Vorwort
VON BÄRENDIENSTEN UND BAUERNOPFERN
Die neue Saison hat kaum begonnen, da gibt es auch schon wieder neue Gründe Dietmar Hopp den Mittelfinger zu zeigen. Und daran wird auch die Verpflichtung der St.Pauli-Legenden Holger Stanislawski und Andre Trulsen als neues Trainerteam im Kraichgau rein gar nichts ändern. Dieser Transferclou geschah nicht zuletzt auch unter dem Aspekt, um seinem seelenlosen Retortenverein ein Hauch von „Charakter“ zu verleihen. Nun denn, ihr neuer Boss beklagte in den letzten Tagen abermals in jedes Mikro, was ihm hingehalten wurde, dass er die in der hiesigen Fußballszene angestimmten bösen, bösen Gesänge über ihn und seine geliebte Frau Mutter – Gott hab sie selig – immer noch maßlos auf die Palme bringen. Über das niedrige Niveau (der BVB-Fanszene) sind wir uns wahrscheinlich sogar einig, über die Motive allerdings auch. Wenn man den alten Mann jetzt wieder so quaken hört bekommt man beinahe den Anschein, als wenn ihm die eigenwillige – und ich betone eigenwillige – Lautsprecheraktion von einem seiner Untertan… pardon, Angestellten irgendwie ganz gelegen kam: „Mensch Theo, nun tu doch mal endlich etwas gegen solche „Fans“!“.
Gegenüber der lokalen Presse ließ er nun auch noch verlauten, dass er „todunglücklich“ wäre, wenn das geständige Bauernopfer deshalb „seinen Arbeitsplatz verliert“. Wie gütig, Herr Milliardär! Die langjährigen Angestellten in unserem Fanshop, die kürzlich in größerer Zahl gefeuert wurden, wären sicher happy über eine solche Chefetage. Herr Hopp, sie sollten auch eher an die Arbeitsmoral ihres Sicherheitsdienstes appellieren, denn anscheinend fiel keinem der ihrigen jemals auf, dass irgend jemand bei Heimspielen völlig unbemerkt – und ich betone unbemerkt – einen großen Holzkasten mit zwei Lautsprechern unterhalb des Gästeblocks aufstellte, ein 60m langes Kabel bis auf die Tribüne verlegte, um von dort aus, über das gesamte Spiel, mittels eines Laptop das Beschallungsgerät mit Hochfrequenztönen zu bedienen, und zwar immer dann wenn ihrer Mutter ein falscher Beruf unterstellt wurde. Das glauben Sie doch wohl selber nicht? Aber in ein paar Wochen wird über die ganze Sache sicher schon Gras gewachsen sein, welches die sabbernden Milchkühe dann längst verdaut haben. Zurück bleibt wie immer nur ein Haufen Scheiße. Aber damit kennt ihr euch auf’m Land ja bestens aus…
Oh man, einmal in Rage getippt gibt man so einem Typen sogar schon im Vorwort viel zu viel Aufmerksamkeit. Aber ignorieren kann man es halt leider auch nicht. Das haben wir in punkto Susis Show Bar beispielsweise viel zu lange getan, doch damit ist heute definitiv Schluß und wir erzählen euch die ganze Geschichte einer Unterlassungsklage gegen uns oder wen deren Anwalt auch immer meint. Einen kaum zu umgehenden Skandal erschüttert momentan auch das Vereinsleben beim FC St.Pauli. Allerdings werden wir über die neusten Entwicklungen in der Frauenfußball-Abteilung auch weiterhin in unserem Blog berichten. Es ist erstaunlich, wie eine einzelne Person das funktionierende Vereinsgefüge sprengen kann. Interessierte klicken also dort rein. Mittlerweile bestätigte der Rugby-Vorstand mit seiner ernst gemeinten Stellungnahme leider nur den Ruf der Abteilung innerhalb unseres Vereins. Auch wir wollen natürlich nicht jedem einzelnen Mitglied auf den Schlips treten, aber allerspätestens auf der nächsten JHV bekommen einige von euch garantiert etwas zu hören. Unser Präsidium nicht ausgeschlossen.
Mit dem großen Titelthema dieser Ausgabe beschäftigte sich ein tapferes Redaktionsmitglied über einen sehr langen Zeitraum und stellt der Öffentlichkeit nun ausführlich beide Entwürfe für die neue Gegengerade vor, inkl. Bildmaterial welches wir euch heute exklusiv vor allen anderen präsentieren. Damit wird sicherlich eine Diskussion eingeleitet werden, an dessen Ende dann hoffentlich das größtmöglich zufrieden stellende Bauwerk entsteht. Auch innerhalb der Redaktion gibt es Befürworter für jedes Modell, worauf wir vorweg hinweisen möchten. Auf alles weitere Kleingedruckte im Heft wollen wir jetzt gar nicht mehr eingehen, ihr werdet es eh lesen. Wenn die Mannschaft auch heute, am verfluchtesten Arbeitstag der Woche, ihrer ähnlich engagiert nach geht wie bislang, dann können wir uns hier auf ein ansehnliches „Topspiel der Woche“ im Millerntorstadion freuen. Der gestreckte Mittelfinger zum Gruß geht hiermit raus an all die fetten Couchpotatoes, die im Kraichgau und anderswo vor der Glotze hocken und der DFL Jahr für Jahr einen Grund dafür liefern, dieses Spiel exklusiv an einem Montag Abend anzusetzen!
WIR sind Fußball! Verreckt IHR an euren Chipsen!
Eure Übersteiger
Anwalts Show Bar
Der Konflikt, der letztendlich seine Eruption im roten Jolly Rouge – Millerntor gegen den SC Freiburg Mitte Januar fand, schwelte sicherlich schon seit einiger Zeit zwischen Fanszene und Verein. Zwei Tropfen brachten wohl das Fass zum Überlaufen: Zum einen die LED/SMS-Werbeaktion eines Sponsors gegen Mainz 05, zum anderen das Verhalten der Vereinsführung im Thema „Stangentanz“ im Séparée von Susis Show Bar. Letzteres hatte für den ÜBERSTEIGER ein juristisches Nachspiel, von dem wir Euch jetzt berichten wollen.
Kurze Erinnerung: Bereits im Mai 2010 hatte Ex-Präsident Littmann via BILD angekündigt, dass die auf der Reeperbahn ansässige „Susis Show Bar“ ein Séparée am Millerntor anmieten würde und dort bei jedem Tor fröhlich zur Belustigung der Gäste getanzt werden würde. Der Aufschrei in der Fanszene war groß, doch schon am nächsten Morgen verkündete der damalige Vizepräsident und heutige Aufsichtsrat Marcus Schulz öffentlich, dass der Sport beim FC St.Pauli im Vordergrund steht und es daher „eine Stripshow oder Vergleichbares im Millerntorstadion nicht geben wird.“ Auch Betreiberin Susi Ritsch äußerte sich amüsiert (und wahrscheinlich dankbar für die Aufmerksamkeit) dahingehend, dass selbstredend niemand nackt herumspringen würde und „Mädels im Bikini“ das Äußerste wären.
Zum Spiel gegen Kaiserslautern Anfang Dezember 2010 erschien der ÜBERSTEIGER mit Ausgabe 101 und belegte auf dem Cover sowie in einem längeren Artikel im Heft, dass dem eben nicht so war, sondern zumindest auch im Oberkörperbereich unbekleidet getanzt wurde. Die Kritik im Heft richtete sich weniger an den Mieter der Loge, sondern vielmehr an den Verein, der sich hier am Nasenring gezogen vorführen ließ und nach außen immer empört tat, tatsächlich aber keine Konsequenzen zog. Durch die mediale Berichterstattung in BILD und MOPO (bereits vor der Veröffentlichung im ÜS, dort allerdings immer mit Bikinioberteil) wurde der Verein vollends der Lächerlichkeit preisgegeben. Das „Freudenhaus der Liga“, der „kultige Kiezklub von der Reeperbahn“, all die Klischees die man seit Jahren satt hat waren wieder omnipräsent.
Die Diskussion, ob Stangentanz sexistisch oder diskriminierend oder weder noch ist, wollten wir nicht führen, wir bezogen uns lediglich auf die bestehenden Zusagen des Vereins, dass am Millerntor der Fußball im Vordergrund zu stehen habe und es solche Tanzeinlagen eben nicht gibt.
Was seither geschah…
Wenig ist passiert. Sicherlich war dieser Wortbruch ein wichtiger Puzzlestein zum großen Echo der Jolly Rouge-Kampagne, an der Faktenlage hat sich aber wenig bis nichts geändert.
Susis Mädels tanzen nach wie vor, wenn auch nicht mehr während des Spiels. Lt. Verein hat es eine Abmahnung gegeben, allerdings ist das jetzige „Vorher/Nachher und in der Halbzeit“-Getanze wohl nicht explizit verboten und wird daher keine weitere Abmahnung/Kündigung nach sich ziehen. Konsequenz sieht anders aus, aber sonderlich durchsetzungsstark hat sich das Präsidium ja bisher äußert selten gezeigt, wenn es sich überhaupt zeigte.
Der wiederholten Aufforderung an den Verein, den Mietvertrag zur neuen Saison außerordentlich zu kündigen (ggfs. dann eben auch Kosten in Kauf nehmend) um ein Zeichen gegen die Eventisierung zu setzen, kam dieser nicht nach. Man versteht offenbar nach wie vor im Verein nicht, dass der Verzicht auf den einen oder anderen „billigen“ Euro nicht nur Respekt und Glaubwürdigkeit bringen würde, sondern auf lange Sicht eben noch viel mehr Geld, als es hier jetzt kurzfristig gibt. Stattdessen lässt man sich weiter vorführen.
Während damit für die Öffentlichkeit das Thema nahezu aus dem Fokus verschwunden ist, beschäftigte sich der ÜBERSTEIGER noch etwas länger damit, genauer gesagt unser Anwalt.
Alles begann bereits in der Woche vor Hefterscheinen der 101, als wir die Inhaberin Susi Ritsch am Telefon um eine Stellungnahme baten.
Selbstverständlich würden ihre Mädchen nur bekleidet tanzen, diese ganze Medienhysterie verstehe sie gar nicht. Auf unseren Einwand hin, dass wir Fotos hätten, die das Gegenteil bewiesen, wurde das Telefonat sehr schnell beendet, mit dem Hinweis sie müsse das erst mal mit ihrem Mann besprechen.
Es folgte am nächsten Tag die etwas hektische Einladung zu einem Gespräch im Cafe Möller, „zur Klärung der Vorfälle“. Unsere zwei Redakteure sahen sich dort zunächst einmal dem Ehepaar Ritsch sowie zwei Tänzerinnen gegenüber. Außerdem stellte sich noch der „Datenschutzbeauftragter des FC St.Pauli“, Arne Platzbecker, vor. In einem späteren Anwaltsschreiben der Gegenseite wurde er auch als „Rechtsanwalt des FC St.Pauli“ bezeichnet. Er wolle sicherstellen, dass die Persönlichkeitsrechte der Frauen im Stadion gewahrt bleiben, daher sei er hier. Ob ihn tatsächlich der Verein zu diesem Gespräch entsandt hatte, und damit sicher auch über die folgenden Geschehnisse informiert war, oder es für sein Erscheinen andere Gründe gab, blieb offen. Sicher purer Zufall, dass seine Kanzlei in dem Haus ist, in dem das Ehepaar Ritsch wohnt.
