Übersteiger 136

LIEBE LESER*INNEN!

Yeah! Da ist es, das neue Übersteigerheft! Wie angekündigt hatten wir eine längere Pause, die einige bereits als unser Aus interpretierten, aber nun haltet ihr die brandneue, supidupischicke Ausgabe in der Hand!

Diesmal beschäftigen wir uns mit der Frage, warum man den Rasen eigentlich nicht betreten darf, was Smudo zu 30 Jahren Fanta4 und 15 Jahren Laut gegen Nazis zu sagen hat, wir blicken auf das Sportliche der Hinrunde zurück, interviewen Thees, stellen Fanclubs vor, haben für euch Bücher gelesen und in Platten reingehört, Käpt‘n Braunbär macht Paaadie, hog berichtet aus Uganda und gekocht haben wir auch wieder für euch. Wie immer gibt es die Fanladen- und Museumsnews und um das Highlight der Hinrunde zu würdigen, haben wir ein schickes Poster in der Heftmitte.

Sehr froh und zufrieden sind wir über unsere zwei Neuzugänge Stefan und GeJo, die seit dieser Ausgabe dabei sind. Stefan schreibt uns seit Anfang der Saison die Gegneranalysen für den Blog und blickt im Heft auf die Hinrunde. GeJo besucht für uns fleißig diverse St.Pauli-bezogenen Veranstaltungen und berichtet und schreibt. Herzlich willkommen ihr beiden, danke für euren fleißigen Einsatz und bleibt uns erhalten!

Nichtdestotrotz rufen wir weiterhin zum Mitmachen beim Übersteiger auf! Es gäbe noch so viel mehr zu schreiben, zu bloggen, zu machen! Vielleicht sogar die Erscheinungsschlagzahl wieder auf vierteljährlich zu erhöhen. Mehr dazu im Infokasten! 

Wenn der Übersteiger erscheint, gewinnt unser magischer FC statistisch gesehen ja ziemlich häufig. Insofern rufen wir ein gepflegtes ‚Heut gewinnt nur einer, St. Pauli und sonst keiner‘ und ‚Fick dich, Dritte Liga!‘ in die Runde und wünschen euch heute ein schönes Spiel und drei Punkte! Ach ja und Frohe Festtage und ein abstiegssorgenfreies 2020! Eure Übersteigers

Eure Übersteigers

Der Saisonverlauf – Ein Rückblick

Luhukay raus! Beim Blick auf die aktuelle Tabelle zum Ende der Hinrunde könnte dieser Gedanke schnell aufkommen. Doch ist das wirklich gerechtfertigt? Wir blicken auf den bisherigen Saisonverlauf und wagen ein Fazit. 

Die Kaderplanung 

Als Jos Luhukay im April 2019 das Traineramt bei St. Pauli übernahm, konnte er als Tabellenneunter den Kader für die neue Saison planen. Dabei standen zeitig einige, auch namhafte, Abgänge fest. Richy Neudecker verließ die Braun-Weißen zum niederländischen Erstligisten Venlo, Dudziak wechselte zum HSV, Alex Meier entschied sich, den Vertrag nicht zu verlängern, ebenso Justin Hoogma. Sami Allagui und Jan-Marc Schneider fanden nicht mehr die Gunst des Trainers und standen schnell auf seiner Streichliste. Insgesamt verließen uns rund zehn Spieler.

Im Gegenzug verpflichtete Luhukay Borys Tashchy (kam vom MSV Duisburg) und Rico Benatelli (Dynamo Dresden) ablösefrei. Luca Zander (Werder Bremen II) und Sebastian Ohlsson (IFK Göteborg) kamen für mutmaßliche 400.000 € bzw. 280.000 €. Matt Penney, Leo Østigard und James Lawrence kamen leihweise als Verstärkung für die Abwehr, Youba Diarra als Unterstützung im Mittelfeld sowie Viktor Gyökeres für den Sturm. Insgesamt blähte sich der Kader der Braun-Weißen damit auf fast 35 Spieler auf. 

Die Vorbereitung 

Mit der generalüberholten Mannschaft startete Luhukay in seine erste Saisonvorbereitung. Insgesamt absolvierten die Kiezkicker sechs Vorbereitungsspiele, die nicht sonderlich vielversprechend verliefen. So erspielten sie gegen den Oberligisten FC Teutonia nur ein 3:3, auch das Testspiel beim niederländischen Erstligisten SC Heerenveen endete mit einem Remis (1:1). Im Trainingslager verlor man gegen den österreichischen Erstligisten Tirol mit 2:3. Immerhin gestalteten die Kiezkicker die übrigen Testspiele positiv. So gewann man mit 11:0 gegen eine Celler Stadtauswahl, gegen Ingolstadt mit 3:0 und gegen den SC Weiche Flensburg mit 1:0. Die durchwachsenen Ergebnisse machten deutlich, dass der Motor des FC St. Pauli nicht richtig ins Laufen kam. 

Die (bisherige) Hinrunde 

Bereits bei Amtsantritt hatte Luhukay angedroht, kein Blatt vor den Mund nehmen zu wollen. Kurz vor Saisonstart ließ er dann auch die verbale Bombe platzen. Luhukay mahnte an, bei St. Pauli gäbe es zu viel Bequemlichkeit, zu viel Komfortzone. Er forderte eine Mentalitätsveränderung im gesamten Verein ein und eine höhere Intensität in allen Bereichen. Er kritisierte auch den ihm zur Verfügung stehenden Kader, insbesondere mit Blick auf die Verletzungsmisere der Vorsaison und Saisonvorbereitung. 70 Prozent der Spieler seien nicht in der Lage, mehr als 15 Spiele einer Saison zu bestreiten. Das Echo auf Luhukays Worte fiel unterschiedlich aus. Die Zusammenarbeit zwischen Trainer und Spieler würde dadurch belastet, merkten die Kritiker an. Die Befürworter begrüßten die Brandrede als notwendigen Weckruf. 

Mit dieser Hypothek startete die Mannschaft in die neue Saison und zeigte beim Spiel auf der Alm eine beachtliche Leistung. Einsatz und Einstellung zum Spiel stimmten und die Braun-Weißen gingen, etwas überraschend, mit 1:0 durch Conteh in Führung. Lange konnten die Boys in Brown den Führungstreffer halten. Leider gelang den Bielefeldern in der Nachspielzeit der Ausgleich, am Ende ein leistungsgerechtes Ergebnis. Offensichtlich hatte Luhukay seine Mannschaft positiv erreicht. 

Im August konnte die Mannschaft diesen positiven Ansatz teilweise bestätigen. Zwar verloren die Kiezkicker das erste Heimspiel der Saison gegen Greuther Fürth unnötig deutlich mit 1:3, jedoch überstand der FC St. Pauli endlich die 1. Runde im DFB Pokal. Dabei ging der gegnerische VfB Lübeck in der 9. Spielminute zunächst in Führung und baute diese in der 55. Spielminute aus. Erst danach wachten die St. Paulianer auf und erzielten innerhalb kürzester Zeit die Treffer zum Ausgleich. In der Verlängerung gelang dann die Führung durch Knoll, die sie leider nicht über die Zeit retten konnten und der Ausgleich fiel in der 115. Minute. Im Elfmeterschießen behielt der Magische FC die Oberhand und zog in die zweite Pokalrunde ein. 

