Hertha BSC – FC St. Pauli 1:2

Zweimal Fischbrötchen und Labskaus, dazu einmal Hoppelpoppel
Ein kulinarischer Schlagabtausch in der Hauptstadt von Hossa

Berliner Olympiastadion in blau getaucht.
Monströse Schüssel mit Rekord-Zuschauerzahl. 66.000 schauen das Zweitligaspiel. Foto: GeJo

Da hatte ich mich gerade mit einem weiteren Samstagabend-Spiel unserer Jungs auf dem heimischen Sofa angefreundet, da erreichte mich am Vormittag die Nachricht eines Freundes: „Ein Platz samt Eintrittskarte für Berlin zu vergeben“. Ich musste nicht lange überlegen und um 13 Uhr 45 wurde ich mit dem Auto direkt vor der Haustür abgeholt. Wat’n Service…
Kaum hatten wir unsere Plätze in dem monströsen und absolut hässlichen Stadion bezogen, stand es auch schon 2:0 für die Bhoys n Brown…
Dann klingelte mein Wecker…

Schade, – alles nur ein Traum. (Eindrücke vom Stadion gibt’s trotzdem, Georg war da und schildert kurz am Ende dieses Berichts). Doch die Realität holte mich ebenso ein, wie ich mir beim nahegelegenen Bäcker einen „Berliner“… Es ist bei mir Tradition, dass ich den Gegner dadurch zu schwächen versuche, indem ich dessen heimischen Speisen weg futter und deren Getränke vernichte. (Okay, gegen Köln verzichte ich dann doch eher auf das, was sie da Bier nennen…).
Auch heute bevorzugte ich eher heimische Gaumenspeisen…


19.13h: Die erste Nachricht (samt Foto aus der Kurve) aus Berlin trifft ein: „Was für ein Monstrum namens Stadion“, schreibt Kollege Georg. So habe ich den Bau, – wo Jesse Owens 1936 den Nazis mit vier Goldmedaillen mal zeigte, wo der Hammer hängt, – auch in Erinnerung…
Monströs, hässlich, ungemütlich.
19.15 – 19.30h: Wilde Unterhaltung im Redaktions-Chat, inklusive der Quizfrage bezüglich Jesse Owens.
19.30h: „Sport1“ startet wie üblich… schlecht bis unterirdisch. „Experte“ Maik Franz redet von „Pauli…???
20.00h: Ab zu „sky“. Einem kurzen Hartel-Portrait folgt das Interview mit unserem Trainer.
20.08h: Bei St. Pauli gibt es „Aufgewärmtes von Gestern“, also die gleiche Startelf wie gegen Schalke.
20.29h: Jackson Irvine ist im Kader! – Zunächst aber auf der Bank…

20.30h: Anpfiff. Statt „Berliner Weisse“ bleib ich bodenständig bei Astra.
20.36h: Eine Eggestein-Hereingabe, scharf wie die Chilischote, die meine Currywurst begleitet, segelt in den Berliner 16er, doch Hartel verwurstet diese nicht.
20.40h: Hartel zielt nach einem Zucker-Pass von Afolayan viel zu süß ab und auch deutlich zu hoch.
20:43: Die Kurve ist laut! Im Fernsehen klingt es nach Heimspiel. Sind eigentlich auch Berliner im Stadion?
20:47: Das Spiel plätschert dahin, wie ein verstopfter Schoko-Brunnen…
20:52: Die Kurve singt „Wir sind Zecken, … wir grillen unter Brücken…“?
20:55: Nachdem sich Saad mit ordentlich Senf, … ähem, Speed durchsetzt hat, markiert Eggestein im zweiten Versuch die braunweiße Führung! Yeah!! In diesem Moment sind wir…
SPITZENREITER !!! Und mit was? Mit Recht !!!! Das erste Fischbrötchen ist gegessen.
21:04: Welchen Zaubertrank haben Saad, Eggestein und Afolayan eigentlich zu sich genommen? Die drei wirbeln die Defensive der Hertha immer wieder durcheinander. Man könnte auch sagen, die Berliner Abwehr ist löchrig wie ein Schweizer Käse…
21:05: Klarer Strafstoß! Smith wird im 16er mehr als unsanft von den Beinen geholt und Schiri Aytekin…? Schaut sich das auf dem Bildschirm an und gibt nach gefühlten fünf Minuten… nichts! Herrje, bisher war er mir immer sympathisch. Ich beschließe seine Currywurst zu vergiften, die er in der Pause sicherlich in der Kabine verspeist.
21:14: Bislang ist das insgesamt noch kein wirkliches Festmahl. Wenn auch die Dekoration (auf den Rängen) sehr ansprechend ist… Es gibt drei Minuten(steaks) Nachschlag.
21:19: Endlich Pause! Schnell in die Küche, das Essen umzurühren.

