Und niemals vergessen: Auf zu Union!

Wer vor der Saison nach den beliebtesten Auswärtsfahrten fragte, dürfte bei den allermeisten St.Pauli-Fans zwei Reisen gehört haben… VfL Bochum und 1.FC Union Berlin!
Und nachdem Bochum sowohl sportlich als auch supporttechnisch schon absolut eine Reise wert war, naht nun mit großen Schritten unser Auftritt in der Alten Försterei. Die Tickets waren sowohl bei uns als auch für die Unioner im Nu vergriffen, die Vorfreude steigt. Grund genug, für diesen Blog mal was Neues zu wagen, was es bei anderen Vereinen/Blogs auch immer mal wieder gibt, teilweise sogar als feste Rubrik: Ein Interview mit einem Fans des jeweiligen Gegners. (Am Ende dieses Eintrags findet Ihr dann noch ein paar Veranstaltungstipps für Berlin.)

Und den Auftakt macht dann niemand geringeres als textilvergehen.de, immerhin jüngst erst durchaus prominent ausgezeichnet:

Moin Sebastian und Steffi, als Unioner wird man euch oder zumindest www.textilvergehen.de kennen, als St.Paulianer vielleicht nicht zwingend. Erzählt doch unseren Lesern mal, was ihr auf der Seite so treibt und wie viel hunderte Menschen an dem Projekt mitarbeiten.

Sebastian: Gegründet wurde Textilvergehen 2007 von Steffi. Ich bin erst seit 2009 mit dabei und schreibe wie Steffi Texte. Dazu haben wir einen wöchentlichen Podcast in einer meist fünfköpfigen Runde. Wir wollen nicht nur über Unions Fußballspiele berichten, sondern thematisieren alles, was mit Fußballkultur in Berlin zu tun hat. Dazu gehören auch andere Vereine wie meinetwegen Lichtenberg 47 und natürlich auch Frauenfußball. Politik gibt es auch. Insgesamt sind wir vier Leute, die permanent am Textilvergehen arbeiten.

Steffi: Dazu kommen Gastautoren – Freunde und Bekannte, nicht zwingend Unioner, die Lust haben, was zu schreiben, oder die von uns dazu überredet werden. Nicht zu vergessen sind aber auch die Sportfotografen, die uns ihre Fotos zur Verfügung stellen. Ohne die wär´s ganz schön kahl. Mit dabei sind eine ganze Reihe von Journalistenkollegen, die uns auf unterschiedlichste Art helfen, auch wenn sie gar nicht namentlich in Erscheinung treten. Und schließlich gibt uns der Verein selbst extrem viel Raum und Möglichkeiten.

Beim Stichwort „BOB“ denkt man evtl. an Wintersport oder an die Bayrische Oberlandbahn, seit 2011 dürfte diese Abkürzung für Euch eine neue Bedeutung haben, eine durchaus erfolgreiche. „Textilvergehen.de“ gewann den internationalen „Best of Blog“-Award in der Sprach-Kategorie „Best Blog: German“. Wie kam da der erste Kontakt zustande und wie habt Ihr das Ganze rückblickend miterlebt?

Sebastian: Das ist eine komische Geschichte. Denn bis zur Nominierung wussten wir von nichts. Am Ende hat das eine Eigendynamik erreicht, selbst Union hat über die Facebook-Seite des Vereins zur Wahl aufgerufen. Am Ende schrieb Steffi das erste Vorwort des Textilvergehens im Stadionheft. Das war insgesamt eine wunderbare Würdigung unserer Arbeit.

Steffi: Es war, das muss man vielleicht dazu sagen, der Publikumspreis. Über den stimmt eben nicht die Jury ab, sondern die Leser. Auf die Nominierung hatte uns Jens Peters (catenaccio.de) aufmerksam gemacht. Wir dachten im ersten Moment: Schaffen wir sowieso nicht. Und dann kam eben doch unerwartet viel Unterstützung aus den Reihen der Unioner, und am Ende hat´s gereicht. Das war beeindruckend.

