Übersteiger 106

Vorwort

Könnt ihr uns hören?

Liebe Krawallschwestern und Krawallbrüder, 

es ist noch gar nicht allzu lange her, dass wir die besinnlichen Tage hinter uns gelassen haben. Eben noch lagen wir nach all der Völlerei träge unter dem Christbaum und streichelten liebevoll unsere runden Bäuche, während wir darüber sinnierten, dass Weihnachtskugel ein echtes Teekesselchen ist.

Doch jäh endete die geruhsame Zeit und voller Bestürzung mussten wir feststellen, dass ein Haufen unverbesserlicher sogenannter „Polizeibeamter“ unsere Ambitionen auf den Titel-Hattrick beim diesjährigen Schweinske-Cup mit einem rigorosen Knüppel- und Pfeffereinsatz zu Nichte machte. Als ob die Gewaltorgie, welche dann zum Turnierabbruch führte, nicht schon Skandal genug gewesen wäre, setzte Team-Green dem Ganzen noch die Krone auf, als es anschließend in dürftigen Rechtfertigungsversuchen das Vorgehen erklärte. Schließlich hätten die Beamten aufgrund ihrer Behelmung die diskriminierenden Gesänge der Lübecker Anhängerschaft gar nicht hören können.

Die Erkenntnis, dass Polizeibeamte im Einsatz nichts hören, war für uns in der Tat neu. Man stelle sich jetzt einmal vor, die Beamten setzen ihre Helme versehentlich auch noch verkehrt herum auf und könnten somit obendrein nichts mehr sehen. Dann wird aus einem Heer der Gehörlosen ruck zuck die Armee der Sinnbefreiten. Wir fordern deshalb für alle Einsatzkräfte Helme mit großen, seitlichen Hörmuscheln und Sendeantennen, wie sie sich seit mehr als einer Dekade bei den Teletubbies bewährt haben!

Aber wir dürfen die Augen nicht davor verschließen, dass es auch auf unserer Seite zu erheblichen Verfehlungen gekommen ist. So verfolgten wir mit heruntergeklappter Kinnlade den Feldzug einiger Unverbesserlicher, die im Forum und anderen elektronischen Medien stolz verkündeten, ihr komplettes privates Videomaterial aus der Alsterdorfer Sporthalle der Polizei zur Verfügung gestellt zu haben. Un-fucking-fassbar, noch zu propagieren, es ihnen gleich zu tun. Habt ihr eigentlich noch alle Latten am Zaun, oder was?

Wie Ihr merkt, sind wir schon wieder mächtig auf Zinne und hoffen, auch Ihr habt Euch mittlerweile auf Betriebstemperatur gelesen. Da passt es wunderbar ins Bild und uns überhaupt nicht in den Kram, dass die Polizei gerne ein Luxusloft mit Spielfeldblick in der Gegengeraden beziehen möchte. Dazu mehr im Heft. Außerdem: Hängepartien bis Wilhelmsburg, Blogschau, Döntjes, statisches und statistisches, „away“ in Holland und eng in England. 
Viel Spaß bei der Lektüre unserer Nummer 

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Eure Übersteiger


Ein Neubau und ein ungeliebter Untermieter

    Mit Ende dieser Saison folgt einer weiterer, wenn nicht sogar der bedeutenste, Bauabschnitt im Zuge des Stadionneubaus. Die altehrwürdige Gegengerade wird abgerissen und eine neue Tribüne wird entstehen. Diesem Vorhaben stehen wohl viele von Euch, wie auch ich mit gemischten Gefühlen gegenüber. Zum Einen blickt man zurück auf das Erlebte und all die tollen, wie auch unschönen Erfahrungen auf der Gegengeraden. Zum anderen ist man natürlich gespannt auf die Neuerungen, insbesondere der Fanräume, die dieser Neubau mit sich bringen wird. Doch bei Betrachtung der vorliegenden und durch die AG Stadionbau präsentierten Unterlagen und Pläne zu diesem Neubau kriegt man dann aber doch erst einmal das Kotzen, da man es in der neuen Gegengerade nach aktuellem Stand der Dinge im wahrsten Sinne des Wortes mit der Polizei zu tun bekommt.

Auf der unteren Ebene (der Hauptebene) der neuen Gegengerade, sollen laut aktueller Planungen zwischen den Mittig der Tribüne entstehenden Fanräumen und der Ecke zur Nordkurve 580 qm Räumlichkeiten entstehen, welche der Polizei der Stadt Hamburg als Dienstwache zu Verfügung gestellt werden sollen. Und dies nicht nur während des Spielbetriebes, sondern auch außerhalb der Spielzeiten, z.B. zu Domzeiten und besonderen Anlässen. Dieses Vorhaben ist meines Erachtens aus diversen Gründen keinesfalls tragbar.

Alleine die Geschehnisse aus jüngster bzw. jüngerer Vergangenheit (Schweinske Cup, Angriff auf das Jolly Roger, Dursuchung Fanladen etc.) sowie die immer weiter zunehmende Repression und unbegründete Kriminalisierung von Fussballfans seitens der Polizei machen eine gemeinsame Unterkunft innerhalb unserer (Verein, Fans, Mitglieder…) Gegengerade unzumutbar.

Vereinsvertretern ist diese Kritik Sinngemäß bekannt und liegt in Form eines Kataloges der für die Fanszene wichtigen Punkte auch schriftlich vor.

«Sowohl aus der Historie der Entstehung und Prägung der heutigen Fanszene seit Mitte der 80er Jahre» (Stichwort z. B. «schwarzer Block auf der GG»), als auch aufgrund der nie geahndeten schweren Übergriffe von Polizeibeamten auf Fans «besonders in den letzten Jahren ist die Polizei weit davon entfernt, als vertrauenswürdiger Partner gesehen zu werden» hat es die Stadionbau AG in diesem Katalog u.a. treffender Weise formuliert. Doch diese, für mich im Grunde bereits ausreichenden Punkte, sind nur ein kleiner Randaspekt und der ein oder andere würde darüber sicher noch hinwegsehen können und eine so geplante Wache unter den bisher genannten Kritikpunkten auch noch hinnehmen können bzw. wollen.

An dieser Stelle sei erwähnt das ein kompletter Ausschluss der Polizei aus dem Bauvorhaben ohnehin nur schwer umsetzbar ist und somit zwangsweise Kompromisse eingegangen werden müssen. Laut Stadionhandbuch des DFB und der DFL ist jeder Verein bzw. Stadionbetreiber verpflichtet den zur Spielbetriebsdurchführung nötigen Einsatzkräften, also auch der Polizei, Räumlichkeiten zur Verfügung stellen. Dies ist im Grunde mit der alten Domwache erfüllt. Nur hätte die Polizei gerne bedarfsgerechtere, modernere und größere Räumlichkeiten zur Verfügung. Und an dieser Stelle wird es nun etwas komplex: Aufgrund des daraus resultierenden Wegfalls der Domwache nun ohnehin bestehenden Bedarfs einer «Stadionwache» gemäß Stadionhandbuch soll diese neue Wache eben in den Stadionneubau integriert werden. Zwickmühle: Der Verein muss um den Anforderungen von DFL/DFB gerecht zu werden nun also Räumlichkeiten schaffen. Und die Polizei will «zufällig» eh grade was eine neue Wache beziehen. Also, passt doch. Mag man jetzt sicher denken.

