Doppelhallenturnieraneinemtagsieger

Oh, was werden das für schöne neue T-Shirts… naja, oder auch nicht, so wichtig sind Hallenturniere auch wieder nicht. Aber erfolgreichste Mannschaft des Jahrzehnts weltweit dürften wir damit zurzeit ganz sicher auch sein.Die Fakten lassen sich schnell erzählen: Sowohl der Schweinske Cup in Hamburg-Alsterdorf (Samstag/Sonntag, Finale 6:4 gegen Holstein Kiel) als auch der Hessen Cup in Frankfurt (Sonntag, Finale 2:0 gegen Arminia Bielefeld) wurden vom FC St.Pauli gewonnen, Jan-Philipp Kalla (Hamburg) und der Neuzugang Richard Sukuta-Pasu (Frankfurt) wurden zum besten Spieler des jeweiligen Turniers gewählt, außerdem gewann Benedikt Pliquett auch noch die Wahl zum besten Torhüter der Hamburger Auflage.

Friede, Freude, Eierkuchen – so kann das Jahr weitergehen.

Naja, leider doch nicht, denn zumindest zum Schweinske-Cup gibt es dann doch noch einiges, was aufgearbeitet werden muss.

Die Geschichte beginnt mit den Hamburger Hallenmeisterschaften letzte Woche, wo sich der Sieger dieses Turniers für  Amateurteams seit Jahren ein Startrecht für das „große“ Turnier erspielt. Unsere Zweite Mannschaft nahm teil und traf dann im Neunmeterschießen um Platz 3 auf Altona 93. Bereits während des Turniers hatte es verbale Scharmützel zwischen beide Gruppen gegeben. Während es sicher eine große Schnittmenge beider Fangruppen gibt, gibt es eben auch auf beiden Seiten einige, die den jeweils anderen nun gar nicht mögen, und dies entlud sich dann in einem albernen und überflüssigem Gerangel bei besagtem Anlass. Wer angefangen hat, wer Schuld hat… nicht aufzuklären und wohl auch mehr oder weniger egal, weil eigentlich wäre es kaum einen Dreizeiler wert, da aus der Kategorie Kindergarten. Blöd sind solche überflüssigen Gerangel aber insbesondere immer dann, wenn Unbeteiligte dadurch in Mitleidenschaft gezogen werden, und so war es eben auch hier. Guntram Uhlig, langjähriges Präsidiumsmitglied unseres Vereins, war in der Nähe und erlitt in diesem Zusammenhang gesundheitliche Beeinträchtigungen. Details darüber lassen sich im Internet nachlesen und bleiben daher hier außen vor, völlig überflüssig und bescheuert ist dies aber zweifellos. Bleibt also nicht viel mehr zu sagen als: Gute Besserung, Guntram!

Danach machte noch ein Turnier in Niendorf von sich reden, wo ebenfalls unsere Zweite antrat, allerdings auch die Dritte Mannschaft des hsv, was Chosen Few zum Anlass nahm, Hallensupport zu machen. Da gab es dann wohl auch den ein oder anderen körperlichen Verweis oder zumindest wenig nett gemeinte deutliche Ansagen in Richtung braun-weiß. Überflüssig und peinlich, gerade wenn man dermaßen in der Überzahl ist. Aber auch dies Wasser auf die Mühlen derer, die in Fußballfans inzwischen eine ähnliche Gefahr sehen wie bei den Taliban.

Diese Gemengelage (und sicher auch insgesamt die Vorfälle des Jahres 2009, vom Schanzenfest im Allgemeinen, dem Angriff der Polizei aufs Jolly im Besonderen, den Vorfällen bei den Spielen gegen und in Rostock bis hin zu den Angriffen auf die Polizeiwachen in den jüngsten Wochen) brachte einen ungeahnt großen Polizeieinsatz beim Schweinske-Cup zutage. Über 20 Mannschaftswagen standen an der Straße als ich (verspätet) an der Halle eintraf.

