This is the beginning… (Sportliches zum Derby)

Hamburger Sportverein A.G. – FC St.Pauli 0:0 (0:0)
Tore: –
Zuschauer: 57.000 (davon wohl um die 6000 St. Paulianerinnen und St. Paulianer, plus 15.000 beim Public Viewing am Millerntor)

“Ob und wie dieser Blog gegebenenfalls von anderen Personen aus der Redaktion fortgeführt wird, wird die Zeit zeigen.”  (Frodo, August 2018)

Beginning? Stimmt irgendwie. Zumindest für den ÜS-Blog in seiner neuen Form. Und auch für mich selbst als Mitglied beim Übersteiger. Zumindest für mich ist das eine ziemlich aufregende Sache, meine Gedanken hier zu virtuellem Papier bringen zu können. Große Fußstapfen, aber ich freu mich drauf und über Feedback und deswegen keine weitere Vorrede. Schließlich stand am Wochenende eines der bedeutenderen Spiele der jüngeren Vereinsgeschichte auf dem Spielplan (auch wenn man zweifellos zu Recht einwenden könnte, dass das 1:0 gegen Bielefeld in der vergangenen Saison oder das 2:1 in Kaiserslautern die Spielzeit davor für den Verein selbst deutlich wichtiger waren). Aber, Stichwort Aufregung, zumindest bei vielen Personen in meinem Umfeld und auch bei mir selbst war die Anspannung dann doch einen Ticken größer als an einem beliebigen Spieltag.

Na gut, eines noch vorneweg: Ich werde mich in den folgenden Zeilen auf das Sportliche konzentrieren. Zu sämtlichen Derbybegleiterscheinungen, ob im Vorfeld, kurz vor Anpfiff, währenddessen und danach,  gibt es viele fantastische Blogs rund um den magischsten aller FCs, die einen bedeutend besseren Einblick in diese Thematik haben als ich und die sich bereits geäußert haben oder es sicherlich noch tun werden.

©Ariane Gramelspacher/arigrafie

Was also aus sportlicher Sicht tun mit diesem 0:0 im Volkspark? Kurzer Blick zurück auf den vergangenen Freitag, 21.9, 18:30. Der HSV steht mit 12 Zählern an der Spitze der Tabelle, St. Pauli hat sein letztes Spiel 1:3 in Aue verloren und darf seine Qualitäten als Aufbaugegner in Ingolstadt beweisen. Hätte mir zu diesem Zeitpunkt jemand ein Remis im Derby angeboten, ich hätte wohl ohne viel Zögern zugesagt. Zu löcherig damals unsere Abwehr, zu inkonstant unsere Offensive. Drei Spiele inklusive 90 Minuten gegen die Rauten später bleibt immerhin noch ein Gefühl der Zufriedenheit, den Titel des Stadtmeisters nicht aus der Hand gegeben zu haben. Aber dieses Gefühl ist gemischt mit einer gewissen Unzufriedenheit, mit einem was-wäre-wenn.

Die gesamte Spieldauer über war beiden Mannschaften anzusehen, dass sie ein Gegentor um jeden Preis verhindern wollten. In gewisser Weise setzten beide Mannschaften dadurch einen Trend fort: Der HSV kassierte zuvor fünf Gegentreffer gegen Regensburg, spielte danach 0:0 gegen Fürth und setzte erst mal auf defensive Stabilität. Markus Kauczinski hatte schon in den beiden Partien vor dem Derby einen eher passiveren Ansatz gewählt, auf das regelmäßige hohe Anlaufen des Gegners (wie noch in den Spielen gegen Köln und Aue zu sehen) wurde so gut wie komplett verzichtet, die Mannschaft zog sich bei gegnerischem Ballbesitz bis in die eigene Hälfte zurück. Sah zwar nicht schön aus, brachte aber sechs nicht vollkommen unverdiente Punkte. Bei aller offensiven Qualität, die der HSV mitbringt, eine für mich komplett nachvollziehbare Taktik. Und so entwickelte sich ein höhepunktarmes Derby, bei dem der HSV nicht viel mehr als Chancen auf Chancen hatte (der Kopfball Bates nach Ecke (25.) und die Chance von Hwang nach Konter in der zweiten Hälfte (60.) waren da noch das gefährlichste), und St. Pauli seine wenigen Möglichkeiten aufgrund von mangelnder Präzision nicht verwerten konnte. Sei es der Schulterkopfball von Flum (7.) oder die Möglichkeit von Diamantakos (59.).

