Offener Brief der Frauen- und Mädchenfußballabteilung

OFFENER BRIEF der Frauen- und Mädchenfußballabteilung des FC St Pauli von 1910 e.V.

Uns reicht’s!  

An der Frauen- und Mädchenfußballabteilung vorbei wurde kürzlich vom Präsidium und unter Mithilfe einer Einzelperson ein drittes Frauenfußballteam außerhalb der Frauenfußballabteilung, jedoch innerhalb des FC St. Pauli beim Hamburger Fußball Verband (HFV) gemeldet. Wir möchten mit diesem Brief zu dem entstandenen abteilungsinternen und inzwischen abteilungsübergreifenden Konflikt sowie zu der damit verbundenen beispiellosen Autonomieverletzung unserer Abteilung Stellung beziehen.

 Wer wir sind

USP-Tapete beim Heimspiel gegen AachenDie Frauen- und Mädchenfußballabteilung besteht seit nunmehr 21 Jahren. Grundlegend ist unser  Selbstverständnis (http://www.fcstpauli-frauenfussball.de/selbstverstandnis.html), das 2008 verabschiedet wird und unter anderem die Selbstverwaltung als Grundprinzip beschreibt sowie Leitlinien für das sportliche und soziale Miteinander festhält. Damit unterscheiden wir uns bewusst von anderen Vereinen.

Die  sportliche Bilanz der Abteilung ist positiv: gab es 2003/2004 nur ein Mädchenteam (welches mit Unterstützung des Fanladens aufgebaut wurde) sowie ein Frauenteam, spielen mittlerweile vier Mädchen- und zwei Frauenteams sowie eine Ü30 für den FC St. Pauli.

Um den vielen nachrückenden Mädchen eine leistungssportliche Perspektive im Verein zu bieten, entscheidet sich die Abteilung, zur Saison 08/09 ein leistungsorientiertes Team zu gründen. Unter dem Trainer Kai Czarnowski wird das neugegründete 1. Frauenteam ungeschlagener Meister der Bezirksliga, steigt damit bereits in der ersten Saison in die Landesliga auf. Der Erfolg wird 2009 durch die Verleihung der bronzenen Leistungsnadel durch das Präsidium gewürdigt. In der Saison 09/10 erreicht das Team als Aufsteiger den 5. Platz. Ein Nachrücken ermöglicht den zweiten Aufstieg in Folge in die Verbandsliga, Hamburgs höchster Spielklasse. Es gelingt der Einzug ins Viertelfinale des ODDSET Pokals.

Flemming Nielsen ist seit Mitte 2006 Mädchentrainer unserer Abteilung; seit 2009 bei den A-Mädchen. Mit diesem Team gewinnt er zweimal die Staffelmeisterschaft.

Die Frauen und Mädchenfußballabteilung hat sich niemals dem Leistungsgedanken verwehrt oder diesen gar abgelehnt. Im Gegenteil: Die Abteilung hat aus sich selbst heraus die Entscheidung für leistungsorientierten Frauenfußball getroffen und im Selbstverständnis festgehalten. Warum wir nicht wie andere Vereine den sportlichen Erfolg um jeden Preis als höchstes Ziel sehen, erklärt sich von selbst.

Keine Macht für Niemand

Wie ist es nun dazu gekommen, dass Flemming Nielsen und diverse A-Mädchen den Verein zunächst verlassen, um dann ein 3. Frauenteam außerhalb unserer Abteilung aber trotzdem beim FC St. Pauli zu melden?

Zur Abteilungsversammlung im April 2011 stellt Flemming einen „Antrag auf Änderung der Abteilungsordnung“ (http://www.fcstpauli-frauenfussball.de/antrag_4.html). Sein Bestreben, eine „sportliche Leitung“ zu etablieren, die „allein entscheidungsbefugt die sportlichen Belange“ aller Teams regelt, widerspricht grundsätzlich unserem Selbstverständnis, da “Teams und TrainerInnen/BetreuerInnen sowie alle einzelnen Spielerinnen untereinander gleichberechtigt” sind.

