angesichts eines Geschäftsvolumens in der Zweiten Liga von Pi mal Daumen 15 Millionen. Der „fatale Wettbewerb“ zwinge die Vereine, in Spieler und Steine zu investieren, zeigt Sportökonom Maennig Verständnis. Der FC St. Pauli sei da noch recht ordentlich aufgestellt, die Schuldenquote entspreche etwa den Euro-Kriterien – insofern stehe der Verein besser da, als die Bundesrepublik mit ihrer deutlich höheren Schuldenquote. Allerdings wird die Verschuldung unseres FC St. Pauli und seiner diversen Tochtergesellschaften zukünftig deutlich höher ausfallen, als es bei vergleichbar kleinen Mittelständlern üblich ist.

Anderseits zeigen Studien von Professor Maennig, dass „sich der intelligente Ausbau der Infrastruktur rechnet“. So bringe ein Stadionausbau, wie ihn St. Pauli und Union Berlin planen, im Schnitt ein zweistelliges Plus bei den Zuschauereinnahmen. Die „Eisernen“ wollen zur Finanzierung demnächst Aktien ausschließlich an Vereinsmitglieder und Werbepartner verkaufen, die dadurch Miteigentümer des Stadions werden. Geld zurück vom Verein gibt es in diesem Modell dann nicht. 

Warum nicht Aktien?

Anders als in England oder der Türkei konnte sich die Aktie als Finanzierungsinstrument im deutschen Fußball nie so richtig durchsetzen. Das liegt zum einen am restriktiven Regelwerk des Deutschen Fußballbundes (DFB), zum anderen an schlechten Erfahrungen mit der einzigen Fußballaktie in der Bundesliga. Die Borussia Dortmund AG ging im Jahr 2000 mit Hilfe der Deutschen Bank an die Börse und kassierte Millionen. Für Anleger wurde die Aktie jedoch zum Eigentor: Den Platzierungspreis von elf Euro erreichte die Aktie nie wieder, und selbst nach der jüngsten Meisterschaft erklomm der BVB-Börsenkurs nur kurzzeitig die Drei-Euro-Marke, um dann wieder abzusteigen.

Kaum besser erging es den Vereinen im Mutterland des Fußball-Kapitalismus: England. Im Oktober 1983 spielte der spätere Jürgen-Klinsmann-Klub Tottenham Hotspurs als Erster an einer Börse vor. Zwischenzeitlich wuchs die Zahl der Soccer-AGs in Europa auf rund 40, die Hälfte davon in Großbritannien – meistens erfolglos. So hatte Rapid Wien 1991 noch seine Aktien zum Preis von 1.100 Schilling verkauft – knapp drei Jahre später wurde der Börsenhandel schon wieder ausgesetzt, weil der Rekordmeister vor dem Ruin stand; die Züricher Grasshopper Fussball AG verschwand trotz Unterstützung des Schweizer Großkapitals im April 2001 nach knapp vier Jahren und heftigen Kurseinbrüchen von der Börse. 

Bankrott waren zeitweilig auch die Tottenham Hotspurs. Andere britische Klubs, wie Manchester City und Hibernian Edinburgh, verschwanden vom Kurszettel. Nach einer Gründungswelle Mitte der neunziger Jahre hatte sich die anfängliche Kicker-Aktien-Euphorie trotz ansonsten boomender Börsen rasch verloren. Die ursprünglich traumhaften Erwartungen über künftige TV- und Werbe-Einnahmen hatten sich als unrealistisch hoch herausgestellt. Letztlich verkamen die Fußball-Werte zu Spielobjekten für Milliardäre aus Russland, USA oder Thailand, die sich teilweise ihre feindlichen, per Kredit finanzierten Übernahmen von den Übernahmekandidaten bezahlen lassen.

Den Einstieg eines Finanzinvestors, wie bei Manchester United oder dem FC Liverpool, verhindert hierzulande bislang der Deutsche Fußballbund. Der DFB schreibt vor, dass Vereine eine Mehrheit an ihren ausgegründeten Fußball-Kapitalgesellschaften halten müssen. Wirtschaftsliberale Fußball-Bosse, wie Hannover-96-Präsident Martin Kind, würden die geschlossene Gesellschaft gerne sprengen, um kapitalkräftige Investoren einzubinden. Nach jahrelangem Drängen gab der DFB im Sommer nach: Die 50+1-Regel bleibt zwar bestehen, aber die Lex Leverkusen wird abgeschafft. Damit können in Zukunft alle Bundesligisten weiter mit Investoren wie Martin Kind vom gleichnamigen Hörgerätehersteller zusammenarbeiten, die seit mehr als zwanzig Jahren im Verein aktiv sind.

Auch die DFB-Regeln konnten nicht verhindern, dass Konzerne wie VW (Wolfsburg) und der Chemiemulti Bayer (Leverkusen) sich Vereine kauften und Mäzene, wie in Hoffenheim, ihre Heimatvereine in die Bundesliga sponserten. Seine Unabhängigkeit wahrte dagegen ausgerechnet Rekordmeister Bayern. Als Dortmund einst an die Börse ging, holten sich die Münchner mit Adidas einen strategischen Minderheitsaktionär ins Geschäft. Später folgte der Automobilkonzern Audi. Die Ingolstädter beteiligten sich mit 9,09 Prozent an der FC Bayern AG, der Klub bekam dafür rund 90 Millionen Euro.

Um frisches Kapital zu beschaffen, ging der HSV vergangene Saison einen Mittelweg zwischen Mäzenatentum und Finanzinvestition. Der vor längerem in ein Steuerparadies in der Schweiz geflüchtete Hamburger Unternehmer Michael Kühne, stellte seinem Heimatverein 15 Millionen Euro zur Verfügung und erhielt dafür – im Fußballerdeutsch – „Anteile“ an den Spielern Marcell Jansen, Dennis Aogo und Paolo Guerrero. Werden diese Nationalspieler an einen anderen Klub „verkauft“, erhält Investor Kühne ein Drittel der Ablösesumme. Unter den Anhängern des HSV löste das Model „Anstoss³“ heftige Proteste aus. Fürchten Fußballfreunde doch unter anderem, dass der Investor-Mäzen bei Entscheidungen über seine Spieler das letzte Wort hat.

Auch am Millerntor hat man (schlechte) Erfahrungen mit Mäzenatentum a la Kühne gemacht. In den neunziger Jahren wurde unter Präsident Heinz Weisener die „Professor Sous und Partner Treufinanz GmbH & Co. St. Pauli Lizenz KG“ gegründet, die 1993 für über sechs Millionen Mark die Vermarktungsrechte am FC St. Pauli erwarb. Aus einer angedachten richtigen Anleihe wurde aber nichts. Unterm Strich konnte der Verein seine Schulden senken, profitierte von Zinsersparnissen – und „verschenkte“ einen Teil seiner Werberechte. Was bis heute finanziell negativ nachwirkt. Letztlich profitierte von dem Finanzierungsmodell wohl vor allem „Papa Heinz“, der einen Großteil seiner Millionen zurückerhielt, mit denen er jahrelang einen erstklassigen Fußball am Millerntor gefördert hatte.