Trotzdem hätten die Boys in Brown in den letzten Minuten die Partie noch für sich entscheiden können, vielleicht sogar müssen und genau deswegen bin ich sicherlich nicht der Einzige, der nach dem Spiel erst mal ein wenig hadern musste, bevor er sich freuen konnte. Zuerst der Schuss von Knoll, der von halblinks unglaublich viel Platz hat, vom Strafraum abzieht und das Ding vorbeihaut. Bei seinen Qualitäten im linken Fuß ist diese Situation eine richtig gute Chance und wenn er nicht schon ein ganzes Spiel plus englische Woche in den Knochen hat, macht er das Ding vielleicht eher rein. Und dann natürlich die Szene in der Nachspielzeit. Ja, das sah schön aus, was Sahin da fabrizierte (und der Ballgewinn war allererste Sahne), aber ich bin mir fast sicher, dass es noch gefährlicher geworden wäre, hätte Sahin Buchtmann bedient, der alleine auf das Tor von Pollersbeck hätte zulaufen können, anstatt ein Tor des Jahres zu versuchen.

Diese letzte Szene war so ein bisschen ein Spiegelbild von der Leistung Sahins im Derby: Defensiv hatte er viele richtig starke Szenen und hat mir sehr gut gefallen (trotz der unnötigen Gelben Karte). Offensiv kostet es einfach Nerven, dem Mann beim Spielen zuzuschauen. Wenn Kauczinski ihm beibringen kann, das Spiel besser zu lesen und schneller abzuspielen, kann er noch deutlich effektiver sein. Keine neuen Probleme, schon klar. Schade ist nur, dass es so leicht ist, sich bei ihm noch viel, viel mehr vorzustellen, besonders wenn er defensiv so abliefert wie in den vergangenen beiden Partien.

Wie also die englische Woche, die bisherige Saison und die momentane Situation der Braun-Weißen bewerten? Punktemäßig ist alles okay. Zwischen dem zweiten Platz (Fürth) und den 13. Platz (Darmstadt) liegen grade mal fünf Zähler, und irgendwo dazwischen tummelt sich momentan St. Pauli. Außerdem haben wir als derzeit sechster gegen drei der besten fünf Teams bereits gespielt. Unabhängig davon kann man feststellen, dass unsere Defensive seit dem Spiel gegen Ingolstadt wieder funktioniert. Nur ein kassiertes Gegentor in diesem Zeitraum ist ein schöner Beweis dieser Arbeit, wer die Spiele gesehen hat wird bestätigen, dass es schwer ist, sich gegen uns Torchancen herauszuspielen. Selbst mit einer komplett ausgetauschten Offensivreihe mit den für Zweitligaverhältnisse äußerst klangvollen Namen Ito, Narey und Lasogga brachte der HSV vor dem Tor von Himmelmann nicht viel zu Stande.

Die entscheidende Frage wird sein: Wie viel Offensivkraft können wir jetzt noch entwickeln, ohne unsere neu gewonnene Defensivstärke aufzugeben? Wir haben jetzt drei Mal gegen Gegner gespielt, bei denen wir uns ohne Weiteres hinten reinstellen konnten. Ingolstadt war unter Druck, hat einen teuren Kader und musste kommen. Paderborn ist spielerisch unglaublich stark und möchte selbst das Spiel machen. Der HSV hat mit seinen finanziellen Möglichkeiten selbstverständlich ebenfalls den Anspruch, dominant aufzutreten. Spannend wird deswegen das kommende Spiel gegen Sandhausen. Traditionell eine konterstarke, defensiv denkende Mannschaft, besonders wenn sie Auswärts spielt. St. Pauli wiederum steht nach sieben Punkten aus der englischen Woche und einer nach oben zeigenden Formkurve das erste Mal wieder unter dem Druck, selbst das Spiel machen zu müssen. Ich bin mir sicher, dass nicht nur die Fans sondern auch die Mannschaft selbst einen Sieg erwartet. Wie viel Risiko ist das Team dafür bereit zu gehen? Bekommen wir wieder ein offensiveres Anlaufen zu sehen? Kann die Mannschaft eine kompakte Defensive spielerisch knacken? Vielleicht können wir schon nach der Partie erkennen, ob das Ziel in dieser Saison (mal wieder) lauten muss, so schnell wie möglich auf 40 Punkte zu kommen, oder ob wir uns vielleicht noch ein wenig länger auf den einstelligen Tabellenplätzen wieder finden werden.

Forza! // Tim H.

 

Links:

Millernton: “Der HSV riecht scheiße”. Frodo und Timbo über das Drumherum und aufm Platz

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