Verschwendung wertvoller Stadionfläche

Doch: Nicht nur die derzeit geplante Nutzung außerhalb des Spielbetriebes der neu entstehenden Räume sondern auch die geplante Größe der Wache von ca. 580qm übersteigt die Forderungen gemäß Stadionhandbuch des DFB und der DFL bei weitem. Profitieren würde von den derzeitigen Planungen also ausschließlich die Polizei und wertvoller Platz des Stadiongeländes wäre futsch.

Bezüglich der zu errichtenden Räumlichkeiten für die Polizei sind im Grunde zwei Stellen im Artikel 21»Räume und Technische Einrichtungen für Einsatzkräfte und Einsatzleitungen» der Stadionordnung von Bedeutung:

1.(1) Im Stadion sind ausreichend große, mit den erforderlichen Kommunikationseinrichtungen ausgestattete Räume für die Polizei, die Feuerwehr, den Sanitäts- und Rettungsdienst und Ordnungsdienst anzuordnen…

2.(3)Der Polizei sind im Bereich des Stadions an gesicherter und geeigneter Stelle Verwahr- und Festnahmeräume für bis zu 20 Personen einzurichten. Ferner sind Raume für den Betrieb einer Polizeiwache vorzusehen, die für alle leicht erreichbar sein müssen.

580 qm sind demnach völlig überzogen und unangemessen. Besonders wenn man bedenkt, das dem Fanräumeprojekt (Fanladen, AFM Büros, Fansaal etc.) insgesamt gerade einmal 570 qm zu Verfügung stehen werden. Die Einhaltung der o.g. Richtlinien ist auf deutlich kleinerer Fläche zu realisieren und diese sollte meiner Meinung nach vom Verein auch auf das kleinstmögliche Mindestmaß reduziert werden, statt einen Großteil der Wertvollen Stadionfläche der Polizei zu opfern.

Und wenn ich meine Wohnung grad mal so betrachte wage ich zu behaupten das man die Anforderung auch auf gutgemeinten 100 qm realisieren kann. Bleiben also 480qm mehr für den Stadionbesucher.

Neben der unangemessen großen Fläche kommt aber ein ganz anderes, ein viel größeres Problem zum Tragen. Und zwar die geplante Lage der Polizeiwache, sowie deren Nutzung auch außerhalb des Spielbetriebs. Für mich persönlich gab es immer schon einen Punkt am Fanräumeprojekt, von dem ich bis heute nicht so recht weiß was ich von ihm zu halten habe. Es ist die räumliche Zentralisierung verschiedener Gruppierungen bzw. Institutionen. Und nun sehen die Planungen auch noch vor, das unmittelbar neben den Fanräumen, deren Kernelement der Fanladen bildet, eine Polizeiwache entstehen soll. Dies ist unabhängig der bis hier genannten Kritikpunkte absolut nicht hinnehmbar und gefährdet die Ausführung der Arbeit und den Sinn des Fanladens und somit dem Fanräumeprojekt, letztendlich also der gesamten aktiven Fanszene.

Die fehlende örtliche Trennung von Polizei und Fanladen wird definitiv eine abschreckende Wirkung haben und den ein oder anderen davon abhalten sich im Problemfall Hilfesuchend oder -bietend an den Fanladen zu wenden. Ob gewollt oder nicht wird eine erhöhte Beobachtung der Fanszene durch die Polizei erfolgen und den gemachten Erfahrungen nach zu urteilen wird dies auch unweigerlich zu Fehlinterpretationen und falschen Verdächtigungen führen. Und schon landen wir wieder bei den Anfangs genannten Repressionen und Kriminalisierung. 

Selbst wenn ich etwas im kleineren bzw. einfacher Denke zeigt sich doch das ein oder andere Horrorszenario.

Wenn ich im Zuge meines Fanräumeaufenthaltes vor der Tür beim netten Smalltalk mal eine Rauchen möchte, dann mach ich das zusammen mit den Cops die auch gerade mal draußen stehen um eine zu rauchen?! Nein danke!

Besonders in den letzten Jahren ist die Polizei weit davon entfernt, als vertrauenswürdiger Partner gesehen zu werden

Aufgrund der Kritik und auf Drängen verschiedener Fangremien und auch Vereinsmitgliedern konnte der Verein bereits dazu bewegt werden sich für evtl. Kompromisse wie z.B. Errichtung einer neuen Wache im Bereich der jetzigen Domwache, zu öffnen und sich an Machbarkeitsprüfungen zu beteiligen. Desweiteren haben bereits erste Gespräche mit der Polizei stattgefunden. Inhalte und Ergebnisse dieser Gespräche liegen uns bisher leider nicht vor. 

Es bleibt zu hoffen, dass die bis dato bestehende Planung der 580 qm Wache weiterhin Kritik oder besser noch breiterer massiverer Kritik ausgesetzt sein wird und einer Umplanung und Aussiedlung der Polizeiwache aus der Gegengeraden nichts mehr im Wege steht und der Verein in seinen Bauplanungen nicht über das geforderte Maß des Stadionhandbuchs hinaus geht. Eine Sinnvolle Nutzung der Stadionfläche von Fans und Verein ist absolut wünschenswert. Die Gegengerade hat aufgrund Ihrer Geschichte und Bedeutung keine Polizeidienststelle zu beherbergen.

Keine Polizeiwache im Stadion!!! 

// Schiedel


Die Kassenrolle –
Der Verein wehrt sich 

   Es war ein Vorfall, der vom sportlichen Erfolg des 2:0 Heimsiegs gegen die Frankfurter Eintracht etwas ablenkte und (abgesehen von den Geschehnissen in Alsterdorf) den Verein in der Winterpause und danach immer weiter beschäftigte. Der DFB-Kontrollausschuss beantragte, verhandelte, urteilte. Der Verein legte Berufung ein. Wo geht die Reise hin?
Die Fakten sind schnell erzählt: Beim Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt führt der FC St.Pauli mit 1:0, und hat kurz nach der Pause eine Ecke vor der Südkurve, als ein Fan eine Kassenrolle wirft. Ein recht gängiges Procedere, ähnlich dem Werfen von Konfetti, da sich die Kassenrolle normalerweise im Flug abwickelt und im Fangnetz hängen bleibt. Allerdings passiert dies normalerweise vor dem Spiel oder zu Beginn der zweiten Halbzeit.