Doch auch echte Fußballanleihen, wie die jetzt vom FC St. Pauli vertriebene, seien „Liebhaberstücke“ und die besitzen ein „hohes Risiko“, mahnt Henning Vöpel vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI). Bei einem Abstieg in die dritte oder vierte Liga könne schon in ein, zwei Jahren die Pleite drohen. Bei einer Anleihe-Laufzeit von fünf, sechs Jahren oder länger drohe daher immer „ein latentes Insolvenzrisiko“. 

FC-St.Pauli-Finanzexperte Meeske widerspricht. In der Dritten Liga gäbe es durchaus „substantielle Einsparungen“ und „voraussichtlich auch dauerhaft die Möglichkeit, die Anleihe zu bedienen“. Und zwar ohne dass der Verein seine sportliche Wettbewerbsfähigkeit verlöre. „Wenngleich“, räumt Meeske ein, „dies sicher einem gewissen Kraftakt gleichkäme.“ 

Doch es bleibt ein erhebliches Restrisiko. Jede Anleihe bedeutet für den Anleger ein finanzielles Risiko. In Aachen könnte schon 2013 die Losung tatsächlich heißen „Kein Geld zurück!“. Dann muss Alemannia die Tivoli-Anleihe für den Stadionneubau an 4.500 Zeichner zurückzahlen. Der Spitzenreiter in der ewigen Zweitligatabelle hat sich finanziell mit seinem Stadionneubau „Tivoli II“ übernommen und steht sportlich auf einem Abstiegsplatz. Die Dritte Liga und ein wirtschaftliches Desaster drohen.

Doch lassen wir uns nicht ins Bockshorn jagen. Gegen das Risiko der Anleihe steht eine „emotionale Rendite“ für Vereinsliebhaber. Anleger können ganz normal die Anleihe ins Depot bei einer Bank legen. Dann sind der Kauf und die Verwaltung der Anleihe ein schlichter, virtueller Buchungsakt, wie bei anderen Wertpapieren, beispielsweise von Daimler oder Siemens. Ab 100 Euro können auch reine Liebhaber des Vereins zulangen: Als Extra gibt es auf Wunsch gedruckte Schmuckurkunden mit Totenkopf und Spielerfotos, eine Devotionalie für die heimische Kuschelecke. Und es lockt ein Zusatznutzen für Dauerkartenbesitzer: Sie finanzieren gewissermaßen ihren eigenen Steh- oder Sitzplatz auf einer der neuen Tribünen. Aus meiner Sicht ist dies der überzeugendste Grund, um dem Vorstand Geld über sechs Jahre und acht Monate und mit ungewissem Ausgang zu leihen.

Mit „Hells Bells“ wurde der Verkaufsstart im „Ballsaal“ an einem Donnerstag Mitte November eingeläutet. Schätzungsweise 300 Interessierte kamen in den Ballsaal des Millerntorstadions und zeichneten spontan Anleihen für etwa 300.000 Euro (Anmerkung der Redaktion nach Redaktionsschluss: nur wenige Tage später waren bereits Anleihen für rund zwei Millionen Euro gezeichnet worden). Der Auftakt wurde in bester Littmann-Manier mit vollmundigen Versprechungen garniert, die hier nicht der Rede wert sind. Bis auf eine: Laut Vizepräsident Tjark Woydt wird mit einem Investor verhandelt, der eins, zwei, drei Millionen anlegen will. Die St.Pauli-Anleihe unter dem Motto „Auf St. Pauli regeln wir das unter uns“ kann noch bis Ende Januar gezeichnet werden.


“Wir sind ein Sportverein!” Oder?

Wir sind ein Sportverein

Nach den Formalien und dem würdigen Totengedenken begann der Bericht des Präsidiums. Stefan Orth widmete sich in einer recht kurzen Rede der Entscheidung zugunsten des Basismodells für die Gegengerade, der Kritik an der Vermarktung und was im abgelaufenen Jahr noch alles gelaufen war. Er bot wenig Angriffsfläche und bedankte sich gleich mehrfach bei der AFM, obwohl im Verlauf des Abends noch ein tiefes Zerwürfnis zutage treten sollte. Er schloss damit, dass er es begrüßen würde, wenn es in naher Zukunft wieder einen Fankongress geben würde. „Dann organisier ihn doch!“ kam als Zwischengemurmel aus unserem Sitzumfeld. Wenn er schon kein Mann der großen Worte ist, wäre es sicherlich schön, Taten sprechen zu lassen. Also voran, Stefan!

„Wir brauchen bei unserem starken Geschäftsführer auch ein starkes Präsidium!“

Für den Aufsichtsrat sprach Dr. Christoph Kröger. Deutlich positionierte der AR sich bzgl. einiger Anträge, formulierte z.B. das „unübliche Vorgehen des Präsidiums“ im Konflikt um die Zuordnung der A- und B-Jugend zum ideellen oder wirtschaftlichen Bereich „ohne Einbeziehung der AFM in den Entscheidungsprozess“. Zum Thema Gewalt im Fußball gab es ein wohltuend differenziertes Statement, welches Wert auf Kommunikation und Einbeziehung der Fans legte. Zum Abschluss lobte der AR dann noch die Erweiterung des Präsidiums auf vier Vizepräsidenten, denn neben anderen Gründen merke man immer wieder: „Wir brauchen bei unserem starken Geschäftsführer auch ein starkes Präsidium, um die Balance zu halten.“

Amateurvorstand Bodo Bodeit nahm neben dem Bericht aus den unterschiedlichen Abteilungen Bezug auf den Konflikt zwischen Frauenfußball- und Rugby-Abteilung, was in seinem späteren Antrag auch nochmal thematisiert wurde. Der Vortrag von AFM Abteilungsleiter Alexander Gunkel brachte dann den größten Konfliktherd des Abends auf den Tisch, den bereits beim AR erwähnten Streit um die Zuordnung der A- und B-Jugend. Um die Hintergründe komplett zu beleuchten fehlt hier der Platz, kurz gesagt will die AFM aus verständlichen Gründen nicht zur fremdbestimmten Melkkuh für den Restverein werden, sondern über die eigenen Gelder im Rahmen der satzungsgemäßen Aufgaben selber entscheiden. Der Verein sieht dies aus dem nüchternen Blickwinkel der steuerlichen Vorteile etwas anders. 

Satzungsänderungs- und normale Anträge

Ab ca. 22.00 Uhr kam es zu den insgesamt 21 gestellten Anträgen. Bei den Satzungsänderungsanträgen gab es nur zwei Diskussionen, nämlich zum einen bei der Verpflichtung des Präsidiums, Stellungnahmen zu Satzungsänderungsanträgen zehn Tage vor der Versammlung schriftlich zu hinterlegen. Dies interpretierten einige so, dass danach gar keine Äußerung (auch nicht auf der Versammlung selber) möglich sei, was natürlich nicht Intention des Antrags war. Trotzdem wurde er abgelehnt. Warum es wünschenswert wäre, dass das Präsidium freiwillig trotzdem zukünftig so verfährt, zeigte der Antrag zum konsolidierten Ergebnis der „FC St.Pauli – Gruppe“. Eine Fachdiskussion zwischen Steuerrechtlern und Wirtschaftsprüfern entspann sich vor dem staunenden Auditorium, welche Folgen der Antrag haben könne, gepaart mit dem hilflos wirkenden Versuch von Tjark Woydt, dies mit einem „Wir könnten das doch irgendwie so machen“-Antrag zu umgehen. Schlussendlich wurde auch dieser Antrag abgelehnt, als Appell darf er trotzdem verstanden werden.

