In Hamburg sacht man Tschüss!

Ist Fabian reif für die Insel?

Nach etlichen Tagen (gefühlt Wochen) der Ungewissheit und Spekulationen in den Medien, war es am heutigen Samstag dann plötzlich fix: Nach nur eineinhalb Jahren als Chefcoach verlässt Fabian Hürzeler den FC St. Pauli und wechselt zum englischen Premier League Club Brighton & Hove Albion FC. “Die Clubs vereinbarten Stillschweigen über die Ablösemodalitäten. Eine Entscheidung über die zukünftige Besetzung des Trainer-Teams beim FC St. Pauli ist noch nicht gefallen“, hieß es um 18 Uhr lapidar auf der Homepage unseres Vereins. Nach Marcel “Cello” Hartel der zweite Abgang, der mich echt traurig macht. Und nun stehen wir ohne Trainer da…

Eigentlich hatte ich folgenden Text vorbereitet:
Ein investigatives Kammerspiel

Prolog: Anfang März habe ich in der Geschäftsstelle einen Termin und schaue anschließend auch noch nach dem Equipment der Dart-Abteilung im Ligaraum vorbei. Als plötzlich Sportchef Andreas Bornemann und Trainer Fabian Hürzeler den hinteren Raum betreten, gehe ich in Deckung. Ich versteckte mich hinter dem dortigen kleinen Tresen und bekomme in den folgenden Minuten echt was auf die Ohren…

Um die Mittagszeit klopft Andreas Bornemann an die Tür des Cheftrainer-Büros. „Herein“, ruft Fabian, der nach seiner Gelb-Roten Karte beim gestrigen Training heute nicht an der Kollaustraße weilt. „Haste du Hunger? Kommste mit runter ins Clubheim, Futter fassen?“, fragt Andreas. „Was gibt es denn?“, fragt der Coach. „Labskaus, vegane Gulaschsuppe und Fish’n’Chips!“, ruft Andreas freudig aber ein wenig zu laut. Aus dem angrenzenden Büro bollert Sven Brux mit den Fäusten gegen die dünnen Wände. „Ruhe, da! Wie soll ich denn bei dem Lärm die Dixi-Parade für die Rostocker planen?“. Fabian und Andreas schleichen aus dem Büro den Gang entlang und steigen die Treppen zum Clubheim hinab.

Fabian Hürzeler mit St. Pauli-Fahne beim Meisterschaftsumzug...
Ohne Worte. Foto (c) Arigrafie

12:28 – Nachdem sie ihre Bestellungen am Tresen aufgegeben haben, setzen sich beide in den hinteren Raum des Clubheims.
Du Fabi, ich muss mit dir reden“, beginnt Andreas Bornemann zögerlich. „Was gibt’s? Wegen der Gelb-Roten die Jackson mir gestern nach dem Tackling gezeigt hat?“, blickt Fabian Hürzeler seinen Gegenüber fragend an. „Nein“, winkt Andy ab und nimmt dann all seinen Mut zusammen. „Es geht um deinen Vertrag“. Fabian schaut ihn achselzuckend an.
12:40 – Das Essen wird serviert. „Labskaus für Andy, Fish’n’Chips für Herrn Hürzeler“, schwadroniert die Bedienung und strahlt den Trainer dabei an. „Danke“, antworten beide unisono. Und ebenso im Gleichtakt: „Oke zahlt“.
12:50 – Während Andy sein Gericht hastig in sich hinein schlingt, scheint Fabian sein Essen so zu genießen, als wäre jeder Bissen ein gelungener Spielzug with a Goal-Sucsess. Nachdem er die Serviette beiseite gelegt hat, schaut Fabi seinem Sportdirektor scharf in die Augen und fragt: „So, what do you want?“.
12:51 – „Ich muss mal pissen gehen“, entschuldigt sich Andreas und verschwindet aus dem Ligaraum. In den mit zahlreichen Stickern versehenen Sanitäranlagen, trifft er auf FC-Präsi Oke Göttlich. „Du Chef“, stammelt Andy am Pinkelbecken. „Der Fabi dreht durch, glaub ich“, fährt er fort. Oke schüttelt sich und fragt: „Wie meinst du das denn jetzt?“.
Die folgenden Worte des Sportchefs erschüttern den Göttlichen zunächst nicht. „Der Fabian hat mir auf eine einfache Frage auf Englisch, ich wiederhole: auf Englisch, geantwortet!“. Oke schaut Andy an: „Hast du was geraucht?“. Andy rauft sich die Haare und zittert am ganzen Körper. „Er hat auch Fish’n’Chips gegessen! Und gestern nach dem Platzverweis hat er Whisky getrunken! Alles Englisch! Das kann doch kein Zufall sein!“, mahnt er lautstark. Zu laut! Sven Brux stampft von oben mit den Füßen auf dem Boden. „Ruhe da unten! Wie soll ich denn bei dem Lärm die Dixi-Parade für die Rostocker planen?“.
13:10 – „Krieg’ einfach raus was er vorhat“, gibt Oke flüsternd seinem Adjutanten noch auf den Weg, bevor er sich am Tresen ein Astra bestellt. „Da sind noch 18 Euro 80 offen, Herr Göttlich“, strahlt die Bedienung..
13:11 – Andreas setzt sich wieder zu Fabian an den Tisch im Ligaraum, der inzwischen das Geschirr abgewaschen, getrocknet und im Schrank verstaut hat. „Everything is clean“, strahlt er Bornemann an. „Okay, nun mal Butter bei die Fische“. So wie Andy das sagt, klingt es fast wie eine Drohung. „Was hast du vor? Verlängerst du jetzt endlich deinen Vertrag?“. Es dauert eine gefühlte Minute, bis Fabian antwortet. „Nöö, kein Bock. Bin eh’ gesperrt heute. That’s the way I like it!“.
13:15 – Bornemann scheint nahe einem Herzkasper zu sein. Dann sammelt er sich und spricht die für alle Beteiligten folgenschwere Worte: „ Okay. Folgender Vorschlag: Du unterschreibst für die Bundesliga. Und falls wir doch nicht aufsteigen sollten…“ – „Ha“,, unterbricht Fabian. „Natürlich steigen wir auf! Wir werden sogar Meister! Das gibt ne fette Prämie!“.
13:20 – Andreas nimmt einen Schluck Mineralwasser und einen nächsten Anlauf. Denken tut er aber: Den letzten! „Also Fabi“, beginnt er „Du kannst nach der Unterschrift, dem Aufstieg und der Meisterschaft im Sommer ja immer noch gehen. Aber dann kriegen wir wenigstens eine fette Ablösesumme!“. Puuuh, denkt Andy, jetzt ist es endlich raus. Fabi erbittet sich eine kurze Bedenkzeit.
Eine Woche später – „Okay, that’s it“. Mehr sagte Fabian nicht, als er seine Unterschrift am 8. März unter den Vertrag setzt.
15. Juni 2024: Am frühen Abend ist der Wechsel auf die Insel fix.