Die Kassenrolle ist in mühevoller Kleinarbeit vorher abgerollt worden, um den harten Plastikkern zu entfernen und wird dann in mehrere Portionen aufgeteilt und mit einem Tesa-Streifen vor versehentlichem Abrollen geschützt.

Der Wurf an diesem Abend aber misslingt, das Papier rollt sich nicht ab. Mehr noch: Es gelingt ein “Wunderwurf” über das Fangnetz hinweg und auf den Kopf des Eintracht-Spielers Pirmin Schwegler, der erschrocken zu Boden geht, nach kurzer Behandlung aber weiterspielt und in Interviews danach zu Protokoll gibt, dass der Wurf außer dem Schrecken keine Folgen hinterlassen hat.

Der Werfer, ein 20jähriger Abiturient, ist selber ebenso geschockt, die Schlagzeilen des Bierbecherwurfs gegen Schalke schießen ihm durch den Kopf, wo von einem Schaden im mittleren sechsstelligen Bereich geschrieben wird und der damalige Werfer durch die Boulevard-Medien gejagt wurde, wie es sonst nur Schwerstkriminellen vorbehalten ist.

Er entzieht sich einem Zugriff durch den Verein am Abend, meldet sich aber nach einem Gespräch mit seinen Eltern beim Verein und entschuldigt sich auch persönlich bei Pirmin Schwegler.

Das Urteil

Der DFB-Kontrollausschuss beantragt den Ausschluss aller Stehplatzbesucher (ca. 13.000 Zuschauer), nach mündlicher Verhandlung wird das Strafmaß auf 5.800 Stehplätze gesenkt, betroffen ist neben der Süd- auch die Nordkurve, von der bisher noch keine Treffer verzeichnet sind. Und das es ja generell nur um “Treffer” oder sogar “Wirkungstreffer” geht, kann man Woche für Woche begutachten, denn Gegenstände fliegen in fast allen Stadien, außer in Hamburg (sic! Grüße an den Nachbarn) trifft man nur eben nicht so gut.

Nicht betroffen sind demnach die Stehplätze der Gegengerade, nicht betroffen auch sämtliche Sitzplätze, inklusive denen der Haupttribüne, von der bekanntlich der Bierbecher zum Schalke-Abbruch kam.

Sämtliche Vergleiche der letzten Tage (insbesondere zur TSG Hoffenheim, als Vereinsangestellte wissentlich und vorsätzlich die Verletzung tausender Gästefans in Kauf nahmen, aber auch zu diversen Wurf-Attacken mit wesentlich gefährlicheren Gegenständen, die nur eben nicht trafen, oder wissentlich in ausverkaufte Bereiche geschossene Raketen) will ich hier nicht im Detail wiederholen, so viel Zeit hab ich nicht.

Aber, lieber DFB, wenn wir kurz den Vorsitzenden Richter, Hans E. Lorenz, von obiger DFB Seite und aus dem Abendblatt zitieren dürfen:

«Der Werfer ging davon aus, dass sich die Kassenrolle wie üblich entwickelt. Er wollte keinen Spieler treffen.» Lorenz betonte, dass «es außergewöhnlich ist, dass sich der Werfer aus freien Stücken beim Verein gestellt hat und in der Verhandlung als Zeuge zur Verfügung stand.» – «Der Wurf war nicht als Wurf gegen den Gegner gedacht. Es war eine Fahrlässigkeitstat.» Außerdem lobt es den Täter für vorbildliches Nachtatverhalten und sagt über dessen Auftritt als Zeugen: «Er hat uns alle berührt.»

Verhältnismäßigkeit?

Wie kann man die Besonderheit dieses Falls so hervorheben, den «Täter» so sehr für sein Verhalten loben, und dann trotzdem ein derart willkürliches Urteil fällen? Wie kann man, in Zeiten wo Vereine immer öfter Strafen direkt durchreichen (insbesondere in Hannover, wo der dortige Präsident mal wieder zeigt, welch Geistes Kind er ist), sehenden Auges riskieren, die Existenz eben dieses im Nachhinein vorbildlich agierenden jungen Mannes zu gefährden, wenn man selbst die vermeintlichen Einbußen auf über 60.000 € schätzt?

Wie kann man erwarten, dass nach so einem Urteil, in welchem dem geständigen Zeugen attestiert wird, dass er es nicht in böser Absicht getan und sich vorbildlich verhalten hätte, sich jemals wieder irgendjemand im Fußballzusammenhang freiwillig stellt, wenn er etwas Falsches getan hat? Was sagt die Polizei zu diesem Urteil, die jüngst die Fanprojekte und Fanbeauftragten kritisierte, weil diese aus ihrer Sicht zu sehr vermeintliche Täter schützen würde? Nach dem Urteil, kann man nur jedem dazu raten, sich weiterhin nach Fehlern (oder auch fußballfantechnischen Straftaten) schnellstmöglich in der Masse unterzutauchen, wenn man nicht beim Verlassen des Stadions direkt den Antrag zur Privatinsolvenz unterzeichnen will.

Lieber DFB… Vorbildfunktion? FairPlay? Ehrlichkeit? Mag es an vielen Stellen dieser Welt geben, aber nicht bei Dir.

Für diesen speziellen Fall ist das Vorstrafenregister des Vereins irrelevant, da er eben im Gegensatz zu Bierbechern und Schneebällen gar nicht die Absicht hatte jemanden zu treffen, geschweige denn zu verletzen, was ich bei allen anderen Gegenständen eben immer einkalkulieren muss. Den Verein für mangelnden Schutz des Gegners in diesem Fall haftbar machen zu wollen, liegt wohl in der Natur der Sache, immerhin ist ein Spieler getroffen worden. Aber wo bleibt da die Verhältnismäßigkeit?

Was würde man denn machen, wenn mal eine ganze Kurve Amok läuft und das Spielfeld stürmt, Jagd auf gegnerische oder eigene Spieler macht?

Ach, ist bei Hertha und Frankfurt schon geschehen? Wurde auch mit Teilausschluss bestraft? Aha…

Ein erstes Statement von Gernot Stenger klang fast ein wenig, als wäre der Verein mit dem Urteil zufrieden und es gab Befürchtungen, der Verein würde seinen angekündigten Weg (alles außer einer Geldstrafe nicht zu akzeptieren) verlassen und zurückziehen.

Doch nach eingehender Beratung kam das Präsidium zu dem Schluss, gegen dieses Urteil in Berufung zu gehen. Zum Redaktionsschluss stand sowohl der Termin der nächsten Instanz als auch natürlich das neue Urteil noch in der Sternen, dieser Gang an sich aber ist selbstverständlich richtig.