Es folgten die normalen Anträge und zum Auftakt wurde über Stangentanz am Millerntor diskutiert. Orth griff bei seiner Nachfrage arg daneben und fragte, ob denn Damen-Beach-Volleyball und Trikot-Ausziehen beim Torjubel auch verboten sei, was bei aufmerksamem Lesen hätte vermieden werden können. Unter großem Applaus wurde der Antrag angenommen. Dies zieht noch nicht zwingend die Kündigung des Separées nach sich, ist aber ein erster Schritt. 

Fast einstimmig wurde die Umbenennung des Südkurven-Vorplatzes in Harald-Stender-Platz angenommen, dies wird nach Zustimmung der Stadt dann die neue postalische Anschrift des Vereins sein.

Abgelehnt wurde der Antrag die JHV zukünftig nur noch von Freitag bis Montag ansetzen zu dürfen. Argumentiert wurde damit, dass dies bei der Spielansetzung der DFL kaum machbar sei, so kurzfristig sind dann große Räume wie das CCH am Wochenende nicht mehr buchbar. Außerdem war die Zahl von über 900 Anwesenden an einem Dienstag im Vergleich zu gut 500 im vergangenen Jahr an einem Sonntag auch ein starkes Argument.

Die Verpflichtung mindestens 2.000 Stehplätze im Heimbereich beim Bau der Nordkurve zu schaffen hingegen angenommen. 

Es folgte die längste Debatte, um den Rückbau der Business-Seats. Ein ähnlicher Antrag im letzten Jahr war aufgrund schlechter Vorbereitung gescheitert, dieses Jahr sorgten mehrere Antragssteller für eine fundierte Vorbereitung und eine sehr gute Begründung auf der Versammlung selbst. Der Verein versuchte mit Zahlen zu kontern, 160.000,-€ in der 2.Liga sowie 700.000,-€ in der 1.Liga würden mit diesem Antrag pro Saison versenkt werden. Dies sei in Kombination mit der langen Laufzeit der Verträge (20 Jahre) nicht machbar. Es folgte eine intensive Diskussion, die durchaus konstruktiv erschien, wenn auch nicht jede Zahl nachprüfbar ist. Am Ende wurde der Antrag recht deutlich abgelehnt, entscheidenden Anteil daran hatte sicher auch der Wortbeitrag des PSD-Bank Vorsitzenden, der dem wankenden Präsidium zu Hilfe sprang. Leider zurückgezogen wurde der zweite Antrag bzgl. der Business Seats, der das Präsidium zur Ausarbeitung eines Konzepts zum Rückbau verpflichten sollte. Da er deutlich flexibler formuliert war, hätte er nach der vorangegangenen Diskussion wohl durchaus Chancen gehabt angenommen zu werden. In jedem Fall ein Thema, welches das Präsidium jetzt bewusster angehen muss, um im kommenden Jahr nicht dem nächsten Antrag gegenüberzustehen, der dann vielleicht angenommen wird. Dies zumindest haben die beiden gestellten Anträge hoffentlich erreicht.

Anschließend folgte der Grabenkampf zwischen AFM und Präsidium um die Zuordnung der Jugendmannschaften. Es zeigte sich in der Diskussion, dass auf beiden Seiten der Kamm schwillt. Zu viel scheint da in den vergangenen Monaten vorgefallen zu sein, eine einvernehmliche Lösung für beide Seiten außer Reichweite. Die sehr gute und sicher emotionale Rede von Alex Gunkel gab hier sicher den Ausschlag für die Annahme des Antrags, gleichzeitig war es ein deftiger Warnschuss ans Präsidium.

Der sehr gut vorgetragene Antrag auf Verschiebung des Neubaus der Gegengeraden um mindestens ein Jahr wurde wegen zwischenzeitlich geschaffener Fakten zurückgezogen, lässt sich im Lichterkarussel-Blog (lichterkarussel.net) aber ausführlich nachlesen.

Das Fazit

Das Präsidium wirkte schlecht und zu kurzfristig vorbereitet. Der Bericht des Präsidenten war schlicht unspektakulär und ohne Esprit vorgetragen, aus dem Saal kamen keine Fragen zu den offen daliegenden Themen. Dies änderte sich im Verlauf der Diskussionen um die wichtigen Anträge, wobei das Präsidium kaum in der Lage war angemessene Argumentationen für seine Standpunkte vorzutragen. Zwei Beispiele hierzu: Schon im letzten Jahr bemängelte die Kassenprüfung den fehlenden konsolidierten Jahresbericht, man gelobte Besserung, nichts geschah. Die beiden Satzungs- änderungsanträge zum Thema hätten dem Präsidium fast einen sehr teuren konkreten Handlungsauftrag erteilt und endeten in einer nahezu flehenden Bitte, beide Anträge abzulehnen. Schnell wurde klar, dass Hausaufgaben nicht erledigt sind, werte Herren! 

Wenn, wie selbst behauptet, dieses Anliegen im Sinne einer transparenten Darstellung aller Kosten der „FC St. Pauli – Gruppe“ schon seit einem Jahr ein aufrichtiges Anliegen ist, wundert man sich, wieso ihr nicht euren hoch bezahlten Geschäftsführer rechtzeitig damit beauftragt einen eigenen Antrag in eurem Sinne zu formulieren? Dafür sollte dieser freie Kapazitäten haben. Eure Entschuldigung, dass ihr euch alle um wichtige Dinge wie Stadionbau und die Anleihe kümmern müsst, deckt auf, dass strategische Kompetenz fehlt.

Man erkennt, dass der Präsident gegenüber gut vorbereiten Anträgen chancenlos herumeiert, was ihm zum Verhängnis werden könnte. So gab es min. 2 argumentativ gut vorbereitete Anträge (Teilweiser Rückbau der Business Seats & Terminaufschub Gegengeradenbau) bei denen letztlich ein Großsponsor in Form eines Vorstandsmitgliedes einer Bank eine Bresche für das Präsidium schlagen musste. Der Fall, dass beide Anträge aufgrund der schon angeheizten Saalstimmung durch gewunken worden wären, hätte einen folgenschweren Eingriff in das operative Geschäft dargestellt.

Die Folgen daraus hätte neben dem Gesichtsverlust gegenüber den Vertragspartnern konsequenter Weise ebenso die Vertrauensfrage an die Versammlung sein müssen! Wie sich das Präsidium in Mangel der Tragweite solcher Entscheidung dem naiv ausliefert und das Wohl des Vereins so leicht in Gefahr bringt, lässt einem mit offener Verwunderung und fassungsloses Kopfschütteln im Saal zurück. 

