Der Übersteiger ist das erste Fanzine, das…

Das Finale des 10. Internationalen Fußballfilmfestivals „11mm“

Es ist mir nach wie vor noch nicht ganz klar, wie das Ding so viel Fahrt aufnehmen konnte. Die Rede ist von unserem kleinen Imagefilm „Aufstieg und Fall“, wegen dessen wir nun an diesem Montag bei katastrophalen Wetter- und Straßenverhältnissen zu viert im Auto saßen und der Einladung zum Finale des 10. Internationalen Fußballfilmfestival 11mm in Berlin folgten. Im Gepäck hatten wir einen Streifen, von dem wir alle überzeugt waren.

Klar war aber auch, dass wir etwas gänzlich anderes gemacht hatten, als die fünf weiteren Finalisten. Die klassischen Anforderungen an einen Film gab es bei uns nicht. Weder einen Regisseur noch Schauspieler oder gar ein Drehbuch im herkömmlichen Sinne hatten wir anzubieten. Vielmehr war es „mehr Performance als Film“, wie es die Berliner Morgenpost so treffend formulierte. Somit gab es eigentlich nur Hopp oder Topp. Entweder rocken wir das Festival und holen den Pokal ans Millerntor oder wir landen abgeschlagen unter ferner liefen.

Euphorisiert von den durchweg positiven Kritiken im Freundeskreis ging ich selbstredend von ersterem Szenario aus. Folglich bastelte ich in meinem Kopf schon fleißig an meiner Siegesrede. Allerdings gebe ich unumwunden zu, außer Acht gelassen zu haben, dass wir in Sachen St. Pauli unterwegs waren. Da fährt man nun mal nicht so einfach zu einem Finale und holt sich die Trophäe ab. Da ist erst einmal Leiden und Enttäuschung angesagt, ehe schlussendlich doch noch alles gut wird.

Es war eine Sekundenentscheidung, als vor uns eine schwarze Rauchsäule empor stieg.

Fahrer: „Was ist das da vorne?“
Stimme von der Rückbank: „Da brennt es.“
Fahrer: „Soll ich runter von der Bahn?“
Stimme von der Rückbank: „Nee, da kommen wir noch irgendwie rechts dran vorbei.“

Klassische Fehleinschätzung nennt man sowas wohl. Vor uns hatte sich dank der glatten Autobahn ein Gefahrguttransporter um einen Brückenpfeiler gewickelt und stand nun in Flammen. Vollsperrung vor uns, Vollsperrung hinter uns. Nun war unser Zeitpolster aber nicht so großzügig bemessen, als das ich wirklich locker hätte bleiben können. Also überlegten wir, ob wir nicht ein Franzbrötchen als Blaulichtimitat auf das Dach legen sollten, um dann perfekt als Zivibullen getarnt, rückwärts durch die Rettungsgasse zur Ausfahrt zurückzufahren. Da aber Ute zu diesem Zeitpunkt schon sämtliche Brötchen weggespachtelt hatte, blieb uns nichts als zu warten. Und nach einer knappen Stunde löste die Polizei dann tatsächlich den Stau von hinten (!) auf.

Irgendwie haben wir es dann doch noch geschafft und standen pünktlich um halb sieben im VIP-Bereich des Babylon-Kinos in Berlin-Mitte, wo wir bei Schnittchen und Champagner mit allerhand wichtigen Leuten bekannt gemacht und uns der Ablauf des Abends nahe gebracht wurde. Man kann vereinfacht sagen, uns wurde reichlich Puderzucker in den Arsch geblasen.

Dann ging es los. „Aufstieg und Fall“ lief im ersten von zwei Blöcken. Neben mir saß der Film- und Medienwissenschaftler Jan Tilman Schwab, der ein einzigartiges Archiv für Fußballfilme aufgebaut hat. Noch während der Vorstellung gratulierte er mir zu unserem „großartigen“ Machwerk.

Alsdann kam es zur Jurywertung. Zuerst waren die beiden langweiligen wie austauschbaren Berliner Profis Fabian Lustenberger (Hertha) und Michael Parensen (Union) an der Reihe. 0 Punkte! Dann kamen Elke Ritt (British Council) und Nick Howard (Teenieschwarm & Gewinner von „The Voice of Germany“) auf die Bühne. Jawoll, Nick dekorierte uns mit einem Sternchen! Ausgerechnet Nick Howard, über den wir im Vorfeld doch hier und da ein wenig gewitzelt hatten. Aber wahrscheinlich sind wir einfach nur noch nicht bereit für seine Art der Musik.

Alles hing jetzt am letzten Jurorenpaar. Die Schauspielerin Jasmin Tabatabai (Qualifikation: „Ich habe auch schon mal ein Spiel im Fernsehen gesehen“) und Thees Uhlmann (Teenieschwarm & ÜS-Kolumnist) schritten auf das Podest. Tilman neben mir rechnete eifrig mit. „Wenn ihr jetzt zwei Punkte von Jasmin bekommt und abschließend drei von Thees, seid ihr Zweiter und somit in der Publikumsabstimmung.“

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Ein Sternchen von Howie

Nun, wir erhielten keine zwei Punkte von Jasmin, geschweige denn eine Wertung von Thees…

Thees rechtfertigte sich anschließend, er könne keinen Film nach vorne wählen, in dessen Abspann ihm explizit gedankt wird. Kann ich verstehen. Mit einigem Abstand betrachtet, teile ich indes seine Meinung nicht, die Konkurrenz sei zu stark gewesen. Unser Film war mindestens so gut wie die anderen. Bloß bildete ein Filmfestival augenscheinlich nicht den richtigen Rahmen. Das beweisen die über 3.000 YouTube-Aufrufe binnen 24 Stunden, sowie all die Superlative, mit denen ihr uns in den sozialen Netzwerken überschüttet. Unser Film ist eben einfach anders. Trotzdem hat er fast alles, was auch ein klassischer Film braucht – emotionale Momente, eine Prise Humor, überwältigende Landschaftsaufnahmen, einen klasse Soundtrack und einen fantastischen Schnitt. Das einzige, was eventuell fehlt ist die weibliche Hauptrolle. Aber offensichtlich war weder diese Jury noch das Berliner Publikum an diesem Abend bereit für diesen Film. Somit teilen wir uns die Ränge vier bis sechs mit „Die Sprache des Rasens“ und „Halfline“.

Wer sich selbst ein Bild von den fünf anderen Finalisten machen möchte, findet die entsprechenden Filme respektive deren Trailer hier:

Halfline, KOR 2012 (zu diesem Film haben wir leider keine Bilder gefunden)
Home, Away, MAURITIUS 2011
Die Sprache des Rasens, DEU 2012
The Whistle, POL 2012
Meine Beschneidung, DEU 20113

Amüsiert haben wir uns trotzdem königlich und streben jetzt eine Fanfreundschaft mit den Fans von Nick Howard an. Und einen Erfolg können wir dann doch noch vermelden: Der Übersteiger ist das erste Fanzine, das ein Kino trocken getrunken hat!

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Fröhliche Übersteiger

//Troll
Fotos: Ute, Clara Köhler / 11mm

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