Das Märchen vom Sommer

Es war einmal vor langer, langer Zeit

… da gab es eine Jahreszeit, die da Sommer genannt wurde. Eines Tages kam sie in ein Land, in dem gerade ein Wettstreit stattfand. Mutige Kämpfer aus 32 Ländern kamen zusammen, um sich im Spiel mit einer runden Kugel zu messen. Die Mannen aus Italien bezwangen am Ende die verbliebenen Franzosen und durften den güldenen Pokal mit in ihr Reich nehmen. Das Volk war glücklich. Etliche Jahre später gab es wieder einen Wettstreit in diesem Land, doch fehlte zunächst die Jahreszeit namens Sommer. Dann ist sie aber plötzlich und majestätisch erschienen. War das alles also nur ein Märchen?

Die beiden haben’s drauf!
Foto: Hossa

Nach Abschluss der EM-Vorrunde fragen wir dann mal: Was eigentlich ist denn ein Märchen? Und wann wird es zum Sommermärchen?
A: Wenn die DFB-Elf im Turnier weit kommt?
B: Wenn das Wetter und auch die Spiele gut sind?
C: Wenn glückliche Menschen gemeinsam friedlich feiern?
Ich tendiere zu den Antworten B und C.

Märchen werden als “Kunde, Bericht oder Nachricht” definiert und die Prosatexte erzählen oft von wundersamen Begebenheiten, Ereignissen und Wesen. Neben dem Volksmärchen gibt es auch das Kunstmärchen. Und Letzteres findet hierzulande gerade statt.

Nur strahlende Gesichter…
Foto: Hossa

Der Begriff vom “Sommermärchen 2.0” wurde derart überstrapaziert, dass sich der TV-Sender “Sport1” etwas neues einfallen ließ, nun heißt es “EUROphorie”. Das macht es aber auch nicht wirklich besser.
Es ist ein inszeniertes Kunstmärchen. Ob im Stadion, auf den Fanmeilen oder in nahezu sämtlichen Fernsehsendungen, versucht man ein Gefühl von gemeinschaftlicher Glückseligkeit zu implementieren. Freudig lachende Gesichter, die in jedem Interview im Hintergrund zu sehen sind, sollen zeigen, wie weltoffen und sympathisch dieses Land und seine Menschen doch sind. Vielleicht sollte man mal einen Blick auf die letzten Wahlergebnisse werfen…

“Lustiges Transpi”…
Foto: arigrafie.de

Natürlich sind es schönere Bilder, wenn zehntausende Oranjes im Fanmarsch durch die Straßen hüpfen und die schottische “Tartan Army” eine Kneipe nach der anderen leer säuft, als prügelnde Hooligans aus England und Serbien in Action zu sehen. Doch diese Bilder werden im TV gar nicht erst gezeigt. Aber dafür gibt es ja die asozialen Medien, wo Leute aus ihren Wohnungen heraus die Randale auf der Straße filmen und ins Netz stellen. Früher hätte man Hilfe gerufen oder geleistet, aber heutzutage zählen Klickzahlen und Follower mehr als körperliche Unversehrtheit. Schöne neue Welt.

Im TV zu sehen waren dann allerdings offensichtlich Anhänger der türkischen Mannschaft, die beim Absingen der Hymne im Volxparkstadion mit den Fingern das Zeichen der “Grauen Wölfe” zeigten. Entweder war der für die Regie Verantwortliche gerade aufm Klo oder es war Absicht. Netter war da schon die Szene, als ein etwa zehnjähriger Junge zu CR7 aufs Feld flitze, um ein Selfie zu machen. Ronaldo grinste in die Kamera. Wie der Lütte abgeführt wurde und ob er nun lebenslang Stadionverbot hat, ist bislang unbekannt. Unser Agent 00-1910 ist auf den Fall angesetzt.

Bunker, Fanfest und Telemichel
Foto: Hossa

Kurz noch ein Blick auf das sportliche Geschehen. England und Frankreich haben sich mit eher unansehnlichem Fußball und wenigen Toren ins Achtelfinale geschmuggelt. “Meine” Dänen sind nur aufgrund einer weniger kassierten Gelben Karte weitergekommen, werden am Samstag aber dafür sorgen, dass die Nagelsmänner ihr rot-weißes Wunder erleben. Der geheime Geheimfavorit aus Österreich zieht mal eben so als Gruppensieger in die KO-Phase ein und ist nun nicht mehr ganz so geheim. Die Europameister von 2008 und 2012 aus Spanien marschierten mit drei Siegen äußerst souverän durch die Gruppenphase und zeigten meist guten bis sehr guten Fußball. Titelverteidiger Italien quälte sich weiter und trifft nun auf die Schweizer.

In der Gruppe E war es besonders, denn alle Teams haben am Ende vier Punkte. Rumänien hat aufgrund des besseren Torverhältnis die Nase vorn, Belgien folgt als Zweiter ins Achtelfinale. Ein EM-Novum: Die Ukraine ist mit vier Punkten raus. Georgien sorgte im letzten Spiel gegen Portugal noch für eine Überraschung . Durch das 2:0 über Portugal steht der EM-Neuling im Achtelfinale.
Dramatisch war es bei der Partie Tschechien vs Türkei in Hamburg. Bereits ab der 20. Minute waren die Tschechen nach Gelb-Rot in Unterzahl, kassierten das Gegentor und glichen dennoch aus. Erst in der Nachspielzeit fiel der türkische Siegtreffer und die Tschechen reisen morgen aus Norderstedt ab.


Die Achtelfinalspiele:
Sa, 18 Uhr: Schweiz – Italien
Sa, 21 Uhr: Schland – Dänemark
So, 18 Uhr: England – Slowakei
So, 21 Uhr: Spanien – Georgien
Mo, 18 Uhr: Frankreich – Belgien
Mo, 21 Uhr: Portugal – Slowenien
Di, 18 Uhr: Rumänien – Niederlande
Di, 21 Uhr: Österreich – Türkei
P.S.: Die Prinzessin hat den Froschkönig übrigens nie geküsst! // Hossa

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