Das Gespräch entwickelte sich dahingehend amüsant, dass man uns ständig versicherte, was für traumhafte Arbeitsbedingungen doch in der Bar vorherrschen, wie zufrieden die Mädels da alle seien und sowieso sei das Ganze doch Kunst! Und selbstverständlich seien wir gerne eingeladen, uns abends einmal kostenlos von diesen Umständen vor Ort live zu überzeugen. Und wenn Herr Ritsch einladen sagt, dann meint er auch einladen. Was auch immer er uns damit sagen wollte.
Wir versuchten mehrfach zu erklären, dass wir all dies gerne glauben, es aber mit dem Thema nichts zu tun habe und daher auch auf die Einladung gerne verzichten. Uns ging es um das Einhalten der Leitlinie, insbesondere dem Punkt, das am Millerntor der Fußball im Vordergrund zu stehen habe, sowie der Garantie des Präsidiums, es würde keinen Stangentanz geben.
Dies wurde aber anscheinend nicht verstanden, und überhaupt sei das ja alles sehr fragwürdig, was wir da planten. Und warum hätten wir denn eigentlich was gegen Frauen? Vielleicht sei das Foto ja auch entstanden, als die Frauen sich gerade umzogen, denn eigentlich tanze da ja niemand oben ohne. Aha, und die Erde ist eine Scheibe.
Der Datenschutzbeauftragte hielt sich in der Diskussion zumindest angenehm zurück, nachdem wir auf die AGBs und unsere Akkreditierung hingewiesen hatten war die Sache für ihn wohl zurecht erledigt. Ehepaar Ritsch wurde zunehmend ungehaltener, die beiden Tänzerinnen kamen aus dem Augenrollen und verständnislosem Kopfschütteln gar nicht mehr raus. Was wäre denn so schlimm an schönen Brüsten? Da würden sich doch alle normalen Männer drüber freuen und viele Frauen auch? Eine Wiederholung unsererseits, dass es uns darum gar nicht ginge und wir zu dem Zeitpunkt den Fehler auch eher beim Verein dank mangelnder Absprache /Kommunikation zu seinem Vertragspartner sahen als bei der Show Bar selbst, die in ihren eigenen Räumen außerhalb des Stadions auch gerne weiterhin machen darf was sie will, wurde offensichtlich überhört. Wir verließen das Cafe Möller dann mit den besten Wünschen von Herrn Ritsch, wir sollten das mal ruhig machen, er hätte ja gute Anwälte.
Die Immobilienklage
Definitiv, Herr Ritsch! Ally McBeals Kanzlei ist ja eine Kinderfaschingtruppe dagegen. So erreichte uns auf dem Postweg nach Hefterscheinen ein Schreiben vom Rechtsanwalt Lindberg. Dieser wies uns darauf hin, dass wir durch das geplante Veröffentlichen von Fotos der „Tänzerinnen in Ausführung ihrer Performances“ gegen die Persönlichkeitsrechte der Tänzerinnen und auch gegen die „Verwertungsrechte an der Tanzdarbietung“, verstoßen, die exklusiv bei Herrn Ritsch, seinem Mandanten liegen. Es ergebe sich daraus „ein Anspruch auf Unterlassung, im Falle der Veröffentlichung auch auf Auskunft und Schadenersatz“ gegen „F.I.S.H. als presserechtlich Verantwortlichen“. Okay, „F.I.S.H. e.V.“ wäre richtig, aber wer wird denn kleinlich sein, kommt noch besser.
Wir sollten eine Unterlassungserklärung unterzeichnen, für deren Eingang sich der Anwalt den 06.12. vorgemerkt hatte. Nett von ihm, denn der Verkauf hatte ja eh schon am 03.12. stattgefunden. Hätten wir also sogar unterschreiben können nachdem das Heft eh fast ausverkauft war.
Die Unterlassungserklärung besagte jedoch folgendes:
„Der FISH e.V. verpflichtet sich […] es zu unterlassen, Bilder zu veröffentlichen […] sofern diese Tänzerinnen in Ausführung ihrer Darbietungen in einer VIP-Loge abbilden weder die im Eigentum von Herrn Waldeck befindlichen Grundstücke zu vertreiben, noch diese im Internet, noch in Print oder anderen Medien oder sonstwie zum Verkauf anzubieten. Für jeden Fall des Verstoßes verpflichtet sich Klaus der FISH e.V. zur Zahlung einer Vertragsstrafe […] von bis zu € 5.000,00.
Ort, Datum, Unterschrift Vorstand FISH für den Verein“
Ja, das macht sprachlos. Wer ist Herr Waldeck? Was für Grundstücke besitzt er? Wie können wir die vertreiben, wenn wir denn doch wollen? Was hat das alles mit uns, dem Millerntor, der Show Bar oder dem FC St.Pauli zu tun? Und wer zur Hölle ist „Klaus der FISH e.V.“, das müssen wir doch unbedingt wissen, wenn der für uns was bezahlen soll, noch dazu so viel?
Wir haben bis heute nicht herausgefunden, ob in der Kanzlei mit Textbausteinen noch geübt werden muss, oder einfach der Unterschied zwischen „Einfügen“ und „Überschreiben“ in Word nochmal zu klären wäre.
Anwaltliches Ping Pong
Unterm Strich bleibt festzuhalten, dass wir 5.000,- € dafür zahlen sollten, als formal akkreditiertes Fanzine ein Foto von einer im Stadion problemlos einsehbaren Situation gemacht zu haben, weil es sich hier um „Performances“ handelte und wir keine Einverständniserklärung der Tänzerinnen bzw. des Rechteinhabers dieser Tanzdarbietungen haben. Ach ja, die „Rechtsverletzungen wiegen umso schwerer, als […] in einen Bereich hineinfotografiert wurde, der dem Zugriff der Öffentlichkeit durch bauliche Maßnahmen bewusst entzogen ist.“ Da sind uns die dicken Mauern vor den Séparées, die Jalousien, Vorhänge und sonstige baulichen Maßnahmen aber bis heute irgendwie verborgen geblieben.
Es entwickelte sich ein munteres hin und her der Anwaltsschreiben, in dem unser Anwalt darauf hinwies, dass gemäß §73 UrhG die gezeigte Darbietung keine ausübende Kunst sei, da sie Grundvoraussetzungen nicht erfülle. Es gab noch einige weitere juristische Dinge zu erwähnen, u.a. das die Tänzerinnen durch den Erwerb der Eintrittskarte (auch wenn es Frei-/Arbeitskarten sind) gemäß der AGB des FC St.Pauli ohnehin die Rechte am eigenen Bild abgeben und durch unsere Akkreditierung, sowie dem frei einsehbaren Bereich, das Foto und die Veröffentlichung absolut rechtens sei. Da Herr Ritsch auch als Rechteinhaber in dieser Sache gar nicht abmahnungsberechtigt war (das hätten die Tänzerinnen selber beim Anwalt einreichen müssen, was die Erfolgsaussichten allerdings auch kaum erhöht hätte) forderten wir nun unsererseits die Begleichung unserer Anwaltsrechnung, die sich insgesamt auf einen vierstelligen Betrag beläuft.
Ende Dezember erreichte uns das nächste Schreiben, unsere Forderung wies man zurück, an der eigenen hielt man fest. Sogar ein Vertrag einer Tänzerin zur Abtretung der Rechte an ihren Fotos an die HRS GmbH war beigefügt.
Nachdem wir an unserer Forderung ebenfalls festhielten, kam das nächste Schreiben Mitte Januar, wonach sich der Mandant „im Interesse des Rechtsfriedens[…], insbesondere dem St.Pauli e.V., zu einer gütlichen Einigung bereit erklärt“. Wir sollten jetzt nur noch 2.000,- € „Schadenersatz“ zahlen, den der Mandant an eine soziale Einrichtung in St.Pauli gespendet hätte, außerdem die Anwaltskosten beider Parteien. Wir vergaßen leider nachzufragen wer genau der „St.Pauli e.V.“ sei, in dessen Interesse man sich doch einigen solle.
Nach zwei weiteren Schreiben hin und her erklärte man uns dann Anfang April, dass man unserer Zahlungsaufforderung nicht entsprechen werde, von den eigenen Forderungen war aber immerhin ebenfalls keine Rede mehr. Von 5.000,- € auf Null, so schnell kann es gehen.
Zurzeit ist noch unklar, ob wir zum Eintreiben unserer Anwaltskosten vor Gericht ziehen. In jedem Fall haben wir jetzt, falls in der Leserschaft Bedarf besteht, eine sehr gute anwaltliche Empfehlung für Rechtsstreitigkeiten in diesem Gebiet… und wir hätten dank der Gegenseite auch eine vielleicht nicht ganz so gute.
Was bleibt?
Nicht viel. Der Verein hat es versäumt ein Zeichen zu setzen und zur neuen Saison den Vertrag (notfalls außerordentlich) zu kündigen. Das Séparée ist für den Rest der Saison fest vergeben, es darf weiter (außerhalb der 90 Minuten) getanzt werden. In Gesprächen mit dem Ständigen Fanausschuss wurde vom Präsidium zwar immer wieder so getan, als wenn man auch auf das Äußerste empört sei vom Verhalten des Mieters, zum Mieter selber ist diese Empörung aber wohl nicht vorgedrungen, oder es hat ihn schlichtweg nicht gekratzt. Wahrscheinlich letzteres, denn beifallheischende Versprechungen im kleinen Kreis kann man von unserm Präsidium recht leicht bekommen, an der Umsetzung hapert es dann leider doch häufiger, nicht nur in diesem Fall.
Wir fordern den Verein erneut auf, hier Flagge zu zeigen und nicht jedem billigen Cent hinterherzulaufen. Wenn es für eine weitere Abmahnung und damit verbundene Kündigung nicht reicht, muss es eben auch mal möglich sein, so einen Mietvertrag außerordentlich zu kündigen und jemanden rauszuschmeissen, der so offensichtlich nicht ans Millerntor passt und den Verein über die Medien auch noch verspottet, oder der Fanszene über die Medien vorwirft, sie hätte was gegen Frauen, wie seitens Herrn Ritsch über den Boulevard geschehen. Wahrscheinlicher ist wohl, dass er was gegen Zuhören und Verstehen hat, oder einfach gegen gesunden Menschenverstand.
Spätestens mit Auslaufen des Zweijahresvertrages am Ende dieser Saison darf die Vermietung dieses Séparées an Susis Show Bar (oder die HRG GmbH) nicht verlängert werden.