Zum einen, um nochmals (steter Tropfen mag ja auch den stumpfesten Verband höhlen) die Andersartigkeit dieses Vorfalls zu betonen, zum Anderen um den Mut des “Täters” nicht mit diesem Urteil zu bestrafen. Und um generell gegen diese beim DFB ja immer wieder zu findenden Willkürurteile anzugehen.

Grundsätzlich dürfte ein Gang vor ein ordentliches Gericht wenig erfolgsversprechend sein, und in dieser Situation bin ich auch kein Freund von “aus Prinzip”, denn wir nehmen nun mal an einem Spielbetrieb teil, der auch gewissen Regeln und Rechten/Gesetzen unterworfen ist. Wenn man die nicht akzeptiert (und die Gerichtsbarkeit des DFB gehört eben leider dazu), so bleibt einem nur, diesen Spielbetrieb zu verlassen.

Hätte ich, wenn man das konsequent betreibt, sogar noch nicht mal ein Problem mit, ist aber wohl zum Einen im Verein kaum mehrheitsfähig und sollte auch erst der Allerletzte Schritt sein, da kommen noch ein paar vorher.

Was man aber machen kann und zwingend schnell auf den Weg bringen muss: Einen Zusammenschluss ALLER Vereine in den oberen Ligen (meinetwegen runter bis zur Oberliga, wenn auch Vereine dort das für sich als relevant erachten), um sich gegen diese Willkür der DFB Gerichtsbarkeit zur Wehr zu setzen. Alleine erreicht man sicher nichts, im Zusammenschluss (vielleicht bekommt man sogar bei der DFL ein offenes Ohr?) hingegen kann man schon mehr erreichen und auch einfordern.

Beispiele gefällig?

Ein klar strukturierter und aussagekräftiger Strafenkatalog.

Keine Sippenhaft mehr.

Eine klare Aussage des DFB dahingehend, dass sich diese Strafe an den Verein richtet und nicht an Einzelpersonen weiterzureichen ist.

(Und da das sicher nicht alle Vereine so sehen: Dann eben die Festschreibung im Urteil, dass nur ein gewisser Prozentwert der Strafe überhaupt weiterreichbar ist, wobei selbst dieser dann ohnehin vom Verein noch vor einem Zivilgericht eingeklagt werden müsste, wenn der Verursacher es nicht freiwillig zahlt.

Diese Festlegung deswegen, weil Vereine in der Ersten Liga aufgrund ihrer gänzlich unterschiedlichen Finanzsituation ja auch anders bestraft werden, als Vereine in unteren Ligen, dies sich aber von selbst erledigt, wenn die Strafe einfach an den Verursacher durchgereicht wird.) 

// Frodo


Der Schweinske Cup 
und seine Folgen

   Eine chronologische Aufarbeitung des Geschehens in der Halle folgt an dieser Stelle nicht. In vielen Blogs und Foren gab es ausführliche Berichte und Kommentare zu einem wirklich unfassbaren Fehlverhalten der staatlichen Angestellten in Grün (oder wahlweise dunkelblau). In den öffentlichen Medien war mal wieder unreflektiert mehr oder weniger von Krawallen, Unbelehrbaren und unglaublichen Auswüchsen der Gewalt die Rede. Die Wahrheit liegt scheinbar aber ganz woanders.

Der Schweinske Cup lebte in den letzten Jahren ausschließlich vom FC St. Pauli und seinen Fans. Namhafte Teams oder welche mit regionalem Charakter waren mehr oder weniger Mangelware. Der Verein, als auch vor allen Dingen Ultra St. Pauli schlugen vor, in diesem Jahr überwiegend befreundete Teams wie z.B. aus Babelsberg, für ein stimmungsvolles Turnier einzuladen. Mit Kiel, Lübeck und einer Zweit-Vertretung des hsv sollte es aber diesmal hoch her gehen. Die Hoffnung auf viele zahlende Zuschauer war wohl Vater des Gedankens. Aufgrund sicherheitstechnischer Bedenken sagte Holstein Kiel schon relativ früh, danach auch der hsv die Teilnahme ab. Eine Teilnahme aller drei Vereine hätte zugegebener Maßen durchaus ein Sicherheitsproblem ergeben können, aber eine Trennung der Fangruppen wäre normalerweise, wie bei früheren Turnieren auch, kein Problem gewesen. Bei lediglich zwei „rivalisierenden“ Mannschaften (eine davon mit nur rund einhundert Fans) erst recht! Mit dem, was dann passierte, könnte ein Buch gefüllt werden. Ausführliche Berichte findet ihr u.a. hier: www.magischerfc.de und im Kiezkieker Nr. 11.

Kurz zusammengefasst ereignete sich folgendes: In Lübeck kauften sich rund 100 Fans (eine Mischung von Hooligans, Nazis und Halbnazis vom VFB und wohl auch dem hsv) eine Eintrittskarte nur für den ersten Tag des Turniers. Sie reisten ungehindert und nicht begleitet nach Hamburg und machten schon bei Ankunft an der Halle mit einschlägiger Kleidung und Scharmützeln mit den Sicherheitskräften auf sich aufmerksam. Obwohl es mehr als offensichtlich war, um welches Klientel es sich dabei handelte, konnte sich der Mob in der Halle frei bewegen, sowie rassistisches, antisemitisches und homophobes Liedgut und Gesten verbreiten. Die so genannten szenekundigen Beamten, die normalerweise dafür bezahlt werden, alles auszuschnüffeln, um Derartiges vorauszusehen, müssen im tiefsten Winterschlaf gewesen sein. Die Polizei vor Ort genauso. Es folgte nach zielgerichteten Provokationen eine Attacke der Mischpoke auf die St. Pauli Fans samt Fahnenklau. Eine kurze, kleine Rangelei von wenigen Beteiligten ließ sich nicht vermeiden.