Man braucht in dem Stadion echt einen Feldstecher! Foto: GeJo

21:37: Schiri Aytekin bittet zum zweiten Gang. Eggestein serviert sofort für Saad, doch dieser lässt den angebotenen Leckerbissen liegen.
21:45: Die Hürzeler-Crew fährt nicht runter, sondern kocht weiter auf höchster Flamme!
21:49: Eine zu kurz flambierte Hartel-Ecke gerinnt irgendwo in der Herthaner Defensiv-Küche.
21:52: Hertha drückt plötzlich – fast die Marmelade aus dem Berliner, doch diese bleibt immer wieder in unserer Abwehr kleben.
21:59: Unsere Jungs holen nun die ganz große Pfanne raus und brutzeln eine Großchance nach der anderen. Allein der Senf will nicht auf die Bulette…
22:03: Wunderheilung! Jackson wird eingewechselt! (Auf Grund umfangreicher investigativer Recherche, kenne ich auch den Grund: Während seiner Verletzungspause war er im Heilbad-Kurort Jolly und bekam dort einige Portionen Zaubertrank eingeflößt…!).

22:06: Nun gibt es Harte(l)-gekochte Kopfbälle! Erst mit der Birne an die Latte, dann nach einer fein-abgeschmeckten Afolayan-Hereingabe erneut mit dem Schädel, und diesmal
Unterlatte und rein ins Vergnügen! 2:0 für die Spitzenköche! Das Labskaus ist angerichtet…!
22:12: Weiter! Immer weiter!… Es könnte auch schon lecker 0:4 stehen.
22:15: Wahl schmeißt den Topf vom Herd, Smith, verschüttet die Milch und auch Vasilj rührt nur
halbherzig im Brei. Verdammt, der Herthaner Scherhant verkürzt auf 1:2. Wird die Sauce jetzt
doch noch dick…?
22:21: Es gibt weichgekochte fünf Minuten(eier) Nachschlag.
22:27: Abpfiff! Schiri Aytekin legt sein Besteck zur Seite und rülpst zufrieden.
Fazit: Gegner verputzt! Über 12.500 anwesende braun-weiße hungrige Mäuler wieder mal satt gekriegt, weiter ungeschlagen, Spitzenkoch und sowieso der einzige Verein mit guten Geschmack! Amen.


P.S.: Zur Quizfrage: Jesse Owens gewann 1936 viermal Gold. Über 100m, 200m, 4x100m
und…?
A: 110m Hürden
B: 4x400m
C: Weitsprung
Bonusfrage: Was bekommt man in Berlin, wenn man „Hoppelpoppel“ bestellt?
A: Cola-Weinbrand
B: Bauernfrühstück
C: Kakao mit Mozzarella
Wer googelt wird mit Volxpark nicht unter fünf Jahren bestraft! – Und das im St. Pauli-Trikot…
Wer es weiß, ist für den nächsten Jolly-Pubquiz am 11. Oktober qualifiziert. //Hossa