Zum Spiel am Freitag: Das Spiel bei Union dürfte für viele St.Paulianer ein Saison-Highlight sein, die Tickets waren ähnlich schwer zu ergattern wie für unser Derby letzte Saison. Auch bei Union waren die Karten rasch vergriffen. Eure Meinung zum Hype und den Begleiterscheinungen, Stichwort „Kultspiel“?

Sebastian: Dem Begriff „Kultspiel“ stehen wir sicherlich ähnlich gegenüber wie ihr. Ich freue mich einfach auf das Spiel, weil ich trotz aller Unterschiede eine große Gemeinsamkeit sehe: Die Hingabe zum Verein, der mehr als nur ein Fußballverein ist, sondern ein sozialer Bezugspunkt. Außerdem versuchen beide Vereine, andere Wege im Profifußball für sich zu finden. Das finde ich spannend und auch richtig zumal St. Pauli und Union jeweils Konkurrenzklubs in ihrer Stadt haben, die das Sponsorengeld anziehen. Da bleibt nichts anderes übrig, um eine eigene Identität zu finden.

Steffi: Kultspiel sag ich genau so oft wie Kulturbeutel. Nämlich nie. Es gibt Sachen, die braucht man gar nicht medial hypen, die sind einfach groß und wahr und gut. St.Pauli gegen Union ist für mich so ein Spiel. Ich hab euch die 1.Liga gegönnt, aber dass mein persönliches Saison-Highlight damit futsch ist, gefiel mir nur so halbgut. Fanseitig empfand ich die Partien immer als von großer Fairness im Umgang miteinander geprägt. Für mich ist das deshalb bemerkenswert, weil die Spiele selbst ja alles andere als Freundschaftsspiele sind.

Wie ist denn Eure Meinung über den FC St.Pauli?

Sebastian: St. Pauli ist für mich ein ganz interessanter Orientierungspunkt wie Kommerz funktioniert und trotzdem das Gesicht gewahrt bleibt. Andererseits gefallen mir bestimmte Sachen nicht. Zum Beispiel verdient St. Pauli am Kommerz viel zu wenig (Stichwort Upsolut).

Steffi: Gute Gäste! Ein Club, gegen den verlieren etwas weniger weh tut und gewinnen extrem stimmungsaufhellend wirkt. Außerdem ein Verein, der in seiner Außendarstellung vieles richtig macht. Wie es innen aussieht, kann ich von hier aus schwer beurteilen.

Die Frage muss rückblickend natürlich kommen: Wie waren für Euch die Derbys letzte Saison und wie ist in Berlin grundsätzlich das Verhältnis zu den anderen Vereinen / Fanszenen?

Sebastian: Die Derbys waren etwas einmaliges. Schließlich lag das letzte richtige Derby fast 60 Jahre zurück. Der Sieg im Olympiastadion war unbeschreiblich. Ich habe noch nie so viele Männer weinen sehen. Vom Pressesprecher bis hin zu den ganzen Fans. Das war Unions „Wir sind wieder wer“.

Steffi: Um mal die Frage zu beantworten: Ein Verhältnis zu anderen Fanszenen gibt es nicht so, wie ihr das aus Hamburg kennt. Hertha war immer woanders, und diese eine Ausrutscher-Saison fällt da für mich nicht ins Gewicht. Sollte man sich mal mit vergleichbarem Etat auf Augenhöhe begegnen, wäre das etwas anderes. Der Sieg im Olympiastadion war ein Pumuckl-Streich. Ein sehr gelungener, wie ich finde. Nur eben nicht repräsentativ für das Kräfteverhältnis an sich. Seitdem gibt es praktisch keine Berührungspunkte mehr. Wer als Nicht-Berliner in die Stadt kommt, bringt seinen Heimatverein mit, geht ins Olympiastadion, wenn der dort spielt, und wählt Union als Zweitverein. So ist das hier.

Zum sportlichen: Union ist mit dem Punkt beim FSV Frankfurt, dem 0:4 gegen Fürth und dem Pokalaus in Essen eher wackelig in die Saison gekommen, nach dem 0:4 in Dresden war die Stimmung wohl auf einem Tiefpunkt. Inzwischen aber läuft es und mit 18 Punkten aus zwölf Spielen dürfte man zufrieden sein, oder?

