Machdebuuurch!

Es ist soweit, Sonntag endet unsere Pokalsaison, oder doch nicht?

Von Carsten

Das Glück der ersten Pokalrunde war uns mal wieder hold und so zogen wir, anstatt eines machbaren Verbandsligisten, den 1. FC Magdeburg aus der 3. Liga. Na toll, hatte man im Mai noch nach Hotels für das Finale 2022 in Berlin geschaut, so wurden die Erwartungen doch recht schnell gebremst. Drittligisten aus dem östlichen Teil der Republik klingen nach lockerer 2:0 Schlappe in Runde 1. Hatte man sich damit seit Jahren bereits abgefunden, sich die Doppelbelastung aus Liga und Pokal zu ersparen, so spricht die Statistik bei Magdeburg aber eher eine andere Sprache. Noch nie konnte dieser FC die Kiezkicker bezwingen. Bei insgesamt 4 Aufeinandertreffen behielten wir in der 2. Bundesliga in zwei Spielen komplett die Oberhand. In der Regionalliga Nord holten wir ein Remis und siegten zu Hause. Auch das Torverhältnis von 9:3 kann sich durchaus sehen lassen. Ein Silberstreif am Horizont? Im Pokal treffen beide Teams übrigens das erste mal aufeinander.

Vor ziemlich genau drei Jahren siegte man 2-1 Auswärts in Magdeburg. Unvergessen dabei der Freistoß von Knoll.

Nach dem Abstieg der Magdeburger 18/19 wurde im ersten Jahr der direkt Wiederaufstieg als Ziel angestrebt, welcher mit Platz 14 am Ende der Saison doch recht deutlich verfehlt wurde und man zwischenzeitlich sogar im Abstiegskampf mitmischte (Und drei Trainer verschliss). Bemerkenswert in dieser Saison sind die 17 Unentschieden. In der abgelaufenen Saison konnte man sich zumindest mit Platz 11 tabellarisch stabilisieren, war aber auch dieses Jahr weit weg vom eventuellen Aufstieg. Im Pokal scheiterte man letztes Jahr in Runde 1 übrigens in der Verlängerung an Darmstadt 98.

In der aktuellen Saison startete der FC Magdeburg bisher recht souverän ohne Gegentor mit einem 2:0 Erfolg bei Waldhof Mannheim und einem 0:0 Unentschieden zu Hause gegen die Reserve des FC Freiburg mit Johannes Flum.
Das Team von Trainer Titz (dessen Bilanz beim Spiel gegen uns als Trainer des HSV zu einem Unentschieden reichte) weist 2 ehemalige Kiezkicker im Kader auf, Max Franzke, der letztes Jahr bereits zum FCM ausgeliehen war und zu dieser Saison fest verpflichtet wurde, sowie Sirlord Conteh, der Bruder von Christian Conteh, der uns letztes Jahr gen Rotterdam verließ (und soviel sei verraten, dort von einer Verletzung in die nächste stolpert und bis dato noch nicht Fuß fassen konnte). Star der Magdeburger ist sicherlich Luka Sliskovic, der in der Schweiz schon das ein oder andere Zweitligaspiel absolvierte und 38 mal netzte.  Für Magdeburg traf er aber in 18 Spielen erst zweimal – was Sliskovic aber auch dieses Wochenende nicht nach oben verbessern sollte, zumal unsere Abwehr in den letzten Spielen recht stabil stand. Weiterhin ist auch Baris Atik ein Unterschiedsspieler, der mit Hoffenheim sogar einen Bundesligisten in seiner Vita vorzuweisen hat und auch bei Sturm Graz in der österreichischen Bundesliga spielte. Im ersten Saisonspiel erzielte er das entscheidende 2:0 und legte das erste Tor sogar auf.