// Die Redaktion
Welle oder Dreieck?
Zwei Entwürfe für die neue Heimat Gegengerade
Dass 13.000 Fans des FC St. Pauli auf einer Wellenlänge sind, ist ungefähr so wahrscheinlich wie die Deutsche Meisterschaft in zwei Jahren. 13.000 Fans, die auf einer Welle gemeinsam abgehen können, sind dagegen wahrscheinlicher. Das hängt davon ab, für welche Variante sich der Verein beim Neubau der Gegengerade entscheiden wird. Nachdem Südkurve und Haupttribüne standen, waren diese teilweise großer Kritik ausgesetzt. Die Pläne für die Gegengerade stehen daher nun besonders im Fokus der Fans. Vor einem Jahr entstanden zwei Entwürfe für die neue Gegengerade, die außerhalb der Öffentlichkeit in den Vereinsgremien diskutiert wurden und werden. Der Übersteiger präsentiert und vergleicht beide Entwürfe.
Noch nichts entschieden
Das Wichtigste am Anfang: Es sind Entwürfe! Noch ist keine Entscheidung gefallen, auch sind beide Planungen nicht final abgeschlossen. So sind Detailbetrachtungen noch gar nicht möglich und wir möchten Euch daher die zwei unterschiedlichen Philosophien und Konzepte näher vorstellen. Wir hoffen, dass wir damit einen Diskurs anregen, der am Ende zu einem Neubau führt, von dem alle Besucherinnen und Besucher der Gegengerade begeistert sind.
„Die Planungen sind im Fluss und noch nicht abgeschlossen. Der Zeitplan sieht vor, dass wir Mitte September die jeweiligen Kostenplanungen vorliegen haben und Ende September sich der Verein für einen der beiden Entwürfe entscheidet. Der Zeitpunkt der Baurealisierung ist dann natürlich auch abhängig von der Finanzierung“, berichtet Vereins- und Stadionbetriebs GmbH-Geschäftsführer Michael Meeske dem Übersteiger.
Einbindung von Fangremien
Als die Südkurve in die Höhe wuchs, haben Fans versucht, durch eine sogenannte Lenkungsgruppe Stadionbau in die Bauentscheidungen eingebunden zu werden. Doch damit flogen sie auf die Nase und stellten sich konsequenterweise selbst vom Platz. Fananliegen nahm der Verein nicht wirklich ernst und Entscheidungsvorlagen hielt er der Lenkungsgruppe vor, sämtliche wichtige Weichenstellungen fanden ohne Fans statt. Die versuchte Einbindung scheiterte kläglich.
Die Gegengerade ist der Ort, an dem das geboren wurde, was diese Fanszene heute ausmacht. Der Kern und der Ursprung. Hier müssen wir aufpassen, sagten sich einige Fans und gründeten über den Ständigen Fanausschuss wieder eine neue AG Stadionbau, die offen für alle Interessierten war und vom Präsidium akzeptiert und angenommen wurde. Was Vizepräsident Gernot Stenger bestätigt: „Wir treffen uns regelmäßig und tauschen Informationen aus. Das Präsidium berichtet über den Stand der Planungen und die AG Stadionbau legt uns die Wünsche und Anliegen der Fans vor. Die beiden vorliegenden Entwürfe wurden auch der AG vorgestellt und erläutert. Bisher ist der Dialog äußerst konstruktiv und gewinnbringend verlaufen.“
Auch die Fanseite bewertet die bisherigen Gespräche überwiegend positiv. „Unsere Anliegen werden zum großen Teil ernst genommen. Wir werden nicht als Bittsteller behandelt. Aber dass wir auch in einigen Punkten grundlegend anderer Meinung sind, liegt in der Natur der Sache“, so Sönke Goldbeck von der AG Stadionbau.
10.000 stehen, 3.000 sitzen
Die beiden Entwürfe kommen zum einen von der Hellmich Unternehmensgruppe, die als Generalunternehmer für den Umbau des gesamten Stadions beauftragt wurde. Der zweite Entwurf ist ein Gemeinschaftsprojekt der werkstatt zwei, dem Architekten Lutz Herzog, osd Ingenieure und von Interpol+-, einem Non-Profit-Kreativlabor der Werbeagentur Nordpol aus Hamburg, die Anfang des Jahrtausends die Starclub-Kampagne für den Verein konzipierte. Es war der Neubau der Haupttribüne mit dem einzigartigen Doppellogenrang und der Vielzahl an Business-Seats, der einige Interpol-Mitarbeiter dazu antrieb, eine neue Gegengerade zu entwickeln. Sie sollte der Haupttribüne nicht nur räumlich sondern auch architektonisch gegenüberstehen und auch die alten Eigenschaften des Millerntors erhalten: Viele Stehplätze, die nah am Spielfeld sind.
Der Verein gab beiden Planern die gleichen Vorgaben. Insgesamt 13.000 Fans müssen auf der neuen Gegengerade Platz finden, davon 10.000 Stehplätze und 3.000 Sitzplätze. Sehr unterschiedlich sind die Lösungen. Um so viele Personen unterzubringen, geht das Basismodell der Hellmich Unternehmensgruppe vor allem weit nach hinten aber auch in die Höhe. Interpol konzipierte dagegen eine Art Welle, auf der die Zuschauerinnen und Zuschauer auf Hängerängen möglichst nah an das Spielfeld heranrücken. Auch wenn der oberste Rang schon hoch ist, bietet die Welle noch Luft nach oben bei der Zuschauerkapazität. Eine Steigerung der Plätze um 10 Prozent ist durchaus möglich. Das Basismodell ist dagegen mit den 13.000 Plätzen am Limit. Für den Neubau der Nordkurve ist die Gegengerade-Entscheidung übrigens nicht ausschlaggebend. Die neue Nordkurve plant der Verein unabhängig von der Umsetzung der Gegengerade weiterhin mit Steh- und Sitzplätzen sowohl für Heim- als auch für Gästefans.
Hintereinander oder übereinander
Gemeinsam haben beide Varianten die freitragende Dachkonstruktion, die ohne sichteinschränkende Stützen auskommt. Waren im Basismodell von Hellmich anfangs noch vier Stützen eingeplant, konnten auch diese mittlerweile entfernt werden. Auch die Statik ist bei beiden Entwürfen realisierbar und durch Machbarkeitsstudien bestätigt. Vom Spielfeld aus betrachtet fallen sofort die größten Unterschiede von Basismodell und Welle ins Auge.
Das Basismodell orientiert sich an einer klassischen Tribünenkonstruktion. Im unteren Bereich finden 9.934 stehende Fans Platz, dahinter über 3.000 sitzende. Dafür geht der Bau weit nach hinten. Der Stehplatzrang geht einige Meter weiter nach oben als auf der vergleichbaren Südtribüne. Das gleiche gilt für die Sitzplätze und auch hier ist ein Vergleich zu der Südtribüne angebracht. Die letzte Reihe der Gegengerade Sitzplätze ist im Basismodell so weit von der Außenlinie des Spielfelds entfernt wie der hintere Bereich der Logen in der Südtribüne. Das sind über 46 Meter Entfernung zum Ball, wenn dieser an der Außenlinie der Gegengerade entlang rollt. Da diese Variante höher ist als die bestehenden Tribünen, ist das Dach der Gegengerade nach vorne geneigt, um eine einheitliche Dachkante des gesamten Stadions in 22 Metern Höhe zu erreichen.
Vielschichtiger zeigt sich dagegen die Aufteilung in der Welle von Interpol/osd. Eine einheitliche Dachkantenhöhe für das gesamte Stadion ist nicht vorgesehen, denn die neue Gegengerade präsentiert sich in der Welle als Solitär, der nur in den unteren Bereichen an Nord- und Südkurve anschließt. Mit 27,5 Metern liegt die vordere Dachkante auch mehr als fünf Meter über der Südkurve. Damit möchten die Planer die besondere Bedeutung dieses Stadionbereichs hervorheben. Der höchste Punkt liegt bei etwa 30 Metern. Auch in der Welle beginnt die Tribüne zunächst mit der klassischen Aufteilung. Im untersten Bereich befinden sich 7.316 Stehplätze, darüber sind 1.890 Sitzplätze. Die letzte Sitzplatzreihe hat bei der Welle als Bereich mit der größten Entfernung einen Abstand von 32 Metern zum Spielfeld, laut Stefan Nixdorf, dem Autor des „Stadionatlas“, die perfekte Distanz. Auch sind das ca. 14 Meter weniger im Vergleich zum Basismodell. Die weiteren Plätze sind auf Hängerängen unter dem Dach untergebracht. Insgesamt vier dieser Ränge sind für die Welle eingeplant, davon sind drei reine Stehplatzbereiche. Die Hängeränge staffeln sich in die Höhe und rücken gleichzeitig wieder näher an das Spielfeld heran. Auf diese Weise entsteht die Analogie zu einer aufgetürmten Welle. Im tiefsten Hängerang, der nicht steiler ist als die oberen Ränge beim hsv oder bei den Bayern, sind derzeit noch 1.400 Sitzplätze geplant. Hier ließe sich durch einen Tausch der Steh- und Sitzplätze mit dem darüber liegenden Rang jedoch auch eine höhere Anzahl Stehplätze einrichten. Der dadurch entstehende Wechsel von Steh- und Sitzplätzen könnte durchaus ein Gewinn für die Stimmung im Stadion sein. In den beiden höchsten Hängerängen, für die es keinen baulichen Vergleich gibt, stehen 960 und 650 Fans. Gerade für die 650, die ganz oben unter dem Dach ihren Platz haben, wird der Stadionbesuch nicht nur ein besonderes Erlebnis sondern auch eine Herausforderung. Für Menschen mit Höhenangst sind diese Plätze eher nicht geeignet. Immerhin liegt im obersten Rang die letzte Reihe in 26 Metern Höhe. Diese Ränge können dafür die Gegengeradebereiche ergänzen, die momentan besonders nachgefragt sind. In der ehemaligen Singing Area und den heutigen Blöcken 1 und 2 ist der Platz besonders knapp. Die durchgehenden Stehplatzreihen in den oberen Hängerängen bieten den Komfort, den es derzeit im Block 1 gibt. Sie sind aber nicht nur an einer Ecke, sondern gehen einmal quer durch die Gegengerade und bieten damit eine Ergänzung zum Block 1 im unteren Sitzplatzbereich. Die Höhe verlangt aber auch besondere Sicherheitsmaßnahmen. So verfügen die Hängeränge an der Unterseite über Auffangvorrichtungen, die verhindern sollen, dass Gegenstände herunterfallen können. Ein positiver Effekt dieser Vorrichtungen ist, dass Werbebanden an den Rängen keinen Platz finden.
Welcome to the hell
Die neue Gegengerade soll wieder ein Zentrum der Stimmung im Stadion sein und optisch als Wand Richtung Rasen wirken. Eine hohe und einheitliche Wand wie die Dortmunder Südtribüne werden wir am Millerntor nicht hinbekommen. Es sei denn es gelingt, den Hamburger Dom nach Pinneberg auszulagern. Wir stoßen hier an Grenzen und das sind ganz konkret die Grundstücksgrenzen zum Heiligengeistfeld.
