Übersteiger 128

Hallo Freunde der bunten Buchstaben!

Ihr habt euch entschieden und haltet ein Printmagazin namens „Übersteiger“ in den Händen. Wir haben unser allerbestes gegeben und wieder im Umfeld des magischen FC recherchiert, zusammengetragen und -geschrieben, um euch damit für die fußballfreie Sommerpause zu rüsten. 

Euch erwarten Artikel rund um das Leitthema Inklusion. Was ist das überhaupt? Kurzpass klärt euch auf. Rolliplätze im Stadion vorhalten langt da nicht – nur so viel vorweg. Inklusion ist außerdem nicht gleich Integration und selbst die läuft ja in Deutschland vielerorts nur schleppend. Wir fangen in unserem Mikrokosmos an und haben geschaut, wo es beim FCSP schon gut läuft und wo Verbesserungsbedarf herrscht. Wie so vieles, fängt auch Inklusion im Kopf an.

Katja und Michael Löffler von der Blindenfußballabteilung gewähren einen Einblick in die tägliche Arbeit und Probleme. Slarti sprach mit DEAF, einem gehörlosen Fanclub des FCSP und außerdem konnten wir von Jörn Weidlich, dem Behindertenbeauftragten beim FC St. Pauli, ein paar spannende Statements bekommen. Über den Tellerrand schauen wir mit Robin Polzin, dem Trainer der Inklusionsmannschaft des SC Concordia. 

Auch noch ins Heft geschafft haben es der zweite Teil der Trilogie zum FC Lampedusa, Timbos Taktikschule, das Fußball-Flüchtlingsprojekt von Yorkshire St. Pauli, eine wunderschön magische Player’s Corner von Philipp Heerwagen, Edelfan Nico undundund.

„Ja, Du meine Güte nochmal! Das Ding ist ja prallgefüllt! Passten denn da noch die Standardrubriken rein?“ – Na sicherlich! Paadie-Seite, NvdA, Döntjes, Rezis, etc. erwarten euch wie immer mit schlechten Gags und kurzweiligen Texten – bunte Bilder inklusive! Den guten Lacher bewahren wir wie immer für Guido auf der letzten Seite auf.

Die stürmische Saison findet nächste Woche in Bochum ihr Ende und wer nicht in hässlichen Trikots den Sonderzug betritt, kann das Spiel im gewohnten Umfeld genießen und schon mal im Übersteiger oder den anderen Fanzines rund um St. Pauli schmökern. An dieser Stelle einen verspäteten Glückwunsch an den Kiezkieker zur 100!

Also, viel Spaß in der Sommerpause, immer schön eincremen und lasst euch nicht vom Confed-Cup ärgern. Es gibt wirklich wichtigeres zu tun.

Keep your mind wide open! 

Eure Übersteigers


Keep your mind wide open!


Inklusion ist gerade in aller Munde. Die Volksinitiative “Gute Inklusion” setzt sich für bessere Bedingungen für inklusive Bildung an den Schulen ein. Doch Inklusion ist nicht auf den Zugang zu Bildung beschränkt. Die Aktion Mensch definiert: “Inklusion heißt wörtlich übersetzt Zugehörigkeit, also das Gegenteil von Ausgrenzung. Wenn jeder Mensch – mit oder ohne Behinderung – überall teilnehmen kann, in der Schule, am Arbeitsplatz, im Wohnviertel, in der Freizeit, dann ist das gelungene Inklusion.”

Vorreiter FC St. Pauli 

Im Jahr 2004 fand erstmals ein Fußballspiel am Millerntor statt, zu dem blinde und sehbehinderte Fans auf eigens dafür eingerichteten Hörplätzen per Funkkopfhörer eine Spielbeschreibung hören konnten. Aus diesem Audiokommentar wurde später das AFM-Radio, das Fans überall auf der Welt ermöglicht, per Internet oder Telefon die Spiele unseres FCSP zu verfolgen. Herz und Motor des AFM-Radios ist Wolf Schmidt, der auch der Trainer der Blindenfußballer*innen ist. Die Abteilung wurde im Juni 2006 unter dem Dach der Herrenfußballabteilung gegründet, nachdem Anfang 2005 schon die Torball-Abteilung ins Leben gerufen worden war. Engagierte blinde Sportler, die gerne in einer Mannschaft als Teil eines Vereins spielen wollten, hatten bei verschiedenen Hamburger Vereinen angefragt. Einzig unser FCSP hatte Interesse gezeigt und die Gründung möglich gemacht. Mittlerweile wird in der Abteilung auch Goalball gespielt. 