Ja nun denn, “Groß”, zu DDR-Zeiten durchaus

In Magdeburg wird aber nicht nur versucht erfolgreichen Fußball zu spielen, so schreibt die Stadt mit Tokio Hotel auch Musikgeschichte. Während der FCM mit dem dreimaligen DDR Meister-, siebenmaligen DDR Pokalsieger- und einmaligen Europapokal der Pokalsiegertitel einiges an Silberklunker für die Vitrine sammelte, machten sich Tokio Hotel mit zwei Bravo Ottos, einem Bambi, sechs MTV Awards und zwei Echos ihre heimischen Regale schön. Zwei “wahre” Erfolgsgeschichten die sich durch die Studentenstadt an der Elbe ziehen. Wenn ich mich persönlich entscheiden müsste, nein: ich finde beide unsäglich mies.

Was gibt es über Magdeburg noch zu sagen? Ein paar Gemeinsamkeiten zu Hamburg gibt es ja. Liegt an der Elbe, war mal Hansestadt, ist ähnlich alt, die Menschen dort gelten nicht unbedingt als sabbelig und überschwänglich und es herrscht eine Fanfeindschaft zu Hansa Rostock. Aber das war’s dann auch schon. Als nicht ganz uninteressante Partnerstädte zählen Le Havre, Nashville und Sarajevo, auch städtebaulich hat Magdeburg von mittelaterlichen Bauten über architektonische Formensprache der Moderne (z.B. Bauhaussiedlungen) bis zu Hundertwassers Grüner Zitadelle einiges zu bieten. Und neben den Kaulitz-Brüdern sind auch noch ein paar andere, nicht völlig unbekannte Persönlichkeiten in der Stadt geboren (z.B. die Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard, der Komponist Georg Philipp Telemann, der Gründer der Augsburger Puppenkiste Walter Oehmichen, der “Widerstandskämpfer” vom 20. Juli, Henning von Tresckow, dann noch K.-A. Lindner, der 1892 “Odol” auf den Markt brachte, der Gründer der Deutschen Bank Adelbert Dellbrück und schließlich der wohl berühmteste Sohn der Stadt: Otto von Guericke, deutscher Wissenschaftler, Techniker und Magdeburger Politiker, der als Pionier der Experimentalphysik gilt, u. a. die Vakuumluftpumpe (1649) erfand und mit ihr die Vakuumtechnik begründete und mit seinem „Magdeburger Halbkugelversuch“ (1654) Berühmtheit erlangte. Der nächste Pubquiz kann kommen!

Hässliches Stadion mit hässlichen Fans.

Zurück zum Fußball: Seinen Stadionamen verkaufte der 1. FCM an einen örtlichen Telekommunikationsanbieter. Das Magdeburger Stadion ist ehrlicherweise eh die Wiedergeburt der langweiligen Betonschüsseln und der Verein sowieso von Grund auf unsympathisch, daran ändert auch das freigegebene Kontingent an Gästekarten nichts. Und auch die völlige Desinformation und Kesseltaktik der Staatsmacht beim letzten Auswärtsspiel hat vielleicht der ein oder andere noch in Erinnerung. Die durch die Polizei geführten enormen Umwege nach dem Spiel für die Auswärtsfans führten nicht mal an irgendwelchen Seehenswürdigkeiten vorbei, geschweige denn an einen Kiosk. Es war heiß, es war entsetzlich weit, es war grausam. (Laut Wettervorhersage wird es diesen Samstag ebenfalls wieder ein hochsommerlicher, sonniger Tag bei 26°C, also packt vorsichtshalber schon mal Sonnenhut, Sonnenmilch und Wasser ein, man weiß ja nie wie lang ihr nach dem Spiel wieder durch die halbe Stadt geführt werdet…)

Der Verein nennt ca 9500 Mitglieder sein Eigen und trotz einer hohen Studentenzahl in der Stadt hat der FCM seit Jahren ein massives, politisches Problem in seinen Fanreihen. Und jetzt, wo ich gerade darüber nachdenke: wenn ich mich also doch entscheiden müsste, dann lieber den lebensgroßen Bravo Starschnitt von den Kaulitz-Brüdern im Wohnzimmer als einen FCM Schal im Schrank. In diesem Sinne: „durch den Monsun“ und auf nach Berlin!

05. August 2018.
Die Mannschaft des FCSP zelebriert den Auswärtssieg am 05. August 2018 mit den mitgereisten Fans. (alle Fotos: Handybilder von arigrafie.de)

Teilen: