Who the fuck is Tony Bloom?

Oder: Pokert da jemand mit unserem Verein?

Einen Einblick verschafft unsere Recherche und unser Exklusiv-Interview mit Brighton-Fan Attila The Stockbroker! (Plus: Warum eine Fanfreundschaft zu Royale Union Saint Gilloise längst überfällig ist!)

Anthony Grant Bloom, am 20 März 1970 im englischen Brighton geboren, ist schon seit immer Fan der „Seagulls“. Bereits sein Vater saß im Vorstand des Vereins. Er ist außerdem Profi-Pokerspieler und gewann laut Wikipedia 2004 sein erstes großes Preisgeld in Höhe von 426.500 Australischen Dollar bei der „Aussie Millions Poker Championship“ in Melbourne. Sein bisheriges „Live-Preisgeld“ beim Pokern soll sich auf satte 3.890.086 US-Dollar belaufen. Inzwischen „pokert“ er in anderer Funktion, er fungiert seit 2009 als Fußballfunktionär und Mehrheits-Eigentümer von Brighton & Hove Albion und hat den Verein wieder in die Erfolgsspur gebracht. Seinen Spitznamen „The Lizard“ bekam er angeblich von einem alten Freund, der behauptete, Bloom habe Alligator-Blut, weil er so kaltblütig wie ein Reptil sei.

Seit er 2009 „Chairman“ bei Brighton & Hove Albion wurde, steckte Bloom über eine halbe Milliarde Pfund in den Club, baute quasi aus eigener Tasche das „American Express Stadium“ und das „American Elite Football Perfomance Center“. Woher die ganze Kohle kommt? Ganz genaues weiß man nicht, aber eine Mischung aus Glücksspiel, Investment- und Immobiliengeschäften könnte die Antwort sein.
Mit Glücksspiel ist hier nicht das Pokern gemeint. Vielmehr hat Bloom einen Teil seines Geldes mit Online-Glücksspiel-Plattformen verdient. Hauptsächlich ging es ab dem Jahr 2000 um ein „asiatisches Handicap-System“, welches er 2005 für 1,2 Millionen Pfund verkaufte. (What the Heck ist asiatisches Handicap-System fragt ihr euch? Wird hier gut erklärt). Auch half er bei der Gründung zweier Glücksspielseiten, die Blue-Chip-Unternehmen später für über 200 Millionen Pfund aufkauften. So langsam rechnet sich das.
Nachdem sein Verein 2011 die League One als Meister beendete, sagte Bloom: „Beim Poker lernt man vieles, unter anderem Situationen und Menschen zu lesen und schwierige Entscheidungen zu treffen. Diese Fähigkeiten kann man im Geschäftsleben und sicherlich auch bei der Führung eines Fußballvereins einsetzen„. Vor allem gepaart mit dem von ihm entwickelten Programm und Unternehmen „Starlizard“, welches ein spezielles Algorithmus und Datenbanken nutzt.
Dazu aus der Website „wearebrighton.com„:

Brighton nutzt dieselbe Art von einzigartigen Algorithmen und Datenverarbeitung, die Bloom für die Ausnutzung von Wettmärkten entwickelt hat, um Spieler aus aller Welt zu identifizieren, die das Potenzial haben, sich zu Spielern zu entwickeln, die viel, viel mehr wert sind als ihre ursprünglichen Kosten„.

Die Ergebnisse – insbesondere seit dem Aufstieg des Vereins in die Premier League im Jahr 2017 – sind verblüffend!
Beispiele? Bitte sehr: Alexis Mac Allister wurde in Argentinien entdeckt, für 7,5 Millionen Pfund gekauft und für 35 Millionen Pfund verkauft. Yves Bissouma kam für 15 Millionen Pfund aus Frankreich und wurde für 20 Millionen Pfund verkauft. Marc Cucurella kam 2021 für 15 Millionen Pfund aus Spanien und wechselte ein Jahr später für 62 Millionen Pfund zu Chelsea. Die Krönung des Ganzen: Moises Caicedo. In Ecuador entdeckt und für nur fünf Millionen Pfund gekauft und zweieinhalb Jahre später für die britische Rekordsumme von 115 Millionen Pfund verkauft. Brighton hatte innerhalb von nur 30 Monaten 110 Millionen (!) Pfund eingenommen.