Das Basismodell ist hier eine bekannte und bewährte Konstruktion. Die Plätze steigen nach oben an, es entsteht eine weitaus größere Fläche Richtung Spielfeld, als es momentan der Fall ist. Nur liegen die hinteren Plätze sehr weit weg vom Spielfeld. Die Welle ist dagegen stimmungs- und bautechnisch ein Experiment. Wie auf den Grafiken zu erkennen, wirkt sie optisch als hohe Wand
Richtung Spielfeld, da sich die Hängeränge etwas überlappen. Eine durchaus einschüchternde Kulisse, die sich dort vor Auswärtsspielern aufbaut.
Nun wollen Fans nicht nur gesehen werden sondern hauptsächlich gehört werden. Ob der alte Gegengerade-Roar wieder entsteht, hängt eher von den Besucherinnen und Besuchern des Stadionbereichs ab als von der baulichen Konstruktion. Die Bauform bietet aber eine wesentliche Grundlage für die Stimmung. Bei dem Basismodell kann auf Erfahrungswerte zurückgegriffen werden. Für die Welle gibt es schlicht keine Vergleichsstadien. Da die Hängeränge die Tribüne auch unterteilen, sind einige skeptisch. „Akustischer Support hat auch sehr viel mit „sich sehen“ zu tun. Und ob bei der Welle der Millerntor Roar hinzubekommen ist, wage ich zu bezweifeln“, so Aufsichtsratmitglied Roger Hasenbein. Tatsächlich ist die gegenseitige Sicht bei der Welle etwas schlechter, jedoch ist ein akustischer Vorteil gegenüber dem Basismodell wahrscheinlich. Durch die Dachnähe der Hängeränge, die nach hinten offen gestaltet sind, ist es in der Welle wohl dank der besseren akustischen Wirkung einfacher, Gesänge weiterzutragen und anzustimmen.
Draußen Fußball, drinnen Bier
Bei Spielen am Millerntor gibt es einen wichtigen Aspekt, den wir auch berücksichtigen: Die Getränkeversorgung und die Möglichkeiten, diese wieder wegzubringen. Grundsätzlich können sich die Besucherinnen und Besucher der Gegengerade auf jeden Fall auf eine verbesserte Infrastruktur freuen. Egal, welcher Entwurf am Ende das Rennen macht. Auch in diesem Bereich gibt es Gemeinsamkeiten, da der Verein einheitliche Anforderungen stellte.
So bieten beide Entwürfe eine große Promenade auf der ersten Ebene. Im Basisentwurf dient diese der Versorgung der Stehplätze, bei der Welle werden die unteren Stehplätze und ein Teil der darüber liegenden Sitzplätze über diese Ebene versorgt. Grundsätzlich gibt es ausreichend Kioske und auch die Toilettenanzahl liegt bei beiden Entwürfen über den Vorgaben der Versammlungsstättenverordnung. Besonders im Bereich der Damentoiletten ist eine deutliche Entspannung der Situation zu erwarten. Die Promenade bietet bei beiden Entwürfen ausreichend Fläche, um das Bier auch dort bei einem Gespräch zu trinken. Eine Ebene darüber wird es schon kleiner und das bei beiden Planungen. Auf der zweiten Ebene befinden sich ebenfalls Kioske und Toiletten, jedoch in jeweils geringerer Anzahl als auf der Promenade im ersten Stock. Bei der Basisvariante von Hellmich liegen die Versorgungspunkte der zweiten Ebene unter dem Sitzplatzbereich. Fans müssen also zunächst den gesamten Sitzplatzbereich nach unten durchlaufen und von dort nach innen unter die Tribüne gehen. Der Interpol/osd-Entwurf sieht vor, dass die Kioske und Toiletten der zweiten Ebene am oberen Ende des Sitzplatzbereichs liegen. Hier können die Sitzplatzinhaber wählen, welche Ebene sie aufsuchen. Als kleines Extra bieten sich in der zweiten Ebene der Welle Kioske an, die zum Beispiel vom Fanladen genutzt werden können.
Für den Nachschub sorgt bei beiden Planungen ein Lastenaufzug, der bis in die oberste Ebene führt. Das Basismodell endet auf der zweiten Ebene, die Welle geht noch weiter. Für die Versorgung der oberen Hängeränge gibt es drei weitere Ebenen. Jeder Rang verfügt über seine eigene Versorgungsebene mit Kiosken und Toiletten. Nur der oberste Hängerang mit 650 Stehplätzen teilt sich eine Ebene mit dem direkt darunter liegenden Bereich. Der Weg vom höchsten Rang zur nächsten Toilette und zum Bier ist hier aber nicht weiter als im oberen Bereich der Sitzplätze des Basismodells. Die Angst vor vielen Treppen, die zwischen Bier und Platz liegen, ist daher eher unbegründet.
Fanräume, Polizei, Eingänge
Vom Heiligengeistfeld aus betrachtet zeigen sich ebenfalls Gemeinsamkeiten und selbstverständlich Unterschiede. Auch hier sind es einheitliche Anforderungen des Vereins, die für die Übereinstimmungen sorgen. Die Ecke im Erdgeschoss Richtung Südtribüne füllt Fanräume, in denen die AFM und der Fanladen ihr neues Zuhause finden werden. Hellmich und Interpol haben hier bisher jeweils unterschiedliche Lösungen gefunden. So verfügt der Interpol-Entwurf über zwei Eingänge, einen von der Südseite und einen vom Heiligengeistfeld, während beim Hellmich-Entwurf an der Südseite ein Carport für Medienfahrzeuge einen Eingang unmöglich macht und gleichzeitig die Büros verschattet. Aber auch hier ist zu bedenken, dass die Planungen noch nicht abgeschlossen sind. Dennoch sollte schon jetzt die Einbindung von Fanräume auch in Detailfragen nicht vom Verein vernachlässigt werden.
Nicht weit entfernt von den Fanräumen befindet sich ein alter Bekannter aber dennoch neuer Gast im Millerntorstadion. Die Polizei gibt die alte Domwache auf erhält eine neue Heimat im Erdgeschoss der Gegengerade an der Ecke zur Nordkurve. Damit erfüllt der Verein eine Bedingung von DFB und DFL, die bei Stadionneubauten Räume und einen Arrestbereich für die Polizei fordern. Und hier liegt der größte Konfliktherd zwischen AG Stadionbau und dem Verein. Dabei geht es nicht nur grundlegend um den Ort der Wache, sondern auch um die Frage, wo der Eingang platziert werden soll. „Die Wache darf nicht größer werden als von DFB und DFL gefordert. Auch ein Eingang zum Heiligengeistfeld sollte aufgrund der Nähe zu Fanräume unbedingt vermieden werden. Grundsätzlich sehen wir die Wache lieber dort, wo die Polizei am häufigsten in unserem Stadion tätig wird – beim Gästebereich“, sagt Sönke Goldbeck.
So wie sich beim Inhalt des Erdgeschosses die beiden Entwürfe ähneln, zeigen sie bei der Gestaltung der Außenfassade große Unterschiede. Das Basismodell von Hellmich geht als Baukörper sehr weit Richtung Heiligengeistfeld hinaus. Daher ist das Erdgeschoss etwas zurückgezogen und verläuft sehr nah an der Grundstücksgrenze. Vier offene Treppenhäuser führen als Erschließung des Stadions in die erste Ebene, die wie eine Art Balkon den Erdgeschossbereich auf der gesamten Länge überragt. Über diese vier Treppenhäuser sollen alle 13.000 Besucherinnen und Besucher in dem Basismodell die Gegengerade betreten. Dabei liegen alle Eingänge nur in den Außenbereichen Richtung Süd und Nord und hier kann es richtig eng werden. Sowohl der Eingang an der Südseite als auch der Eingang an der Nordseite beginnen direkt an den jetzigen Eingängen für die Süd- und die Nordkurve und liegen zu diesen im rechten Winkel. Das bedeutet, dass in den jetzigen Bereichen der Warteschlangen an den Eingängen für die Süd- und Nordkurve auch noch die Hälfte der Gegengeradler für den Einlass Platz finden muss. Die Außenfassade des Hellmich-Entwurfs ist geprägt durch einen großen offenen Riegel in der ersten Ebene. Die Promenade ist Richtung Innenstadt geöffnet und gibt den Blick frei auf Heiligengeistfeld, Dom und Michel. Umrandet wird dieser offene Riegel durch Klinkersteine, die einen großen Rahmen bilden und an die Gestaltung der Südkurve und der Haupttribüne anknüpfen. Auch die zweite Ebene ist offen gestaltet und bietet eine schöne Aussicht, jedoch fehlt hier ein Klinkerrahmen.
Die Welle von Interpol verfügt über sechs offen gestaltete Treppenanlagen als Eingänge und hat damit zwei mehr als das Basismodell. Alle Eingänge führen wie bei der jetzigen Gegengerade zum Heiligengeisfeld. Diese Möglichkeit ergibt sich dadurch, dass die Welle mit einer Tiefe von 32 Metern noch Platz lässt bis zur Grundstücksgrenze. Dadurch dürfte die Eingangssituation hier entspannter zu organisieren sein. Die Treppenanlagen liegen in den Haupttürmen, die für die Statik der Tribüne eine wichtige Funktion erfüllen. Hier ist das Dach verankert und die sechs Türme dienen als tragende Säulen der Stahlbetonkonstruktion. An der konkreten Gestaltung der Außenfassade wird zum jetzigen Zeitpunkt noch gearbeitet. Der obere Bereich der Fassade besteht aus Leichtbauweise, im unteren Teil ist derzeit ein Wechselspiel aus gemauerten Klinkern und einer vorgehängten Fassade geplant. Die erste Ebene ist bei der Welle ebenfalls mit einem über die gesamte Länge der Tribüne verlaufenden durchgehenden Öffnung gestaltet, der auch hier den Blick Richtung Innenstadt und Heiligengeistfeld freigibt. Auf der zweiten Ebene ist der Versorgungsbereich geschlossen, hier sorgen transparente Elemente jedoch für freie Sicht nach draußen. Auffällig ist eine Art Taille, die die Wellenform noch unterstützt. Während die Tribüne Richtung Spielfeld eine Länge von 136 Metern hat, verkürzt sie sich auf der Rückseite auf 120 Meter.
Ein neben der Eingangssituation weiterer Vorteil der geringeren Bautiefe des Wellenmodells ist die Möglichkeit, für Fanräume einen Außenbereich Richtung Heiligengeistfeld anzulegen. Da noch ausreichend Platz bis zur Grundstücksgrenze verbleibt und auch die Eingänge Richtung Heiligengeistfeld verlaufen, ließen sich neben dem Eingang zu Fanräumen Tische und Bänke aufstellen und so der ehemalige Biergarten des AFM-Containers wiederherstellen.