Rolliplätze

Im alten Stadion mit Kuchenblock und Dauerprovisorium Gegengerade durften die Rollifahrer*innen und andere Menschen mit Einschränkungen seinerzeit mit Begleitung im Innenraum stehen/sitzen. Alles war familiär und unkompliziert. Das änderte sich mit dem Neubau des Stadions. Die Rolliplätze wurden auf die Haupttribüne verlegt. Statt mittendrin waren die Betroffenen nun nur noch dabei. Für den Cousin meiner besten Freundin mit Down-Syndrom war dort gar kein Platz mehr. Er musste von nun an einen teuren Sitzplatz auf der Haupttribüne einnehmen und trauert heute noch den Zeiten im Innenraum nach. Die knapp bemessene Anzahl der geplanten Rolliplätze im neuen Stadion rief damals das Aktionsbündnis §6(2)a auf den Plan. Ein Antrag zur Jahreshaupt-versammlung 2012, der im Vorwege heiß diskutiert wurde, forderte 180 Rolliplätze (inkl. Begleitplätzen), im Stadion waren aber nur rund 100 vorgesehen. Am Ende einigte man sich auf eine Gummiformulierung. Ein schaler Nachgeschmack blieb.

AG Inklusion

Während also in den Sport treibenden Abteilungen Inklusion schon vielfältig gelebt wird, tut sich der Verein eher schwer, wenn es darum geht, Menschen mit Einschränkungen den Zugang zum Stadion und zu Dienstleistungen des Vereins zu ermöglichen. Fahrstühle haben nur Mindestmaß, die Homepage hat keine Audiofunktion, die Gehörlosen bräuchten beispielsweise Untertitel zu Videos. In vielen Bereichen fehlt einfach eine Ansprechperson. Das fiel auch dem langjährigen Aufsichtsrat Roger Hasenbein auf, der daraufhin Anfang 2015 gemeinsam mit Sandra Woitschig vom Fanclub-Sprecherrat (und Aktionsbündnis) die AG Inklusion ins Leben rief. Sie bestand damals neben den beiden aus Tom Happe (Präsidium), Jörn Weidlich (Behindertenbeauftragter), Wolf Schmidt, Anni (Rugby-Abteilung, damals Praktikantin), Joni (USP), René (AFM) und Alleen (Fanladen). Später kam auch St. Depri dazu. Zunächst verging viel Zeit damit, überhaupt den Begriff Inklusion zu klären. Dann sah der Plan vor, alle Abteilungen zu besuchen und zu schauen, wo schon Inklusion gelebt wurde. Eine Umfrage auf Basis des Index Inklusion des DFB fraß viel Zeit und brachte leider nur wenig nützliche Ergebnisse. Schnell wurde das eigentliche Problem klar: Ehrenamtlich lässt sich ein solch komplexes Themenfeld wie Inklusion nicht wuppen. Selbst mit einer großen AG, wo allerdings alle Mitglieder auch noch in anderen Gremien oder Tätigkeitsbereichen unterwegs sind, kann man die Fäden nicht zusammen führen. Es braucht eine hauptamtliche Stelle.

Festgefahren

An der Stellenbeschreibung eines/r Inklusionsbeauftragten, die die AG dann bis Mitte 2016 entwickelte, lässt sich gut erkennen, wie notwendig es wäre, die Stelle einzurichten. Die Person wäre Ansprechpartner*in nach innen und außen, müsste den Arbeitsbereich aufbauen und professionalisieren, die bisher bestehenden Maßnahmen zusammenführen und vernetzen. Eine 20-Stunden-Stelle war dafür ursprünglich vorgesehen, immerhin. Allerdings war zunächst geplant, eine bestehende Stelle teilweise umzuwidmen, was auch ansatzweise realisiert wurde. Doch dann übernahm die betreffende Person andere Aufgaben im Verein und… ihr wisst schon, die sportliche Situation wurde zunehmend angespannter, langfristige Festlegungen damit schwierig. 15.000 Euro gab es aus dem laufenden Budget, doch mit einem einmaligen Betrag lässt sich nur kurzfristig arbeiten, was der Sache weder dienlich ist noch ihr gerecht wird. So beschloss die AG zuletzt schweren Herzens, die laufende Saison abzuwarten. Für die kommende Spielzeit gibt es von Präsidium und Geschäftsführung eine Zusage für die Stelle, sollte der FCSP die Klasse halten. In der 3. Liga stünden die Chancen schlecht. Grundsätzlich ließe sich natürlich auch eine bestehende Stelle teilweise umwidmen. Dies widerspräche allerdings der Stellenbeschreibung, die ausdrücklich Erfahrung und Kenntnisse im Bereich Inklusion voraussetzt.

Der Dino ist schon weiter

Wenn oben noch vom Vorreiter FC St. Pauli die Rede war, so ist es nach einer Umfrage des Parentsmagazin Hamburg aktuell eher die Konkurrenz in Stellingen, die ein ganzes Bündel an inklusiven Maßnahmen zu bieten hat. Dort ist die hauptamtliche Inklusionsbeauftragte allerdings Teil der Fanbetreuung. Das erscheint natürlich als elegante Lösung, da sie gleichzeitig auch andere Aufgaben der Fanbetreuung wahrnehmen kann. Andererseits wird so Inklusion auf die Fanbelange reduziert. Es besteht die Gefahr, dass die Vernetzung mit den Sport treibenden Abteilungen und dem Verein als Arbeitgeber ausbleibt. Für den FCSP wäre es daher wünschenswert, dass der/die zukünftige Inklusionsbeauftragte als Stabsstelle direkt an das Präsidium bzw. die Geschäftsführung berichtet und so für die gesamte Koordination zuständig ist. Sollte wider Erwarten doch der Gang in Liga 3 anstehen, so entwickeln sich bereits Ideen, wie die Stelle trotzdem zu finanzieren wäre, etwa teilweise über die AFM (deren Satzung das hergibt) und eine*n passende*n Sponsor*in aus dem Vereinsumfeld.

