Unterwegs in Bristol und Swansea- Teil 1:

Bristol City FC – Milton Keynes Dons 1:1, 03. Oktober 2015

von Christoph

Fresh Smoothies, Vegetarian Food, bycicle parking- klingt nicht nach England, ist es aber! Bristol ist ab sofort die Referenz unter den englischen Städten. Neben reichlich Kultur finden sich auch schicke Bars, Clubs und Restaurant auf und entlang dem Wasserarm, der sich durch die Innenstadt windet. Junggesellinnenabschiede und anderweitige, abendliche Gruppenausflüge gibt es natürlich auch hier, aber bei weitem nicht so geschmacklos wie in vielen anderen Städten auf der Insel. Diese Gegend ist also schick und nicht arm. Aber macht sich das beim Fußball bemerkbar?

Die Antwort ist: Ja! Am und im Stadion ist so gut wie keine Polizei zu sehen, nur Ordner versehen ihren Dienst. Und noch besser: Es darf draußen auf der Straße, außerhalb der Pubs, auch Alkohol getrunken werden, was viele Stadionbesucher auch nutzen. Entlang der Mauer am gegenüberliegenden Park treffen sich viele Rot- Weißen für einen Pre Match Talk. Wir sind in der Championship, der englischen Zweiten Liga, beim Bristol City FC. Zu Gast ist heute einer der unbeliebtesten Vereine überhaupt, die Milton Keynes Dons, die mit der Lizenz des Traditionsvereins FC Wimbledon im Jahre 2004 in die Wohnstadt Londons transferiert und gegründet wurden. Der Unternehmer Pete Winkelmann wollte in seiner Heimatstadt unbedingt einen Spitzenclub samt passendem Stadion etablieren und fand mit dem FC Wimbledon ein für diesen Zweck geeignetes, überschuldetes Opfer aus London. Die Fans des Londoner Clubs zogen nicht mit in die rund 70 Kilometer entfernte Vorstadt, sondern gründeten mit dem AFC Wimbledon damals einen eigenen Verein, der es mittlerweile bis in die vierte englische Liga, der League Two, geschafft hat. Die MK Dons benötigten hingegen elf Jahre um dorthin zu gelangen, wo sie hin wollten: In die Zweite Liga. Die Schadenfreude bei mehreren, vergeblichen Versuchen (auch in den Play-Offs) in den letzten Jahren war groß und stetig. Vor dem Spiel in Bristol stehen sie auf dem vorletzten Rang. Das Team aus dem Westen Englands leider noch einen Rang dahinter. Viel Spannung war also nicht zu erwarten.

Und genauso kann es auch. Auf spielerisch geringen Niveau gelang es den “Robins“ (Rotkehlchen) nicht, die 1:0 Führung aus den ersten Minuten der ersten Halbzeit über die Zeit zu bringen. Ganz im Gegenteil. Die Dons standen einem Sieg nach mehreren, gut herausgespielten Torchancen deutlich näher. Das der Ausgleichstreffer erst in der Nachspielzeit gelang, verdankten die Roten ausschließlich ihrem gut aufgelegten Torwart. Die Stimmung war entsprechend durchschnittlich unaufgeregt, obwohl sich die sangesfreudigen Heimfans und Gäste (momentan) eine Tribüne teilen. Der Atyeo Stand ist noch die letzte alte, verbliebene Tribüne des sich im Umbau befindlichen Ashton Gate Stadiums. In der Ecke zum abgerissenen West Stand sammeln sich die ultraorientierten Fans, eine Entwicklung, die auch vor der Insel keinen Halt macht. Die Gruppe nennt sich „The Park Enders“. Ob sie aus den East End Ultras hervorgegangen ist, deren Fahne aufgrund des Schriftzuges „Ultras“ schon mal kameraträchtig von Ordnern abgehängt wurde, ist nicht ganz klar. Das Wort „Ultra“ an sich steht im Zusammenhang mit Fußball bei englischen Behörden auf der ganz schwarzen Liste…
Auf jeden Fall pflegen sie eine Fanfreundschaft zum derzeitigen holländischen Erstdivisionär Willem II, was sowohl die Anwesenheit von einigen Niederländern beim Spiel als auch diverse Fahnen und Aufkleber auf der Tribüne erklärt. Nach Spielende war es mit der Fantrennung bereits direkt am Tribünenausgang vorbei, so dass ein kleines Grüppchen verhaltensauffälliger sonst unauffälliger MK Don Fans den direkten, aber nur kurzen Kontakt zu den Heimfans fanden. So blieben als Highlight des Tages eher die „Dancing Cranes“ (tanzenden Kräne) im Gedächtnis: Eine abendliche, vierzig minütige Licht- und Bewegungs- Perfomance an drei erhaltenen Hafenkrähnen auf der ehemaligen Hafenseite der Stadt Bristol.

Dancing Cranes in Bristol
Dancing Cranes in Bristol

Vom der Innenstadt gelangt man mit der Buslinie 24 nach Ashton. Es fährt auch ein extra Shuttlebus an Spieltagen aus der City zum Stadion. Gefunden haben wir den aber nicht. Die Taxifahrt kostet rund 6 Pfund bis an den Stadtrand. In der Nähe des Stadions finden sich ein paar Pubs und Kioske, die sich alle an der Ashton Road befinden. Dort hält an der Ecke Bath Street auch der Bus. Das Hauptticketcenter und der Fanstore befinden sich allerdings genau auf der anderen Stadionseite. Excellent Essen kann man im Old India in der Saint Nicholas Street. Das indische Restaurant bietet traditionelle indische Speisen in den schicken Räumlichkeiten der alten Börse von Bristol.

Bristol erreicht man direkt aber teuer ab Hamburg Airport mit der britischen Fluglinie bmi. Günstiger gestaltet sich der Flug mit easyjet nach London Gatwick Airport und von dort mit einer Bahnfahrt (Dauer ca. 2,5 Stunden) mit Umstieg in Reading. Mit Frühbucherrabatt ist ein Bahnpreis bis zu ca. 40 Euro möglich. Groundhopper könnten auf dieser Strecke bei Bedarf noch Swindon Town und Reading FC mitnehmen.

Und außerdem ist Bahnfahren bekanntermaßen auf der Insel ziemlich lustig: Dass es äußerst gefährlich ist, Koffer auf einer Rolltreppe zu transportieren, weiß man nach mehrfachen Durchsagen und Hinweisschildern, klar… Dass man aber in klimatisierten, englischen Zügen aufgrund der sommerlichen Hitze dehydrieren kann (in England wohlgemerkt, nicht Ägypten oder so), wissen wir erst seit den entsprechenden Hinweisschildern… Türen von Zügen mit Intercity Standard werden geöffnet, in dem man das Sichtfenster der Tür herunterschiebt, um die Tür mit dem Arm durch das Fenster von außen aufzumachen. Darauf wären wir nicht gekommen. Was fehlt? Genau, ein Hinweisschild! Für’s Protokoll: Mit Hilfe von Kennern der englischen Eisenbahn haben wir es geschafft, den Zug rechtzeitig vor Abfahrt zu verlassen. // Christoph

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