Mit Schlagstöcken und 
Pfefferspray ging die Polizei 
auf die St. Pauli Fans los

Insgesamt verhielten sich die St. Paulianer, insbesondere auch USP, verantwortungsvoll. Das bestätigte anschließend auch unser Sicherheitschef Sven Brux. Die Einsatzkräfte der Polizei beschäftigten sich allerdings nicht mit den Gewalt suchenden, zahlenmäßig überschaubaren Angreifern, sondern ging mit Pfefferspray und Schlagstöcken gegen alle rund 1000 anwesenden St. Pauli Fans los. Egal ob alt oder jung, Frau oder Kind. Eine derartige, unkontrollierte Eskalation der Polizeigewalt gegen alles und jeden wurde selten erlebt, berichteten Augenzeugen. In der Folge wurden die Gewalttäter unter Polizeischutz aus der Halle eskortiert, währenddessen St. Paulianer und neutrale Zuschauer nicht aus der Halle durften, obwohl fast alle friedlichen Zuschauer genau dieses einfach nur noch wollten. Sie wurden derart massiv von der Polizei daran gehindert, dass selbst die Seele des normalsten Fans bald überkochte. Eine weibliche Betroffene berichtete, dass sie, nichts ahnend aus der Toilette im Untergeschoß kommend, mit körperlichem Einsatz der Einsatzkräfte daran gehindert wurde, in die Halle zurückzukehren. Sie wurde unter anderem schmerzhaft am Körper festgehalten und an die Wand gedrückt. Viele andere bekamen eine volle Ladung Pfefferspray oder sogar Schlagstöcke zu spüren. Dieser armselige, aber mittlerweile beliebte Einsatz von Pfefferspray zeugt von einer ernormen Hilflosigkeit der heutigen Bullengeneration, aber das ist ein anderes Thema. Von fast einhundert Verletzten ist die Rede, fast alle davon Opfer der Polizei. Unfassbar! Dass sich danach der Zorn der Betroffenen gegen einige Einrichtungen und Sicherheitskräfte entlud, ist zwar nicht schön, aber aus der Emotion heraus durchaus nachvollziehbar. Aber auch das hielt sich nach unseren Erkenntnissen alles noch in einem gewissen Rahmen. 

Die anschließende Berichterstattung erwartungsgemäß nicht. Die üblichen, ungeprüften und schlecht recherchierten Medienberichte sind, genauso wie einseitig verfasste Stellungnahmen der Polizei, nichts neues mehr. Neu war aber, dass die Verantwortlichen der staatlichen Einsatzkräfte ihre Sicht der Dinge derartig verdrehten, dass sich selbst die Vereinsvertreter des FC St. Pauli zu klarstellenden Äußerungen genötigt sahen und auch die ein oder andere Darstellung der Presse sich gegen den fragwürdigen Einsatz wandte. Es wurden jedenfalls in Richtung Polizei und Organisation viele Fragen gestellt. Die Staatsdiener erfanden daraufhin sogar angebliche Situationen mit gewaltbereiten und Gewalt suchenden St. Pauli Fans, die jedoch über die Medien und den Verein postwendend widerlegt werden konnten. Ein eindeutigeres Schuldanerkenntnis der Staatsmacht konnte es nicht geben. Besonders geholfen, alles Geschehene ins rechte Licht zu rücken, hat aber eindeutig unserer Verein. 

Pressesprecher Christian Bönig in Interviews und Talkrunden sowie Organisationsleiter Sven Brux auf der anschließenden Pressekonferenz nahmen vehement zu den nicht wahrheitsgemäßen Aussagen der Staatsmacht Stellung, stellten sich in einer seltenen Weise vor ihre Fans und kritisierten nimmer Müde werdend genau die richtigen Fehler der Polizei. Das war ganz große Klasse! An dieser Stelle dafür noch einmal ein dickes Lob! Damit hatte die Innenbehörde ein großes Problem ihre verdrehte Sicht der Dinge aufrecht zu erhalten. Dass sich damit die Freundschaft zwischen den politischen Vertretern und des DFBs auf der einen Seite und dem Verein und seinen Fans auf der anderen nicht vertieft hat, ist abzusehen. Aber genau das ist mein St. Pauli!

Auch, wenn es eigentlich gar nicht dazu gekommen ist und Sven Brux folgende Aussage auf der Pressekonferenz tags drauf natürlich revidieren musste. Genau darum gehts: „Der FC St. Pauli wird landauf, landab gerühmt für dieses ‘gegen Rechts sein’ und sich gegen so etwas gerade machen. Ja, meine Güte, dann muss das in der Realität auch mal umgesetzt werden. Also wenn irgend so ein Nazi meint, er könnte im St. Pauli- Block derartige Sprüche loslassen, dann muss der auch das Gefühl haben, dass ihm das gesundheitlich nicht ganz gut tut.“

90 meist durch Pfefferspray und Schlagstöcken 
hervorgerufene Verletzte

Unterm Strich dieser „Veranstaltung“ standen schlussendlich neben rund 90 meist durch Pfefferspray und Schlagstöcken hervorgerufene Verletzte, leider auch 76 Fest- und Ingewahrsamnahmen aus allen Lagern. Um diese irgendwie nachträglich zu begründen rief die Polizei umgehend via Medien zum Denunziantentum auf. Sie bat um Zeugenaussagen und um Bereitstellung von Bild und Videomaterial. Viele kamen dieser Bitte hoffentlich nicht nach. Verpfeifen ist für’n Arsch! Auch das war und ist (bitte) auch heute noch eine Stärke unserer Fanszene: Gegen Sicherheitskräfte und Ordnungshüter wird zusammengestanden. Auch wenn selbst unser eigener Verein zuletzt beim Kassenrollen- oder Bierbecherwurf ähnliche Aufrufe startete.

Eine Woche später wurde gemeinsam vom Fanclubsprecherrat und Fanladen im Centro Sociale ein Treffen zur Aufarbeitung der Vorfälle initiiert. Fast alle waren der Meinung: So konnte es nicht weitergehen und die Vorfälle nicht im Raum stehen bleiben. Zu gut ist allen noch der bis heute nicht ansatzweise aufgeklärte Überfall der Polizei auf das Jolly Roger im Juli 2009 in Erinnerung.

Der Fanladen dazu
auf seiner Homepage:

„Am 14. Januar 2012 haben die versammelten St. Pauli Fans im Rahmen der Diskussionsveranstaltung vom Fanladen St. Pauli im Centro Sociale nach den Vorfällen beim diesjährigen Schweinske-Cup beschlossen, eine unabhängige Untersuchungskommission einzuberufen. Mit Herrn Prof. Dr. Feltes von der Ruhr-Universität Bochum konnte ein Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der DFL dazu gewonnen werden, diese federführend zu leiten. Wir bitten daher alle Fans, ihre Beobachtungen und Gedächtnisprotokolle zu den Vorfällen beim Schweinske Cup 2012 an das Fanprojekt des FC St. Pauli, den Fanladen St. Pauli zu schicken. Per Mail an info@stpauli-fanladen.de oder per Post in die Brigittenstraße 3, 20359 Hamburg. Die Daten werden vertraulich behandelt, alle eingehenden Berichte und Protokolle werden an die Untersuchungskommission weiter geleitet und abschließend gelöscht und/oder vernichtet. Auf Wunsch werden die Protokolle auch nur anonymisiert weitergegeben!“

Auch weil Innensenator Michael Neumann den Weg ins Centro Sociale (immerhin kein schlechtes Zeichen) und zu Beginn der Veranstaltung entschuldigende Worte in Richtung der Verletzten fand sowie dienstinterne Aufklärung versprach, sind wir sehr gespannt auf die Ergebnisse. 

// CF


Mit der Seilbahn ins 
Millerntor-Stadion?