Auf den Pokalsieg folgte die Auswärtsniederlage beim VfB Stuttgart. Bei den favorisierten Schwaben hielten die Kiezkicker gut mit und gingen in der 18. Spielminute durch Mats Møller Dæhli in Führung. In der zweiten Halbzeit verbesserten sich die Stuttgarter und kamen zum Ausgleich. Leider konnten die Boys in Brown die Konzentration nicht bis Spielende aufrechterhalten und mussten in der 90. Minute einen weiteren Treffer hinnehmen. Immerhin gab die Mannschaft zuhause gegen Holstein Kiel die passende Antwort und holte den ersten Heimsieg der Saison. In einer überzeugenden Darbietung erzielten Lawrence und Conteh die Treffer. Besonders bemerkenswert war dabei die grandiose Stimmung am Millerntor. Seit langem hatte man wieder das Gefühl, einen echten „Millerntor-Roar“ zu erleben und die Mannschaft zu einem Tor zu schreien. Zum Abschluss des Monats August reiste der Magische FC nach Dresden. In einer stark umkämpften Partie nahmen die Kiezkicker nur einen Punkt mit nach Hause, obwohl ein Sieg hätte sein müssen. Eine satte 3:0 Führung verspielte St. Pauli gegen zehn Dresdner. Ende August rangierte der FC St. Pauli damit auf dem 13. Tabellenplatz. 

Derbysieg 

Nach der Länderspielpause begann der September mit einem Knaller. Das Derby stand an und der kleine Nachbar aus St. Ellingen zu Gast am Millerntor. Die Vorzeichen ließen dabei nicht viel Optimismus zu: Immerhin war zu diesem Zeitpunkt der Tabellenführer zu Gast. Doch die Kiezkicker wussten bei diesem Spiel voll und ganz zu überzeugen. Die Mannschaft zeigte Kampfwillen und die Möglichkeiten, die in ihr stecken. Das Team fand besser in die Partie als die Gäste und erzielte Mitte der ersten Halbzeit den Führungstreffer durch Diamantakos. Als kurzfristig der Nachbar aus dem Volkspark stärker wurde, unterlief van Drongelen glücklicherweise DER Patzer seiner Laufbahn: Eigentor! Damit war die Partie gelaufen und St. Pauli ging als verdienter Sieger aus dem Derby hervor. Damit war nach Ansicht aller St. Pauli Fans die vernichtende Derbyniederlage aus der Vorsaison egalisiert. Der positive Eindruck aus dem Derby bestätigte sich im darauffolgenden Auswärtsspiel gegen den VfL Osnabrück, wenn es auch nur zu einem Remis reichte. Auch das anschließende Heimspiel gegen den SV Sandhausen gestalteten die Boys in Brown positiv. An diesem 8. Spieltag erzielten die Kiezkicker 2 Tore und verhinderten jegliche Gegentreffer. Das Team von Luhukay blickte damit auf einen erfolgreichen September zurück und belegte den 6. Tabellenplatz. 

Derbyfluch? 

Die Mannschaft bestätigte den positiven Trend im Oktober nicht. Am 9. Spieltag gastierten die Braun-Weißen bei Absteiger und Tabellennachbar Nürnberg. Wieder ging St. Pauli in Führung, hielt sie jedoch nicht bis zum Abpfiff. Nürnberg und St. Pauli trennten sich am Ende unentschieden (1:1). Im Anschluss war Darmstadt 98 zu Gast. Über weite Strecken der Partie hatten die Kiezkicker die Oberhand und drängten die Lilien in die passive Rolle. Doch wieder verlor St. Pauli die Partie kurz vor Schluss. In der 80. Minute erzielte Darmstadt das Tor des Tages. Damit riss die Serie der Braun-Weißen von sechs ungeschlagenen Spielen. Das nächste Auswärtsspiel stand beim Angstgegner Heidenheim an, welches trotz überzeugender taktischer Leistung auch im sechsten Anlauf wieder verloren wurde. Saisonübergreifend blieb St. Pauli damit auswärts zum elften Mal ohne Dreier. Ende Oktober belegten die Kiezkicker Platz 12. Am 30.10. stand dann die zweite Pokalrunde gegen Eintracht Frankfurt an. Die SGE ging durch Bast Dost früh in Führung. Dennoch entwickelte sich eine hochspannende Partie, die über weite Strecken auf Augenhöhe gespielt wurde, und in der sich St. Pauli am Ende nur mit 1:2 geschlagen geben musste. 

Leider nahm die Mannschaft den positiven Schwung aus dem Pokalspiel nicht mit in den Ligaalltag. Im anschließenden Heimspiel gegen Aufsteiger KSC verspielten die Kiezkicker einen komfortablen Vorsprung von 2:0, den der Gegner in der 85. und 91. Spielminute ausglich. Umso ärgerlicher, weil Miyaichi in der 84. Minute die Gelegenheit zum 3:0 hatte. Die Möglichkeit zur Wiedergutmachung bestand beim folgenden Heimspiel gegen Bochum. Zwar gingen die Gäste früh in Führung, jedoch gelang nur fünf Minuten später der Ausgleich. Doch mehr war gegen die Bochumer in einer zähen Partie nicht drin. Am 22.11. mussten die Braun-Weißen dann zum nächsten Angstgegner, Erzgebirge Aue, wo man deutlich mit 3:1 verlor. Die Länderspielpause konnte Luhukay nicht für einen Umschwung nutzen. Zuhause am Millerntor gegen den Absteiger und direkten Tabellennachbarn Hannover 96 kassierte St. Pauli schon in der 7. Minute den spielentscheidenden Treffer. Die Gäste hatten dabei keine Schwierigkeiten, den Vorsprung zu verteidigen und ins Ziel zu bringen. St. Pauli war damit im achten Pflichtspiel in Serie ohne Sieg und schloss den November auf dem 15. Platz ab. 

Das Fazit 

Luhukay also raus?! Darauf gibt es keine klare Antwort. Festzuhalten ist einerseits das eklatante Verletzungspech. Bis zu 15 Spieler zeitgleich. Sind die Verletzungen vermeidbar? Immer wieder fallen Spieler mit Muskelfaserrissen und muskulären Problemen aus. Die Ursachen hierfür könnte in falscher Trainings- und Belastungssteuerung liegen. Dies ist ein beeinflussbarer Punkt. Dass dem Trainer ein aufgeblähter Kader zur Verfügung steht, ist gleichzeitig auch ein Nachteil. Die vielen Verletzungen und die damit verbundenen Wechsel führen dazu, dass die Mannschaft sich nicht einspielen kann. Es fehlt an Automatismen, die Abstimmung stimmt nicht. Zudem variiert das Spielsystem auch mit jeder personellen Umstellung. Luhukay ließ sowohl in einem 4-1-4-1, einem 4-2-3-1, aber auch mit einer Dreier-Abwehrkette (3-4-3 und 3-2-4-1) spielen. 

Bedenklich sind auch die vielen späten Gegentreffer. Wie kommen sie zustande? Sicher geglaubte Punkte gingen so in den letzten Minuten verloren. Zudem führt der derzeitige Abwärtstrend naturgemäß auch zur Verunsicherung der Mannschaft. 

Positiv hingegen ist die spielerische Entwicklung der Elf. Unter Luhukay hat das spielerische Element, im Vergleich zu Kauczinski, deutlich an Gewicht gewonnen. Der Spielaufbau besteht nicht mehr ausschließlich aus langen Bällen, sondern aus durchdachtem Spiel aus der Abwehr heraus. So war zumindest die Erkenntnis bis zum Aue Spiel. In den Spielen danach fiel die Mannschaft jedoch zunehmend in alte Muster zurück. 