Der Übersteiger drückt die Daumen für den Nichtabstieg, der neben vielen anderen Vorteilen nun wirklich einen Sinn hätte. Einstweilen zeigen wir im Folgenden aus verschiedenen Perspektiven, wo Inklusion beim FCSP gelebt wird, und blicken natürlich auch über den Tellerrand hinaus. 

// kurzpass


“Hemmungsloser miteinander umgehen”

– Inklusion erfordert Gegenseitigkeit – 

Was bedeutet eigentlich Inklusion? Um einer Antwort auf diese Frage etwas näher zu kommen, haben wir uns mit Katja und Michael Löffler getroffen. Das Ehepaar hat vor zehn Jahren die Blindenfußballabteilung des FC St. Pauli gegründet. Katja und Michael sind beide blind. Wir wollten von ihnen wissen, was für Sie Inklusion bedeutet.

Michael Löffler (ML): Ich glaube, dass bei der Inklusion das ganz große Ziel ist, dass am Ende alle gemeinsam im öffentlichen Raum leben und zurechtkommen und auch behinderte Menschen selbstständig und unabhängig klarkommen können, am besten ohne die Hilfe von Spezialeinrichtungen. So müsste man, wenn man Inklusion perfekt machen will, die Bedingungen schaffen, dass jeder, unabhängig vom anderen, zurechtkäme. Damit keine Situation entsteht, in der einer immer der Abhängige ist und Bitten stellen muss. Inklusion besagt ja, dass jeder von jedem lernt. Der Blinde lernt vom Sehenden, der Sehende vom Blinden.

Katja Löffler (KL): Sich gegenseitig etwas geben, das ist das was Inklusion ausmacht. Es geht nicht darum, dass die Nichtbehinderten die Behinderten mitnehmen. Dann hätten wir die Integration, die wir vorher hatten. Die wollen wir jetzt ja nicht mehr, weil es nicht mehr so toll klingt, jetzt heißt es Inklusion. 

Ein Beispiel: Zu mir kommen häufig Leute mit Computerproblemen. Ich kenne mich damit ganz gut aus und kann oft helfen. Aber fast alle sind dann erstaunt, wenn ich ihr Problem lösen konnte, obwohl ich blind bin. Sie trauen es mir vorab einfach nicht zu. Wenn wir Inklusion wollen, muss für alle klar sein, dass jeder jedem etwas geben kann. 

ML: Ich fühle mich teilweise wie in einem 100-m-Lauf, bei dem alle Sehenden auf der Startlinie stehen. Ich stehe noch 10 m dahinter, weil ich die Linie nicht sehe. Damit ich mit den anderen auf einem Level bin, bin ich also schon 10 m gesprintet. Das ist beim 100-m-Lauf schon ganz schön viel. 

Und bei der Inklusion ist es eben auch schon sehr viel, was von behinderten Menschen gefordert wird. Du bist immer erstmal derjenige, der hintendran ist, der erstmal irgendwie kommen und sich erklären muss. Der erklären muss, warum das so ist. Und auch der, der erstmal den Weg lernen muss.

Nehmen wir das Beispiel eines Bewerbungsgesprächs, wo jeder Mensch vorher aufgeregt ist. Ich muss erstmal Stunden damit verbringen, wie ich da überhaupt hinkomme, weil ich nicht einfach mein Handy und Google Maps nehmen kann und losgehe.

KL: Du kannst aber auch nicht sagen, wir stecken jetzt alle zusammen, weil alle voneinander lernen können. Es ist immer gut, wenn man viel fragt, aber die Antworten liegen auch immer in der Persönlichkeit des einzelnen. Man kann keinen Eintopf draus machen. 

ÜS: Gibt es denn da Lösungsansätze?

KL: Der Tonangebende ist immer derjenige, der sagt: „Wir machen jetzt Inklusion und wir binden euch mit ein.“ Die Blista in Marburg (Blindenstudienanstalt) hat sich im Zuge der Inklusion jetzt für alle geöffnet. Die sagen, wir machen Inklusion jetzt mal anders herum. Wir nehmen auch Schüler ohne visuelles Problem. Kommt zu uns und lernt mit Behinderungen, mit Blindheit oder was auch immer umzugehen. 