   Am Montag den 20.2.12 fand in der Ganztagsschule St. Pauli eine Bürgerinformationsveranstaltung der Firmen Stage Entertaiment & Doppelmayr zu ihrem in Planung befindlichen Projekt „Hamburger Seilbahn“ statt. Eine privatwirtschaftliche Investition von 50 Mio. Euro soll auf Kosten der Anwohner in den Stadtteilen St. Pauli, Neustadt und Wilhelmsburg den erweiterten Musical Standort Hamburg sichern. Die Theaterzelte im Hafen werden durch eine Seilbahn über der Elbe mit dem Operettenhaus auf der Reeperbahn verbunden!

Es liegt der illegal gefällte ehemals denkmalgeschützte Altbau der Investoren Köhler & von Bargen in der Bernhard-Nocht-Straße 85-87 noch keine 24 Stunden in Schutt und Asche, da laden schon die nächsten Herren im Nadelstreifenanzug zum Nachtisch! 

Selbstlos wie Investoren nun mal sind werden die Vorzüge ihrer Idee für Touristen und „andere Hamburger“ den ca. 120 Interessierten, meist Anwohnern präsentiert. Das Motto des Abends lautet vor Beginn auf dem Podium schon: „Ha Ha wird schon gut gehen, der wahre Aufreger liegt ja auf einem Schutthaufen auf der anderen Straßenseite!“

So komme ich als erstes Mal in den Genuss eines Imagefilms, der mich in einer virtuellen Seilbahngondel von der historischen Polizeiwache am Millerntorplatz aus den Wallanlagen übers Bismarckdenkmal in knapp 100 m Höhe (so hoch wie die tanzenden Türme!) hinauf fährt. Von nun an geht es sachte bergan, über den alten Elbpark und die Karsten-Miles-Brücke am Stintfang vorbei Richtung Elbe. Rechts unten die historisch noch einmalige Kulisse des alten Elbtunnels und der Landungsbrücken. Der konstruierte Fall im Film möchte es so, dass just in diesem Augenblick die „Queen Mary II“ – a holy crab of ship – die Elbe runtertuckert. So darf ich nur staunen, ich welch imposanter Höhe die Gondel über deren Sonnendeck fliegt und man genau von Oben in die Schornsteine ihrer königlichen Majestät kotzen könnte. Die Fahrt ist aber schon zu Ende, die Seilbahngondel dank Panoramascheiben vollständig verschlossen, wird also nichts mit Draufkotzen.

Filigrane Stahlkonstruktionen und 
die 3. Verkehrsachse

In Wahrheit soll in Steinwerder neben dem Musicalzelt ein Zweiter „filigraner“ 125 m alles überragender Mast stehen, der einen zur Umsteigestation Theaterzelt bringt. Wer noch nicht genug hat, darf dann bis Wilhelmsburg ins Reiherstiegviertel mit einer schlichteren Gondelbahn zum Busparkplatz im Nimmerland weiterschweben. Das sieht zumindest die Planung vor. Eine Seilbahntrasse über die Elbe nach Wilhelmsburg, ob das Teilstück durch Industriegebiete und Hafen bis dorthin genehmigungsfähig ist, sei dahin gestellt und wird von Kritikern bezweifelt. So weit so gut will man meinen.

Als weiteren Höhepunkt präsentiert dann einer der Stage Geschäftsführer der Herr Johannes Mock-O’Hara seinen launigen Vortrag über die Vorzüge seines Projektes. Ein eloquent auftretender Redner, der ganz seinem Konzern verpflichtet brilliert. Managementseminar für Überzeugungstäter Note 1, geschickt weicht er Fragen aus und formuliert diese so um, dass ja alles total dufte und großherzig für Hamburg ist. Er wolle halt nur das Beste für den Stadtteil in dem er ja auch mit seiner Familie lebe, denn mit Hilfe seiner genialen Idee über den Strom würde das Verkehrsproblem der Stadtteile erheblich verbessert. Neben Elbbrücken und Elbtunnel schaffe man eine „Dritte Achse“ in die Stadt, was aus verkehrpolitischen und ökologischen Gründen mehr als Sinn machen würde. Man brauche nun nicht mehr mit der langsamen S-Bahn oder dem eigenen Auto aus dem Süden nach St. Pauli kommen, da man bequem durch die Luft „einschweben“ könne! Das weitere Plus für die Bürger in den Stadtteilen seien „Vorzugspreise und Ermäßigungen“, wenn Sie denn auch mal nach Williburg fahren oder einfach nur die tolle Aussicht genießen möchten. Mit Kind und Kegel, ein Fahrrad geht auch in die Gondel rein und ab dafür. Am besten findet er dann, dass das den Steuerzahler und die Stadt Hamburg alles nichts kostet! Keinen einzigen Cent Steuergelder werde man dazu benötigen dieses auf 10 Jahre Laufzeit ausgelegte Projekt zu verwirklichen. Also eine reine Win-Win Situation für alle, wenn es dann nicht mehr gefällt weg damit, kompletter Rückbau auf Betreiberkosten möglich und versprochen.

Die Zukunft für Hamburg 
immer größerer 
Stumpftourismus auf St. Pauli

Was er dann nicht so richtig Sagen möchte und erst nach vielen Nachfragen Brocken um Brocken rausrückt: Natürlich geht es nur darum seine Spielstätten mit einem weiteren Highlight zu garnieren, damit noch mehr Menschen in den Genuss der Stage Musicals kommen. Bei einer Kapazität von 2000 bis 3000 Personen pro Stunde, werden entsprechend viele Busse und Autos das Heiligengeistfeld voll stellen, um mal eben Seilbahn zu fahren. Wird noch mehr Verkehrsaufkommen und Pauschaltourismus in arg gebeutelten Wohnvierteln die St. Pauli und die Neustadt nun mal auch sind eben da stattfinden.

Für die 100 m hohe Seilbahnstütze wird eine Grundwasserabsenkung im historischen Elbpark notwendig. Der letzte zusammenhängende Grüngürtel im Viertel wird dem Tourismus geopfert. An historischen Baudenkmälern: dem Bismarck aufm Sockel, der Carsten-Miles-Brücke, den Landungsbrücken und nicht zuletzt an allen Sichtachsen bspw. vom alten Hafenkrankenhaus auf den Michel wird dieses Spinnennetz von armdicken Stahlseilen und Gondeln groß wie Kleinwagen die Silhouette der Hafenansicht völlig verändern, die Sicht vom Fluss eben auch. Verschwiegen wird der ständige Schattenschlag dieser Attraktion. Und das alles bestimmt nicht zum Guten. Wieso braucht eine Flussstadt mit Hafen eine Seilbahn, die eigentlich dazu bestimmt ist in Skigebieten natürliche Höhenunterschiede zu überwinden, die wir Flachlandtiroler hier an der Elbkante definitiv nicht haben! Danke Herr O Hara!