Der Antrag kommt aufgrund eines Fristversäumnisses nicht zur Abstimmung.

Auf der Versammlung erfolgt eine Mehrheitsentscheidung zur Bildung der AG „Sportliches Konzept“, deren Ergebnis nach Ablauf einen Jahres der Abteilung zur Abstimmung vorgelegt wird. Die AG tagt bis heute mehrfach, Flemming Nielsen beteiligt sich nicht. Er lehnt eine Mitarbeit aufgrund „fachlicher Inkompetenz“ klar ab.

Der Antrag und sein Verhalten drückt unserem Empfinden nach eine große Respektlosigkeit aus. Flemming Nielsen hat offensichtlich kein Interesse, sich einem basisdemokratischen und gemeinsamen Prozess auszusetzen, wie es in unserer Abteilung üblich ist. Ein Ehrenamt dient der Sache und nicht dazu, eigene Interessen zu verfolgen oder persönliche Ziele umzusetzen.

Entweder 1. Frauen oder gar nicht?

Auf der gemeinsamen Sitzung von TrainerInnen, BetreuerInnen und Abteilungleitung am 3. Mai 2011 teilt der Trainer der 1. Frauen, Kai Czarnowski mit, dass er für zwei weitere Jahre seinen Posten behalten möchte. Flemming äußert, dass er der Abteilung unter diesen Umständen (Kai bleibt Trainer der 1. Frauen) nicht weiter zur Verfügung stehen würde.

Es erfolgt eine Einladung des Präsidiums zum Thema Frauen- und Mädchenfußball an Flemming, Ulf Ancker (Co-Trainer A-Mädchen), den Amateurvorstand und unsere Abteilungsleitung. Der Amateurvorstand (Bodo) weist auf den Ehrenrat als richtige Adresse zur Beilegung von Konflikten zwischen Mitgliedern und Vereinsorganen hin. Das Treffen wird von Seiten des Präsidiums wieder abgesagt.

Knapp einen Monat später gibt Flemming per Email sein definitives Ausscheiden aus der Abteilung bekannt. In den kommenden Wochen herrscht aufgrund unklarer Aussagen von Flemming bezüglich der Zukunft der A-Mädchen große Verunsicherung im Mädchenbereich. Flemming Nielsen nimmt Kontakt zu anderen Vereinen auf, findet jedoch keine neue sportliche Heimat.

In einem Gespräch mit dem Präsidium äußert die Abteilungsleitung deutlich, dass alle Mädchen eine breitensportliche oder leistungsorientierte Perspektive innerhalb der Abteilung haben. Einvernehmliches Ergebnis dieses Gespräches ist es, dass für Frauen- und Mädchenfußball im Verein keine weiteren Kapazitäten zur Verfügung stehen. Viele A-Mädchen kündigen im Juni ihre Vereinsmitgliedschaft.

Das Motiv für Flemming’s Antrag (s.o.) wird in dem Versuch die Abteilungsleitung vor die Wahl zu stellen, im Sinne von „wenn der Trainerposten der 1. Frauen nicht frei ist, stehe ich nicht zur Verfügung“ mehr als deutlich. Nachdem er mit dem Antrag scheitert, versucht er nun mit allen Mitteln seine persönlichen Ziele zu erzwingen. Was das Präsidium hier für eine Rolle spielt, bleibt dabei mehr als fraglich….

Ein 3. Frauenfußballteam wird von Flemming Nielsen gemeldet – von der Abteilungsleitung abgemeldet – vom Präsidium erneut angemeldet

Am 1. Juli meldet Flemming Nielsen ein 3. Frauenfußballteam (!), das in der Kreisliga Ost parallel zu den 2. Frauen unserer Abteilung (KL West) in direkter Konkurrenz um den Bezirksliga-Aufstieg steht. Vermutlich ist dieses Team der Rugbyabteilung angegliedert. Da Flemming Nielsen nach den Regularien des HFV nicht zu jener Meldung befugt ist, wird diese von der Abteilungsleitung wieder zurückgezogen.