Sebastian: Ja, das ist schon ganz gut gelaufen. Vor allem in den Heimspielen. Die ersten 14 bis 16 Spieler haben die Mannschaft qualitativ doch auf ein höheres Niveau gehoben. Ein Schritt hin zur Etablierung in der zweiten Liga. Aber Zufriedenheit? Nein, denn die wirklich schweren Gegner kommen noch.

Steffi: Im Gegensatz zu Sebastian bin ich sehr zufrieden. Könnte daran liegen, dass ich momentan nicht auswärts fahre. Nee, auch der Tabellenplatz geht vollkommen in Ordnung, und ich traue der Mannschaft, die diese Saison auf dem Platz steht, viel zu. Sogar Auswärtssiege. In der vergangenen Saison haben wir viel mehr Punkte bei vermeintlich schwächeren Teams liegen lassen. Mit Niederlagen gegen das obere Tabellendrittel komme ich klar.

Was erwartet Ihr sportlich vom heutigen Spiel? Besondere Erwartungen an die taktische Ausrichtung bei Euch?

Sebastian: Ich erwarte ehrlich gesagt nichts. Dazu sind im Moment zu viele Spieler verletzt. Vor allem in der Verteidigung. Ein Unentschieden wäre schon groß. Taktisch tippe ich auf eine Doppelsechs, um euren schnellen Spielern keinen Raum zu bieten.

Steffi: Unsere Heimspielsiegesserie ist sagenumwoben! Das werdet ihr doch jetzt nicht ruinieren!? Spielen wird, wer laufen kann. Ist ein bisschen der Wurm drin, momentan. Ich erwarte bei Heimspielen prinzipiell eine offensive Ausrichtung. Doppelsechs? Der Menz kann doch nicht überall sein?!

Wo seht ihr den 1.FC Union denn in zehn Jahren?

Sebastian: Schwer zu sagen. Vor zehn Jahren stand Union im DFB-Pokalfinale, zudem Zweitliga-Aufstieg und zwei Runden UEFA.Cup. Von dort ging es bis in die vierte Liga runter. Anker Wismar und Falkensee-Finkenkrug waren dann die Gegner. Jetzt genieße ich einfach die zweite Liga. Ich bin demütig geworden. Wenn in zehn Jahren immer noch zweite Liga stünde und dafür das Stadion weiter ausgebaut worden ist, der Verein sich intern weiter entwickelt und professionalisiert hat, bin ich schon sehr zufrieden.

Steffi: Auf seiner neuen Heimtribüne.

Noch irgendetwas, was ihr den St.Pauli-Fans für Freitag mit auf den Weg geben wollt?

Steffi: Das, was die Kapitäne immer sagen: Gutes Spiel!

Sebastian: Stimmt.

Vielen Dank Euch Beiden für die Zeit und die Antworten, das Gute Spiel wünschen wir Euch natürlich auch!

 

In Berlin gibt es rund ums Spiel natürlich noch diverse weitere Möglichkeiten, einen angenehmen Tag oder gar ein tolles Wochenende zu verbringen, auf die wir Euch kurz hinweisen möchten:
Zunächst: Wer keine Karte hat, trotzdem aber in netter Atmosphäre das Spiel verfolgen will, dem sei die Astrastube in Neukölln empfohlen.

Das Spiel Union - St.Pauli live in der Astrastube gucken
Nach dem Spiel kann man in der Astrastube natürlich auch weiterfeiern, alternativ gibt es noch zwei bzw. drei weitere Örtlichkeiten:

Zum einen gleich eine Doppellocation in der Skalitzer Straße, wo in den Hausnummern 130 und 134 ordentlich was los ist, Details entnehmt Ihr dem Flyer:

Zum anderen im “OBE”(Bevernstraße 5), wo ab 22.00h die DJs hoffentlich zu drei gewonnenen Punkten auflegen werden, Details hier:


Und wer bis Samstag bleibt, kann dann auch noch einen Ausflug nach Potsdam ins “Karli” machen und ab 14.00h Babelsberg 03 gegen den VfL Osnabrück in Liga 3 zum Sieg schreien. // Frodo

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