Launig geht dann die Diskussion hin und her, Alternativvorschläge werden von Anwohner gemacht, Bedenken geäußert, Argumente für andere Standorte beigebracht, aber auch die Idee als eine gute gepriesen. Die Vielfalt des Stadtteils äußert sich. So recht gelang es Herrn Geschäftführer dennoch nicht die Bedenken zu zerstreuen und man wolle im keinen Falle etwas gegen den Willen der Bürger realisieren, aber es müsse doch nun mal einsehbar sein, das diese einmaligen Chance nicht brach liegen gelassen werden dürfe. Und es bleibe abzuwarten wie die Bürger in Wilhelmsburg und der Neustadt das alles sehen.

Ganz nebenbei stellt sich auch noch raus, dass die Stage Entertaiment, wieder einmal, 30 Arbeitsplätze der „Ausstatter“ am Operrettenhaus ausgliedern möchte, um konkurrenzfähig zu bleiben. Dazu möchte die Firmenleitung den anwesenden organisierten Mitarbeitern aber heute nichts sagen, da es hier und Bürgeraufklärung gehe.

Wie nun Weiter?

Politisch ist momentan nicht eindeutig geklärt, ob der Bezirk Mitte weiter zuständig ist, oder ob das Thema eine übergeordnete Senatssache wird. Die Betreiber wollen im jedem Falle ein Planfeststellungsverfahren einleiten. Behörden werden dann prüfen müssen, ob eine Baugenehmigung erteilt werden kann. Es gilt also jetzt darum weitere Bedenken zu äußern und diese ganze Angelegenheit kritisch zu begleiten. Sonst wird es wie so oft im Viertel: Wer das Geld hat entscheidet und darf realisieren wie es ihm beliebt.

Also informiert euch. Wer aus der Fanszene Interesse daran besitzt, sich weiter zu Engagieren bitte Kontakt über Redaktion@uebersteiger.de aufnehmen. Man kann den Versuch unternehmen sich mit den vorhandenen Institutionen/engagierten Personen im Stadtteil zu vernetzen. Denn durch dieses weitere Großprojekt neben dem Versuch des Abrisses der EssoHäuser, der Moorburgtrasse, dem Bernhard-Nocht-Quartier, dem Hochhaus Reeperbahn 157, dem Umbau des Millerntorstadions, der Hafenkrone im Brauquartier und den tanzenden Türmen könnte das Maß nun endgültig überschreiten. Es wird Zeit sich für das Gemeinwohl in einem noch lebenswerten Viertel einzusetzen.

Links zum Thema:
www.hamburger-seilbahn.de 
www.sos-stpauli.de
www.gwa-stpauli.de

// JanEcke


Übersteiger Blogschau: Fritten, Fußball und Bier

   In der nächsten Runde der Blogschau vom Übersteiger haben wir Toby von Fritten, Fußball und Bier (www.soccer-warriors.de) interviewt. Internetaffinen Menschen, die sich für unseren heißgeliebten Rasensport interessieren, dürfte dieses Blog schon einmal unter die Nase gekommen sein.

Danke, dass du dir die Zeit nimmst. Dann beginnen wir mal: Wer bist du und wo kommst du her?
Ich bin der Toby vom Blog Fritten, Fussball & Bier. Ich selber bin aus Niederbayern, also von ganz tief unten. Ich lebe und arbeite jetzt aber schon länger in München. Wahrscheinlich wird man mich da auch nicht mehr wegbekommen. Du weißt ja, einen Bayern soll man nicht mehr verpflanzen, wenn sie mal einen Platz gefunden haben, wo sie sich wohl fühlen. Dahoam ist eben Dahoam! Ehrlich gesagt, hatte ich bisher auch keine Lust nach New York, Berlin, Frankfurt oder Barcelona zu ziehen. Für mich ist München gut. 

Was hat dich nach München gebracht? 
Nun ich habe mein Studium hier angefangen, hab jetzt mein Diplom in der Tasche, ein abgeschlossenes Volontariat, einigen Jahren Berufserfahrung in einer Münchner Firma und arbeite – wie man so schön sagt „irgendwas mit Medien“. München ist für „Irgendwas mit Medien“ gut und mein Blog ist hier geboren – wenn man das so schön sagen kann. 

Mit wievielen Leuten betreibt ihr das Blog?
Eigentlich bin das nur ich! Das wird jetzt viele wundern, denn es passiert ja meistens verdammt viel und jeder denkt, da sitzen mindestens fünf Leute rund um die Uhr dran und machen was. Tja, das ist aber nicht so. Es ist eine One-Man-Show mit ein paar Helfern. Übrigens auch auf meiner Facebook-Fanseite. Da mache ich auch alles selbst. 

Wie schafft man das? 
Naja, Ihr könnt Euch ja denken, dass man, um das alles zu schaffen, eine gewisse Organisation braucht. Man muss Prioritäten setzen. Gelegentlich habe ich aber auch Kolumnisten, die dürfen dann schreiben, was sie wollen und wie sie wollen. Da habe ich doch tatsächlich ein paar wirklich gute Leute für Fritten, Fussball & Bier begeistern können und das macht mich verdammt Stolz. 

Wer sind deine Kolumnisten? 
Die Autoren Mark Scheppert, der das Buch „90 Minuten Südamerika“ geschrieben hat und Udo Lindenlaub, der das wirklich gute Buch „Von Asche zu Asche“ verfasst hat sind genauso mit dabei wie Kevin & Mark mit ihrem wöchentlichen „On the Road“ Videoblog, wo sie sich über den abgelaufenen Bundesligaspieltag unterhalten. Vielleicht sollte ich aber langsam mal wirklich anfangen, mir noch ein paar feste Leute dazuzuholen, aber es ist halt überall das gleiche: Da kommt dann gleich die Frage nach Honorar, was es aber nicht gibt. Das Blog ist ein Spaßprojekt und ich rechne es den Kolumnisten hoch an, dass sie einfach nur Lust darauf haben, ab und an mal einen Text rauszuklopfen! Wenn ich mich jetzt selber so höre, dann glaube ich, wird Fritten, Fußball & Bier vermutlich immer einen One-Man-Show bleiben…