Für das folgende muss man vielleicht folgenden Hintergrund wissen: USP macht seit Jahren einen Marsch von der Haltestelle Lattenkamp zur Halle, bei dem (ähnlich wie beim Marsch von der Süd zum Fanladen) dann gerne auch mal der ein oder andere Bengalo oder ähnliches gezündelt wird. Für dieses Jahr war der Marsch erneut geplant, USP hatte aber über die Website und den Newsletter deutlich drauf hingewiesen, Geballer dieses Mal bitte zu unterlassen, was leider nicht bei allen angekommen war und eben auch nicht verhindert wurde. Ob dies von der Verhältnismäßigkeit her rechtfertigt, den Marsch der sonst zehn Minuten dauert, per Kessel bei Minusgraden auf eineinhalb Stunden zu strecken und Pfefferspray einzusetzen, überlasse ich mal dem geneigten Leser. Hinzu kam der Stress bei der Wahl des Weges. Eine derart große Zahl an Leuten lässt sich einfach und schnell über die Straße zur Halle schaffen, ganz problemlos. Und bei einer solch großen Zahl an Mannschaftswagen ist eine kurze Sperrung der Straße sicher auch kein Ding. Wenn man nun aber versucht, diese Masse auf den drei Meter breiten Fußweg zu pressen, von hinten dabei von der Polizei andere “Befehle” kommen als von vorne, muss man sich nicht wundern wenn das alles in die Hose geht. Kleiner Augenzeugenbericht aus dem Forum dazu, falls jemand mehr Details möchte.

In der Halle ging das Chaos dann weiter, Leute wurden grobstmöglich rausgezogen und abgeführt. Mag ja sogar sein, dass die sich alle was zu schulden haben kommen lassen (mag auch sein, dass nicht…), aber die Verhältnismäßigkeit wurde hier dann doch arg vernachlässigt, was auch von eher neutralen Personen bestätigt wurde. Als ein ÜS Redakteur einen Polizisten im ruhigen und sachlichen Ton(!) darauf hinwies, dass hier übertriebene Gewalt eingesetzt werde, hielt dieser ihm das Pfefferspray Zentimeter vor die Augen und gab ihm zu verstehen, dass beim nächsten Wort was auf ihn zukommt. Deeskalation pur…

Ähnliches erfolgte dann auch auf dem Weg von der Halle zurück, wo die Polizei nun der Meinung war, unbedingt in der gleichen U-Bahn mitfahren zu wollen. Klar, ist legitim und wird bei anderen Vereinen auch gemacht. Und Herr Innensenator Ahlhaus ist ja auch weiterhin der Meinung, dass Polizisten unmöglich durch ihre bloße Anwesenheit provozieren können… nur genau das bewahrheitete sich eben nicht nur bei 99% der zweiten Auflage des Schanzenfestes 2009 (bis dann leider die Wache angegriffen wurde) sondern auch am Sonntag, als An- und Abmarsch ohne Kessel deutlich entspannter lief.

Übrigens: Auf dem riesigen Plastikplanen-Bauzaun auf dem Weg zur Halle hatte jemand „Boxen – 18.00h“ und einen Pfeil Richtung Halle gesprayt. Unfreiwillige Komik oder ne Einladung?