Ich finde, das ist eine spannende Herangehensweise, weil man nicht sagt: „Wir bieten euch Behinderten etwas und ihr müsst euch anpassen“, sondern umgekehrt: „Wir Behinderten bieten euch etwas und ihr passt euch unseren Gegebenheiten an. Kommt mal zu uns und schaut euch das an.“ So kann es funktionieren. Wenn beide Seiten, ich sag jetzt mal Inklusionsmacher und Inklusionsempfänger, so etwas machen. Und soweit ich weiß können die sich in Marburg vor Anmeldungen von Nichtbehinderten kaum retten. 

ML: Das ist eine Privatschule zum Nulltarif. Mit allerbester Ausstattung.

KL: Eine Eliteschule, wenn Du so willst. 

ML: Da würde ich meine Kinder auch sofort hinschicken. Ob ich sie zur Blindenschule am Borgweg schicken würde, müsste ich erstmal genau überlegen.

ÜS: Wo Du gerade von blinden Kindern sprichst. Wie funktioniert denn inklusiver Umgang unter Kindern und Jugendlichen?

ML: Erstmal finde ich es wichtig, dass es die Möglichkeit gibt, inklusiven Sport zu machen. Zum Beispiel Blindenfußball. Da werden Probleme verstanden. Und damit meine ich nicht Probleme, die ein Jugendlicher hat, weil er in der Pubertät ist, sondern die er zusätzlich hat, weil er blind ist. Da können wir z. B. sagen: Wir verstehen, dass du nicht mit Messer und Gabel essen kannst, das ging uns in deinem Alter allen so. Aber du kannst es jetzt lernen und das solltest du, denn du wirst langsam erwachsen. Auf der Klassenfahrt geht keiner zu ihm und sagt: Messer und Gabel ist Standard und Selbermachen ist Trumpf, die machen das dann für ihn. Vielleicht auch, weil sie denken, er könne es gar nicht. 

KL: Aber wenn der blinde Jugendliche nicht dumm ist, merkt er, dass alle anderen es anders machen und er Außenseiter ist. Auch wenn die anderen nichts dazu sagen, merkt er, dass er irgendwie anders ist.

ÜS: Also sagt man dem Jugendlichen: „Schneide dein Schnitzel allein“?

ML: Ja, oder auch: „Ich komme mal einen Nachmittag vorbei und wir essen zusammen Schnitzel bis wir kotzen aber danach kannst du es allein schneiden.“ 

Auf der anderen Seite muss man dann als Blinder auch sagen können: „Kannst du mir helfen, dieses Kotelett mit dem Knochen zu schneiden? Könnte ich auch allein, aber dann ist es kalt, bis ich es essen kann.“

Wenn der Sehende dann schnallt: „Ah, mit Knochen dauert länger, da ist Hilfe angebracht, aber nächstes Mal beim Hähnchenschnitzel nicht, dann sind wir auf einem guten Weg. So kann Inklusion funktionieren.

KL: Aber am Buffet kann er sich vielleicht doch nicht selbst versorgen, weil er dann in jedem Topf rumwühlen müsste. Das würde sicher auch nicht für den Gedanken sorgen: „Wir machen hier Inklusion, dann kann er auch mal in jedem Müsli rumfingern.“

Du musst schon überlegen: Wen hast du vor dir und wie fit ist er. Von was kannst du wirklich ausgehen?

ML: Manchmal hat man ja auch einfach nur schlechte Laune. Wenn du böse guckst, ist die Wahrscheinlichkeit, nicht angesprochen zu werden, schon recht groß. Ich hab hingegen immer das Gefühl, dass von mir Dankbarkeit erwartet wird. Einfach nur mal schlechte Laune wird als undankbar aufgenommen.

KL: Ich glaube, dass Inklusion auch finanzielle Unterstützung braucht, auch ausgebildete Leute, aber vor allem muss es in den Köpfen der Menschen passieren. Solange das nicht passiert, haben wir keine Inklusion.

ML: Wir müssen halt irgendwo anfangen. Vor 150 Jahren wurde ja mal damit angefangen zu sagen: „Behinderte Menschen müssen nicht zuhause sitzen, sondern können allein in die Welt gehen und Berufe erlernen.“ Das ist gut, das ist ein Prozess, der immer weiter geht. Aber was heute passiert, nenne ich auch gern „Inklusion von oben“. Einer sitzt da, drückt einen Knopf und sagt: „Nun machen wir Inklusion und verstehen uns alle ganz toll.“

Es funktioniert aber nicht durch irgendwelche Kampagnen, sondern der ganz normale Umgang miteinander muss einfach selbstverständlich werden. Wichtig ist, dass wir alle hemmungsloser miteinander umgehen, mehr miteinander reden.

ÜS: Vielen Dank für das Gespräch, Katja und Michael.
Mit Katja und Michael sprach MarronBlanco
Katja bloggt übrigens unter www.hoerfutter.com


Machen statt Hören 
der Deaf-Fanclub FC St. Pauli

Gehörlose werden oft übersehen und überhört. Dagegen hilft nur Selbsthilfe: Im Juni 2011 wurde der Deaf-Fanclub FC St. Pauli gegründet. Er hat heute ca. 40 Mitglieder – Gehörlose, Schwerhörige und einige Hörende. Sie kommen aus Hamburg, Bremen, Oldenburg, Schleswig, Nürnberg oder sogar Wien. Sie sprechen meist Gebärdensprache miteinander (siehe Kasten unten). Die DGS ist für mich leider eine Fremdsprache. Im Gespräch mit Thomas, Michael und Sabine hat Vanessa für uns gedolmetscht.

