3.Spieltag (H) – SpVgg Greuther Fürth

FC St.Pauli – SpVgg Greuther Fürth 3:2 (2:1)
Tore: 1:0 Marc Rzatkowski (19.), 2:0 Marcel Halstenberg (34.), 2:1 Sebastian Freis (42.), 3:1 Marc Rzatkowski (74.), 3:2 Robert Zulj (79.)
Zuschauer: 28.421 (ca. 1.000 Gästefans)

Es dürfte bekannt sein: Ich liebe Statistiken und Quervergleiche zu vergangenen Saisons oder Spielen.
Die naheliegendste Zahlenspielerei zu gestrigen Spiel: Seit 17 Jahren hatte der FC St.Pauli kein Heimspiel gegen Fürth mehr gewonnen. Am 13.Februar 1998 hatte André Trulsen unter Coach Gerhard Kleppinger in der 88.Minute für einen 1:0-Heimsieg gesorgt.

Die für gestern aber viel packendere und dramatischere Szene, die ich trotzdem in keinem Medienbericht (apropos, dazu später mehr) finden konnte, geschah am 13.12.(sic) im Jahre 2009.
Der FCSP empfing als Tabellenzweiter am 16.Spieltag die Kleeblätter, die ihrerseits im unteren Tabellendrittel rumliefen. Es war bekanntlich die Aufstiegssaison, Offensivfußball am Millerntor war Trumpf und durch Tore von Charles Takyi und Rouwen Hennings (viel Erfolg in Burnley) führte man mit 2:0.
In der 82.Minute flankte der eingewechselte Christopher Nöthe auf Sami Allagui und dieser verkürzte auf 1:2 – immer noch alles okay.
Und dann kam die Nachspielzeit: Keeper Lobouè war bereits mit nach vorne geeilt. Unsere Verteidigung konnte klären, schlug lang nach vorne auf Deniz Naki, der frei durch war und mit dem Ball ins leere Tor lief! 3:1, Deckel druff…
Ah, doch nicht, Abseits… wir feiern zu lange, Fürth schaltet schnell, greift an – Ausgleich, 2:2! Lange Gesichter.

Im Fußball gleicht sich alles aus? Scheint so – und wenn es dann auch mal fast sechs Jahre dauert.
(Übrigens flogen damals Gegenstände – nach dem Spiel. Zu einer Zeit, als dies noch deutlich häufiger der Fall war als heute. Ich würde meine Worte inzwischen aber wohl auch deutlich schärfer wählen, als ich sie damals gewählt habe, es war bekanntlich ja auch noch vor dem Spielabbruch gegen Schalke.)
(P.S. Ich war doch nicht alleine mit der Verbindung zu jenem Spiel: Auch bei StPauli.nu findet sich diese Erinnerung. Und bei Stefan Groenveld findet man die Fotos von damals.)

Okay, zurück in die Gegenwart.
Als wäre da nicht schon genug Verletzungspech, folgende Meldung schon vorm Anpfiff:

(Inzwischen ist ein Muskelbündelriss diagnostiziert worden. Gute Besserung, Käpt’n!)

Deichmann war fleißigen U23-Zuschauern der letzten Saison zwar ein Begriff, hatte aber bisher noch keine Zweitligaminute absolviert.
Und genau so fing er auch an: Übermotiviert, schlecht zum Ball stehend, ein Risiko – und früh mit Gelb belastet. Kein Wunder, wenn man wahrscheinlich schon die Nominierung für den Kader als Erfolg wertet und dann plötzlich in der Anfangsformation steht.
Doch nach zehn bis fünfzehn Minuten hatte er seinen Weg ins Spiel gefunden, stand besser zu Ball und Gegner, gewann die Zweikämpfe. Und das alles an einem Tag, an dem Philipp Ziereis auch nicht führen konnte sondern genug mit sich selbst zu tun hatte. Gerade in der Schlußphase des Spiels hatte Deichmann dann auch noch einige starke Szenen und sicherte so (mit) den Sieg.
Sauber, Yannick, weiter so!