Zu unserer großen Überraschung meldet das Präsidium (!) am 27. Juli erneut ein Frauenteam beim Hamburger Fußballverband an. Ob dieses 3. Frauenfußballteam, welches von Flemming Nielsen trainiert wird, und zum Großteil aus ehemaligen A-Juniorinnen besteht, wirklich der Rugby-Abteilung(!) zugehörig ist oder direkt dem Präsidium untersteht, entzieht sich bis zum heutigen Tag unserer Kenntnis. Fakt ist, dass es nicht Teil der Frauenfußballabteilung ist. Einen Antrag auf Gründung dieses Teams innerhalb unserer Abteilung gab es zuvor nie. Das Präsidium hält es nicht für notwendig, unsere Abteilungsleitung hinsichtlich dieser geplanten und vollzogenen Meldung zu informieren.

Die Abteilungsleitung wendet sich an den Ehrenrat.

Wir stellen fest, dass sowohl die Rugby-Abteilung jedoch insbesondere das Präsidium sich in nicht zu tolerierender Weise in die Autonomie und Belange unserer Abteilung einmischen. Wozu braucht der FC St. Pauli überhaupt Abteilungen, wenn jeder durch Kontakte zum Präsidium Teams melden kann? Seid ihr noch ganz sauber? Hier wird ausgehend, von einer normalen abteilungsinternen Kontroverse eine Dimension erreicht, die den gesamten Amateursport beim FC St. Pauli betrifft. Nach unserem Verständnis der Organisationsstruktur des Vereins ist der Amateursport in Abteilungen strukturiert.

Teams einer jeweiligen Sportart sind demnach nur in der entsprechenden Abteilung zu melden. Die geschehene abteilungsfremde Meldung durch das Präsidium ist für uns vollkommen unverständlich. Sie ist insbesondere durch ihre respektlose Art des stillschweigenden Nicht-Informierens ein Schlag in das Gesicht aller Amateursportabteilungen.

So scheint es für uns von Nöten, über eine Satzungsergänzung o.ä. Voraussetzungen  dafür zu schaffen, dass sich ein solches Possenspiel in keiner Abteilung wiederholt und somit der Vereinsfrieden gewahrt bleibt. Es kann nicht sein, dass eine Person erst eine Abteilung intern und dann u.U. mehrere Abteilungen in unterschiedliche Lager spaltet. Wir finden es absolut unprofessionell von Seiten des Präsidiums, sich auf eine solche Vorgehensweise einzulassen, bei der die entsprechenden Gremien innerhalb des Vereins schlichtweg übergangen werden.

Wir fordern aufgrund der vorgefallenen Ereignisse:

1.)    Es darf generell keine konkurrierenden Teams gleicher Sportart in unterschiedlichen Abteilungen geben!

2.)    Das 3. Frauenteam wird offiziell wieder abgemeldet!

Wer sich mit unseren Forderungen solidarisieren will, kann dies in Form einer onlinepetition auf: www.fcstpauli-frauenfussball.de machen.

St. Pauli, am 8.8.2011. unterzeichnet von Spielerinnen aus allen Frauenteams:

Sabine Herkenrath, Katrin Pingel, Sonja Fliegel, Anna von Villiez, Tine Kreich, Annette Matthes, Nicole Appel, Birgit Kaiser, Jessica Bodetko, Mareike Wittkuhn, Sabine Merz, Sabrina Weis, Rebecca Tabaschnik, Marisella Hirschmann, Levke Nommsen, Franziska Gröll, Dörte Krickels, Nadine Gerdes, Cathrin Baumgardt, Tarja Kühne, Jessica Adam, Daphne Heinsen, Hagar Groeteke, Nicole Beckmann, Romina Garcia Hinsch, u.v.m.

Und TrainerInnen aus allen Teams: Kai Czarnowski (1. Frauen), Alejandro Martinez Saavedra (2. Frauen), Gabriele Kröger (Ü30-Frauen), Christian Rohloff (B-Mädchen), Lilly Wunderlich & Alexandra Klüber (C-Mädchen), Helen Blatz (D-Mädchen)

Teilen:

Kommentare sind geschlossen.