Der Deaf-Fanclub hat seine Anfänge im Jahr 2003. Thomas besuchte damals das erste Mal ein Spiel des FC St. Pauli. Es gefiel ihm besser als beim HSV und er kam wieder. Er wurde eines Tages von einem anderen Gehörlosen im Stadion angesprochen. Seitdem gingen beide zusammen zum Spiel. Sie sind heute im Vorstand vom Fanclub. Die Gruppe wuchs schnell. Gehörlose sind gut vernetzt – viele kannten sich vom H.G.S.V., dem Hamburger Gehörlosen Sportverein. Zur Gründungsversammlung vom Fanclub kamen bereits zwanzig Menschen ins Clubheim.

Der Fanclub ist sehr aktiv. Die Mitglieder machen viel miteinander. Sie begrüßen oft Gäste von außerhalb. Im Sommer wird gegrillt. Das Deaf-Team spielt regelmäßig bei den Fanclub-Turnieren mit. Im April gab es eine Stadionführung mit anschließender Barkassenfahrt. Die Feiern im Rahmen des fünfjährigen Jubiläums gehen bis zum Sommer weiter… Bilder von den vielen Aktivitäten des Deaf-Fanclubs findet ihr auf der Website (siehe Link unten). 

Vertreter vom Deaf-Fanclub gehen zur Delegiertenversammlung der FC St. Pauli-Fanclubs. Die Bedürfnisse gehörloser Fans gehen leider auch dort schnell unter. Das kann verbessert werden. Der Fanclub arbeitet außerdem im DDDF mit, dem Dachverband deutscher DEAF Fanclubs e.V. Die letzte Bundesversammlung vom DDDF war Ende März 2017 in Witten. Mit anderen DEAF-Fanclubs sprach man über die Situation und Probleme Gehörloser im Stadion (siehe Link unten).

Die Bedingungen sind bei Red Bull Leipzig besonders gut. Die Gehörlosen haben dort einen eigenen Sitzplatzblock für 60 Personen. Sechs Plätze sind für Gästefans. Die Sicht auf das Spielfeld ist super. Die Karten kosten nur 10 €. Begleitpersonen kommen umsonst ins Stadion. Betreuer helfen bei der Kommunikation. Speisekarten und Getränkekarten erleichtern Bestellungen. Dolmetscher übersetzen Moderationen, Interviews und Sicherheitsansagen. Bayern München hat gerade eine neue Technik vorgestellt: Eine Brille zeigt alle Ansagen als Untertitel an.

Beim FC St. Pauli sind Verbesserungen möglich. Der Deaf-Fanclub arbeitet daran. Die Kommunikation mit dem Verein war am Anfang schwierig. Keiner fühlte sich richtig verantwortlich. Die Sprach-Barriere war ein Problem. Karten holte man am Kartencenter. Dort musste man alles aufschreiben. Veränderungen brauchten Zeit und viele Nachfragen. Der Deaf-Fanclub arbeitete geduldig auf Verbesserungen hin.

Die Mitglieder wechselten mehrfach den Platz im Stadion. Sie standen einige Jahre auf der Gegengerade. Der Kontakt zu anderen Fans war gut. Gemeinsam jubeln und feiern verbindet. Dolmetschen war dort aber unmöglich. Die Anzeigentafel war oft schlecht zu sehen. Viele interessante, wichtige Informationen kamen bei den gehörlosen Fans nicht an.

Die Situation hat sich inzwischen verbessert. Der Deaf-Fanclub sitzt jetzt im Rolli-Bereich. Vanessa übersetzt dort seit November 2016 die Ansagen. Sie ist die Tochter von Thomas und arbeitet ehrenamtlich als Betreuerin. Die Karten kommen nun über Jörn Weidlich, den Behindertenfanbeauftragten. Die Ordner am Einlass wissen Bescheid. Man kennt sich. Vieles funktioniert jetzt sehr gut. Der Fanclub kann für den Rolli-Bereich aber nur acht Karten bekommen. Bei Bedarf gibt es weitere Karten für andere Tribünen. Dort fehlt aber eine Betreuung.

Für Gehörlose ist gute Sicht wichtig für das Stadionerlebnis. Im Zentrum steht das Geschehen auf dem Rasen. Natürlich schreit und feiert man selbst mit. Die Choreo ist aber auch wichtig. Die Bewegung auf den Tribünen vermittelt ein Gefühl für die Stimmung. Fahnen, Transparente, Aufregung, Geschrei, wilder Jubel – man kann den „Roar“ auch sehen. Ein Sitzblock für Gehörlose weiter oben im Stadion wäre die Lösung. Mit freier Sicht auf Spielfeld und Dolmetscher und Platz für Gästefans. Denn das Verhältnis zu den Fans anderer Vereine ist besser als bei den Hörenden. Man unterhält sich gern miteinander.