Hoffentlich wird der Schaden bis zur Winterpause begrenzt. Ein Überwintern auf einem Abstiegsplatz oder dem Relegationsplatz wäre fatal. Wichtig ist in der Winterpause eine Genesung möglichst zahlreicher Spieler. Luhukay könnte dann zum Start nach der Winterpause am 28.01.2020 in Bestbesetzung auflaufen.

//Stefan

RASEN BETRETEN VERBOTEN

Was ihr schon immer über den Rasen wissen wolltet und euch nie getraut habt zu fragen, jetzt im Interview mit Ulrike Niemann, der Rasenexpertin des FC St.Pauli

Übersteiger: Hallo Ulrike! Wie wird man Sportrasenexpertin? 
Ulrike Niemann: Ich bin Diplom-Gartenbauingenieurin und meine Firma behandelt neben Themen rund um das Grün speziell auch Rasen. Ich bin jetzt seit 27 Jahren in dieser Branche tätig, da wird man mit der Zeit Expertin.
Ich begleite den FC St. Pauli seit 2017, der auch unsere Produkte nutzt, weil wir Spezial-Düngemittel vertreiben, die sehr modern und innovativ für Rasensportplätze sind. Unser aller Ziel ist: Wir wollen eine gesunde Pflanze, sie muss leistungsfähig und funktional für den Platz sein. Das ist eine ganz schöne Kunst und ohne die Greenkeeper und Dienstleister vor Ort wäre das gar nicht möglich. 

ÜS: Kümmerst du dich nur um den Rasen des FC St. Pauli oder bist du hamburg- oder gar deutschlandweit tätig?  
UN: Ich bin in Hamburg, Berlin, Rostock und Schleswig-Holstein tätig und die gesamte Firma betreut Sport- und Fußballplätze in ganz Deutschland und auch international. 

ÜS: Du musst ja rauslesen können, wie es dem Rasen geht und was er braucht. Wie machst du das?  
UN: Man muss sich das so vorstellen wie beim Arzt. Es gibt einen Grundcheck, wie z.B. auf Herzfrequenz und Blutdruck gemessen zu werden und so mache ich es beim Rasen. Ganz technisch, indem ich den Boden nach den Nährstoffinhalten, Spurennährstoffen und dem Salzgehalt untersuchen lasse. Zusätzlich gucke ich in die Bodenstruktur wie z.B. die Körnungslinien in der Rasentragschicht und wie hoch die organische Substanz im Boden ist. Außerdem kann das Gras selber durch Blattanalysen untersucht werden. Das sind einige technische Parameter. Wichtig vor allem: wie verteilt sich der Druck, wie ist der Sauerstoffgehalt im Boden. Das alles führe ich zusammen. Wie beim Arzt, wenn er mich anschaut und sagt ‘Sie haben aber ein bisschen gelbe Augen, sind Sie immer so müde? Ihr Gesicht ist so fahl.’, vergleicht er das mit meinen technischen Daten, so mache ich das beim Rasen. 
Und der sieht jetzt optisch gut aus, wir sehen, dass er schön gelöchert wurde, damit Sauerstoff in den Boden eindringen kann, aber umgekehrt die verbrauchte Luft auch austreten kann. Es findet ein Gasaustausch statt, der bewirkt, dass die Pflanzen überhaupt wachsen können. Nur so findet Wurzelbildung statt. Die Pflanze ist dann erst in der Lage Nährstoffe aufzunehmen. Das kann ich mit Hilfe eine Bodenprofilspatens, der einen kleinen horizontalen Querschnitt entnimmt im Profil sehen. Er zeigt an, ob die Wurzeln in Ordnung sind, die Körnung passt und neue Wurzeln gebildet werden. Ein schlechtes Wurzelbild wäre, wenn nur anderthalb Zentimeter Wurzelmasse vorhanden ist und sehr viel Filz zu sehen ist. Das sind abgestorbene Wurzeln, die bräunlich sind und zu einer geringen Scherfestigkeit der Narbe führen. 

ÜS: Hast du schon mal eine solche Situation gehabt, wo solche Veränderungen sichtbar wurden und wie hast du dann reagiert? 
UN: Na klar. Jetzt haben wir z. B. ganz viel Regen gehabt und wenn es sehr stark regnet, dann wird es matschig. Dann muss mehr gesandet werden, es muss mehr gelüftet werden und wenn das nicht getan wird, hätte er diese grüne Farbe nicht. Und es muss eingegriffen werden, bevor genau das passiert. 

ÜS: Das heißt, du musst auch immer den Wetterbericht im Auge haben.
UN: Genau. Und die Mitarbeiter, die hier sind, die gucken sich das vor Ort an. Die können ja auch Rasen lesen. Und wenn man sich mal einen ganz normalen Sportplatz und Trainingsplatz anschaut, der sehr stark genutzt aber nicht so intensiv gepflegt werden kann wie hier, dann sieht man, dass die Mittellinie von Tor zu Tor viel heller ist als im Außenbereich. Das bedeutet, dass da nicht genug Sauerstoff in den Rasen kommt, er nicht ausreichend gelöchert wird, nicht aerifiziert, nicht genügend Sand bekommt, und weil das fehlt, wird er immer gelber und kann nicht mehr gut wachsen.  
Als Folge der Bodenverdichtung entsteht ein Nährstoffmangel. Den Sauerstoffmangel kann ich überprüfen, indem ich mit dem Spaten reingehe und wenn ich dann den Spaten kaum reinkriege, dann ist das schon schlecht. Ein Penetrometer misst die Bodendichte und anhand der Daten ist ersichtlich, wie hoch die Verdichtung in der Rasentragschicht ist. Sie darf nicht zu verdichtet sein, aber muss wiederum so stabil sein, dass der Ball gut rollen kann. Das ist die Gratwanderung und darum darf man eine Rasenfläche nicht mit einen Gartenboden vergleichen, denn im Gartenboden geht es um Bodenfruchtbarkeit, er soll locker sein, da will man reinfassen können und hier muss er so viel Bodenfruchtbarkeit haben, dass der Rasen gut wächst aber trotzdem die Rasentragschicht eine gute Stabilität besitzt. Das ist die Funktionalität, die der Sport einfordert. 

ÜS: Nach dem letzten Spiel gegen den KSC war ja der Rasen komplett aufgerissen. Wie wird das denn wieder repariert?  
UN: Erst einmal laufen in der Halbzeit und direkt nach dem Spiel Leute mit Forken über den Platz und stopfen die Löcher mit den rausgerissenen Grasflächen wieder zu. Das ist im Prinzip die Handarbeit, die man sofort machen sollte. Die Wurzeln wachsen dann wieder an. Wenn eine sehr nasse Periode ist, haben die Flächen einen größeren Spielschaden als bei einer trockenen Periode. Es sei denn, die Hitze und Trockenperioden sind sehr lang, dann stresst das die Gräser ebenso wie uns. Und du weißt, wir leben in Hamburg, also ist das oft nicht optimal. 