Die beste Frage wie immer zum Schluss
Was kostet der Spaß? Wie weiter oben bereits von Geschäftsführer Michael Meeske beschrieben, liegen die endgültigen Kostenplanungen zum jetzigen Zeitpunkt nicht vor. Daher lassen sich noch keine konkreten Angaben machen. Auch die Fragen der Finanzierung sind noch nicht abschließend beantwortet, wie Gernot Stenger dem Übersteiger bestätigt: „Wir haben verschiedene Finanzierungsmodelle und -konzepte vorliegen. Davon ist aber noch nichts spruchreif. Das Präsidium wird gemeinsam mit dem Aufsichtsrat in den nächsten Wochen eine Entscheidung fällen und entscheiden, wie und wann die Finanzierung der Tribüne am besten gelöst werden kann.“
Sicher ist, dass beide Modelle nicht für den gleichen Preis zu haben sind. Die Konstruktion der Welle stellt eine besondere Herausforderung für eine bezahlbare Statik dar. Daher war das auf Konstruktionsplanung spezialisierte Ingenieurbüro osd von Beginn der Planung an eingebunden. Die Tragkonstruktion der Welle liegt nach dem Übersteiger vorliegenden Schätzungen (Entwurfsstand 17.6.) von Prof. Harald Kloft von osd ca. 1,5 Millionen Euro über den Kosten des Basismodells von Hellmich.
Auf jeden Fall wird der Verein viel Geld investieren. Die Frage ist, wie viel eine neue Gegengerade dem Verein wert ist und wert sein kann. Beide Modelle haben ihre Stärken und Schwächen. Je nach persönlicher Gewichtung fallen diese unterschiedlich aus. Wer die Nähe zum Spielfeld, eine optische Wand und ein Stadion fern vom Einheitsbrei der Ligen besonders schätzt, wird die Welle favorisieren. Wer große Probleme mit Höhe hat und bauliche Experimente für eine Wiederbelebung der Stimmung auf der Gegengerade eher ablehnt, tendiert zum Basismodell. Für den Verein wird sicherlich der finanzielle Aspekt ein wichtiger Faktor sein. Für die Welle von Interpol werden wahrscheinlich durch die höhere Anzahl an Ebenen auch mehr Ordner im Inneren benötigt. Allerdings ist anzunehmen, dass auch das Basismodell von Hellmich durch die schwierige Einlasssituation eine erhöhte Anzahl Ordnungskräfte benötigt. Grundlegend bietet sich nach dem Neubau der Südkurve und der Haupttribüne mit den vielen Separées und Business-Seats hier die Möglichkeit, einen besonderen Bereich des Millerntors auch entsprechend zu würdigen. Es ist eine langfristige Investition für eine einzigartige und geschichtsträchtige Gegengerade und diese Investition bietet die Chance, etwas neues Unverwechselbares zu schaffen. Eine optische Wand, ganz nah am Rasen, eine Stimmung, die als Welle auf das Spielfeld schwappt, die Einen antreibt und die Anderen wegspült – that’s the way we like it!
// Mathes
Warum bist du eigentlich bei Sankt Pauli?
Der Aktionstag „Warum bist du bei Sankt Pauli?“ sollte eine Reflektion des Verhaltens auf den Rängen sein. Mit viel Engagement wurde versucht, jeden Fan darüber nachdenken zu lassen, was ihn oder sie alle vierzehn Tage ins Stadion treibt. Geblieben ist von dem Tag nicht viel, soll man ihn trotzdem ode deswegen wiederbeleben?
Vor fast genau einem halben Jahr haben organisierte und unorganisierte Fans, der Verein sowie der Fanladen einen Aktionstag unter dem Titel „Warum bist du bei Sankt. Pauli?“ gestartet. Die Planungen liefen fast ein ganzes Jahr, es gab viele Gespräche, Kompromisse, Vorschläge, verworfene Vorschläge usw…
Warum war so ein Tag nötig geworden? Mit dem Aufstieg in die erste Fußballbundesliga hatten viele Fans das Gefühl, dass sich das Verhalten auf den Rängen verändert hatte: Es wurde hart an der Grenze des guten Geschmacks und der Stadionordnung gepöbelt, einige schienen zu versuchen, mit dem Aufstieg in einer höhere Spielklassr auch den persönlichen Promillerekord ebenfalls in eine höhere Liga zu hieven, Frauen fühlten sich oftmals bedrängt und genötigt. Kurzum: Das familiäre, die entspannte Atmosphäre drohte im kollektiven Feierwahn nach Aufstieg und Vereinsjubiläum unterzugehen.
Was tun?
Anstatt, dass einzelne aus einer persönlichen Frage („Warum gehe ich hier eigentlich noch hin?“) eine persönliche Konsequenz zogen und fernblieben, wurde die Idee entwickelt, auch den Rest des Stadions zu fragen, warum er oder sie hier eigentlich herkomme. Familie kann man sich bekanntlich ja nicht aussuchen. Also: Warum bist DU eigentlich bei Sankt Pauli? Die Antworten sind vielschichtig ausgefallen, manchmal lang und romantisch, manchmal kurz und abgeklärt.
Herausgekommen ist letztendlich ein Aktionstag, an dem fleißig Flyer verteilt wurden, es gab Durchsagen vom Stadionsprecher und auf der Internetseite http://www.warum-bist-du-bei-sankt-pauli.de/ konnten Menschen ihre Beweggründe darlegen, was ihnen am Verein wichtig ist.
Leider, das muss man in dieser Deutlichkeit sagen, hat der Aktionstag nicht so durchgeschlagen, wie wir uns das vorgestellt haben. Der Vorbereitungskreis wurde zum Schluss immer kleiner, die Homepage ist bis heute nicht einmal von 5000 Personen frequentiert worden und die in großer Auflage gedruckten Flyer liegen wie Blei in den Regalen. Eine „Mitschuld“ trägt sicherlich der Protest um den „Jolly Rouge“, der kurze Zeit vorher stattfand. Manche waren gar der Meinung, der gemeinsam mit dem Verein gestaltet Aktionstag sei eine Art Konzession an den Verein, ein Akt der Versöhnung – dass dieser Tag schon viel länger im Raum stand, wurde, vielleicht auch wegen schlechter Kommunikation, von vielen nicht bemerkt. Abgesehen davon, dass in vielen Fragen ein entspanntes und kooperatives Verhältnis herrschte, jedenfalls im Gegensatz zu anderen Diskussionen.
Ist alles gesagt?
Am 17.8. fand nun eine kleine Reunion im Fanladen statt, an der neben einem Fanladenvertreter auch wieder Fans und Vereinsangestellte teilnahmen. Die zentrale Frage lautet: Soll der Aktionstag wiederholt oder gar zu einer „Serie“ ausgebaut werden? Denn die Probleme, die einige damals ausmachten, sind bis heute im Wesentlichen nicht verschwunden. Ebenso, wie beim „bring back Sankt Pauli“ eine ständige Beobachtung nötig ist, um den Verein von Fanseite (wenigstens ein bißchen) mitlenken zu können, darf meiner Meinung nach die Reflexion auf den Rängen nicht vernachlässigt werden. Was nützt es, wenn man auf der einen Seite den Verein vor sich hertreibt, etwas erreichen möchte, dafür auch kämpft, und sich auf der anderen Seite das Fundament, die Basis, die man bei Auseinandersetzungen „mit denen da oben“ gerne ins Feld führt, immer weiter entfernt von dem, was mal die Seele des Vereins ausmachte?
Fühlt euch eingeladen, zusammen mit dem Fanladen und dem Verein in einen Dialog, der natürlich auch eine Auseinandersetzung sein kann, einzutreten, um das Millerntor wieder für alle erträglich zu machen. Gibt es „gemeinsame Werte“? Wofür stehst du und dein Umfeld ein? Ist Fußball doch das wichtigste Leben? Oder das Fansein? Viele Fragen, die es zu diskutieren gilt. Achtet auf Ankündigungen für das nächste Treffen.
// Zwille
Vier gewinnt
Erstmals seit der Einführung durch den Hamburger Fußball-Verband wird eine Untere Herrenmannschaft des FC St.Pauli Staffelmeister in der höchsten Leistungsklasse. Die Redaktion des Übersteigers ist natürlich stolz wie Bolle (Anm. d. Layouters: Ähem… es wurde das Mindestleistungsziel erreicht!) und gratuliert seinen 4.Herren ganz nebenbei auch noch zum 25-jährigen Jubiläum! Der Rückblick auf den Schlussspurt einer geschichtsträchtigen Saison…
Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe und verbreitete sich schnell: fussball.de verkündete am Freitag, dem 20.Mai um die Mittagszeit herum als erstes, dass die 3.Herren des ETV nicht zum, mit Hochspannung erwarteten, letzten Saisonspiel bei „St.Pauli 4“ antreten werden. Auf mehrfache Nachfrage bestätigte der Eimsbütteler Trainer dann um Punkt 16:13 Uhr in deren öffentlich zugänglichen Forum das vermeintliche Gerücht. Weil von seinem Kader, aufgrund von etlichen Verletzungen, am letzten Spieltag nur jämmerliche 7 gesunde Spieler übrig geblieben waren, hatte man sich entschieden, besser gar nicht erst anzutreten und St.Pauli kampflos die letzten 3 Saisonpunkte zu überlassen. Der eine Punkt Vorsprung reichte somit bekanntlich aus, um die aller erste Meisterschaft überhaupt perfekt zu machen. Und das genau ein Vierteljahrhundert nach der Gründung im Jahre 1986! Der Masterplan ging also wie erhofft auf, allerdings hielt sich der Jubel verständlicherweise erst einmal in Grenzen. Zu lange hatten alle Spieler auf diesen Showdown hin gefiebert und manch einer wäre sogar bereit gewesen, die Hochzeit eines Bandkollegen und einiges mehr dafür sausen zu lassen. Aber wann wird man auch schon mal Meister mit diesem Club?
Verdienter Titelgewinn
Nach dem 3.Spieltag stand die vom ÜS, von Ballkult und dem Achimer Schlitten-Hersteller Rodel Rudi gesponserte Mannschaft erstmals an der Tabellenspitze, die sie bis zum Schluss auch nicht mehr her gab. Über die gesamte Saison wurden nur 5 Spiele nicht gewonnen, wobei 3 Partien davon Remis endeten. Vizemeister TuS Berne 3 kassierte gleich am 2.Spieltag an der Feldstraße eine 4:0-Klatsche, während man beim Rückspiel im Osten Hamburgs vom „Unparteiischen“, der seltsamerweise auch Schiri-Obmann der Gastgeber war, schlichtweg um den Sieg beschissen wurde. Nachzulesen übrigens immer noch im ÜS-Blog unter dem Schlagwort „4.Herren“ und „Vier Elfmeter…“. Zudem stellte man die stärkste Abwehr und mit nur einem Punktverlust (1:1 gegen Uetersen) auch das beste Heimteam. Weitere Fakten sparen wir uns. Dieser Titel ist rundum verdient, auch wenn das letzte Spiel nun halt nicht ausgetragen wurde. Und nicht mal in Berne wurde lange gemosert, ganz im Gegenteil. Sportlich fair wie eh und je kamen von dort die allerersten Glückwünsche.