Ein Sitzplatzblock für Gehörlose scheint aktuell nicht machbar. Ich fände ja, ein Teil der Business-Seats könnte dafür umgewandelt werden. Im Vereinsvorstand fehlt aber scheinbar noch immer ein geeigneter Ansprechpartner. Und der Deaf-Fanclub setzt eher auf kleine Verbesserungen.

Etwas mehr Bewusstsein würde oft reichen. Gelebte Inklusion fängt in den Köpfen an. Das Deaf-Team bekommt z. B. bei Fanclub-Turnieren die Ansagen über Lautsprecher schlecht mit. Das eigene Spiel will man aber natürlich nicht verpassen. Eine persönliche Information oder ein visuelles Signal würden helfen. Das wäre nicht viel Aufwand.

Im Gespräch bei Siegerehrungen oder ähnlichen Anlässen gilt dasselbe. FCSR und Vereinsvertreter müssen nur wenig anders machen: Langsam und deutlich sprechen und ihre gehörlosen Gesprächspartner bewusst ansehen. Dann sind sie besser zu verstehen und das Gespräch wird leichter. Die Mitglieder vom Deaf-Fanclub sind nämlich sehr kommunikativ … 😉

// Slarti

Website: www.deaf-fcstpauli.jimdo.com

Forderungen des Dachverbands deutscher DEAF-Fanclubs: www.dddf.eu/massnahmenkatalog/


“Ist eben nicht so leicht machbar mit nem Rolli auf der Süd”

Jörn Weidlich ist Behindertenfanbeauftragter beim FC St. Pauli, Vater von Basti (25), Rollifahrer, und St. Pauli-Fan seit 1997. Er arbeitet seit über 30 Jahren als Servicetechniker bei der Post im Schichtdienst und lebt mit Sohn und seiner inzwischen auch auf den Rollstuhl angewiesenen Ehefrau in Pinneberg. Im Millerntorstadion sorgt er dafür, dass Rollifahrer und mehrfach geistig behinderte St. Pauli-Fans und Gehörlose ihren Verein supporten können; er ist Infobörse und Ticketbeschaffer.

Jörn sagt …

… zu Inklusion im Fußballstadion:
Damit ist es gar nicht so einfach. Viele Rollifahrer und „Läufer“ (behinderte Menschen, die mit ihren Betreuern auch im Rollibereich sitzen) sind mit ihren Plätzen zufrieden, aber wenn jemand bei seinem Fanclub auf der Süd/Nord/Gegengrade stehen möchte, ist das problematisch. So ist das Stadion eben nicht gebaut. Aber es gibt natürlich auch viele behinderte Fans, die wie alle anderen Fans auch ihre Karte (ermäßigt mit Schwerbehindertenausweis) kaufen und zu St. Pauli gehen.

… zu seiner Funktion:
Der Behindertenfanbeauftragte (das ist er offiziell seit 2015, zuvor war er Stellvertreter der 2016 verstorbenen Dagmar Oden, die sich seit Mitte der 90er um die Belange behinderter Fans gekümmert hatte) und sein Team machen das ehrenamtlich und direkt für den Verein. Also anders als der Fanladen und seine Mitarbeiter, die beim Trägerverein Jugend und Sport e.V. angestellt sind. Ich versuche, mich regelmäßig im Fanladen sehen zu lassen. Aber ich habe eben auch noch Job, Familie, Haus, Haushalt und immer viel auf dem Zettel. Die BBAG ( BundesBehindertenfan-Arbeitsgemeinschaft e.V.) und auch der DFB möchten gerne hauptamtliche Inklusionsbeauftragte für die Vereine der Bundesliga.

… zu den aktuell vorhandenen Plätzen für Fans mit Einschränkungen:
Am Millerntor ist die Situation für behinderte Fans aus meiner Sicht ganz gut. Es gibt ca. 68 Rolli-Plätze, 17 Plätze für „Läufer“ und vier Hörplätze auf der Gegengrade (jeweils plus Plätze für die Begleitperson; Kopfhörer können im ganzen Stadion benutzt werden) und davon sind 38 Dauerkarten – nicht, dass es nicht noch besser sein könnte: Wir würden den Rolli-Bereich gerne auf 90 Plätze erweitern, denn die Anfragen übersteigen natürlich das Angebot. Wir kümmern uns am Spieltag um alles, was geht. Die Beeinträchtigungen der Fans sind ja ganz unterschiedlich – vom riesengroßen E-Rolli bis zum Fan mit panischer Platzangst muss vieles bedacht werden, auch für die auswärtigen Fans. Aber das machen wir, denke ich, ganz gut.