Sicher hast du dir mit dem Blog am Anfang Ziele gesetzt. Hast du sie schon erreicht?
Mh, so eine richtige Zielsetzung gab es eigentlich nie. Mein Gedanke war immer, einfach das aufzuschreiben, worüber ich mich sowieso gerade informiere, oder was ich Lustiges zum Thema Fußball gefunden habe. Also m Grunde halt alles was mich interessiert. Aber eine Zielsetzung, die gab es eigentlich nie, weil ich ja erstens nie geplant hatte, nach sechs Jahren immer noch das Blog zu schreiben und zweitens auch nie damit gerechnet habe, so viele Leute damit zu begeistern. 
Wenn man es so nennen will, dann war meine Zielsetzung am Anfang, mich selbst daran zu erfreuen. Ja, sozusagen als Ersatzdroge, weil ich damals wegen einer bösen Verletzung nicht mehr Fußball konnte und nicht klar war ob es überhaupt noch mal geht. 
Heute ist das natürlich anders. Ich dürfte rein theoretisch wieder kicken, aber nach so langer Pause ist es irgendwie vorbei. Ab und an spiele ich mal im Park, mehr ist da auch nicht mehr. Heute blogge ich, weil ich doch einige Leute mit meinen Texten, mit meine recherchierten Infos begeistern kann. Das gibt mir auch ein gutes Gefühl…

Verdient man damit Geld?
Nicht wirklich. Ein paar Euro sind schon drin, aber das reicht nicht mal ansatzweise zum Leben. Von daher ist das Schreiben und Bloggen auch nur ein Hobby, wenn auch ein sehr zeitintensives! Aber es macht mir verdammt viel Spaß und ich lass mir es nicht nehmen. Gelegentlich krieg ich mal was geschenkt, was mich immer sehr freut. Hier mal ein Fußballbuch, da mal eine Eintrittskarte und so. Das ist immer schön und motiviert natürlich weiterzumachen. Eine gewisse Bestätigung, wie übrigens auch das Feedback der Leser. Wenn ich jetzt davon auch noch leben könnte, dann wäre ich vor Glück ja komplett sprachlos, was dem Blog aber vielleicht nicht gut tun würde…

Du bist ja auch auf Facebook sehr aktiv. Lohnt sich der Aufwand für die eigene Page eigentlich noch, wenn man auf Facebook sehr erfolgreich sein kann?
Es ist ja nicht dasselbe! Ich betrachte die Facebook-Fanseite, die Ihr übrigens unter www.facebook.com/Fritten.Fussball.Bier erreichen könnt, als eine eigene „Baustelle“ – sozusagen. Auf der Fanseite bringe ich die kleinen Videos, die kurzen Links zu guten Artikeln und so unter. Auf dem Blog schreibe ich hauptsächlich, bringe selten Links oder Videos. Das habe ich so aufgeteilt und ich glaube es kommt bei den Leuten gut an. Zumindest ist auf beiden Seiten immer viel los. Gut, auf dem Blog kommentieren die Leute weniger. Die lesen da vorwiegend. Was die Kommentare betrifft, hat man schon gemerkt, dass viele einfach alles über Facebook machen und auch dort lieber ihre Kommentare hinterlassen – ist einfach praktischer. Im Großen und Ganzen würde ich also die zwei Sachen nicht mit einander vergleichen. Ich sehe sie als gute Ergänzung zueinander. 

Gab es eigentlich schon mal von irgendwem Abmahnungen an dich?
Ja, und das nervt gewaltig! Eigentlich ist das ein Thema, über das ich nicht gerne rede, weil ich doch echt immer froh bin, wenn ich nichts damit zu tun habe! Ich passe auch auf. Aber es hilft nichts, das Thema holt mich immer mal wieder ein und von daher muss ich damit halt auch leben. Also ich erzähl mal ein paar Kleinigkeiten. Prinzipiell betreibe ich die Seite ja als Privatmann! Darauf will ich hier mal in aller Deutlichkeit hinweisen. Klar, man läuft auch das ein oder andere Banner drauf, aber reich werde ich damit keinesfalls. Es reicht ja nicht mal zum Leben und da kriegt man es dann schon mit der Angst zu tun, wenn auf einmal ein Anwalt dir eine Abmahnung über 12.000 Euro schickt und gleich noch eine Rechnung für seine Bemühungen über 2.000 Euro mit. Da fragt man sich schon, wo man als normaler Mensch, der nebenbei noch als Hobby einen Blog betreibt, so viel Geld her nehmen soll. Zum Glück habe ich einen guten Anwalt gefunden, der mich da wieder rausgehauen hat. Der hat zwar auch sein Geld verlangt, aber die Abmahnung war dann nach über einem Jahr erst mal vom Tisch. Ich habe mir da dann schon überlegt, ob Fritten, Fussball & Bier nicht langsam ein zu teures Hobby für mich wird, aber ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es mir erstens zu viel Spaß macht, die Leute zu unterhalten und ich mich zweitens nicht einfach so unterbuttern lasse. 
Und ich hatte das Glück, eben diesen super Anwalt zu finden, der mich auch später jedes Mal gut beraten und auch vertreten hat. Und er hat mich unterstützt und mir einiges erklärt. Viel eher habe ich das Problem, dass ich mit meiner Seite inzwischen doch relativ viel Aufmerksamkeit im Netz errege und das dass wiederum nichts anderes bedeutet, als dass jemand mit den Abmahnungen Geld verdienen wollte. Das alles ist ärgerlich. Seit ich diesen Anwalt kenne und weiß, ich kann immer zu ihm kommen, schlafe ich deutlich ruhiger. Und ich gehe auch wieder ruhig zum Briefkasten, da kann mich kein Schreiben mehr schocken.

Noch eine letzte Frage – abgesehen vom Blog – wo stehst du im echten Leben? Also welcher Verein? Bist du überhaupt ein Stadiongänger? 
Tja, im echten Leben bin ich ein glühender und ständig leidender Fan von Wacker Burghausen. Ich weiß, oft ein Trauerspiel. Obwohl in diesem Jahr läuft es ja wieder, zumindest sportlich. Aber über unsere Leute dort habe ich geflucht: der Trainer flieht in der Winterpause, macht sich noch auf einer Pressekonferenz mächtig Luft und keiner weiß genau, was eigentlich los ist. 
Wenigstens haben wir jetzt im Moment wieder Ruhe und das ist ein verdammt großer Verdienst von unserem neuen Trainer Reinhard Stumpf. Mal sehen wie lange er es bei uns aushält. Also im Moment gefällt mir das Leben als Burghausen Fan wieder! Leider bin ich aber nicht mehr so oft im Stadion, da fehlt mir einfach die Zeit dazu und ich da ich ja auch nicht direkt in der Nähe von Burghausen wohne, ist es immer ein wenig schwierig, mal eben schnell ins Stadion zu gehen. Noch dazu kommen, die Anstosszeiten in der 3. Liga. Da muss man dann schon immer gut planen, damit das alles gut funktioniert und man auch rechtzeitig im Stadion ist. 
Tja, und genau deswegen beschränken sich meine Stadionbesuche im Moment auf drei bis vier Besuche im Jahr. Ach ja, auf dem ein oder anderen Auswärtsspiel bin ich natürlich auch mit dabei. Muss ja auch sein…

Vielen Dank für das Gespräch! Ich wünsche dir viel erfolg mit deinem Blog – und mit dienem Verein.

Das Interview führte Zwille

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