// Frodo & JanEcke


Alles nur Schall und Rauch?

Die Pyro-Initiative und der Untergang des Fußballs

Pyro

Gratulation! Im Namen der Übersteiger-Redaktion möchten wir Euch herzlich gratulieren. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass ihr jetzt gerade bei einem Fußballspiel oder zumindest kürzlich bei einem gewesen seid. Und Ihr habt überlebt – zumindest bis jetzt. Wollen wir hoffen, dass Ihr diese Übersteiger-Ausgabe ausgelesen hat, bevor die Personen neben Euch den nächsten „Anschlag auf den Fußball“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung) ausführen. Es rauscht gerade nicht nur im Blätterwald sondern auch in den oberen Etagen des Fußballmanagements. Gewalt und Pyroeinsatz in den Stadien werden mal wieder munter in einem Topf vermischt und der Brei dann populistisch in die Menge geworfen.

Wer hat noch nicht? Wer will noch mal? Dynamo-Fans nutzen die große Bühne der Live-Übertragung des DFB-Pokalspiels und drehen in Dortmund durch. In einem Anfall von Mackertum und in ihrem Selbstbild als ach so harte Szene greifen sie Polizisten und Ordner an und zerlegen den Catering-Bereich im Stadion. Dazu gibt es während des Spiels jede Menge Rauch und Bengalos, die auch noch unnötigerweise durch die Gegend fliegen. Einen Tag später zeigen ein paar Frankfurter und Lauterer, dass auch sie ihr Gehirn nicht mit zum Fußball nehmen und benehmen sich kräftig daneben. So weit, so unschön. Dass einen Tag vor dem Spiel der Sachsen in der Dortmunder Arena die Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen ihren Jahresbericht veröffentlichte, passte da nur zu gut ins Bild. Überall Gewalt und Terror im Fußball! 

Und so ging es hoch her. Der Rauch im Dortmunder Stadion war kaum verzogen, da starteten Politiker und Politikerinnen, Fußballfunktionäre und Polizei-Gewerkschaftler einen Wettbewerb, wer denn die populistischste Forderung aufstellen kann. „Es darf keine Tabus geben“, sagte der neue DFB-Sicherheitsbeauftragte und Ex-ZIS-Leiter Hendrik Große Lefert und so ging es dann auch los. DFB-Präsi Dr. Theo Zwanziger sinnierte über die Abschaffung von Stehplätzen, Ligapräsident Reinhard Rauball fand höhere Ticketpreise ganz toll, Eintracht Frankfurt Boss Heribert Bruchhagen verlangt eine gemeinsame Aktion aller Bundesligisten, keine Eintrittskarten mehr an „bekennende Ultras“ zu verkaufen, Hessens Innenminister will Personen, von denen die Polizei annimmt, dass diese mal straftätig werden könnten, öffentlich an den Pranger stellen und die Polizeigewerkschaften polterten los, als hätte Kim Yong Il zum Casting geladen, um den Posten seines Innenministers neu zu besetzen. In einem Punkt waren sich alle sehr schnell einig: über die sogenannte Legalisierung von Pyro-Technik in Fußballstadien wird nicht mehr gesprochen. Aus! Ende! Vorbei! Was vor wenigen Jahren – als der Betze noch wirklich brannte – als „südländische Atmosphäre“ und „tolle Stimmung“ verkauft wurde, war nun Teufelszeug. Alle Fans sind verantwortungslos! Außerdem ist das verboten. Basta! Aber worum ging es eigentlich bei den Pyro-Gesprächen? Wie liefen diese ab und welches Ziel verfolgten sie? 

Am Anfang waren Pyro-Gespräche

Es war ein Novum im deutschen Fußball. 55 Ultra-Gruppierungen haben sich zusammen geschlossen, um gemeinsam erste Ansätze für eine schrittweise Legalisierung von Pyrotechnik in den Stadien durchzusetzen. Gemeinsam mit verschiedenen Rechtsanwälten erarbeiteten die Gruppen ein Konzept, wie Pyrotechnik ohne Gefährdung von Zuschauern abgebrannt werden kann. Wohlgemerkt wurde von der Initiative „Pyrotechnik ist kein Verbrechen“ genau differenziert. Böller, Leuchtmunition und das Werfen von Bengalos lehnen sie kategorisch ab. Vorfälle wie der sowohl höchst kriminell als auch schwachsinnige Böllerwurf der Münsteraner in Osnabrück sind daher keineswegs mit den Zielen der Kampagne gleichzusetzen. Dass ein Bengalo nun nicht die allergrößte Gefahr für Leib und Leben darstellt, wenn Fan es kontrolliert in der Hand abbrennen kann, zeigte schon die DFL bei der Saisoneröffnung 2009 in Wolfsburg. Hier ließ es die DFL rauchen, blitzen und qualmen bis buchstäblich die Feuerwehr kam. Das können wir auch, dachten sich die Fans und legten dem DFB ihr Konzept vor. Dabei ging es der Initiative nicht darum, dass DFB und DFL den Einsatz jetzt komplett legalisieren – denn diese Kompetenz steht dem Fußball schlicht nicht zu, der DFB darf ja auch nicht einfach Körperverletzung bei Fußballspielen als legal bezeichnen – sondern der DFB sollte bereit sein, bei vorher angemeldeten und durch Behörden genehmigten Pyroshows auf die Strafe zu verzichten. Lokalen und regionalen Einigungen zwischen Fans, Verein und allen Behörden sollte der Verband nicht mehr im Weg stehen. Also legte die Initiative dem DFB das Konzept als Tischvorlage vor und wartete auf ein Gesprächsangebot. 

Pyro

Ein Koch ist der Chef

Es dauerte nicht wirklich lange bis sich DFB und DFL zu Gesprächen bereit erklärten und sich mit der Pyro-Initiative und deren Anwälten an einen Tisch setzten. Es hat ja auch alles nichts gebracht. Weder mehr Kontrolle vor, noch mehr Blockstürme der Polizei nach einem Pyroeinsatz – es qualmte und blitzte weiter in den Stadien. Alle Versuche, Pyro mit Durchsuchungen und Gewalt zu unterbinden, blieben sinnlos und führten nur zu einer Gewaltspirale. Erstaunlich ist, dass dem DFB das Thema wohl sehr wichtig war. Denn neben dem damaligen Hauptabteilungsleiter Sicherheit und Prävention, Helmut Spahn, nahm auch DFB-Vizepräsident Rainer Koch an den Gesprächen teil. Das ist nicht wirklich die Arbeitsebene, das ist das Top-Management des Deutschen Fußballbundes. Rainer Koch war es auch, der die Vorlage der Ultras allzu gerne aufnahm und innerhalb des DFB für einen Dialog warb. Das ist zunächst sehr positiv und durchaus lobenswert. Verwundert rieben sich da einige Fans die Augen. Sollte dem DFB tatsächlich etwas an diesen Gesprächen liegen? Zeigt der Fußball Lösungskompetenz? Sieht er etwa das Potential, wenn 55 Ultra-Gruppierungen zum Dialog bereit sind? Das Misstrauen auf Fanseite war groß und dieses war berechtigt, wie sich nur wenige Monate später zeigen sollte. Zunächst verliefen die Gespräche jedoch äußerst vielversprechend. Beide Seiten nahmen Argumente und Bedenken der anderen Seite auf und diskutierten offen und zielorientiert. 

Ene, mene, muh und raus bist du

Diese Zielorientierung war es wohl auch, die dem DFB nicht geheuer war. Denn nach nur einem Gespräch zeigten sich die unterschiedlichen Gesprächstaktiken von DFB und Pyro-Befürwortern. Der DFB wollte mit Auflagen und einer nicht zu überblickenden Anzahl an Vorschriften, die eingehalten werden mussten, die Fans an die Wand drücken. Doch zeigten sich diese davon unbeeindruckt. Einen ausgebildeten Feuerwehrmann als Pyro-Halter? Bekommen wir hin! Einen abgesperrten Platz außerhalb des Stehplatzblocks? Müsste klappen! Abgabe von Personaldaten? Kein Problem! Kein Pyro während des Spiels? Klappt! 

Was der DFB den Fans auch vor die Stirn knallte, die wollten nicht mitspielen. Statt empört aufgrund der Regelungswut des Verbandes die Gespräche abzubrechen, forderten sie förmlich mehr. Alles kein Problem, wir erfüllen euch alle Anforderungen, machten die Ultras Richtung DFB deutlich. 
Aber einen Joker sah der DFB noch und den wechselte er in der Sommerpause ein. Wenn die Ultras es tatsächlich schaffen sollten, dass bis zum 3. Spieltag der 1. Bundesliga keine bengalischen Feuer und kein Rauch in den Stadien entzündet wird, dann könnte man ja weiter über eine mögliche Legalisierung reden. Das ist immer die letzte Waffe, die der DFB zückt und er selbst hält sie auch für die stärkste. Wenn die ihm gegenübersitzenden Fans plötzlich die besseren Argumente auf ihrer Seite haben, zweifelt der Verband deren Legitimation an und behauptet, diese würden ja eh nur für ein paar ganz wenige Fans sprechen und könnten auch nichts und niemanden kontrollieren. PyroDas sogenannte Moratorium wurde gemeinsam verabschiedet und darüber, wie es danach weitergehen sollte, scheiden sich nun die Geister. Während die Initiative die Erfüllung des Moratoriums als wichtigen Meilenstein für eine Legalisierung betrachtete, um danach den Start eines Pilotprojektes anzugehen, sieht der DFB die Sache jetzt etwas anders. Denn es zeichnete sich schon im August ab, dass kaum noch bis gar nicht mehr gezündelt wird. Von den an der Initiative beteiligten Ultra-Gruppierungen hat keine einzige Pyros eingesetzt. Der DFB sah ein Problem auf sich zukommen und wollte nur noch raus aus den Gesprächen – raus so schnell es geht und dabei mit dem Finger auf die Anderen zeigen. Denn die Probleme wurden für den DFB einfach nur größer. Man hat schlicht vergessen, die Vereine mitzunehmen. Nicht in allen Stadien darf später legal gezündelt werden. Das stand zu diesem Zeitpunkt schon fest, denn in vielen Arenen lassen die baulichen Bedingungen keine Legalisierung zu. Trifft jetzt ein Sturm der Entrüstung die Vereine, bei denen Pyro verboten bleibt? Wie soll der Schalker Fanbeauftragte reagieren, wenn in Oberhausen alle zwei Wochen die Hütte brennt, er seinen Ultras aber erklären muss, dass in der Arena dieses nicht möglich sei? Vor allem, da er bei den Gesprächen über die Legalisierung gar nicht beteiligt war. Die DFL startete noch einen zaghaften Versuch, die Vereine einzubinden, indem Geschäftsführer Holger Hieronymus alle Bundesligisten anschrieb und um deren Meinung zum Thema Pyro-Legalisierung bat. Jedoch war zu diesem Zeitpunkt schon klar, dass nur noch ein Grund gesucht wird, die Gespräche zu beenden.

Vorlagen verwandeln

DFB-Generalsekretär Wofgang Niersbach war es dann, der den Sicherheitsbeauftragten Helmut Spahn noch um ein Abschiedsgeschenk bat, bevor letzterer in die Wüste nach Katar verschwindet. Spahn hatte den Auftrag für eine DFB-Präsidiumssitzung eine Beschlussvorlage zu verfassen, wie denn nun mit den Pyro-Gesprächen weiter zu verfahren sei. Der DFB-Sicherheitsbeauftragte zeigte sich kurz vor seinem Abgang noch als besonders fleißiger Mitarbeiter, denn er schrieb nicht eine Vorlage sondern gleich zwei.

Vorlage eins beinhaltete den sofortigen Abbruch aller Gespräche. Als Begründung sollte eine ellenlange Aufzählung an Spielen dienen, bei denen wohl gezündelt wurde. Dass an diesen Spielen keine der an der Pyro-Initative beteiligten Ultra-Gruppierungen anwesend war, interessierte da weniger. Auch war die Liste äußerst detailliert und es fehlte auch nur die Begegnung TuS Strudden gegen TSV Langeoog, bei der die Pfeife des Langeooger Kapitäns am Spielfeldrand etwas doll qualmte. Vorlage zwei bestand aus einem Rausgehen in Schritten. Als ersten Schritt sollte ein Experte ein Gutachten erstellen, ob und wie denn überhaupt eine Legalisierung von Pyro-Technik in deutschen Stadien gestaltet werden könnte. Das Ergebnis könnte dann natürlich lauten, dass dieses gar nicht möglich sei. Und dann hat man es schwarz auf weiß, bedankt sich bei den Ultras für die tollen Gespräche und schließt den Aktendeckel. Das DFB-Präsidium nahm sich beide Vorlagen vor und entschied sich im August für Nummer zwei: ein Gutachten sollte her. Dann werde man weitersehen. 

Feuer frei – im Stadion und auf die Arbeitsebene 

Es sickerte natürlich zu den Fans durch, dass die Gespräche nicht zu einem in ihrem Sinne positiven Ergebnis weiterlaufen würden. Der DFB-Sicherheitsbeauftragte Helmut Spahn war mittlerweile in Katar angekommen und die Gespräche auf Eis gelegt. Das Moratorium wurde eingehalten und aus Sicht der Pyro-Initiative brachte es keinerlei positives Ergebnis. Allen Beteiligten war klar, dass auch ein Pilotprojekt eine sehr hohe Hürde war und es nicht von heute auf morgen dazu kommen kann. Dafür sind die Anforderungen viel zu hoch und auch Fragen wie die Haftung bei Schäden müssten im Vorfeld geklärt sein. Dennoch hat sich die Pyro-Initiative etwas mehr erwartet als das immer lauter werdende Schweigen, das sie aus Frankfurt vernahmen. 

