Aber Hurra! – Der erste Punkt ist da!
Ach, ein schickes Spiel zu einer beschissenen Zeit. Flutlicht am Millerntor reißt dann aber doch einiges raus. Und so sammelte sich die Anhängerschaft am späten Sonntagabend zum Abschluss des vierten Spieltags. Mittlerweile – wohlgemerkt – als Tabellenletzter, da Kiel in letzter Minute aus der Arena am Starlight Express in Bochum einen Punkt entführte. Und so war vor dem Spiel gegen Brause Leipzig der magische FC als einziges Team noch ohne Punktgewinn. Was sich glücklicherweise ändern sollte. Zum positiven Erstaunen aller schien – im Gegensatz zur Augsburg-Pleite – das Team wie ausgewechselt und zeigte ein komplett anderes Gesicht.
In den Medien geisterte seit Tagen die imaginäre Taktikumstellung durch die Berichterstattung. Ging mir gelinde gesagt ziemlich auf den Keks. Teilweise erinnerte das an die sich trennende Ex-Frau bzw. dem Freund, dem man immer noch hinterher trauert, obwohl der oder die Verflossene mittlerweile glücklich anderweitig vergeben ist. Es wäre eher Zeit gewesen, der Realität ins Auge zu sehen, denn was da auf dem Platz stand, war das erste Mal seit geraumer Zeit mal wieder eklig, kämpferisch und aufopferungsvoll.
So unterschreibe ich auch, was Hauke Wahl nach dem Spiel sagte: “Sankt Pauli like“. Wobei, nicht ganz: “Sankt Pauli like” wäre es gewesen, die weitaus bessere Mannschaft zu sein und in der Nachspielzeit noch das 0:1 zu kassieren. Aber nicht an diesem Abend! Die mit Ausnahmekönnern bespickte Mannschaft aus Leipzig kam zu keiner Zeit des Spiels auch nur annähernd in torgefährlichen Schwung.
Unter der Woche verlor man zwar unglücklich in Madrid, allerdings zeigte man identische Leistung bereits im Heimspiel gegen Union. Und so muss sich Trainer Rose sicherlich die Frage gefallen lassen, was aktuell mit dem Offensivschwung seiner Truppe los ist. Anyway, unsere Taktik war diesmal eine andere, was sicherlich dem Umstand geschuldet war, dass die ersten Hälften der vergangenen Spiele – gelinde gesagt – schwierig waren. Zumindest immer, bis Saad und Afolayan eingewechselt wurden. Diesmal also die beiden von Beginn an. Und was noch anders war: Der Funke sprang von den aufgeladenen Rängen vollends auf die Mannschaft über.
Und die Mannschaft war komplett im Spiel, motiviert und spritzig.
Was die Jungs da teilweise an Wegen gegangen sind, welche Tacklings sie geführt hatten und wie konsequent Konter gefahren wurden, das war aller Ehren wert.
Das Stadion war gestern großartig, pushend, nach vorne treibend und vor allen Dingen laut. Ich will nicht sagen, dass die Euphorie und die Unterstützung gegen Heidenheim zu Hause schlechter war, sie war allerdings anders. Vielleicht war es der Tatsache geschuldet, dass man gegen Heidenheim erfolgsverwöhnt insgeheim einen Sieg erwartet hatte und gegen Leipzig nun höchst emotional ins Stadion und in den Support ging. “Wenn du an der Wand stehst, dann musst du alles geben”, mag da die Devise gewesen sein.
Zu Beginn der ersten Halbzeit wurde der angekündigte Protest über Banner kund getan, allerdings auch alles im Rahmen. Ich denke, man muss dem Konstrukt Leipzig und Co. kreativ gegenübertreten und sich ggf. von anderen Fanszenen absetzen, die einfach nur unter der Gürtellinie agieren. Ich fand es angebracht und nicht über das Ziel hinausgeschossen. (Fußball)Werte sind für alle da, das was einige Fanszenen sicherlich zurecht bei Leipzig bemängeln, dann allerdings den Bogen verbal viel zu sehr überspannen und sich auf identisches Niveau begeben. Ob ich von Herrn Rose nach dem Spiel gelobt werden will, dafür dass ich ihm keinen Stinkefinger gezeigt habe… ich bin mir nicht sicher. Alleine die Tatsache, dass dies nicht grundsätzlich Normalität sein sollte, erschreckt mich dann doch ein wenig. Der Bulle ist mir egal, ob ich dem dann einen Finger ins Gesicht strecke oder nicht, es wird sicherlich an der Thematik RB nichts ändern. Dann also lieber kreativ und wirksam und ggf. auch so wie Oke es medial getan hat. Leipzig muss da bekämpft werden, wo es ihnen weh tut. Das mag in der Öffentlichkeit sein, aber auch ggf. rechtlich.
Zurück zum Spiel: Was bei aller Euphorie allerdings erneut auffiel, es fehlt einer, der das Tor trifft. Womöglich reichen uns noch 30 torlose Unentschieden zum Klassenerhalt. Gehen wir es also an. Sollte dies wirklich so kommen, und wir halten mit dieser Offensive irgendwie die Klasse: Andreas Bornemann, ich gebe dir feierlich ‘ne Kiste Craftbier aus, oder wahlweise ‘ne Kiste Weißwein meines Nachbarn, der Winzer ist. Hast du mein Wort drauf! // Carsten | Fotos: © Svenja Rheinländer
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