… zu Auswärtsfahrten:
Auswärts ist die Situation für behinderte Fans ganz unterschiedlich und die Betreuung ebenso unterschiedlich organisiert – beim FC Bayern z. B. über den Fanclub „Die Rollwagerl“, die 800 Mitglieder haben. Da ist der Fanclubvorsitzende der Behindertenfanbeauftragte. Auch das Platzangebot ist total unterschiedlich, von zwei Karten an aufwärts. Ich kümmere mich ja auch um die Auswärtstickets und fahre mit meiner Familie ja fast zu jedem Auswärtsspiel. Außer in Heidenheim – da hatte ich Schicht – waren wir diese Saison auswärts immer dabei.

… zur Teilhabe am (Fußball-)Leben:
Ich bin kein Inklusionsexperte, aber ich habe ja auch persönlich viel Erfahrung mit dem Thema. Man muss schon sagen, es entwickelt sich was. Aber bis die sogenannte Teilhabe an allen Sachen, die nicht behinderte Menschen so machen können, da ist, das dauert wohl noch. Ist eben auch nicht so leicht machbar, wenn ein Rollifahrer gerne bei den Ultras auf der Süd stehen möchte.

// tati


Timbos kleine Taktikschule

Heute: Konterspiel

Wie sieht der perfekte Konterfußball aus? Perfekt ist ein Konter natürlich immer dann, wenn an dessen Ende ein Torerfolg steht. Wäre Fußball ein Schachspiel, so würde man sich angesichts eines gegnerischen Konters vermutlich genötigt fühlen, seine Niederlage einzugestehen und seinen König umzukippen. Zu ermattend ist die Überzahlsituation auf dem Brett. Aber im Fußball ist es anders.

Ein Konter ist schwieriger zu spielen, als er aussieht. Häufig werden Konter jäh beendet, weil Laufwege und Timing nicht stimmen. Perfekte Voraussetzungen für erfolgreiches Konterspiel sind geschaffen, wenn das gegnerische Team aufgerückt ist und sich idealerweise auch Defensivspieler in den Angriff eingeschaltet haben. Daher sind meist gegnerische Standards der Nährboden für eigene Kontersituationen. Solche Spielsituationen ergeben sich aber auch häufig bei eigener Führung, wenn das gegnerische Team den Offensivdruck noch einmal erhöht. Naturgemäß ist physische Schnelligkeit eine wichtige Komponente für gutes Konterspiel, allerdings ist die Handlungsschnelligkeit noch wichtiger.

Die Verteidiger bleiben auf gleicher Höhe. Es ist kein Schnittstellenpass möglich, dem ballführenden Spieler bietet sich nur ein Pass auf die Außen, der eigene Torschuss oder ein riskantes Dribbling an.

Die Verteidiger bleiben auf gleicher Höhe. Es ist kein Schnittstellenpass möglich, dem ballführenden Spieler bietet sich nur ein Pass auf die Außen, der eigene Torschuss oder ein riskantes Dribbling an.

Um einen Konter zu starten, muss nach einem Ballgewinn die Möglichkeit eines schnellen Umschaltspiels erkannt werden. Ergibt sich aus dem ersten vertikalen Pass keine Raumöffnung, so ist dieser Pass zu risikoreich, da der ballführende Spieler im Anschluss in eine Drucksituation geraten würde und den Ball schnell zu verlieren droht. Der ballführende Spieler, der einen raumöffnenden Pass spielen soll, muss daher innerhalb kürzester Zeit entscheiden, ob ein solcher Pass Sinn ergibt. Dazu muss erkannt werden, ob das gegnerische Team ungeordnet und zu offensiv aufgestellt ist. Zeitgleich mit dem Ballgewinn müssen Spieler des eigenen Teams eine ähnliche Entscheidung treffen und sich in den freien Raum bewegen, um anspielbar zu sein. Den freien Raum so schnell wie möglich zu besetzen, ist aber auch das oberste Ziel des gegnerischen Teams und somit die erste Aktion nach erfolglosem Standard. Eine Kontersituation ergibt sich also nur, wenn die Spieler des einen Teams nach Ballgewinn die Situation richtig und schneller als die des gegnerischen Teams eingeschätzt haben. Daher führt nicht jeder Ballgewinn bei aufgerücktem Gegner zum Konter. Häufig ergibt sich die Situation nicht oder wird abgebrochen, weil die Spieler das Risiko scheuen, welches ein schlecht gefahrener Konter birgt. Ein Ballverlust im Konterspiel bedeutet nämlich meist, dass drei bis vier Spieler des eigenen Teams in die Verteidigungsarbeit des Gegenangriffs nicht eingreifen können. Dies kann zu gegnerischer Überzahl führen. Ein Umstand, der im Fußball zwingend vermieden werden sollte.