ÜS: Nun gibt es ja die Schilder ‘Rasen betreten verboten’ an den Eckfahnen und da wird vom Verein auch wahnsinnig viel Wert drauf gelegt. Ich habe immer gedacht, das ist so, damit bloß die Halme nicht umknicken und fand das etwas übertrieben. Aber es gibt ja noch mehr Gründe, warum es unerwünscht ist, dass Hans und Franz da drüber spazieren.  
UN: Wenn alle Gäste hier rüber laufen würden, wäre das ganz schlimm, weil niemand weiß, wo sie vorher langgelaufen sind, was sie unter ihren Füßen alles an Bakterien, Pilzen, Fremdkörpern mit sich schleppen. Sie können im Prinzip Krankheiten einschleppen, wie z.B. Schneeschimmel, Wurzelfäule, Blattflecken. Wir wollen ja hier keinen Pflanzenschutz einsetzen, wir versuchen das alles über die Düngung und Mechanik zu steuern, was auch sehr gut gelingt. Grundsätzlich ist es gut, wenn bestimmte Regeln eingehalten werden, um Schaden zu minimieren. Dazu gehört auch, dass nicht jeder über den Platz läuft. 

ÜS: Aber an Spieltagen gehen ja nicht nur die Spieler auf den Platz, sondern Trainerstab, Fernsehleute, Balljungen usw. 
UN: Das muss man riskieren, aber stell dir mal vor, das wäre im Alltag so. Man möchte es so gut es geht minimieren. Seine Gesundheit zu optimieren und ihn für Spieltage zu pflegen, dafür ist die Rasenfläche gebaut worden. Dazu gehört auch die richtige ‘Ernährung’, wie auch bei uns Menschen, damit er widerstandsfähig bleibt. 

ÜS: Vor einigen Jahren nach der Sommerpause wuchs ein kleines Gänseblümchen auf dem Rasen, das war niedlich, aber wie kommt sowas? 
UN: Das sind Samen, die über den Kot von Vögeln auf dem Rasen landen. In der Regel nehmen die Mitarbeiter das aber mit dem Messer raus, sobald sie das sehen, weil die Gänseblümchen ein extrem hohes Samenpotenzial haben und der Platz sich schnell damit zuziehen würde. Das würde die Funktionalität stark mindern. Der Platz wird rutschig und die Verletzungsgefahr steigt an.  
Also wenn man hier nichts machen würde, auch nicht mehr mähen, dann wäre in zehn Jahren ein kleiner Wald drin und die Natur hätte sich alles zurückgeholt. Das geht in so kurzer Zeit, das können wir uns gar nicht vorstellen.  
Unser gepflegter Rollrasen hier hält schon das dritte Jahr. Natürlich muss in regelmäßigen Abständen nachgesät werden. Wenn der frisch reingebracht wird, ist viel Wiesenrispe darin enthalten und diese zieht sich im Winterhalbjahr durch geringere Lichtintensitäten zurück. Das ist gerade bei uns im nordischen Bereich der Fall. Nachgesät wird dann mit Weidelgräsern. Der Rasen muss regelmäßig – so alle sechs bis acht Wochen – ‘verjüngt’ werden. Die Gräser keimen innerhalb von sieben Tagen, also recht schnell und pünktlich zum nächsten Spieltag, sind allerdings noch sehr jung und müssen dann auch wieder Zeit zum Wachsen haben. 

ÜS: Und dieser Rollrasen, ist der in allen deutschen Stadien gleich oder sind die alle individuell?  
UN: Es gibt eine Rasen-DIN-Norm, danach werden die Rasenflächen auch produziert. Gräserarten und -sorten sind individuell vor Ort selber zusammenzustellen. ÜS: Ist das denn alles Natur? Man hört ja von anderen Vereinen, die Plastikanteile im Rasen haben. UN: Hier ist alles Natur. Aber Plastik sollte man auch nicht grundsätzlich verteufeln. Wenn man eine Kunstfaser im Rasen einnäht, ist das nur ein minimaler Anteil und hat den Vorteil, dass das Gras insgesamt stabiler in der Grasnarbe ist und diese besser zusammenhält. Man kann das außerdem ganz gut recyceln und wiederverwenden. Aber hier liegt reiner Naturrasen. 

ÜS: Das heißt, wenn dieser hier ausgewechselt wird, dann kann der einfach so direkt auf den Komposthaufen? 
UN: Ja. Ich meine, dass St. Pauli sogar Rasenteile verkauft, die man erwerben kann. 

ÜS: Was müsste ich denn beachten, wenn ich Millerntor-Rasen in meinem Garten anlegen möchte? 
UN: Das sind ja Fußballgräser, die wollen belastet werden. Also wenn die Leute nur draufgucken wollen, dann geht der ein, dann wird er sich verabschieden. Der will belastet werden, der will betreten werden, der will bespielt werden. Für den gibt es keinen Ruhestand. Wenn man dann noch für die richtige ‘Ernährung’ sorgt, dann hat man länger was von. 

ÜS: Was hat man sich denn unter Rasenernährung vorzustellen? 
UN: Ein Rasen braucht eine Vielzahl von Elementen. Wie z.B. Stickstoff, das ist der Motor des Wachstums. Ohne Stickstoff kann eine Pflanze keine Feinwurzeln bilden und ohne die kann sie nicht stabil sein, kein Wasser aufnehmen, nicht funktional sein. Dann braucht der Rasen ein bisschen Phosphor, ebenfalls zur Wurzelbildung und Bestockung. Dann Kalium, wichtig für den Zelldruck. Für die Farbbildung existenziell: Magnesium. Und dann kommen die Spurennährstoffe, die halten den ganzen Stoffwechsel in Gang. Dazu gehören z.B. Zink, Mangan, Molybdän und Kupfer. Wir dürfen im Bereich Funktionsrasen nur mit wenig Organik arbeiten, sonst fördert man im Prinzip die Regenwurmpopulation zu stark. Der Platz würde schwammig werden. Es muss auch viel gesandet werden, um die Rasentragschicht mineralisch zu halten. Darum muss auch das Schnittgut abgefahren werden. Gräser sollen kein Massenwachstum machen, es soll ein schönes kompaktes Wachstum sein, das ist wirklich die Kunst. 

ÜS: Allerdings. Hört sich sehr aufwändig an. Wie hoch ist denn hier etwa der Verbrauch, also von Wasser und Strom beispielsweise. Allein schon, dass immer kurz vor Anpfiff noch der Rasen gewässert wird. 
UN: Das mit dem Wässern, wofür das gut ist, das musst du mal die Spieler fragen, die wollen das so. Der eigentliche Wasserverbrauch dieser Pflanze orientiert sich an der Witterung und das wird regelmäßig und nach Bedarf geregelt. Das Wässern vor dem Spiel ist überhaupt nicht notwendig und eigentlich auch nicht besonders gut für den Rasen.  
Wie hoch der Jahresverbrauch und das Jahresbudget für die Instandhaltung eines Fußballrasens ist, das müsstest du den Verein fragen, das kann ich nicht sagen. Das entscheidet am Ende immer der Vorstand, der Verein, und das ist auch bei jedem anders. Da spielt auch immer mit, in welcher Liga gespielt wird, was für Ansprüche die Vereine haben und wie das Stadion gebaut ist. Zusätzlich gibt es auch Vorgaben, die eingehalten werden müssen. Hier haben sie z. B. das Glück, dass viel Luft und Licht reinkommt. Wenn man zum Nachbarverein schaut ist das anders. Das Stadion ist nach oben geschlossener gebaut und somit mit sehr viel Schatten versehen. Der Rasen muss extra mit Pflanzenlampen beschienen werden. Das ist hier lediglich im Torbereich notwendig. Dieses Stadion ist viel einfacher zu pflegen. 