Doch genug des Polizeibashings, auch ein kritischer Blick auf die eigenen Leute sei erlaubt. Die Spirale der Gewalt schaukelt sich gegenseitig hoch, wahrscheinlich muss es tatsächlich erst zu Schwerstverletzten oder Toten kommen, bevor ein Nachdenken einsetzt, wohlgemerkt auf beiden Seiten. Auf der einen Seite schreit man ständig „ACAB“, auf der anderen ist man heilfroh, wenn einem die Bullen in Rostock den Arsch frei halten und würde wahrscheinlich Zeter und Mordio schreien, wenn die an dem Tag frei gemacht hätten. Polizisten mit Böllern oder Steinen zu beschmeißen ist ebenfalls nicht akzeptabel, auch hier muss dringend bei uns ein Nachdenken einsetzen, auch im eigenen Interesse. Denn mal ganz abgesehen davon, dass ich niemandem ein Gerichtsverfahren wünsche, in dem er nach schwerer Körperverletzung (oder Mordversuch) gegen einen Polizisten angeklagt wird, sollte einem auch klar sein, dass die Polizei über ihre Pressestelle einfach die Medienhoheit besitzt und die breite öffentliche Meinung darüber beherrscht. Für diese Erkenntnis reicht alleine heute schon ein Blick in Mopo und Abendblatt, wo doch per Copy&Paste und 2-3 Ausschmückungen der Polizeibericht übernommen wird nach knallharter investigativer Recherche wieder sehr einseitig berichtet wird. Und über diese gefühlte öffentliche Meinung rechtfertigt die Polizei dann noch drastischere Einsätze, summa summarum auch bekannt als „Teufelskreis“. Vielleicht ist die geplante Diskussionsveranstaltung am 18.01. eine Möglichkeit, grundsätzliches zu klären. Vielleicht auch nicht, weil die “Richtigen” dann wieder nicht da sind (auch hier sind beide Seiten angesprochen), aber besser als sich im Forum gegenseitig die Augen auszukratzen sind solche Gespräche allemal, zumal sie auch einfach eine Akzeptanz und Verständniss untereinander schaffen können. Also, Alle hin da!

Genug der schlechten Laune, es gab in Alsterdorf ansonsten viel Spaß. USP hatte „All in white“ als Motto ausgegeben, und so sah es dann auch aus. Ein komplettes Viertel der Halle war ein weißer Supportblock, und es machte bei der Akkustik einfach riesigen Spaß mitzusingen und „abzugehen“, wie USP es ja immer so gerne nennt. Großer Sangessport, vielen Dank an alle. In der gegenüberliegenden Ecke hatten sich ca. 70 sangesfreudige Polen in gelb-blau versammelt und supporteten Arka Gdynia sehr lautstark. Schön auch, als ihr „Arka Gdynia“ Gesang mit gleicher Melodie vom St.Pauli Block mit „Scheiß Polizei“ übernommen wurde und die Polen nach kurzer Irritation dann ebenfalls „Scheiß Polizei“ sangen. (Man setze das jetzt nicht als Widerspruch zu oben, ein bißchen verbale Frotzelei gehört sicherzum Fußball dazu… und “Scheiß” darf man ja wohl mal sagen.)

Das Highlight des zweiten Tages war dann sicherlich die Feier mit der Mannschaft nach dem Sieg, als diese dann auch in den Supportblock kam und im Block mitsang. Insgesamt eine rundum positive Veranstaltung, die komplett ohne Polizei sicher noch entspannter abgelaufen wäre, aber das hatten wir ja schon und es ist auch müßig. Bleibt die Frage, wie das Turnier in den nächsten Jahren weiter existieren kann. Der Veranstalter hatte dieses Jahr wohl 600 vergünstigte Karten an USP gegeben, auch als Dank für die Unterstützung der letzten Jahre und die stets gute Stimmung. Dass es dann insgesamt nur gut 5.000 Zuschauer waren, liegt dann eben sicher auch an den stolzen Preisen für die Tageskarten (ab 17,-€) und den doch eher unbekannten anderen Mannschaften. Und ganze ehrlich: Ohne den FC St.Pauli wäre das Turnier eh tot, zumindest was die Atmosphäre anbelangt. Kleine Indiz dafür: Bei allen Spielen wurden die letzten zwei Minuten per Musikjingle untermalt, um künstlich Stimmung oder Spannung zu erzeugen. Dankenswerter Weise wurde zumindest bei unseren Spielen darauf verzichtet, wäre auch albern gewesen, da zumindest da ja auch so super Stimmung war.

Also, kaum ist man im Jahr des Hundertsten Geburtstages, schon klappt das mit den Pokalen! Und wenn das in knapp zwei Wochen auch wieder ein 5:0 gegen Ahlen gibt, dürfte niemand was dagegen haben. // Frodo

Links:
Grönis Fotos Tag 1
Grönis Fotos Tag 2

We Love St.Pauli – Blog
Fotos “Magischer FC”
Schickes Youtube Video

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