Nochmals ein Zitat von der Homepage von „We are Brighton“:

Andere Vereine haben versucht, das zu kopieren, was die Albions in Sachen Personalbeschaffung tun. Der FC Chelsea hat das gesamte Trainerteam der ersten Mannschaft von Brighton und den Personalchef des Vereins an die Stamford Bridge geholt, allerdings ohne Erfolg. Der Grund dafür ist, dass Bloom der Schlüssel ist. Nur er weiß, wie alles funktioniert. Und wie reich er tatsächlich ist, ist ein streng gehütetes Geheimnis, das in nächster Zeit wohl niemand herausfinden wird. Brighton profitiert, während der Rest des englischen Fußballs staunend zusieht„.

Im Juni 2018 kaufte Bloom sich auch beim belgischen Verein Royale Union Saint-Gilloise ein und ist heute „Minderheitsaktienhalter“. Der Verein stieg in Folge von der Liga 1B in die Erste Liga auf, holte sich Europa- und Championsleague-Teilnahmen im Abo und mit dem im Juli 2023 verpflichteten deutschen Trainer Alexander Blessin, wurde die RUSG in der abgelaufenen Saison gleich mal Vizemeister und Pokalsieger Belgiens. Was Bloom anfasst wird offenbar in kürzester Zeit zu Gold.

Wie wir wissen wechselte ende Juni Alex Blessin für relativ kleines Geld als neuer Chefcoach ans Millerntor, am 08. Juli folgte ihm sein bisheriger Torwart-Trainer Sven Van Der Jeugt. Im Vorfeld war bekanntlich Fabian Hürzeler (für eine deutlich höhere Summe) nach Brighton gewechselt und der wiederum holte dann noch seinen bisherigen Keeper-Coach Marco Knoop vom FCSP auf die Insel. Also ein Tauschgeschäft mit den Trainern?

Das ist natürlich alles reines Spekulatius. Aber der Verdacht steht zumindest im Raum, dass das alles ein abgekartetes (Poker?)Spiel war und ist. Und dass Tony Bloom einen nicht unerheblichen Anteil daran hat. Und sein „Gegenspieler“ Andreas Bornemann.
Seit Jahresbeginn zogen sich die Vertragsverhandlungen mit Hürzeler hin, wie ein festgetretener Kaugummi unter der Schuhsohle. Am 8. März dann die Erlösung: Fabian hat unterschrieben! (Vielleicht war die Sache aber auch so: https://blog.uebersteiger.de/2024/06/15/in-hamburg-sacht-man-tschuess/.)

Irgendwie scheint da gerade etwas im „Hintergrund“ bei unserem FC St. Pauli zu laufen. Ohne in Verschwörungstheorien verfallen zu wollen (obwohl 🤔, wer weiß was sich tatsächlich hinter dem Spitznamen „The Lizard“ verbirgt – Tony Bloom am ende ein REPTILOID?? 😱), aber dieser Trainer-Tausch, die Entlassungen einiger Mitarbeiter*innen der Geschäftsstelle sowie die Einstellung des gastronomischen Betriebs im Clubheim lassen doch zumindest aufhorchen. Hat Bloom etwas damit zu tun? Vielleicht als geheimer „Berater“ wie man einen Club zu immer mehr Erfolg trimmt?
Wer nun aber denkt es bei Bloom mit einer aalglatten, über Leichen gehenden, eiskalt pokernden Investment-Heuschrecke zu tun zu haben, wird im folgenden überrascht sein, denn was Brighton-Fan Attila The Stockbroker (und langjähriger Stadionsprecher) im Exclusiv-Interview mit uns zu Bloom zu sagen hat, wirft ein überraschendes Licht auf diese mysteriöse Figur!
// Hossa & Rakete