ÜS: Liebe Ulrike, vielen Dank für das informative Gespräch! 

// rakete

Beauftragte für Fans 
mit Behinderung beim 
FC St. Pauli – was war, was ist, was wird.

Was war, halten wir knapp. Vieles ist über das Thema Jörn Weidlich gesagt und geschrieben worden. Und dennoch wurde von außen nie ganz ersichtlich, was genau schief lief in der Kommunikation. Der kurzen Chronologie folgt ein Interview mit Birgit Hadatsch, der neuen Beauftragten für Fans mit Behinderung, die sich unseren Leser*innen vorstellt. 

Rückblick: Für viele überraschend erschien am 23. September eine Stellenausschreibung vom Fanladen für eine*n neue*n Fanbeauftragte*n für Menschen mit Behinderung. Am selben Abend schrieb Jörn auf seinem Facebook-Profil, dass er sein Amt nicht freiwillig niedergelegt habe. Einen Tag später folgte auf der St. Pauli-Homepage die Erklärung, dass Jörn Weidlich nach 10 Jahren “auf eigenen Wunsch” sein Amt zum 30.09. niederlegen werde. 

Ein Widerspruch, der vermuten lässt, dass die Entwicklung, die zu diesen singulären Ereignissen geführt hat, weit früher angefangen haben muss. Auf jeden Fall entstand der Eindruck, dass die Kommunikation zwischen Verein und Jörn suboptimal verlaufen sei. Parallel dazu schlossen sich einige betroffene Personen, insbesondere Catharina Trost und Hans-Werner Baum, über verschiedene Kanäle auf Social Media zusammen, mit dem Ziel, Jörn Weidlich als Behindertenfanbeauftragten zu erhalten. Dies geschah nach seiner Aussage ohne seine aktive Beteiligung. Online wurde eine Petition ins Leben gerufen, die von 850 Leuten unterschrieben wurde. Zum Sandhausen-Spiel – dem letzten Spiel mit Jörn als Behinderten-fanbeauftragten – wurden Unterschriftenlisten verteilt, die laut Mopo mehr als 2500 Leute unterschrieben. Spenden wurden gesammelt, Banner hochgehalten, Flyer verteilt und einiges mehr. Man warb um Unterstützung der Fans, auch wenn das Engagement nicht überall Anklang fand. “Wir brauchen Verlässlichkeit, Beständigkeit, Vertrauen und jemand, der in unserem Namen spricht. Das tat Jörn bisher richtig gut und wir möchten, dass das so bleibt”, so eine zentrale Forderung der Gruppe, die sich für Jörn stark machte. An diesen Aktionen wurde deutlich, dass Jörn Weidlich für seine empathische und aufopferungsvolle Arbeit mit Menschen mit Beeinträchtigungen große Wertschätzung entgegengebracht wurde. Auch wir danken Jörn an dieser Stelle für seine 10-jährige Arbeit als ehrenamtlicher Behindertenfanbeauftragter! 

Am 2. Oktober fand ein kurzfristig anberaumtes Gespräch zwischen allen Beteiligten mit u. a. Michael Thomsen (CSR oder unternehmerische Sozialverantwortung), Jörn, Catharina und Werner statt. Daraufhin reichte Jörn eine Bewerbung für die ausgeschriebene Stelle als Behinderten-fanbeauftragter ein. Etwa zeitgleich begannen erste Bemühungen, eine eigene “Behinderten-Fanvertretung” zu gründen. 

Am 18. Oktober verwahrte sich der Verein gegen “Unwahrheiten, die Menschen aus informellen Treffen in sozialen Netzwerken verbreiten.” Man könne sich “Aufgrund der letzten Wochen und nach erneuten Gesprächen zwischen allen Beteiligten (…) eine Zusammenarbeit mit Jörn Weidlich in Zukunft nicht mehr vorstellen.” Das war sicherlich nicht das, was alle, die sich bis dato für den Erhalt von Jörn Weidlich einsetzten, erwartet hatten. Am 31. Oktober wurde bekannt, dass Birgit Hadatsch als neue Behindertenfanbeauftragte ihre Arbeit Anfang November aufnehmen würde. Somit war der Personalwechsel endgültig klar. Das Thema damit aber nicht durch. 

Zur Gründung der Interessenvertretung für Fans mit Behinderung in den Fanräumen am 3. November kamen 36 Menschen, einschließlich Birgit, Julian (Fanladen) und Reyk Sonnenschein (Koordinator für Inklusion). Am 17. November gab es eine Fortsetzung in der Weinbar, wo der Behindertenfanclub “FC Braun-Weiße Vielfalt” gegründet wurde. Am 26. November fand der erste ‘Stammtisch Barrierefrei’ statt, zu dem der Fanladen eingeladen hatte. Daran nahmen insgesamt ca. 50 Personen teil, darunter u. a. Birgit, Reyk, Vertreter vom Fanladen, USP, Jörn Weidlich und viele andere Betroffene und Interessierte. Ein reger Austausch untereinander betraf Themen wie das zukünftige Ticketing für Menschen (aber nicht nur die), die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, die Platzwahl im Stadion, Verbesserungen bei der Begleitung vor, während und nach einem Spiel, Ruheräume u. ä. Der barrierefreie Stammtisch findet am 15. Januar im neuen Jahr seine Fortsetzung. Grundsätzlich bleibt es allen Beteiligten weiterhin zu wünschen, eine fruchtbare, respektvolle Kommunikation untereinander zu pflegen. 

Ausblick: Wir beobachten gespannt, wie es weitergeht mit der Interessenvertretung, der neuen Fanbeauftragten und der Zusammenarbeit mit Verein und Fanladen. Dazu haben wir die neue Fanbeauftragte für Menschen mit Behinderung, Birgit Hadatsch, interviewt: 

ÜS: Erzähle ein bisschen über deinen Hintergrund. 
Birgit: Ich komme gebürtig aus Österreich und bin vor fünf Jahren nach St. Pauli gezogen, wo ich mich unglaublich wohlfühle. Neben dem Verein spielt sich auch mein berufliches Leben hier ab. Seit zehn Jahren arbeite ich als Fachkrankenschwester für Psychiatrie und begleite aktuell im Rahmen der ambulanten Sozialpsychiatrie psychisch kranke Menschen auf St. Pauli. Im Juli bin ich zum Orga-Team von St. Depri gekommen und habe gemerkt, dass ich mich zukünftig gern noch mehr in die Vereinsarbeit einbringen würde. Somit hab ich mich auf die Stellenausschreibung des Fanladens beworben. Als ich die Zusage bekomme hatte, konnte man mich bestimmt im ganzen Viertel jubeln hören. 

