Der Auftakt zu unserem kleinen EM-Sonderprojekt, mit der Vorstellung aller Teilnehmerländer, gerät vielleicht etwas anders als erwartet:
Quali-Aus und Du bist raus! – Welche Mannschaften und Spieler wir bei der diesjährigen EM in Polen und der Ukraine leider nicht in Aktion sehen werden
Die Klassements des europäischen Klubfußballs sind bereinigt, alle wichtigen Titel sind vergeben. Die Absteiger, Aufsteiger, Pokalsieger und Meister der Ligen stehen fest. Dennoch gibt es diesen Sommer kein Durchatmen für die Fußballfans vom europäischen Kontinent. Eine Europameisterschaft steht an und ab dem 8. Juni rollt wieder der Ball. In Polen und der Ukraine wird ausgespielt, welches Land seine Lettern in den Pokal mit dem klangvollen Namen „Coupe Henri Delaunay“ gravieren lassen darf.
Die Bevölkerung und Medien der großen Fußballnationen stimmen sich ein, ihre Mannschaft beim Highlight des Fußball-Jahres zu unterstützen. Die Chancen der eigenen Auswahl werden diskutiert, Favoriten auserkoren und die Schwächen der Angstgegner analysiert. Das ist hierzulande ein festes Ritual vor jedem Nationen-Turnier. Denn dass sich unsere Jungs nicht qualifizieren, das wäre schlicht unvorstellbar.
Was für uns eine absolute Selbstverständlichkeit ist, wäre in anderen Ländern ein grandioser Erfolg, für manche sogar eine Sensation. Die Qualifikation stellt für viele Teams eine kaum zu überwindende Hürde dar. 16 Startplätze werden für die Endrunde vergeben, 53 Nationen wollen mit dabei sein. Der Gastgeber (in diesem Fall zwei Vertreter) ist freilich gesetzt. Damit bleiben noch 14 Plätze, die in neun Gruppen erkämpft werden müssen. Gruppensieger und bester Zweiter sind sofort qualifiziert, die acht weiteren Gruppenzweiten spielen die Relegation. Soweit, so gut. Dass viele Mannschaften von vorneherein keine Aussicht auf einen der begehrten Plätze haben ist kein Geheimnis. Manche Verbände sind einfach nicht konkurrenzfähig. Ihr Erfolg ist es, wenn sie einem der „Großen“ mal einen Punkt abringen können oder ein Tor gegen die überlegene Mannschaft erzielen. Der Sportsgeist zählt.
Besonders Schade ist es jedoch, wenn Mannschaften die Quali-Hürde nicht überwinden, obwohl großes Potential in ihnen steckt. Der Europameisterschafts Endrunde gehen etliche spektakuläre Spieler durch die Lappen. Ein kleiner Überblick sorgt da schon für etwas Wehmut. Zu nennen wäre Belgien, das sich in der Gruppe nicht gegen Deutschland und die Türkei durchsetzten konnte. Der Kader verfügt über etliche Spieler von internationalem Top-Format. Der Kapitän Vincent Kompany ist frisch gebackener englischer Meister. Der Flügel-Flitzer Eden Hazard wird von diversen Scheichen gejagt, denn unter 40 Millionen Euro wird der 21 Jährige nicht zu haben sein. Die Argumente: 42 Scorerpunkte in 38 Ligue 1 Spielen. Marouane Fellaini und weitere gestandene Spieler sind ebenfalls Bestandteil des Kaders.
Trotz hoher Qualität auf vielen Positionen musste sich die belgische Auswahl mit Rang drei in der Qualifikation zufrieden geben. Abgehängt von Deutschland und auch die Auswahl der Türkei schob sich noch vor die Belgier. Später scheiterte dieses Team in den Play-Offs an Kroatien. Das dürfte nicht nur die Fans der Kicker vom Bosporus ärgern, sondern auch so manchen neutralen Fußballfan. Die spielerische Klasse von Arda Turan oder Nuri Sahin kann sich auf jeden Fall sehen lassen. Beide sind mittlerweile in der spanischen Hauptstadt gelandet. Zwar ist Sahin bei Real nur Ersatz, Mourinho setzt aber dennoch für die kommenden Jahre auf ihn. Arda Turan hat mit Atletico Madrid erst vor ein paar Wochen die Europa League gewonnen.
Eine Bereicherung für das EM-Turnier wären die Spieler aus Belgien und der Türkei in jedem Fall. Ähnlich wie die Schweiz, Norwegen oder Rumänien sind die Teams aus Belgien und der Türkei stets Kandidaten für eine Qualifikation zur Europameisterschaft. Spieler, die für diese Nationen auflaufen, haben wenigstens die reelle Perspektive sich im Laufe ihrer Karriere für eine Endrunde zu qualifizieren.
Dies gilt für den Waliser Gareth Bale leider nicht unbedingt. Die größten Erfolge des waliser Fußballverbandes sind die Teilnahme an der WM 1958 und das Erreichen des EM-Viertelfinales 1976. Zu der Zeit wurden die Viertelfinal-Partien allerdings noch vor der eigentlichen Endrunde ausgetragen. Da kann einem Gareth Bale fast leid tun. Der Spieler von der linken Außenbahn gehört im Alter von 22 Jahren zu den Besten der Welt. Ein Hattrick gegen Inter Mailand zeugt von seinem Können. Seine Dribblings und sein starker Abschluss mit dem linken Fuß führten in der Champions-League Saison 2010/2011 dazu, dass Tottenham einen 4:0 Rückstand um ein Haar noch egalisieren konnte. Dass diese enorme Einzelleistung, später nicht zum Sieg reichte, kann man auch auf die Situation der Nationalmannschaft von Wales übertragen. Es reicht einfach nicht, wenn man nur über einen oder wenige starke Einzelspieler verfügt. Auch wenn man in Wales über einen längeren Zeitraum mit Hughes, Giggs und jetzt Bale, große Akteure im Team hatte – Ein Star alleine kann nicht konstant für Erfolg sorgen.
Zur EM 2016 wird das Teilnehmerfeld auf 24 Mannschaften erweitert. Das Turnier wird dadurch um eine Woche verlängert und es wird ein skurril zusammengesetztes Achtelfinale eingelegt (die ersten Beiden jeder Gruppe gegen die vier besten Dritten). Logischerweise ermöglicht es aber auch acht weiteren Teams die Endrunde zu bestreiten. Welche Auswirkungen der neue Modus auf die Attraktivität und Qualität des Turniers hat, wird sich wohl erst im Ernstfall zeigen. Die Chancen, dass mehr Stars und gute Spieler partizipieren sind natürlich höher. Und wer weiß, vielleicht schafft die waliser Nationalmannschaft um Gareth Bale auch endlich den Sprung über die Hürde der Qualifikation. // Gastartikel von B. Küchler (http://zweiteluft.blogspot.de/)
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