Und so kam es, wie von Vielen schon im Sommer prognostiziert: es brannte in den Stadien. Ob es immer Teil der Unterstützung der Mannschaft war oder es eher darum ging, dem DFB mal zu zeigen, wozu man fähig ist, bleibt hier mal dahingestellt. Mit dem Ende des Moratoriums und der sich abzeichnenden Einstellung der Pyro-Gespräche vernebelten sich die Bundesliga-Stadien. Sicherlich ist dieser Ablauf absolut keine Entschuldigung für das Verhalten der Dresdner in Dortmund, denn dieses steht wie oben beschrieben im krassen Widerspruch zu den Forderungen der Initiative. Die Dresdner lieferten aber dem DFB die Argumente, die der Verband brauchte. Wieder einmal wurde jegliche Differenzierung über Bord geworfen und alles vermengt. Gewalt, Pyros, Böller – alles eins. Von Hannover bis Freiburg stürmen Polizeibeamte die Blöcke, weil sie Pyrotechnik sehen oder nur vermuten und treiben damit die Verletztenzahlen für die nächste ZIS-Statistik in die Höhe. Und DFB und DFL fiel zunächst nur eine Reaktion auf die Geschehnisse der zweiten Runde des DFB-Pokals ein: Abbruch der Pyro-Gespräche. Pyro bleibt verboten. Nun hatten sie den Grund und sie hatten diejenigen, auf die sie mit dem Finger zeigen konnten: böse, gewalttätige, „sogenannte“ Fans. Zufälligerweise war auch gerade das in Auftrag gegebene Gutachten fertig. Es kam zu dem Ergebnis, dass Pyro-Technik niemals genehmigungsfähig sei. Nur am Rande sei hier erwähnt, dass das Gutachten nur so an formalen Fehlern strotzt, welche die Pyro-Initiative im Vorfeld schon vermieden hatte. 

Nebenbei gab es noch einen Schlag ins Gesicht für die Angestellten bei DFB und DFL. Reinhard Rauball erklärte: „Es hat grundsätzlich nie die Bereitschaft gegeben, die Beschränkung zu lockern. Sollte das nicht auf die Arbeitsebene durchgedrungen sein, müssen wir Kommunikationsfehler eingestehen.” Der Ligaverbandspräsident erklärt mal eben seine eigene „Arbeitsebene“ als nicht wirklich aufnahmefähig. Stellt sich nur die Frage, wen der an den Gesprächen und des DFB-Präsidiumsbeschluss Beteiligten er damit meint? DFB-Vize Rainer Koch war bei den Pyro-Gesprächen direkt dabei und das DFB-Präsidium – zu dem Reinhard Rauball nebenbei auch gehört – hat sich im August mit beiden Beschlussvorlagen von Helmut Spahn befasst. Anscheinend arbeitet man beim DFB bis in die obersten Etagen hinein. Theo Zwanziger hat gleichzeitig auch seinen Dauerrivalen Rainer Koch mit neuen Aufgaben versehen und direkt degradiert. Begründet wurde dieses aber mit einem Treffen von Koch und dem geschassten Ex-Schiedsrichterboss Amerell, über das Rainer Koch seinen Boss nicht im Vorfeld informierte. Ob nun von Vizepräsident Koch noch weitere Dialogvorstoße kommen, ist daher eher zweifelhaft. 

Miteinander oder gegeneinander spielen?

Was nach diesem Spiel noch bleibt ist ein Scherbenhaufen. Schon vor dem großen Aufschrei und der Hysterie haben DFB und DFL eine große Chance verpasst. Glaubwürdig ist für die Fans wohl kaum noch ein Fußballfunktionär. 55 Ultra-Gruppierungen sollten nicht als Bedrohung sondern als Chance angesehen werden. Wenn wirklich jemand aus den Führungskreisen von DFB und DFL einen lösungsorientierten Ansatz verfolgen würde, wäre diese Chance ergriffen worden. Und dabei geht es nicht darum, ob und wie man nun ein Bengalo im Stadion legalisiert oder verbietet. Es geht um den Umgang miteinander. Aber wahrscheinlich ist „miteinander“ schon das falsche Wort. Denn um ein Miteinander scheint es den Führungsspitzen des deutschen Fußballs schon gar nicht mehr zu gehen. Hier kristallisiert sich eher ein Gegeneinander heraus, was auch der Verlauf der Pyro-Gespräche deutlich zeigt. Fußball ist ein Spiel mit Gegner, ohne funktioniert es nicht. Aber vielleicht besinnen sich doch mal auch die Funktionäre darauf, nicht immer und überall die Gegner zu sehen. Bei der Pyro-Initiative haben ihnen zumindest keine Gegner gegenüber gesessen. Auch wenn es in den Verlautbarungen von DFB und DFL nun so klingt. Und wenn Reinhard Rauball nun verkündet, dass „die echten Fußball Fans Teil der Lösung“ sein sollen, klingt das eher nach einem Befehl, als nach einem Schritt in die richtige Richtung. Denn einen Teil der Lösung hatten die Funktionäre schon auf der anderen Seite des Tisches – und haben diesen mit Schimpf und Schande vom Hof gejagt. 

// Mathes


Gab es das nicht schon mal? – Feuerwerk in Rostock

HRO

Ob nun in China ein Sack Reis umfällt, in Russland eine Schaufel das gleiche tut oder ob die Präsidien des FC St. Pauli und des FC Hansa Rostock vor dem Derby in einer gemeinsamen Verlautbarung, die vor Undifferenziertheit nur so strotzt, zur Friedfertigkeit aufrufen, kommt in etwa auf dasselbe heraus. Man kann sich solch oberflächliches Gefasel getrost schenken. Die Spiele zwischen uns und Rostock haben bedauerlicherweise eine Gewalttradition und allen Leuten, die diese weiterhin pflegen möchten, wird bei der Lektüre eines solchen Textes bestenfalls ein müdes Lächeln über das Gesicht huschen, während sie sich dabei gelangweilt am Sack kratzen.

Im Gegensatz dazu beteiligte sich die Polizei nicht am hohlen Gelaber, sonder ließ Taten sprechen, um die erwarteten Ausschreitungen im Generellen und das Abbrennen von Pyrotechnik im Speziellen auf ihre Art zu unterbinden. So wurden vor der Abfahrt des Sonderzuges gen Osten am Altonaer Bahnhof groß angekündigte, intensive Leibesvisitationen durchgeführt, ja sogar Sprengstoffhunde waren unermüdlich im Einsatz und schnüffelten aufopferungsvoll an jedem noch so vollgepissten Hosenbein. Umso länger waren gewiss die Gesichter beim Team Green, als das ausgeklügelte Konzept banal ausgehebelt wurde. Jeder nämlich, der keine Lust hatte, sich vom Scheitel bis zur Sohle von Hund und Herrchen beschnuppern zu lassen, nutzte das Wochenendticket der Bahn und düste per Regionalexpress nach Rostock. Da standen sie nun, deine Freunde und Helfer, mit leeren Sprengstoffbehältnissen knöcheltief im Hundekot. Ist aber auch wirklich fies, wenn die Zielgruppe der Maßnahme einfach nicht zur verabredeten Kontrolle erscheint und die wahrscheinlich nicht ganz preiswerte Aktion in Altona komplett ins Leere läuft.

Vielleicht ließen sich Kompromisse finden?