Wie stellst du dir deinen neuen Job vor, was sind deine Ideen, Prioritäten?
Ich stelle mir meinen Job sehr vielfältig vor. Dazu gehören z. B. das Organisieren/Begleiten der Heim- und Auswärtsspiele, das Einbinden in die aktive Fanszene sowie der Austausch mit dem Verein, dem Fanladen und anderen Fanbeauftragten für Menschen mit Behinderung. Für mich bedeutet der Job vor allem das „Sich-gerade-machen“ für Menschen, denen es, aus welchen Gründen auch immer, selber schwerfällt. Besonders wichtig ist es mir, immer ein offenes Ohr zu haben, auch wenn es sich mal nicht um unseren magischen FC St. Pauli handelt. 
Mit dem Stammtisch Barrierefrei, der regelmäßig stattfinden soll, setzen wir eine richtig coole Idee um und ich bin mir sicher, dass daraus was Tolles entstehen wird. Ich freue mich schon über die Anregungen, Ideen und Wünsche der Teilnehmer*innen. Wenn man selbst verhindert ist, kann man mir gerne auch eine E-Mail schicken oder mich anrufen. 
Im Moment liegt meine Priorität darin, einen Überblick über die Arbeit zu bekommen und die Menschen, die ich begleiten darf, kennenzulernen und zu versuchen, alle so gut es geht einzubinden. 

Wie gehst du damit um, dass du evtl. von manchen der Gehandicapten erstmal sehr kritisch beäugt wirst, weil diese sehr am vorigen Beauftragten Jörn Weidlich hingen? Wie willst du Vertrauen aufbauen? 
Mir war von Anfang an bewusst, dass ich in große Fußstapfen treten werde. Natürlich ist es am Anfang schwierig, sich an eine neue Person zu gewöhnen, wenn man zehn Jahre lang eine sehr wichtige Bezugsperson hatte. Ich denke, dass man am besten Vertrauen aufbauen kann, indem man sichtbar und erreichbar ist für die Derbysieger*innen mit Behinderung. Eine Veränderung zwickt am Anfang immer ein bisschen und tut mit Sicherheit auch weh, aber wenn man der Veränderung eine Chance gibt, kann sich daraus auch was Tolles entwickeln. 

Hast du noch etwas, was du loswerden möchtest? 
Ich hoffe, dass es in unserem Stadion irgendwann die Möglichkeit gibt, dass sich Menschen, egal mit welcher Einschränkung selbst aussuchen können, wo sie das Fußballspiel erleben wollen. Und ich möchte mich herzlich beim Team Barrierefrei, die ehrenamtlich den Spieltag begleiten, bedanken. 

Vielen Dank liebe Birgit, das Team vom Übersteiger wünscht dir und den Fans mit Behinderung eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit!

Text: GeJo, Interview: Rakete

„Ich habe mir meine Auslösung verdient“

Thees Uhlmann hat eine neue Platte, die ziemlich gut ist. Und er hat eine Menge zu erzählen – über Arschlöcher in Kneipen, Wut-Mittagsschlaf und seinen Wunsch nach internationalem Fußball am Millerntor

Du hast dir für deine neue Platte fast sechs Jahre Zeit gelassen. Inzwischen hat sich die Welt ganz schön verändert. Was hat sich inzwischen bei dir geändert bzw. wie hast du dich verändert?
Du hast total recht. Ich merke die fortgeschrittene Zeit vor allem an meiner Tochter. Sie ist jetzt 12 und versteht längst, was ich mache – und sie findet es peinlich. Mit sieben oder acht wäre das vielleicht noch überlebensgroß gewesen. Bei meiner letzten Platte war sie bei meinem Konzert in Köln dabei und ist nach einer Stunde einfach eingeschlafen. Weil, der Altvordere steht da oben rum, schwitzt und grölt und es interessiert sie nicht. 

Stört dich das?
Nein, ich finde das genau richtig so. Für mich ist das eher falsch, wenn der Vater der beste Freund seiner Kinder ist.

Spielt Musik für sie denn eine Rolle?
Na klar. Und sie hört genau hin. Letztens meinte sie: „Papa, du machst ja Rockmusik und Feine Sahne Fischfilet machen Punk und Helene Fischer macht Schlager. Warum klingt das denn dann alles gleich?“

Auch die Welt ist inzwischen eine andere. Was hat dich zuletzt besonders beschäftigt?
Vieles. Obama, Nirvana, Maueröffnung. Wo ist denn das alles geblieben? Das hat doch alles ganz gut geklappt. Aber man weiß ja: Es gibt da draußen etwa 30 Prozent, die sich freuen, wie sich die Welt in den letzten Jahren verändert hat. Früher waren die unsichtbar. Da waren das vielleicht fünf Arschlöcher in der Kneipe, die rumgelabert haben, bis der Wirt gesagt hat: „Jetzt haltet mal die Schnauze, ihr vertreibt die Gäste“. Jetzt bleiben die zuhause und tummeln sich in Facebook-Gruppen. Und da ist es ja so: Man bekommt nicht den Applaus für den schönsten Gedanken, sondern für den extremsten. Und das ist in der Psyche des Menschen nicht vorgesehen und es löst keine politischen Konflikte. 

Ich habe gelesen, dass der Entstehungsprozess für die neue Platte nicht ganz reibungslos war. Dass du schon fertige Songs hattest, die du dann aber verworfen hast, weil sie dir peinlich waren. Welche Songs sind einem Thees Uhlmann peinlich?
Das ist vergleichbar mit dem Gefühl, das man hat, wenn man Aufzeichnungen von sich findet, die man mit 22 gemacht hat oder alte Briefe liest, die man mal an Freunde oder alte Lieben geschrieben hat, dann ist einem das eben manchmal peinlich. Cringe! Ich habe diese Texte einfach nicht gefühlt. Das passte nicht.

Gab es zwischendurch einen Punkt, an dem du gezweifelt hast, ob du überhaupt nochmal zurückkommst?
Ich habe drei Monate Pause gemacht. Dann habe ich einen ersten Song aufgenommen und an Freunde geschickt. Von denen kamen dann aber entweder gar keine Reaktionen, was sonst immer der Fall war, oder Kritik am Text. Daraufhin habe ich erstmal sechs Stunden Wut-Mittagsschlaf gemacht. Und da gab es schon so Überlegungen, ob Rockmusik für mich jetzt zu Ende ist oder ob ich überhaupt noch was zu sagen habe. Aber ich wollte eine nächste Platte schreiben. Und der Brustlöser kam auf der Rückfahrt von einem Geburtstag zwischen Hamm und Bielefeld, als mir der Satz eingefallen ist „Ich bin der Fahrer, der die Frauen aus Hip Hop-Videos nach Hause fährt. Und da habe ich gedacht, das könnte was sein. Und dann ging’s weiter.

Du hast kürzlich gesagt, dass du Angst hattest, mit der neuen Single nicht mehr zeitgemäß zu klingen. Ich dachte, Erfolg bedeutet vor allem, dass man sich um Zeitgeist nicht mehr scheren muss. Was meintest du damit?
Je älter ich werde, desto selbstbewusster sage ich, dass ich Kunst mache. Mir kommt es aber so vor, dass Pop- und Rockmusik inzwischen zu einem Großteil nur noch aus Entertainment besteht. Im Sinne von: Wir müssen eine Verwertbarkeit darstellen für die Aufbereitung im Internet. Es geht immer mehr um Konfettikanonen, setzt euch alle hin, Handys raus, Hände nach oben: Ich fühle mich damit sehr unwohl. Entertainment ist eine tolle Sache, aber Konfettikanone kann ich nicht. 