Fürth am Anfang besser, doch mit der ersten Chance gehen wir durch Marc Rzatkowski (Kicker-Note 1, Elf des Tages) in Führung. Wahrscheinlich klappen solche Dinge jetzt einfach, die in der letzten Saison noch gegen uns gelaufen wären. Und auch das 2:0 durch Marcel Halstenberg (Note 2, ebenfalls Elf des Tages) passte – solche Schüsse aus der Distanz hatte er schon häufiger versucht, nach dem Ding in Karlsruhe war es jetzt schon der zweite Treffer. Es folgte der Fürther Anschlußtreffer, gefühlte zehn Sekunden nachdem ich meinem Sitznachbarn mitgeteilt hatte, dass es doch ganz gut wäre wenn wir das 2:0 mit in die Kabine nehmen würde.

Und dann eben jene Szene, die wohl spielentscheidend war: Der vermeintliche Fürther Ausgleich, Gästejubel vor der Gästekurve… und Marc Rzatkowski schaltet am schnellsten, wirft den Ball vom 16er aus (nachdem Kumbela ihn dort freudig hingeschossen hatte) zurück zu Himmelmann, der den Freistoß schnell ausführt und mit einem Zuckerpass in die gegnerische Hälfte Sobota losschickt – und dann stolpert Ratsche den Ball eben nach Luftloch ins Netz. Auch wieder so eine Szene, die letzte Saison wohl nicht mit einem Torerfolg abgeschlossen worden wäre.
Und ein Beweis, wie fußballerische Fähigkeiten bei Torhütern eben auch spielentscheidend sein können.

Jubel, abhaken, auf Leipzig vorbereiten.

Das Drumherum:

Begonnen hatte der Tag mit dem USP-Frühstück auf den Michelwiesen und einem gemeinsamen Marsch zum Stadion.

Alles Weitere zum 12.09. gibt es u.a. hier (Forum) oder hier (Zeckensalon, FB, inkl. Flyer).
Auch in der Halbzeit war der 12.September Thema, großflächige Tapeten in der Süd (“St.Pauli muss tun, was St.Pauli tun muss – 12.09. Nazis wegscheppern“) und vor der Gegengeraden (“Wehret den Anfängen – 12.09. – Naziaufmarsch verhindern“) , sogar eine kleine Choreo plus Tapete in der Nord (“12.09.15 – Platzverweis für Nazis – Alle hin da!“) und auch im Gästeblock gab es eine zweiteilige Tapete (“Gegen jeden Tag der Deutschen Patrioten“). Danke und Grüße für letzteres nach Fürth.
Schön, dass auch der Verein mit inhaltlichen Durchsagen (über eine bloße Terminverkündung hinaus) und Einblendungen auf der Anzeigetafel sich klar positionierte.
Schön, dass so etwas bei uns immer noch eine derartige Selbstverständlichkeit ist, dass es in den Medien kaum Erwähnung findet.
Schade, dass es immer noch nötig ist.

Als ich dann irgendwann aufs Sofa fiel, lächelte mich die sport1-Übertragung an und… ja, ich wurde schwach. Ich ignoriere den “DoPa” seit Jahren sehr erfolgreich (und möchte auch an dieser Stelle Allen nochmals stattdessen den Rasenfunk als Audioformat empfehlen) und schaffe es zumeist auch, dank Vereins-TV ohne die “xy-igste 2.Liga aller Zeiten” auszukommen.
Aber solch emotionalen Heimsiege sind ja doch immer mal wieder ein Grund, Prinzipien über Bord zu werfen. Ach, hätte ich es doch bloß gelassen… ich müsste jetzt nicht drüber schreiben.
Also, es kommentierte Carsten Fuß, es folgte ein bunter Mix an Erwähnenswertem:

  • [Situation zum 1:0, zweite Wiederholung]
    Schauen sie auf Trybull! Er zieht zwei Franken auf sich!”
    “Nur weil zwei Abwehrspieler bei Trybull sind…
    Tja… wäre Trybull noch bei uns, wäre die Verwechslung mit Lennart Thy auf dem Spielfeld ja sogar theoretisch noch möglich gewesen. Bei einem einmaligen Versprecher hätte ich auch drüber hinweg gesehen. Aber gleich zweimal? Puh…
    Lustigerweise ist Trybull zudem ja auch noch aktuell beim Gegner, auch wenn er gestern mal wieder nicht im Kader stand.
  • [Situation beim 2:0, Halsternberg mit rechts]
    Dabei hatte er doch gesagt, er hat den rechten Fuß nur, um nicht umzufallen.
    Ähm… nein, exakt das Gegenteil hatte er gesagt.
  • [Halbzeit, eingeblendet eine Frau mit Totenkopf-Halstuch]
    Eine schöne – eine beeindruckende – eine Totenkopfhalbzeit!
    Wer kennt sie nicht, die Totenkopfhalbzeit…
  • [Parade Himmelmann]
    Der heißt zwar Himmelmann, ist aber ein extrem geerdeter Typ.
    Was ist nur aus dem guten alten “No jokes with names” geworden? Da zieht es einem ja die Schuhe aus, Herr Fuß…
  • Der Knaller dann in der 70.Minute, Carsten Fuß war unschuldig:
    WERBUNG!!!
    Ich glaub es hackt! Ich hatte es ja schon mal gesehen, dass zur Halbzeit unterbrochen wurde… aber eine Zusammenfassung eines Spiels in der 70.Minute zu unterbrechen?
  • Last but not least:
    Es wäre der 333. Sieg des FC St.Pauli in der 2.Liga. Eine Schnapszahl.
    Und die Schnaps-Spezialität hier auf dem Kiez ist ja der Orgasmus!
    No comment…

Und dann war da noch…
… die Hamburger Polizei. Wie überall im Land auch hier von Überstunden geplagt. Was macht man also bei einem vorhersehbar unspektakulären und friedlichem Spiel wie FC St.Pauli – Greuther Fürth? Pferdestaffel und Wasserwerfer vorbeischicken. Na dann.
… die U23, die leider parallel zum Profispiel den VfB Oldenburg empfing. Das Spiel ging ohne Profiunterstützung mit 2:3 verloren, 212 Zuschauer waren an der Hoheluft. Für eine Parallelansetzung wohl ganz okay, sicherlich aber dann in erster Linie den Gästefans geschuldet.
Nach vier Spielen steht man damit in der Tabelle mit nur einem Punkt nicht sonderlich gut da, nächster Versuch zu punkten am kommenden Sonntag in Lüneburg.
… die U19, die nach der 1:3 Pokalpleite in Saarbrücken in der Vorwoche nun auch mit dem Liga-Alltag beginnen durfte. Und wie!
7:0 Auswärtssieg beim Aufsteiger Energie Cottbus, davon eine knappe Stunde sogar in Unterzahl.
Die Tabellenführung sichern will man nun am kommenden Mittwoch, um 18.00h geht es am Königskinderweg gegen den SV Werder, die am ersten Spieltag Holstein Kiel mit 5:2 besiegten.
(Alle Tore der A-Jugend-Bundesliga Nord gibt es bei DFB-TV.)
… die U17, die ebenfalls mit einem Auswärtsspiel bei einem Aufsteiger startete. Bei Union Berlin sah es lange nach einem Auftakterfolg aus, kurz vor Schluß gelang den Eisernen allerdings noch der 1:1-Ausgleich. (Auch hier die Tore bei DFB.TV)
Weiter geht es am kommenden Samstag um 11.00h am Königskinderweg dann gleich mit dem Derby.

// Frodo

Links:
AFM-Radio
– Fotos Stefan Groenveld: “Millernroar
– Fotos USP
– Fotos Vereinshomepage
– Bericht Grenzenlos St.Pauli: “Vier Schritte weiter
– Bericht und Fotos BeebleBlox: “Schwül mit kalten Duschen
– Bericht Keep calm and follow…: “Bitte brechen Sie in Euphorie aus
(Entschuldige die Verzögerung mit dem Sport1-Bericht…)
– Bericht St.Pauli.nu: “Ausgleichende Abseitsregel

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