Interview mit Attila the Stockbroker

Es gibt einen glühenden Anhänger der Seagulls, der es auch mit unserem Club hält: John Baine, den meisten besser bekannt als Attila the Stockbroker. Als Musiker und Dichter ist er seit 2000 der „Poet in Residence“ des englischen Vereins einerseits und hat seit den 1990ern auch zahlreiche Auftritte bei vielen St. Pauli-Fanaktionen in Hamburg andererseits. Ob er es immernoch noch mit Brighton & Hove Albion hält wollte ich wissen. Deshalb nahm ich Kontakt zu ihm auf.
Attila auf Facebook

ÜS: Moin Attila. Bist du eigentlich immernoch Fan und Mitglied bei Brighton & Hove Albion?
Attila: Ja klar. Ich bin da seit meiner frühsten Kindheit, war 14 Jahre lang Stadionsprecher und DJ. Nachdem unser altes Stadion vom ehemaligen Vorsitzenden Bill Archer an Bodenspekulanten verkauft wurde, tingelten wir 14 Jahre durch etliche Stadien. Lange zwölf Jahre spielten wir in einem kleinen Leichtathleticstadion. Mit meinem Kumpel Paul Samrah war ich auch Co-Mitgründer der unabhängigen Fanorganisation BISA (Brighton Independent Supporters Association). So eine Liebe gibt man doch nicht auf!
ÜS: Die wichtigste Frage: Was hältst du von Tony Bloom?
Attila: Tony kenne ich schon lange und er ist ein feiner Kerl. Er ist zu 100% Fan des Clubs und das schon in der vierten Generation. Er steht bei Heim- und Auswärtsspielen auch zwischen den Fans und sitzt nicht auf der Tribüne.
ÜS: Aber mit seiner Kohle hat er den Club gekauft. Wie geht das mit einer antikapitalistischen Haltung zusammen?
Attila: Er ist ein „guter Kapitalist“, wenn man das so ausdrücken kann. Er hat mit Pokern und Wetten viel Geld gemacht und es in seinen Lieblingsverein gesteckt. Was ist daran falsch? Als wir tief in der Scheiße steckten, war er der Retter. Nun geht es dem Verein und den Fans endlich wieder gut. Und wir können mit den „Großen“ mithalten. Ajax haben wir im Europapokal zweimal geschlagen und auch in der Liga haben wir z.B. Man United etc. besiegt.
ÜS: Wie war deine erste Reaktion, als du erfahren hast, dass unser Trainer Fabian Hürzeler vom FC St. Pauli nach Brighton wechselt?
Attila: Ich habe mich gefreut. Als er im Winter hier bei einem Spiel war, hat er sich wohl in den Club verliebt.
ÜS: Hattest du schon die Gelegenheit ihn zu treffen?
Attila: Leider nein. Ich hatte zwar seine Telefonnummer bekommen und ihn auf ein Bier eingeladen, aber er hat nicht regiert.
ÜS: Nochmals zurück zu Tony Bloom. Er hat sich auch beim belgischen Club Royal Union Saint-Gilloise eingekauft. Hälst du es für möglich, dass Bloom auch den FC St. Pauli kaufen könnte?
Attila: (bekommt einen Lachanfall!). Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Auch wenn er eine Vorliebe für Vereine mit einer progressiven, antifaschistischen Fanszene hat. (Anmerkung der Lektorin: hier ein interessanter Link zu einem Artikel von 2020 über die antifaschistische Fanszene des Clubs RUSG. Wir brauchen sofort eine Fanfreundschaft!)
ÜS: Glaubst du, dass der Trainertausch mit St. Pauli, Brighton und den Belgiern irgendwie eine abgekartete Sache war?
Attila: Ich kann mir nicht vorstellen, dass das irgendwie abgesprochen war. Du weißt ja, wie es im Fußballgeschäft zugeht.
ÜS: Gehst du eigentlich noch auf Tour und gibst Konzerte?
Attila: Ich versuche meine Auftritte immer mit dem Spielplan meiner Seagulls zu verbinden. Das ist aber durch die totale Zersplitterung der Spieltage mehr als schwierig.
ÜS: Und wann kommst du mal wieder nach St. Pauli?
Attila: Mein Plan ist, dass ich im November wieder auf St. Pauli bin.

Attila auf Facebook

ÜS: Danke für deine Zeit!
Attila: Für meinen zweitliebsten Verein und den Übersteiger doch immer gerne.
// Hossa & Rakete

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