In „100.000 Songs“ singst du ja auch von der letzten Rock’n‘Roll-Show der Welt. Über eine Band, vermutlich Led Zeppelin, die spielt, als würde es um alles gehen. Hast du dich mit dem Ende des Rock’n‘Roll abgefunden? Und woran liegt das?
Das ist relativ einfach. Gitarre ist eine komplizierte Kulturtechnik. Und wenn man sich heute den aktuellen Tonband-Katalog anschaut, dann sieht man auf den ersten drei Seiten nur Computer und Plug-Ins. Denn damit kannst du auf Anhieb Geige spielen wie ein ganzes Orchester. Das ist wahnsinnig attraktiv für Jugendliche, weil es weniger Mühe kostet als Gitarre zu üben. Ich glaube, dass Rockmusik aber auch deshalb so schwach geworden ist, weil wir kein scharfes Profil mehr haben. Und ganz generell: Vielleicht ist es auch in Ordnung, wenn Rock’n’Roll stirbt. Punk ist ja auch tot und hat überlebt. 

Hast du denn zuletzt neue Bands für dich entdeckt?
Nein. Aber ich muss in meinem Alter ja auch nichts Neues mehr entdecken. Also mir fällt das wahnsinnig schwer. Da musst du Casper fragen. Der guckt sich jeden Tag 30 Musik-Blogs durch und sucht intensiv. Der kennt wirklich alles. Ich hab da keine Zeit für.

Ich finde, dass die Texte auf der neuen Platte präziser, konkreter und vor allem auch ausführlicher sind als auf den vorigen Alben. Hat das was mit deiner Erfahrung als Romanautor zu tun?
Ob das Buch einen Einfluss hat, kann ich nicht sagen. Ich denke da nicht aktiv drüber nach. Meine Produzenten Rudi Maier und Simon Frontzek haben aber gesagt: Thees, das einzige, was uns textlich interessiert, bist du. Das hat mir Mut gemacht, tiefer reinzugehen. Das zweite ist: Wir hatten das Gefühl, sowieso auf verlorenem Posten zu sein. Das hat uns dann den Mut gegeben, uns in Form und Umfang frei zu bewegen. Dann darf ein Song eben auch mal 17 Strophen haben. Das war sehr befreiend. So nach dem Motto: Wenn ihr jetzt alle Konfettikanonen macht, machen wir eben längere Texte.

Ich finde, es ist insgesamt keine kuschelige Platte geworden. Ich höre da überall zwischen den Zeilen Trauer, Verlustschmerz, bestenfalls Dann-eben-nicht-Trotz heraus. Täuscht das oder machst du gerade harte Zeiten durch?
Es interessiert mich nicht mehr, wie es mir geht. Ich weiß mit 45, wer ich bin, was ich nicht kann, aber auch, was ich kann. Mein Ego hat sich seit meinem 40. Geburtstag mehr und mehr abgemeldet. Mich interessiert das Wohlergehen meiner Tochter, meine Mutter soll noch 20 Jahre leben, meinem Freundeskreis soll es gut gehen und die Kunst muss stimmen, da will ich an die dunklen Plätze. Der Rest juckt mich nicht mehr groß.

Im Text zur Single singst du: „Menschen wie ich bleiben besser alleine“. Was ist damit gemeint? 
Ich habe jetzt oft genug die Erfahrung gemacht, dass das so ist. Eine Freundin hat mal gesagt: „Thees, ich weiß ganz genau, wie das bei dir ist. An erster Stelle kommt deine Tochter, dann kommt deine Mutter, dann deine Kunst, dann dein Fußballverein, dann dein Freundeskreis, dann die Dunkelheit, in die du ab und zu verschwindest, aber dann könnte ich doch mal kommen.“ Das war einleuchtend. Und deswegen ist es besser, wenn ich für mich bleibe. Ich bin ja nicht alleine, ich habe keine Angststörung oder Depression. Aber meine Liebe ist eben vergeben.

Ist das eine neue Erkenntnis?
Ja. Die kam beim Songwriting für die neue Platte.

Warum bist du denn eigentlich kein politischer Künstler?
Es gibt Leute wie Markus Wiebusch, für die war Politik von Anfang an ein Motor, um überhaupt mit Musik anzufangen. Bei mir war das anders. Ich wollte Musik machen, weil mir langweilig war. Ich habe privat eine politische Meinung, aber auf der Bühne passt das für mich nicht.

Du warst im Sommer mit dem FCSP in den USA. Der Verein zeigt sich da sehr fannah. Warum geht das dort und bei uns nicht mehr?
Das muss man verstehen. Wenn ich ein Konzert in der Großen Freiheit spiele, bin ich auch nicht fannah. Das ist einfach zu viel Masse. Bei kleineren Konzerten ist das einfacher. Außerdem darf man nicht vergessen: Im Gegensatz zu Ralph Gunesch und Fabian Boll ist das eine andere Generation von Fußballern. Die sind teilweise noch so wahnsinnig jung. Da ist es doch klar, dass die es auch mal verkacken, wenn 29.000 ihr Wochenendwohl von denen abhängig machen. Der Fußball ist weiter professionalisiert worden. Vielleicht können die jungen Spieler mit der Liebe der Fans auch gar nicht umgehen. Es kann ja auch eine Last sein, für St. Pauli zu spielen. Vielleicht spielt man dann beim SV Sandhausen entspannter.

Wie sehr prägt das Fansein deinen Alltag?
Vom Psychischen her wird es immer schwieriger. Beim Spiel gegen Dresden (3:3 nach 3:0-Führung) habe ich erst gesaugt, dann gewischt, dann war ich einkaufen. Dann habe ich gearbeitet und beim Ticker nicht auf „Aktualisieren“ gedrückt. Dann doch und das 3:3 gesehen. Da habe ich dann alleine in meiner Wohnung rumgeschrien. Das war richtig scheiße. Und immer taucht dann die Frage auf: Warum hast du eigentlich kein Hobby, das dich glücklich macht. Um das klarzustellen: St. Pauli ist für mich ein absoluter Sehnsuchtsort, aber ich bekomme so selten eine Auslösung.

Aber ist es nicht auch ein bisschen reizvoll: unerfüllte Sehnsüchte, immer knapp daneben. Das kann doch eine Fanliebe auch stärken.
Ich bin jetzt aber auch schon ganz schön alt. Ich habe mir meine Auslösung verdient.

Was ist denn die Auslösung?
International spielen. Aufstieg erste Liga und dann so wie Mainz oder Freiburg. Das muss doch mal klappen. 

Sorgst du dich auch manchmal um den FC St. Pauli?
Manchmal habe ich Angst, dass die Geschichte zu Ende erzählt ist, dass Fußball an sich nahezu zu Ende erzählt ist. Der Sport ist extrem maskulin, also in den Ultras-Kurven. Und Männerkult finde ich extrem bedrohlich. Sowas sorgt mich. Wobei: Dass die Dresdner beim Auswärtsspiel am Millerntor schon vor der Halbzeit die Klos in ihrem Block komplett zerstört haben, amüsiert mich wieder. Stell dir mal vor: Die kippen sich die ganze Anfahrt lang Bier und Weinbrand rein wie die Behämmerten und demolieren dann die eigenen Klos. Da fällt mir nichts zu ein.

Wie stehst du zum HSV? Hat der Club bei dir zuletzt an Sympathien gewonnen?
Mir hat gefallen, wie sich breite Teile des Umfelds sich in der Jatta-Sache positioniert haben. Ansonsten nicht. Aber ich bin es satt, mich als St. Pauli-Fan über die Misserfolge des HSV zu definieren. Für einen 45-Jährigen ist das inadäquat.

Hat der sportliche Erfolg Einfluss auf deine Identifikation mit dem Team.
Nein. Er hat nur Einfluss auf meine Seele. Und übrigens: Ich liebe Mats Møller Dæhli.