Am Rostocker Bahnhof mischten sich die Gruppen aus Sonderzugfahrern und Wochenendticketnutzern wieder, und es ging per Shuttlebus ohne weitere Zwischenfälle zum Ostseestadion, an dessen Eingängen sich die aus Altona bekannte Prozedur wiederholen sollte. Nun folgte Schritt Zwei der bereits in Braunschweig erfolgreich praktizierten Strategie. Ordner und Polizei wurden mir nichts, dir nichts überlaufen und gut hundert Leute schafften es – ohne sich einer Kontrolle unterziehen zu müssen – ins Stadioninnere zu gelangen.

Über das Kalkül einer solchen Aktion lässt sich diskutieren und es gibt kritische Stimmen, die eine Erstürmung der Kurven nicht als probate Reaktion auf die ständig wachsende Repression ansehen. Die Frage nach der Effizienz der Strategie von Exekutive und Vereinen muss jedoch erlaubt sein. Besonders, wenn man sieht, dass neben den obligatorischen Bengalos auch Rauchtöpfe jeglicher Couleur im Gästeblock zur Entfaltung kamen. Extrem fraglich bleibt, ob eben genau diese Handvoll Leute, welche den Einlass unkontrolliert überwand, die gesamte Pyrotechnik ins Stadion schaffte, oder ob die Strategie der Polizei nicht auch an anderen Stellen erhebliche Lücken aufwies. Schließlich haben die Feuerwerkskörper nicht nur die Kontrollen am Gästeeingang unbemerkt passiert, sondern fanden ihren Weg auch auf die Heimtribünen. Wenn aber all dieser Aufwand das Abbrennen von Feuerwerk nicht verhindert, dann muss man wohl oder übel das Treiben der Pyromanen in Kauf nehmen. Oder etwa doch nicht? Was passierte wohl, wenn man den Dialog mit den Fans in den Kurven führte und in der Konsequenz eine Debatte auf Augenhöhe über das Für und Wider entbrannte? Vielleicht fühlten sich die Fans ernst genommen? Vielleicht ließen sich Kompromisse finden? Vielleicht würde mit einem erheblich geringeren Risiko kontrollierter oder gar weniger gezündelt? 

Ohne Frage aber könnten die eingesetzten Beamten einen deutlich entspannteren Job machen und müssten nicht durch völlig unsinnigen Aktionismus den Sportsgeist und die Kreativität der Pyro-Befürworter animieren, um anschließend ein Scheitern der angewandten Taktik eingestehen zu müssen.

Erschieße niemals die letzte Geisel

Nebenbei bemerkt, verwundert es auch, dass keiner der Ordner hinterfragte, wieso die Rostocker staudenweise Bananen ins Stadion schleppten. Hatte man denen eine große Affenfütterung statt eines Fußballspiels angekündigt? Im Stadion selbst glänzten die Rostocker in gewohnter Manier mit feinster Ironie. Da wird einem sofort wieder klar, warum wir Deutschen als Volk der Dichter und Denker gelten. Einen kleinen Tipp haben wir dennoch, liebe Rostocker. Lasst doch Eure Transpis vor der Veröffentlichung noch einmal kurz gegenlesen. Ein Akkusativartikel vor dem Darmausgang hätte euren Spruch „IN ARSCH… IHR HOMOS“ noch eingängiger gemacht und wir hätten uns im Gästeblock sofort die Hosen vom Leib gerissen, um… Naja, ihr wisst schon, in Hamburg bläst eben nicht nur der Wind stark. Wo wir grad bei Transpis und Bannern sind, auch das vor gut zwei Jahren bei einem Überfall auf ein Spiel zwischen USP und Skinheads erbeutete „Barflies“-Banner tauchte in der zweiten Halbzeit auf. Ob aber die Rostocker sich nicht ein klassisches Eigentor geschossen haben, als sie das Banner zunächst zerrissen und die Fetzten anschließend verbrannten, wird die Zukunft zeigen. Wieso sollte jetzt noch jemand einer Rostocker Einladung zu einem Ackermatch in Wismar folgen, wenn es dann nicht mal einen anständigen Preis zu gewinnen gibt? Das war wohl etwas voreilig. Lernt man auf der Gangsterschule nicht schon in der ersten Lektion, dass man niemals die letzte Geisel erschießt?

Fußball wurde übrigens auch noch gespielt, wenn auch nicht sonderlich ansehnlich. Deshalb seien über das Spiel auch nicht viele Worte verloren. Nur soviel: Nach dem aus Rostocker Perspektive durchaus unglücklichen 0-1 Rückstand explodierten die ersten Böller auf der Gästetribüne und ein Bengalo vernebelte für kurze Zeit die Sicht. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Von beiden Seiten flogen – wie auch später nach dem Abpfiff – Leuchkugeln in unseren dicht gefüllten Block. Wie durch ein Wunder wurde niemand ernsthaft verletzt. Nun gibt es ja die ganz Schlauen, die behaupten, auf beiden Seiten wurde Feuerwerk abgebrannt und beide Fangruppen nähmen sich diesbezüglich nichts. Aber vielleicht sollte diejenigen doch mal hinterfragen, ob es nicht doch einen Unterschied macht, im eigenen Block ein bisschen Nebel zu entfachen oder ob man unmotiviert mit Leuchtraketen in eine Menschenmenge ballert. 

Nun wird die Rostocker Vereinsführung nicht müde zu betonen, dass es sich bei diesen Verrückten nur um eine kleine Minderheit handle, die mit dem FC Hansa rein gar nichts zu tun habe. Die übrigen 99% seien tolle Fans, die eine fantastische Stimmung erzeugen. Diese überwältigende Mehrheit hat dann auch eindrucksvoll bewiesen, wie man sich in solch einer Situation verhält und folgte auf bemerkenswerte Weise dem gemeinsamen Appell beider Vereine, sich Gewalttätern entschlossen entgegen zu stellen, indem sie jede Rakete in unseren Block mit frenetischen Applaus begleitete.

Die Erinnerungen sind dunkel, aber gab es in Rostock vor gar nicht allzu langer Zeit nicht schon einmal breite Beifallsbekundungen, als ein außer Kontrolle geratener Mob versuchte, Menschen anzuzünden?

// Troll


Brentford FC – Ein Kurzbesuch bei Marcel Egers neuem Club

Am Tag vor dem Nord London Derby zwischen Tottenham Hotspurs und dem Arsenal FC bot sich die Gelegenheit mal beim neuen Verein unseres ehemaligen Abwehrspielers vorbei zu schauen. Marcel Eger kam beim Spiel im Oktober gegen Huddersfield Town bei hochsommerlichen Temperaturen vor 6.100 Zuschauern auch zum Einsatz und hatte nach dem Spiel für den Übersteiger ein wenig Zeit über.

Der Brentford FC, gegründet 1889, ist einer von drei Londoner Clubs in der sogenannten League One, der 3. englischen Liga, und im Londoner Westen seit 1904 in der Nähe des Flughafens Heathrow im „Griffin Park“ beheimatet. Er spielte insgesamt im englischen Fußball keine größere Rolle, obwohl man sich 1935 sogar einmal für die damalige First Division qualifizierte. Ansonsten ging es in den vergangenen Jahrzehnten immer zwischen der 2. und 4. Liga auf und ab. Seit dem Wiederaufstieg 2009 halten sich die „Bees“ (Bienen) in der 3. Liga. Clubbesitzer ist der „Bees United Supporters Trust, der die Geschäfte im Jahr 2006 übernahm und durch Fan und Chairman Greg Dyke (damals Director General BBC) vertreten wird.

Brentford

Der Griffin Park (Fassungsvermögen derzeit rund 12.700 Zuschauer), wurde benannt nach dem Logo der dort ansässigen Brauerei und ist komplett von den typischen Reihenhausanlagen umgeben, die an einigen Stellen unterbrochen sind, um auf das Stadiongelände zu kommen. Als einziger englischer Ground kann er mit vier Pubs in jeder Stadionecke aufwarten. Das Stadiondach hält clevererweise seit Jahren als Werbefläche für verschiedene Fluggesellschaften her, da sich der Griffin Park direkt in der Einflugschneise befindet. Die Anreise aus der Londoner Innenstadt ist einfach (mit der Tube bis nach South Ealing und dann mit dem Bus 65 oder per Pedes ca. 15 Minuten die Ealing Road hinunter); dauert aber aufgrund der Entfernung bis zu einer ganzen Stunde.

Der heutige Gegner Huddersfield Town besitzt, wie auch der Brentford FC im erweiterten Kreis, Aufstiegsambitionen. Die Nordengländer verpassten in der vergangenen Spielzeit erst im Play Off Final den dritten Aufstiegsplatz. Zu sehen war auf dem Platz davon allerdings nichts. Ob es an den ungewöhnlichen Temperaturen lag oder beide Teams lediglich einen schlechten Tag hatten, sie hatten sich zunächst, höflich ausgedrückt, beidseitig nicht viel entgegen zusetzen. Huddersfield kam im Verlauf der 90 Minuten immer besser ins Spiel und gewann schlussendlich deutlich mit 4:0. Die rund 800 Fans der Blau-Weißen feierten ihr Team bierselig auf der zwei- rangigen Hintertortribüne im Miniaturformat, während der Support der Heimanhänger, trotz Stehplatztribüne, so gut wie gar nicht stattfand. Verständlich, denn die Spielweise der Bees ließ weder irgendeine Taktik, noch irgendwelche einstudierten Spielzüge erkennen. Nach der Halbzeitpause kam beim Stande von 0:1 eine sichtbar verunsicherte Mannschaft aus der Kabine. Trainer Uwe Rösler, der nach ersten ausländischen Stationen als Übungsleiter in seine „Wahlheimat“, zurückkehrte, hat wohl- vielleicht auch an sich selbst- eine Menge Arbeit vor sich.

Der Arbeitsaufwand eines Fußballprofis ist hier wesentlich höher

Entsprechend gefrustet begleitete Marcel Eger uns, standesgemäß mit Bus und Bahn und nicht im Audi S8 oder so, in ein nahe gelegenes Café. „Er sei gut angekommen, hat mit seiner Partnerin eine schöne Wohnung in Notting Hill und genießt die vor allem musikalischen Vorzüge der englischen Hauptstadt.“ Auch die Mannschaft hätte „den Crowd“ „ohne lästige Spielchen und Mutproben aufgenommen“. Dies ist in England, wo Deutsche gerne genötigt werden, mit Hitlerbärtchen auf einem Stuhl herum zu tanzen, auch nicht selbstverständlich. „Allerdings sei der Arbeitsaufwand eines Fußballprofis wesentlich höher als in Deutschland. Das Training beginnt jeden Morgen gegen 9:00 Uhr mit einem gemeinsamen Frühstück und endet oft erst gegen 15:00 Uhr nach zwei Trainingseinheiten und theoretischem Teil.“ Dazu kommen 46 Liga Spiele und diverse Cup Spiele aus drei Wettbewerben (Ligacup, Johnstone`s Paint Trophy und FA Cup). Also keine unbeträchtliche Belastung über das Jahr gesehen. „Freie Tage bekommen wir manchmal auch. Morgen wegen unserer schlechten Leistung aber nicht. Der Erfolgsdruck ist, auch in der 3. Liga enorm. Spieler und Trainer müssen hier auf der Insel funktionieren, Namen sind im zweifelsfrei wie Schall und Rauch, die Vereinszugehörigkeit und ähnliche Dinge spielen keine Rolle. Wie bei St. Pauli mal nach einem Spiel im Viertel ein Bierchen trinken- das geht gar nicht!“ Trotzdem möchte er sich durchsetzen und seinen über zunächst zwei Jahre laufenden Vertrag erfüllen. Er hofft eben nicht, wie viele andere plötzlich irgendwo für ein paar Monate (was in England jederzeit möglich ist) ausgeliehen zu werden. „Was danach kommt, wird sich zeigen. Auch ein Engagement in den USA wäre äußerst interessant.“ Das bei diesen Überlegungen seine Partnerin, die gerade ihr Studium für internationale Beziehung abgeschlossen hat, eine gewichtige Rolle spielt, scheint logisch. Ob er St. Pauli vermisse? „Natürlich schon, sieben Jahre waren eine lange Zeit, aber jetzt genieße ich das Leben hier. Selbst das Schlange stehen und mitunter langsame Vorankommen per Tube und Bus ist schnell Normalität“. Natürlich wollen wir noch wissen, ob ihm die gute Stimmung vom Millerntor nicht manchmal fehlt? Ein klares „Jein! Die war schon gut, aber ich finde den spielbezogenen Support, auch für uns Spieler, einfach gut. Die Zuschauer beurteilen intensiver das Spiel, nicht das drum herum.“ Den Eindruck hatten wir auch. Allerdings war die Stimmung aufgrund des Spielverlaufes dieses Mal seeehr Spiel bezogen…Wir wünschen Marcel Eger natürlich alles Gute und gönnen ihm, ihn nicht das nächste Mal bei Grimsby Town besuchen zu müssen.

Wer in Brentford mal vorbeischauen möchte, sollte weder spielerisch (momentan!) noch von der Atmosphäre her allzu viel erwarten. Er kann sich zwar noch an alten Stehtraversen erfreuen, zahlt dafür aber genauso viel, wie für einen Sitzplatz (Stehplatz 20 Pfund, Sitzplatz mit freier Platzwahl auf der Haupttribüne 22 Pfund). Auch in Liga 3 in absolut entspannter Atmosphäre und in einem halb leeren Stadion nehmen die Ordner ihren Job sehr ernst und nerven die Besucher. Vorschrift ist schließlich Vorschrift und daher gilt auch hier: Kein Bier auf den Tribünen, kein längerer Aufenthalt auf Aufgängen, um z.B. ein Foto zu machen (auch, wenn man dort ganz alleine steht) und Rauchen verboten sowieso. Dafür sollte man unbedingt in einem der vier Pubs z.B. im „Griffin“ ein Fullers vom Fass zu sich nehmen. Dabei wird man wenigstens nicht gestört.

// CF

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