Epilog: Fabian, fast möchte ich dich beschimpfen, nachdem ich dir im vergangenen Dezember noch eine Art Liebesbrief hier im Blog geschrieben habe. Aber so ist es nun mal: Spieler kommen, Trainer gehen. Oder umgedreht. Nun verlässt nach Marcel „Cello“ Hartel also auch der Coach den Aufsteiger. Und das, obwohl beide immer behauptet haben, sie wollen unbedingt Bundesliga spielen und am liebsten mit dem FC St. Pauli. Lippenbekenntnisse nennt man das wohl. Ihr habt es doch am Millerntor erreicht! Warum also nun wechseln? Und wohin? Die Tranfergerüchte um Cello bezüglich Trabzonspor, Piräus und andere verstummten eben so schnell, wie sie aufgekommen waren. Während sich Hartel offenbar verzockt hat war es mit Brighton & Hove Albion anscheinend von Beginn an konkreter. Aber ist die Premier League wirklich schon etwas für einen relativ unerfahrenen 31-jährigen Trainer?
Brighton, in der vergangenen Saison Tabellenelfter der Premier League, lag 43 Punkte hinter Meister Man City, aber auch nur 22 Zähler vor den Abstiegsrängen. Im FA-Cup ging es bis ins Achtelfinale, in der Europa League sogar eine Runde weiter. Dort war die AS Roma eine Nummer zu groß. Aus Italien stammt auch der bisherige Trainer Roberto de Zerbi. Der ehemalige Spieler des SSC Neapel trainierte die Engländer seit September 2022 und war in den letzten Monaten angeblich auch im Münchner Trainer-Roulette ein möglicher Wunschkandidat. Aber auch Manchester United hat(te) ihn angeblich im Fokus.
Ist mir alles Latte! Oder Pfosten. Klar strebt jeder Spieler und Trainer nach Höherem, will den nächsten Schritt in der Karriere machen. Dazu gehören Wechsel von Arbeitgebern. Vereinstreue wie zu Uwe Seelers Zeiten gibt es heute nicht mehr. Schade eigentlich.
Eines noch: In Hamburg sacht man Tschüss, das heißt auf Wiedersehen…!
// Hossa

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3 Kommentare

  1. Was war das für’ne Aufregung als Schulle gehen musste und Fabian ihn beerbt hat. “Zu jung, zu unerfahren, Bornemann raus usw.”
    Hätte jemand gesagt, der wird jetzt für 1,5 Jahre unser Trainer, mit ihm steigen wir auf und bekommen am Ende noch eine Rekord-Ablöse, wäre sie/er sicher für verrückt erklärt worden, aber es hätte bestimmt auch jeder unterschrieben. Jetzt sollte man Fabian nur die besten Wünsche mitgeben,für ihn ist es sicher ein Traum und Bornemann als mutigem Manager huldigen.

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