Dass dann 2 Wochen später das Finale um die sog. Hamburger Meisterschaft – ausgerechnet mal vor fast 200 Zuschauern – mit 2:4 (0:2) gegen die, wie immer in entscheidenden Spielen, gepimpte 3.Herren vom Glashütter SV verdient verloren ging und dabei die vielleicht schlechteste Vorstellung der vergangenen Jahre abgeliefert wurde, ist eigentlich schon fast tragisch. Denn so blieb dem sympathischen Team und seinem spanischen Trainer, trotz der grandiosen Spielzeit 2011/12, dieser eine, ganz große Moment beim Schlusspfiff komplett verwehrt. Aber zumindest für die beiden dienstältesten Spieler der Mannschaft gab es in der Halbzeitpause des Aachen-Heimspiels noch einen richtigen Höhepunkt. Dann bekam die Vierte nämlich, zusammen mit den frisch-gebackenen Heino-Gerstenberg-Pokalsiegern der 6.Herren, eine kleine Ehrung im Stadion von Vereinsseite aus. Und das war ihnen wahrlich zu gönnen. Dummerweise funktionierte die Lautsprecheranlage auf der Süd nicht, so dass dort kaum jemand etwas davon mitbekam und der ganz große Jubelsturm leider ausblieb. Dieser Titel scheint echt irgendwie verhext zu sein. Trotzdem eine klasse Aufmerksamkeit von der Abteilungsleitung.
Von toten Puppen, Punk und Pyramiden –
die Wahnsinnspaadie
Nach dem freundschaftlichen Testkick Ende Juni gegen die 4.Mannschaft der SG Dynamo Dresden (Bezirksligist, Endstand 1:3) und dem Meisterfoto-Shooting auf dem Hochbunker (siehe aktueller Jolly-Flyer), wurde am 2.8. dann das große Jubiläum gefeiert. Das kleine, etwas chaotische Einladungsturnier auf den Kunstrasenplätzen gewannen verdient die Gäste vom TuS Bloherfelde, die ein wunderschönes Gemälde vom Kiezkieker mit nach Oldenburg nehmen durften. Jedes teilnehmende Team hatte einen selbst gebastelten Preis mitgebracht, wobei sich einige Skins aus der 5.Mannschaft des SC Sternschanze wohl am allermeisten über ihre Trophäe für den letzten Platz gefreut haben. Aber wer will ihnen das verdenken. Die Randale-Fotos gibt es auf www.myspace.com/fcstpauli4 („25 Jahre 4. Herren“) zu sehen.
Ab 19:10 Uhr flüchteten dann ca. 130 teils pitschnasse Gäste vor dem Platzregen ins Clubheim. Eine gut gelaunte Mischung aus Ehemaligen und Aktiven, interessierten Vereinsmitgliedern, Freunden und Verwandten bestaunten von 20:30 Uhr an den halbstündigen, allerersten Auftritt von ÜS-Redakteur Schiwecko mit seiner neuen Band …And The Red Buttons. 6 eigene Punkrock-Songs der härteren Sorte wurden einer nach und nach breiteren Öffentlichkeit vorgestellt, plus großartige Coverversionen von Riot Of Rats und UK Subs, welche alle durchweg super ankamen. Das Vergnügen wird man demnächst garantiert noch öfter haben. Auf youtube.com findet man unter „…and the red buttons! Live! St Pauli clubheim“ einen Teil des Auftrittes. Als zweites gab es dann Hardcorepunk alter amerikanischer Schule vor den Latz und massig Konfetti für alle. Bei bXo (steht für Beate Ouzo Hardcore) quiekt der Verfasser dieses Textes selbst und hält sich von daher mit der Lobhudelei zurück. Wir vier sind jedenfalls das Schnellste was man im Hochsauerland so erleben kann, scheißen auf jeglichen Bekannt-Hype übers Internet und verherrlichen weiterhin das altmodische DIY-Prinzip. Bis Herbst schnippeln und kleben wir also noch an unserem ersten Demo rum, was Interessierte sich dann für kleines Geld im Jollys oder dem Fansladen zulegen können. Die in den vergangenen Ausgaben ein wenig großspurig angekündigten Auftritte von Bands ehemaliger Spieler (z.B. Kommando Sonne-Nmilch, Graue Zellen etc.) oder Thees Uhlmann, fielen leider einer nach dem anderen ins Wasser. Aber die Bands der beiden noch aktiven Spieler an dem Abend reihen sich nahtlos in die lange Musikerliste der 4.Herren-Historie ein. Und der Stimmung tat das erst recht keinen Abbruch. Ohne einen fetten Hauptact blieb die ganze Veranstaltung so eher familiär, was alle Anwesenden spätestens im Nachhinein begrüßt haben. Direkt nach den Liveauftritten legte Chrischan nämlich einen Hit nach dem anderen auf, so dass im ganzen(!) Saal quasi bis zum Rausschmeißer-Song durchgehend ausgelassen getanzt wurde. Kein Scheiß, es war eine absolute Wahnsinnsparty mit zig wunderbaren Momenten und herzzerreißenden Wiedersehen. Höhepunkte waren auf alle Fälle die stundenlange Slideshow mit unzähligen Schnappschüssen aus vergangenen Tagen und natürlich die vierstöckige Menschen-Pyramide aus Spielern der 4. und 6.Herren weit nach Mitternacht, um jetzt nur mal zwei zu nennen. Die letzten Gäste sollen die Vierte noch bis in den frühen Morgen gebührend begossen haben. Der Großteil der Übersteiger-Redaktion weiß davon allerdings nix (mehr), gratuliert aber nochmals höflich. „When i’m playing for St.Pauli, i get out my head. I just can’t get enough, i just can’t get enough. All the things you do to me and all the things you said. I just can’t get enough, i just can’t get enough. And now we first time win the championchip and i just can’t get enough of it oh düp düp düpdüdüp düp düp…“
// Stemmen
Neues von den Alten
Nachdem ich in unserer letzten Ausgabe #103 in dieser Rubrik unter anderem auch leider den Tod des ehemals erfolgreichen Amateurtrainers WILLI GERDAU vermelden musste, erreichte uns der Hinweis von einem unserer aufmerksamen Leser, dass Gerdau mitnichten der einzige Nationalspieler Schleswig-Holstein gewesen sei. Das ist natürlich richtig, zumal Holstein Kiel zwischen 1910 und 1931 immerhin vierzehn Auswahlspieler in seinen Reihen hatte. Gemeint war mit der Einlassung allerdings auch der einzige Nationalspieler Schleswig-Holsteins ab 1945 – hatte ich aber nicht explizit so geschrieben. Danke also für diese Klarstellung. Nur noch ein kurzer Hin- weis sollen an dieser Stelle die längst bekannten Trainer-Transfers von HOLGER STANISLAWSKI und ANDRÉ TRULSEN nach Hoffenheim sein – wobei bei Redaktionsschluss des vergangenen ÜS der Wechsel von Truller noch nicht in trockenen Tüchern gewesen war. Seit Mitte Juli ist nun auch klar, dass Torwarttrainer KLAUS-PETER NEMET den beiden nach Sinsheim folgen wird: Zunächst vermeldete unsere Vereinshomepage am 15. Juli die Trennung im beiderseitigen Einvernehmen zum 31. August 2001, und nur vier Tage darauf tickerte dpa, dass Nemet mit sofortiger Wirkung als zusätzlicher Assistenztrainer beim Retortenclub angeheuert hat. Nachfolger von Nemet wurde MATHIAS HAIN, nachdem dieser seine aktive Laufbahn mit der Spielzeit 2010/11 beendet hatte. Den Dampfer gewechselt hat auch TORSTEN FRÖHLING, der zur neuen Spielzeit die Trainertätigkeit bei der B-Jugend-Bundesligamannschaft des Hamburger SV aufgenommen hat. Fröhling war im zuletzt fast eine Saison beim VfB Oldenburg als Coach aktiv, wo er allerdings im vergangenen April vorzeitig beurlaubt wurde. Den HSV verlassen hat nach drei Jahren St. Paulis ehemaliger Jugend- und U23- Kicker RAFAEL KAZIOR, der von der dortigen U23-Regionalligaelf zum Ligakonkurrenten Holstein Kiel wechselte. Ebenfalls an der Förde gelandet ist St. Paulis letztsaisonale und herausragende U23-Spielmacher DERAN TOKSÖZ, der zunächst wieder mit seinem alten Club Bergedorf 85 in Verbindung gebracht worden war. Wie geplant zum Saisonende hat RONALD LOTZ sein Interims-Traineramt beim SC Victoria an Nachfolger Lutz Göttling übergeben. Abschied nehmen musste auch UWE EPLINIUS, der von 1995 bis 2004 am Millerntor und anschließend beim Stadtkonkurrenten als Physiotherapeut am Start war. Unter nicht gerade netten Umständen wurde Eplinius im Mai kurzerhand beim HSV rausgekegelt. Aus einer vorläufigen Sperre ist Mitte Juli eine endgültige geworden: RENÉ SCHNITZLER wurde vom DFB im Zuge um die Manipulationsvorwürfe bei Spielen des FC St. Pauli von Mai bis November 2008 wegen Unsportlichkeit (Annahme von Geldern ohne nachweislich tatsächlich manipuliert zu haben) für zweieinhalb Jahre gesperrt. Einen neuen Verein hat CEM KARACA gefunden, der mit Saisonbeginn beim Verbandsligisten „Türkischer SV Wiesbaden“ als Spielertrainer begann. Einen ähnlichen Weg ist auch TIMO SCHULTZ gegangen – allerdings innerhalb des FC St. Pauli: Zur Regionalligasaison 2011/12 nämlich übernahm er den Job des spielenden Co-Trainers unter Jörn Großkopf bei unserer Nachwuchself – und soll zudem Teammanager Christian Bönig bei der Ersten unterstützen. Der bisherige Co-Coach MICHAEL RICHTER ging daraufhin als Assistenztrainer zum VfL 93. Um die Abgänge der braunweißen U23 an dieser Stelle zu vervollständigen: Sowohl Urgestein und Mannschaftskapitän MATHIAS HINZMANN, als auch MAURIZIO D’URSO schlossen sich dem SC Victoria in der Oberliga Hamburg an; Mittelfeldmann MARLON KRAUSE ging zum Drittligisten Carl Zeiss Jena, wo NILS PICHINOT, der in der Winterpause 2010/11 dorthin ausgeliehen wurde und für die laufende Spielzeit einen Anschlussvertrag unterschrieben hat; SERHAN ZENGIN wechselte zum FC Oberneuland und JANNICK MARTENS sowie VASILIS VALLIANOS haben St. Paulis U23 mit (bei Redaktionsschluss) unbekanntem Ziel verlassen. THIEMO KIECKBUSCH (Ex-U23) wechselte vom USC Paloma zum TSV Niendorf, und mit GIAN-PIERRE CARALLO (zuletzt SV Lurup) ging ein vor vielen Jahren bei St. Paulis Amateuren aktiver Spieler zu Altona 93. Den Verein an der Griegstraße (noch) verlassen haben hingegen ABDOU SALL, der wohl seine Karriere beendet hat sowie PATRICK SMEREKA, der sich dem TSV Auetal anschloss. Mit OFUSEHNE ODURO-OPUNI zog es einen anderen, Ex-Waidmannstraßen-Recken von Bergedorf 85 zu Germania Schnelsen. Relativ früh bekannt wurde der neue Arbeitgeber der beiden Erstligakicker MATTHIAS LEHMANN und THOMAS KESSLER – beide gingen zum Mitabsteiger Eintracht Frankfurt. Kessler war vom 1. FC Köln ausgeliehen; für Lehmann, dessen Vertrag eigentlich noch bis 2012 lief, bekam St. Pauli eine festgelegte Ablösesumme. BASTIAN OCZIPKA musste nach erfolgreicher Ausleihe von Bayer 04 Leverkusen zum Saisonende wieder zurück zu den Rheinländern. RICHARD SUKUTA-PASU hingegen wurde nach dem Leihgeschäft mit dem selben Verein nach seiner Rückkehr im Sommer 2011 an den Erstligisten 1. FC Kaiserslautern verkauft. Etwas länger dauerte die Suche nach einem neuen Arbeitgeber für die unter unerfreulichen Begleiterscheinungen ausgemusterten FLORIAN LECHNERund MARCEL EGER: Lechner, der zunächst mit Kroatiens Vizemeister Hajduk Split in Verbindung gebracht wurde, unterschrieb einen Zweijahreskontrakt beim Staffelkonkurrenten Karlsruher SC; Eger schloss sich für zwei Saisons dem englischen Drittligisten Brentford FC aus London an, wo Ex-Nationalspieler Uwe Rösler die Mannschaft trainiert. Weiterhin, oder besser wieder Trainer ist DANIEL SAGER, der bis November 2010 den SC Concordia gecoacht hatte. Zur Saison 2011/12 heuerte Sager beim Hamburger Oberligisten USC Paloma an und ersetzt dort Frank Hüll- mann, der Anfang Mai beurlaubt wurde. Mit der Demission Hüllmanns verlor dort übrigens auch FRANK DRÖGE seinen Job als Torwarttrainer. Wieder neu im Ensemble der Torwarttrainer beim FC St. Pauli ist hingegen seit Saisonanfang KLAUS THOMFORDE, der zuletzt für den DFB, Litauen und Holstein Kiel aktiv war, und wird den Keepern von der U16 bis zur U19 das nötige Handwerkszeug beibringen. Der 2008 zum VfR Aalen gegangene TIMO REUS ist dort mittlerweile als Torwarttrainer aktiv. Von der SpVgg Erkenschwick schon wieder verabschieden musste sich schon Mitte Mai Trainer STEFAN BLANK. Der wäre zum Saisonende zwar ohnehin gegangen, musste sich aber kurz vor Ultimo noch die Entlassung per E-Mail gefallen lassen. Neuer Coach des U23-Teams Eintracht Braunschweigs wird HENNING BÜRGER, der zuvor als Co-Trainer des FC Ingolstadt unterwegs war. Neben seiner Tätigkeit im Zweitliga-Trainerstab des FC St. Pauli übernahm A-Trainerlizenzbesitzer THOMAS MEGGLE zum Saisonstart außerdem die U19-Verbandsligaelf von Blau-Weiß Schenefeld und will sobald als möglich seinen Fußballlehrer an der Sporthochschule machen. ALI REZA MANSOURIAN ist inzwischen Nationaltrainer der iranischen U23-Nationalauswahl. In Zweitligaaufsteiger Dynamo Dresden hat FILIP TROJAN einen neuen Club gefunden, zumal Mainz 05 den Tschechen bereits ein Jahr vor dem eigentlichen Vertragsende 2012 aussortiert hatte. Auch ALEXANDER LUDWIG, der zuletzt bis Sommer 2011 für TSV 1860 München gegen den Ball getreten war, verschlug es in die östlichen Bundesländer: Ludwig wechselte ablösefrei für zunächst zwei Jahre zu Energie Cottbus. Als Spielertrainer übernahm mit der laufenden Saison beim SV St. Stephan 1953 Griesheim (hessische Kreisoberliga) AUDENZIO MUSCI als Spielertrainer das Ruder. Musci kickte zuvor beim Ligakonkurrenten und diesjährigen Absteiger SKV Büttelborn. Zum seit Jahren ambitionierten aber nicht immer nur erfolgreichen FC Sylt zog es zur neuen Saison DENNIS TORNIEPORTH, der vom Lüneburger SK zum Retortenclub wechselte. Dort trifft er unter anderem auf St. Paulis ehemaligen U23-Kicker GÖKHAN ISCAN, der von Bergedorf 85 ebenfalls dorthin gewechselt war. Ein weiterer Ex-U23-Spieler, EUGEN HELMEL, wurde Mitte Mai noch während der laufenden Saison aus dem Kader von Barmbek-Uhlenhorst gestrichen. Ob Helmel einen neuen Verein gefunden hat, war bei Rektionsschluss nicht bekannt. Ebenfalls die Spiel- zeit nicht zu Ende gebracht hat mal wieder BERTRAND BINGANA, der Anfang Mai, nach nicht einmal einem halben Jahr im Team, beim SC Concordia suspendiert wurde. Offizielle Begründung: er hätte am Wochenende zuvor beim Futsal mitgekickt. Merkwürdig… CORY GIBBS wechselte 2011 innerhalb der MLS von New England Revolution zu Chicago Fire. Und wo spielen heute eigentlich MORTEN BERRE sowie DEMA KOVALENKO? Berre seit 2003 und weiterhin in Oslo bei Valerenga, und Kovalenko beendete seine Karriere im Februar 2011, nachdem ihm MLS-Club Los Angeles Galaxy keinen neuen Vertrag mehr angeboten hatte. Auch noch keinen neuen Verein (bis zu unserem Redaktionsschluss) hatte GERALD ASAMOAH, der als Ausleihspieler zum FC Schalke 04 zurückgekehrt war und dort überraschend seinen Vertrag aufgelöst hatte. Ebenso geht es MORIKE SAKO, der bei Arminia Bielefeld nicht mehr zum Zug kam und nun auf der Suche nach einem neuen Club ist. Sako hält sich seit Anfang August bei der U23 des FC St. Pauli fit. Dafür hat sich ROMAN PROKOPH vom Zweitligisten VfL Bochum schon verändert und wechselte im Sommer zum Kapfenberger SV Superfund in die höchste Liga Österreichs. Nicht die höchste, aber immerhin die dritte Liga ist auch weiter- hin die Staffel, wo ERIC AGYEMANG gegen den Ball treten wird – von Wacker Burghausen ging der Stürmer zu Zweitligaabsteiger Arminia Bielefeld. Noch eine Staffel tiefer spielt für Bo- russia Neunkirchen der Ex-Bundesligakicker CATALIN RACANEL, der zuletzt beim 1. FC Magdeburg unter Vertrag stand. Wohl mehr oder minder ganz aus dem Rennen ist bedauerlicherweise ZLATAN BAJRAMOVIC, der sich in den letzten Jahren von einer Verletzung zur nächsten schleppen musste und auch nach Operationen stets Rückschläge zu erdulden hatte. Eintracht Frankfurt, für die Bajramovic zuletzt am 16. August 2009 in der Bundesliga aufgelaufen war, verlängerte seinen Vertrag nun nicht mehr. Auch aus dem Spiel ist PATRIK BORGER; der Keeper beendete seine Profilaufbahn nach einem Jahr vergeblicher Suche nach einem neuen Verein. Dafür schloss sich Paddy für die neue Saison dem Kieler Kreisligisten TSV Schilksee (7. Liga) an. Weiter macht BERKAN ALGAN, der mit dem TSV Wedel fast noch sensationell nach einer Aufholjagd in den vergangenen Monaten, als Spielertrainer den Klassenerhalt mit den Elbekickern geschafft hätte. Am Schluss fehlte dem Oberligisten allerdings ein einziges Tor, und Algan wechselte nach diesem Frust als Spieler zum anderen Oberligisten SV Halstenbek-Rellin- gen. Verhandlungen gab es auch mit Altona 93 für die dort frei gewordene Trainerposition, weil Coach und Sportdirektor THOMAS SEELIGER dort den Laufpass bekam. Spielertrainer ist übrigens auch CARLO WERNER – und zwar in der Kreisklasse Lichtenfels (Bayern) beim FC Adler Weidhausen. Spielender Co-Trainer ist in Berlin inzwischen MARTINO GATTI, der zur neuen Saison beim SV Woltersdorf zusätzlich die Assistenz an der Linie über- nahm. Seine Karriere als Leistungsfußballer beendet hat MATIAS ESTEBAN CENCI mit der Partie für Darmstadt 98 am 27. November 2010 beim 1:0-Sieg gegen Großaspach und kehrte anschließend in die argentinische Heimat zurück. Immer noch gerne aktiv im Profisport sein würde DAVIDSON DROBO-AMPEN, der nach der Ausleihe zum dänischen Club Esbjerg FB und dem Abstieg in die 2. Liga im Sommer ans Millerntor zurückgekehrt war. Bis 2013 noch läuft sein Vertrag beim FC, doch scheint es, als würde man hier nicht weiter mit ihm für den Zweitligakader planen. Kommen wir nun auch noch zu jenen Spielern, die als Jugendliche beim FC St. Pauli gekickt haben und heute weiterhin im Fokus der Fuß- ball-Öffentlichkeit stehen: PIOTR TROCHOWSKI wechselte vom Hamburger SV zum FC Sevilla, TUNAY TORUN ging vom selben Verein zum Bundesligaaufsteiger Hertha BSC Berlin, MAXIM CHOUPO-MOTING, zuletzt ebenfalls HSVer, unterschrieb für drei Jahre bei Mainz 05; vom SC Victoria zum Zweitligisten FC Ingolstadt verschlug es ABDEL MONEEM ABOU KHALIL. Und wie immer ganz am Ende die traurigsten Meldungen der vergangenen Monate: Und dieses Mal hat es gleich zwei ganz große Idole des FC St. Pauli erwischt: HARRY WUNSTORF und HARALD STENDER sind nicht mehr am Leben. Torwartikone Wunstorf starb am 27. Mai 83-jährig im AK Wandsbek nach einem Sturz in seiner Hamburger Wohnung an den Folgen einer Gehirnblutung. Die Läufer-Legende und der langjährige Ehrenratsvorsitzende Stender, der 78 Jahre Vereinsmitglied war, verstarb am 1. August 86-jährig.
// Ronny
FC Twente Enschede vs. Ajax Amsterdam, KNVB Beker Finale 2011 – He lemaats niets in Amsterdam!
Wieder mal nichts in Amsterdam (siehe Überschrift) ertönte aus mindestens 17.500 Kehlen im Stadion de Kuip in Rotterdam kurz vor Abpfiff des Niederländischen Pokalfinales. Eine Kurve in kollektiver Feierlaune. Vorausgegangen waren spannende 120 Minuten mit allem, was ein Fußballspiel so braucht, aber auch eine organisatorisch überaus interessante Anfahrt.
Nach dem erfolgreichen Viertelfinale im Grolsche Veste gegen PSV Eindhoven im Elfmeterschießen (Ex-Schalker Engelhardt verschoss den entscheidenden Elfer für PSV) führte der Weg über den FC Utrecht (1:0) in das Finale. Die Kartenfrage wurde für Twente Clubcaard Inhaber schnell und unkompliziert über die Supporters Vereniging Riessen geklärt. Und schon waren zwei ÜS`ler auf dem Weg ins Nachbarland.
Auf dem Weg über Enschede nach Riessen am Spieltag wunderten wir uns zunächst über viele Twente Fans, die mit Fahnen und Transparenten sämtliche Autobahnbrücken bevölkerten und allen zujubelten, die offensichtlich mit roten Klamotten Richtung Rotterdam unterwegs waren. Kenner der Szene wissen, dass dieses Ritual in abgespeckter Form tatsächlich „nur“ den Fans zu teil wird. Verlässt die Mannschaft zu entscheidenden Spielen die Stadt oder kehrt gar mit Erfolg zurück, verwandeln die Fans des FC Twente die örtliche Autobahn mit Fahnen, Transparenten und Bengalen zur „Fußgängerzone“. 100 % Tukker eben. Muss man mal gesehen haben! In Riessen warteten am Vereinslokal 5 Busse auf pünktliche Abfahrt. Aufgrund der überaus strikten Fantrennung (insbesondere bei Risikospielen) in den Niederlanden muss einer der beiden Finalteilnehmer mit dem Zug und der andere mit dem Bus anreisen. Beide Vereine erhalten 17.500 Karten, der Rest geht an Sponsoren und die dortige Fußballfamilie. Einen neutralen Verkauf gibt es nicht, dafür aber deswegen auch immer ein paar leere Plätze beim Finale. Generalstabsmäßig geplant fuhren aus der Region um Enschede zu bestimmten Zeiten alle Fanbusse (inklusive einer erlaubten Pinkelpause) Richtung Rotterdam. Rund 40 Kilometer vor Rotterdam gelangten alle Busse nacheinander zu einer Kontrollstation der Polizei auf einem Rastplatz, um von dort, aufgeteilt in kleinen Konvois, mit Polizeibegleitung in die Hafenstadt zu fahren. Ebenso diente der Kontrollpunkt dazu, die vom Fanclub bei Abfahrt gegen Vorzeigen der Online- Kaufbestätigung des Kombiticket ausgegebenen Billets in einen weiteren Ticketberechtigungsschein umzutauschen. Die Kombitickets (Fahrt incl. Ticket) waren natürlich nur gegen Angaben sämtlicher Personendaten erhältlich. Kurz vorm Stadion, beim letzten Kontrollpunkt, erhielt der Reiseleiter die echten Tickets, die beim Verlassen des Busses gegen den zuvor erhaltenen Berechtigungsschein eingetauscht wurden. Man stelle sich dieses Spektakel mal mit 250 Bussen vor: Es war schlicht eins.
Feierbiester
Entsprechend aller Prozeduren lange, aber nicht langatmig, dauerte auch die eigentlich kurze Fahrt über ca. 180 km. Unser Kontaktmann und Freund Erik kündigte vorher vorsichtshalber schon mal Deutsche Schlager und trinkende Holländer an (nichts besonderes eigentlich). Aber Dank voller Kühlboxen mit Getränken der örtlichen Brauerei (natürlich als Twente Special Edition) und Technomucke bis kurz vor`m Boxenkollaps verwandelte sich unser und auch alle anderen Busse in regelrechte rollende Discos. Im Gang tanzend, hüpfend und singend an Fenster und Busdach kloppend schaukelten wir, standesgemäß ausgestattet mit Fanclub Cupfighter T- Shirts, durch flache Landen. Bei uns wäre dabei jede, wirklich jede (!) Busfahrt spätestens nach 20 Minuten beendet worden…Hier bekam das Zitat des niederländischen Trainers Luis von Gaals „Ich bin ein Feierbiest“ eine eindrucksvolle Bestätigung.
Die zentrale Frage an uns, warum in Deutschland die Brötchen für die Bratwurst viel zu kurz seien und deswegen die Wurst an beiden Seiten lang heraushängt, konnten wir bedauerlicherweise nicht beantworten. Aber, wenn man genaugenommen darüber nachdenkt- warum eigentlich?
Halb taub, aber gut drauf verließen wir unserem Bus Nummer 1 von 5, aus dem auf dem Parkplatz am Stadion die Nummer 69 wurde. Das war so ungefähr die Reihenfolge, in der die Busse auf einen riesigen Platz fuhren und eng aneinander Reihe für Reihe ein großes Labyrinth bildeten. Trotz Billet Nummer 69 entwickelte sich nach Schlusspfiff ein ziemlich lustiges Busse suchen.
Gegnerische Fans bekamen wir bis zu diesem Zeitpunkt so ganz und gar nicht zu Gesicht. Armeen von marodierenden Feyenoord Fans ebenso wenig, obwohl eine Präsenz aufgrund der abgrundtiefen Abneigung gegen Ajax nicht abwegig gewesen wäre. Die Ajax Fans wurden also zeitgleich mit mehreren Sonderzügen aus Amsterdam direkt in den Stadionbahnhof gefahren, von dem ein direkter und umschlossener Weg in die in diesem Falle erweiterte Gästekurve führt. Auch diese Prozedur ist bei mehreren Zügen und bis zu 17500 Zugfahrern eine langwierige Angelegenheit, sodass Twente nach den Erfahrungen 2009 diesen Anreiseweg ablehnte und Ajax deswegen nicht alle Karten verkaufen konnte. Trotz dieser Überregulierung und für dortige Verhältnisse, endlosen Gängelung bei der Anreise, war die Präsenz der Polizei alles in allem im Verhältnis gering und zurückhaltend. Die Einlasskontrollen am Stadion waren easy, Ordner und Stewards eher freundlich. Immerhin etwas.
Endlich da das Spiel und Stadion
Das Stadion ist einfach geil: Groß, zwei-rangig, schnörkellos, viel Beton, eine nach unten geneigte (und im Dunkeln elegant von unten angeleuchtete und von weitem sichtbare) Dachkonstruktion, freie Sitzplatzwahl: Das ist Fußball! Nur die vor der Haupttribüne angedockten VIP und Servicebereiche sowie das Bezahlsystem in „Munten“ und deren Preise (4,50 für eine Tüte Frietjes) erinnern an ein Uefa- 5- Sterne Stadion. Das Geschäft lief trotzdem gut. Hunderte Besucher drängten sich vor wenige Umtauschautomaten, um per Kredit- oder örtlicher EC Karte in 15 Euro Schritten Munten zu ergattern. Dass dabei immer ganze oder halbe Munten (die Plastiktaler konnten zu „Kleingeld“ durchgebrochen werden) übrig blieben, muss ich vermutlich nicht erwähnen. Überall die gleiche Halsabschneiderei!
Die Ultraszene und deren Umfeld ließ sich auch in Rotterdam, wie zu Hause im Grolsche Veste, mit ultralautem Techno/ Trash von der DJ Bühne auf Betriebstemperatur bringen. Den Oberkörperfrei Contest konnte aber Ajax mit ca. 300 zu 60 klar für sich entscheiden. Zum Intro wurde aus dem Oberrang eine riesige Blockfahne nach unten entrollt, auf Spannung gehalten und dann nach unten in sich zusammen geworfen. Dann folgten jede Menge kleine rote Schwenkfahnen und viel, viel rot/weißer Rauch mit lautem Support. Einfach großartig! Auch zu Beginn der 2. Halbzeit wurde nach einer abgesprochenen Choreo beider Seiten gegen den modernen Fußball, wieder so kräftig gezündelt, das wir den Spielbeginn wegen „Nebels“ nicht mitbekamen. Da der Einsatz von Rauch und Pyro zwar offiziell nicht erlaubt, aber von den Sicherheitskräften toleriert wird, kann der besonnene und sachgerechte Umgang damit hervorgehoben werden. Bengalos wurden einfach durch die Reihen gegeben und ordentlich abgelegt. So kann`s auch gehen! Der Spielverlauf hatte einen großen Anteil an der prächtigen Stimmung bei frühsommerlichen Temperaturen: Zur Halbzeit führte Ajax verdient mit 2:1, die zweite Hälfte ging mit dem Ausgleich zum 2:2 in der 56. Minute dann an den Gegner, bevor eine spannende Verlängerung die Entscheidung für Twente brachte. Mit einem herrlichen Kopfball markierte der Österreicher Marc Janco das 3:2 in der 117. Spielminute. Was folgte, war kollektiver Freudentaumel.
Cherio, cherio, in Enschede zingen wij zo:
Ajax is dood en AZ moet kapot, en Feyenoord rollen we zo even up.
Als äußerst positiv kann auch die zurückhaltende Stadionbeschallung nach Schlusspfiff vermerkt werden. Die Twente Kurve konnte laut und selbstbestimmend ihre kurioserweise mit roten Bademänteln ausgestattete Mannschaft feiern. Da kann sich der DFB mal wirklich eine Scheibe abschneiden!
Nach langwieriger Auflösung des Busknäuels ging es zügig mit Blaulicht im Konvoi vorbei an applaudierenden Rotterdamern (die können Ajax wohl wirklich nicht leiden) über abgesperrte Straßen hinaus aus der Hafenstadt.
Die Mitreisenden, die uns mit höherem Alkoholpegel immer öfters mit Schalke Anfeuerungen bedachten(für uns beide aufgrund der Sympathien für die blau/weißen aber kein Problem), hatten für uns noch ein besonderes Schmankerl parat. Mit einer endlos Schleife wurden unsere Gehörgänge mehr als eine Stunde lang über die nur noch krächzenden Lautsprecher mit einer uns seltsam anmutenden Marschmelodie traktiert, wobei die Trompetensolos pantomimisch und der Refrain mit kollektivem Tanzeinlagen begleitet wurden. Nachfolgende Recherchen ergaben, dass es sich um „den großen Dessauer“ handelt. In welchem Zusammenhang dieser aber mit dem FC Twente oder dem Fanclub zu bringen ist, konnten wir nicht klären. Über den Rest der Rückfahrt legen wir lieber den Deckmantel des Schweigens. Geil war`s trotzdem! Fazit: Holländische Busfahrer braucht das Land!
// CF