Ist jedoch eine Raumöffnung durch einen Pass erfolgt, ergibt sich dem ballführenden Spieler eine Vielzahl an Möglichkeiten. Die Überzahl (als Beispiel dient hier eine 3-gegen-2-Überzahlsituation, welche verhältnismäßig häufig vorkommt) bedeutet zwangsläufig, dass immer ein Spieler des eigenen Teams ungedeckt ist. Diesen Zustand gilt es, bis zum Torabschluss zu bewahren. Von jetzt an muss jede der Aktionen und Entscheidungen des ballführenden Teams in höchstem Tempo ablaufen, da die numerische Überzahl durch nachrückende Gegner wieder ausgeglichen werden kann. Da die verbliebenden Verteidiger sich ebenfalls erst einmal in der Rückwärtsbewegung befinden, ist der erste Rat an Konterspieler: Gas geben und den Ball ins vordere Zentrum tragen, da sich hier mehr Optionen für einen finalen Pass als auf den Außenbahnen bieten. Die Verteidiger versuchen meist, sich bis zum eigenen Strafraum nicht überspielen zu lassen, und ziehen sich in der Mitte zusammen. Das angreifende Team sollte zu Beginn des Konters die ganze Breite des Spielfelds nutzen, um die Verteidiger auseinander und aus dem Zentrum heraus zu ziehen. Erst im letzten Drittel sollen sich die Angreifer gen Strafraum bewegen. Wurden die Verteidiger auseinandergezogen, sind im letzten Drittel Schnittstellenpässe möglich. Für den letzten Pass ist das Timing der Angreifer wichtig: Die mitlaufenden Spieler müssen sich im richtigen Moment in die freien Räume bewegen. Eine mögliche Option in der Verteidigungsarbeit bietet die Abseitsfalle. Diese sollten die Angreifer umgehen, indem sie sich durchgehend bis zum letzten Pass auf gleicher Höhe oder hinter dem ballführenden Spieler aufhalten. Lassen sich die Verteidiger trotz breiter Staffelung des angreifenden Teams nicht aus dem Zentrum ziehen, so kann durch einen frühzeitigen Pass auf den Außenspieler eine andere Kontersituation erschaffen werden. Der ballführende Spieler kann dann meist ohne Gegenwehr über die Außenbahn bis zum Strafraum vorrücken und die anderen Angreifer können sich auf einen Querpass ins Zentrum vorbereiten. Eine weitere Option bietet sich dem angreifenden Team, wenn direkt nach einem oder durch den raumöffnenden Pass eine Spielverlagerung per Diagonalball erfolgt. Hiermit wird die Verteidigungsarbeit des gegnerischen Teams komplett ausgehebelt. Dieses ist zuerst zu einer Horizontalbewegung gezwungen, da der nun ballführende Spieler andernfalls direkt zum Tor ziehen kann. Meist kann in dieser Situation durch einen weiteren Pass ein Spieler in beste Abschlussposition gebracht werden.

Die Verteidiger stehen nicht auf gleicher Höhe. Stimmt das Timing, so kann mit einem Schnittstellenpass eine 1-gegen-1-Situation erschaffen werden.

Die Verteidiger stehen nicht auf gleicher Höhe. Stimmt das Timing, so kann mit einem Schnittstellenpass eine 1-gegen-1-Situation erschaffen werden.

Wenn der Konterangriff über die Außenbahn läuft und die Verteidiger eine gute Rückverteidigung zeigen, dann lässt sich meist der Querpass verhindern. Stimmen zusätzlich noch die Abstände zwischen den Verteidigern, können diese auch einen Schnittstellenpass verhindern. Ein Vorteil des Zurückfallens bis ins eigene Drittel ist die zusätzliche Abwehrarbeit des Torhüters, der Schnittstellenpässe ablaufen kann. Dem angreifenden Team bleiben somit nicht viele Optionen. Entweder versucht sich der ballführende Spieler selbst im Torabschluss oder spielt einen Pass nach außen. Der Zeitverlust dieses Passes bedeutet jedoch häufig, dass sich nachrückende Verteidiger positionieren können – das Ende der Überzahl.

Es ist also gar nicht so simpel, einen Konter erfolgreich zu spielen. Trotz der Überzahl müssen die Laufwege und das Timing stimmen und beides in höchstem Tempo. Um Kontersituationen zu erschaffen, werden in der tiefen Verteidigung meist zwei schnelle Spieler in den Halbräumen positioniert. Diese erfüllen dann sowohl defensive Aufgaben in der Raumdeckung und können bei Ballgewinn als erste Anspielstation dienen. Sofern es sich nicht um einen Standard handelt, kann auch der Stürmer als Prellbock fungieren.

Folgt man den Aussagen von Pep Guardiola, so ist die Bundesliga „eine Konterliga“. Nirgendwo sonst wird so exzessiv das Gegenpressing zelebriert. Einige Teams spielen auch reinen Konterfußball (siehe Valencia Ende der 90er), welches für viele Fußballfans jedoch ein rotes Tuch ist, da er darauf abzielt, das gegnerische Team in eine Falle zu locken und größtenteils aus stoischer Defensivarbeit besteht. Für mich gehört er wegen seiner disziplinierten Abwehrarbeit des gesamten Teams und der mitreißenden offensiven Spielweise zu einer der schönsten Arten des Fußballs.

// timbo

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