Was ist denn für uns drin diese Saison?
Ich möchte an meinem Geburtstag am 16. April wissen, dass wir nicht absteigen. Dann bin ich zufrieden.

Eine letzte Frage noch in eigener Sache: Du warst lange Zeit Teil unserer Redaktion. Wird es in Zukunft noch einmal einen Thees Uhlmann-Text im Übersteiger geben?
Ich brauche nur einen Anruf und die Zusage, dass keiner sauer ist, falls ich den Redaktionsschluss versäume. Aber klar. Der Übersteiger hat mich ans Schreiben gebracht. Ich bin und bleibe Fan.

Das Interview führte Sebastian.

Fanclub Scarecrows Sankt Pauli 
– aus einer Katerlaune heraus entstanden

Wir vom Fanclub Scarecrows Sankt Pauli gründeten uns im Spätsommer aus der Schnittmenge von FCSP-Anhängern eines Vorgängerclubs, der negativ durch verbale Entgleisungen eines Mitglieds aufgefallen war. Nach dem Austritt ebendort, Reuebekenntnissen und Kopfzermartern über das Warum, Wieso, Weshalb entwickelten wir uns zu einem verschworenen Haufen. Es war notwendig uns komplett neu aufzustellen, sowohl strukturell als auch in der Außendarstellung. Zum Beispiel brauchten wir eine auf unsere Bedürfnisse abgestimmte Satzung, die bis heute diverse Veränderungen durchgemacht hat. Und die Kommunikation untereinander musste ebenfalls auf komplett neue Füße gestellt werden. Unterm Strich kann man sagen, dass wir aus einer schweren Katerstimmung entstanden sind.

Kurze Zeit später begannen die Planungen für ein Treffen mit einem Gros der Mitglieder und Ende des Jahres 2013 war es dann soweit. Das erste Treffen fand in Dinslaken (NRW) statt. Viele lernten sich bei dieser Gelegenheit wohl das allererste Mal kennen, weil viele weit voneinander weg wohnten. In einer Privatkneipe mit reichlich Speis und Trank waren wir unter uns und hielten eine erste Fanclubsitzung ab.

Harmonie untereinander ist uns sehr wichtig. Und wenn es mal kracht im Gebälk, dann taugt der direkteste Weg zur Konfliktlösung erfahrungsgemäß am meisten. Zum Glück liegt das jetzt aber auch schon lange zurück. Einige Leute von damals sind heute noch dabei. Die Größe von knapp 30 Mitgliedern im Alter zwischen 16 und Ü60, verteilt über 8 Bundesländer ist trotz einiger Fluktuationen stabil geblieben. Es gibt eine öffentliche Facebook-Seite von uns, die jederzeit zugänglich ist, und auch eine interne FB-Gruppe für Mitglieder. Es sind aber auch welche dabei, die mit FB nichts am Hut haben.

Ob Student, Altpunker, Handwerker, sozial Arbeitende, bleistiftspitzende Sesselfurzer … egal, vernarrt in den magischen FCSP und fußballverrückt sind wir alle. Hauptsächlich auf der Gegengeraden (nahe Süd), auf der Nord oder auf der Süd. Unsere Stammkneipe ist das St. Pauli Eck bei Brigitte. Ab und an kommen einige von uns auch bei Auswärtsspielen zusammen.

Weshalb denn ‘Scarecrows’?

Ende 2013 wurden einige von uns als “potthäßliche Vogelscheuchen” tituliert. Anfänglich eher als Beleidigung gedacht, kam dann einer auf die Idee, dass man das zum Fanclubnamen machen könnte. So heißen wir nun ‘Scarecrows’.

Die Liebe zum FCSP leben wir hauptsächlich auf den Rängen am Fußballfeld aus, aber ohne das Hirn am Einlasstor abzugeben. Jeder, der bei uns ist, trägt seinen Obolus dazu bei, Mitgliedern die Teilnahme an Fanclubaktivitäten zu erleichtern. Von jedem Euro legen wir 20 Cent hierfür beiseite. Es reicht nicht, sich zu den Leitlinien des FCSP und zur Stadionordnung zu bekennen. Dieses Selbstverständnis muss auch gelebt werden! Unser Budget ist klein. Das ist auch so gewollt. Aber wir tun, was wir können, um von dem, was wir haben, etwas abzugeben für diejenigen, die noch weniger haben oder gemeinnützige Projekte zu unterstützen. Fußball auf St. Pauli ist schon lange mehr als nur Fußball; spätestens seit Ende der 1980er Jahre. Damals war ich die ersten Male im Stadion, aber mir wäre es mit meiner Antihaltung gegenüber Mainstream und Konformität völlig suspekt vorgekommen, bei St. Pauli ständig dabei sein oder gar in einen Fanclub eintreten zu wollen. Aber im Wandel der Zeit sollte sich das nach dem letzten Aufstieg in die Bundesliga Ende 2010 ändern. Die ersten zwei Jahre ging ich dann regelmäßig ins Stadion, obgleich es seinerzeit bekanntermaßen pausenlos auf die Fresse gab. 

Facebook bleibt schwierig

Im Laufe der Zeit begannen wir mit der Produktion eigener Aufkleber, T-Shirts oder anderer Fan-Devotionalien. Den großen Entfernungen untereinander ist es geschuldet, dass ein Großteil der Kommunikation untereinander bei Facebook stattfindet. Dies sorgt in der Regel für schnellen Informationsfluss, bringt manchmal aber auch schwer einzuschätzende Risiken mit sich. 

Facebook bleibt ein schwieriges Pflaster. Übertriebene Selbstdarstellungen und wechselseitige Beleidigungen (Hasstiraden auf den HSV z. B., die bei Facebook eher noch weiter ausufern) wie auch sinnstiftende Solidaritätsbekundungen für einen wirklich guten Zweck wechseln sich dort tagtäglich ab. Eine permanente Herausforderung für alle aufmerksamen St. Pauli-Fans mit Facebook-Account. 

Einen Präsi gibt es übrigens bei uns nicht. Wir fahren gut damit, dass sich bestimmte Aufgaben wie Kasse, Merch z. B. auf unterschiedliche Schultern verteilen um möglichen Alleingängen keinen Vorschub zu leisten. Das entlastet den Einzelnen von zu viel Verantwortung. Wer sich oder seinen Standpunkt allzu wichtig nimmt, der wird sich bei uns eh nicht lange wohl fühlen.

Und sonst?

Was gemeinsame Aktivitäten mit anderen Fanclubs anbelangt, haben wir sicherlich noch Luft nach oben. Auf der To-Do-Liste stehen gemeinsame Treffen meist weit oben, bleiben aufgrund der unterschiedlichen geografischen Lage der Mitglieder aber eine Herausforderung. Aber dass wir aus völlig unterschiedlichen Orten kommen, macht nach wie vor den besonderen Reiz unserer Gruppe aus, der uns von dem ein oder anderen offiziellen St. Pauli-Fanclub vielleicht etwas abhebt. Und wenn man an unsere Herkunftsgeschichte denkt, dann haben wir sogar ein Alleinstellungsmerkmal. Wir würden auch gerne ein paar Hamburger dazu holen, um sich mal zwischendurch treffen zu können. Und ob wir letzlich ein ganz normaler Fanclub neben anderen sind, mögen andere beurteilen. Wir sehen uns bei Brigitte!

//GeJo

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