Hertha BSC: Ernst – Karbownik (70. B. Dárdai), Leistner, Kempf, Dudziak (59. Hussein) – Winkler (46. Christensen), Bouchalakis, M. Dardai, Reese – Prevljak (70. Scherhant), Tabaković (80. Niederlechner)
FC St. Pauli: Vasilj – Wahl, Smith, Mets – Saliakas, Hartel (90. Boukhalfa), Metcalfe (70. Irvine), Ritzka – Afolayan (85. Treu), Eggestein (70. Albers), Saad (85. Amenyido)
Tore: 0:1 Eggestein (25.), 0:2 Hartel (74.), 1:2 Scherhant (83.)
Schiedsrichter: Deniz Ayzekin (Oberasbach)
Fans: Mindestens 12.500 Braun-Weiße und einige aus Berlin

Dreipunktesamstagabendfluchtlichauswärtssieg trotzt pompösen Dardaismus – Aus dem Stadion berichtet Georg

Es war natürlich berauschend. Es soll vor dem Anpfiff zwar sehr viel Stress an den Einlässen gegeben haben, etwa 1000 St. Pauli-Fans sollen davon betroffen gewesen sein, dass es weder vor noch zurück ging. Scanner zeigten grün für Go an, aber man kam trotzdem nicht rein. Die Security soll dem Vernehmen nach total überfordert gewesen sein. (Also alles wie immer, wenn wir gegen Berliner Mannschaften spielen.) Aus diesem Grund kamen zwei Bekannte von mir erst in der 3. Spielminute an ihren Platz. 

Ansonsten… Die Stimmung war schon grandios. So groß war der Unterschied zum leidenschaftlichen Support vor heimischer Kulisse nicht. Na, ja… bei mutmaßlich mehr als 12.000 St. Paulianhänger*innen kein Wunder. Als Erklärung aber nicht ausreichend. Besondere in der 2. Hälfte. St. Pauli war drückend überlegen. Nach dem 2:0 schallte es unablässig “Wer schießt heut’ ein Tor, führ’ deinen Gegner vor…” usw. 10 bis 15 Minuten bis zum überflüssigen Gegentor, der das Spiel zum Ende hin nochmal unnötig spannend machte.

Und Hertha, das Stadion & die eigenen Fans?

Mehr Schein als Sein. Alles wie gehabt. Trotz viel Tamtam und Umpfda, umpfda, Verabschiedung von Kevin-Prince Boateng. Der Stadionsprecher meinte vor dem Spiel beim Blick auf die aktuelle Tabellenkonstellation an der Spitze, dass man aus Respekt vor den Gästen den Tabellennachbarn aus derselben Stadt nicht beim Namen nennen würden. Jeden Tag eine gute Tat.. da war sie. Also Hertha kann doch was.
Ich mache jetzt mal Schluss mit meiner Berichterstattung.
Aber: Ganz ohne Häme & Spott Richtung Hertha komme ich einfach nicht aus. Sie betreffen aber weniger die Heimmannschaft, sondern nur die Art und Weise der Eventisierung eines ganz normalen Ligaspiels in der 2. Bundesliga. Oder anders ausgedrückt: Heute bin ich Disco und am Ende nur ein trauriger Clown, dem gerade bewusst wurde, dass seine beste Zeit vorüber ist.
Die tun so (Sdadionsprecher) als würden im nächsten Moment Beyonce, Ed Sheeran & Taylor Swift die Bühne betreten; mit Standarte und Blaskappelle. “Mit eurer Begeisterung können wir jeden Gegner schlagen”, rief der Stadionsprecher einmal. Tja, nicht jeden, wie sich zeigte. Und der ganze Tamtam deckt sich gar nicht mit der Resonanz. Fast als würde man jmd. mit der ganzen Anpeitscherei eher erschlagen wollen, als wenn es die eigenen Fans zu Jubelstürmen animieren könnte.
Nichtsdestotrotz muss ich konstatieren, dass es für mich eines der schönsten Auswärtserlebnisse überhaupt war. //GeJo

Teilen: