Das untere Mittelmaß in Zahlen – Die Saison 2017/2018 in der Statistik-Rückschau

Es ist soweit: Ich habe einmal ganz tief durchgeatmet (vermutlich lag es an der Elternzeit, die ich zwischendurch hatte) und möchte nun die Saison des FCSP aus statistischer Sicht angehen. Wer ab und an mal den MillernTon hört, der hat vielleicht schon mitbekommen, dass ich unter anderem ‚deep in love‘ mit expected Goals bin. Deswegen werde ich diese Daten natürlich bis ins kleinste Detail auswerten. Aber ich nehme auch einige der „üblichen Verdächtigen“ Statistiken mit auf, da das Bild dann etwas runder wird.

Ich möchte vorwegnehmen, dass meine Vorliebe für Statistiken im Fußball leider nicht mit einer Vorliebe für statistische Methoden einhergeht. Ehrlichgesagt rufen Begriffe wie ANOVA, Normalverteilung, RMSE und Akaike information criterion eher Grausen bei mir hervor. Daher kann es durchaus sein, dass die hier präsentierten Statistiken es mit der Signifikanz nicht sonderlich genau nehmen, stattdessen aber mit ganz viel Herzblut gefüllt sind.

Platz 12 von 18 Teams bedeutet unteres Mittelmaß für den FCSP. Nimmt man die Ziele der Vereinsführung als Maßstab, dann müssten wir die Saison im oberen Drittel der Tabelle beendet haben. Warum das nicht passierte, ob wir diese Platzierung verdient haben und woran in der Vorbereitung dringend gearbeitet werden sollte, lässt sich auch ein wenig anhand verschiedener Statistiken zeigen.

Ein Blick auf die 2.Bundesliga

Im tiefen FCSP-Twitter-Kosmos existiert ein „nameless, genderless robot“ namens stpaulistats. Die Tweets sind zwar deutlich nicht so objektiv wie man es von einem Roboter erwarten würde, aber in steter Regelmäßigkeit wird die Internetseite von stpaulistats mit Daten aller Zweitligisten von football-data.co.uk und data.fivethirtyeight.com gefüllt. Da ich die Daten von fivethirtyeight ebenfalls gesammelt habe, möchte ich auf die Daten der sogenannten „shot table“ eingehen. Diese Tabelle beinhaltet alle Torschüsse der Saison 17/18 aber auch weitergehende Statistiken, die sich aus den Torschussverhältnissen errechnen lassen.

(Source: http://stpaulistats.blogspot.com/p/main-table.html)

Ob und wie aussagekräftig die in dieser Tabelle angeführten Statistiken sind, überlasse ich jedem selbst. Aus meiner Sicht wird vor allem eines mehr als deutlich: Der 1. FC Kaiserslautern hat den Abstieg verdient. Denn sowohl bei den eigenen als auch bei den gegnerischen Torschüssen (gesamt und nur Schüsse aufs Tor) belegen sie den letzten Platz. Da hilft dann auch der zweithöchste PDO wenig, da die total shot ratios deutlich die schwächsten der Liga sind (der PDO, auch Glücksfaktor genannt, ist übrigens das Verhältnis von eigener Chancenverwertung (Score %) vs. gegnerischer Chancenvernichtung (Save %) und die total shot ratios geben das Verhältnis eigener Torschüsse zu denen des Gegners an). Folgt man dieser Statistik, so wird ein zentrales Problem des FCSP deutlich: die Chancenverwertung lässt arg zu Wünschen übrig. Weniger als ¼ aller Torschüsse auf das gegnerische Gehäuse führten zu Toren, die zweitschlechteste Quote der Liga.

Für mich überraschend, da ich eigentlich der Meinung bin, dass solche Statistiken wenig Aussagekraft bezüglich des Erfolges eines Teams haben: Die Anzahl der Torschüsse auf des Gegners Tor korrelieren mit der Tabellenposition.

Anhand der Graphen wird deutlich, dass es einen Einfluss auf den Erfolg eines Teams gibt, wie oft man auf des Gegners Tor schießen kann. Ganz grundsätzlich ist das ja auch logisch, denn je häufiger man auf das Tor schießen darf, umso höher ist die Chance, dass man irgendwann auch mal die Kiste trifft. Bemerkenswert ist, dass dieser Einfluss signifikanter ist als die Anzahl der Torschüsse des Gegners auf das eigene Tor. Es ist also wichtiger eigene Torschüsse zu generieren als die des Gegners zu verhindern. Ein flammender Appell meinerseits ist die Folge dieser Feststellung: Spielt mutiger! Spielt offensiver! Dadurch erhöht ihr Eure Chancen erfolgreich zu sein mehr als wenn ihr versucht keine Gegentore zu kassieren.

Ob sich Ähnliches auch aus den expected Goals schließen lässt? Hier jedenfalls die Tabelle für die Saison 2017/2018:

(Source: http://fivethirtyeight.com/)

Nun ja, von den 9 Teams mit den höchsten eigenen xG-Werten befinden sich 7 auch in der oberen Tabellenhälfte und die Korrelation mit dem Tabellenplatz ist auch akzeptabel (R2 = 0.44). Das ist schon mal nicht schlecht. Eine Korrelation dieser Güte ist bei den xG-Werten gegen die Teams nicht zu finden. Der Zusammenhang der Tabellenplatzierung mit eigenen Torschüssen und nicht mit denen des Gegners ist also auch in den xG-Werten zu erkennen. Und das obwohl mit Fortuna Düsseldorf ein Team Meister geworden ist, welches komplett gegen den Strom der expected Goals geschwommen ist. Zeitweise hatte die Fortuna nach xG-Werten sogar den letzten Platz der Liga eingenommen, aber turnte trotzdem bei den Aufstiegsplätzen rum. So wirklich erklären konnten sich das nicht einmal die Fortuna-Anhänger selbst („Wir steigen auf, keiner weiß warum“). Immerhin haben sich die xG-Werte zum Ende der Saison noch etwas angepasst, sodass nach eigenem xG der 10.Platz erreicht wurde. Mit Eintracht Braunschweig und Dynamo Dresden haben sich zwei Teams in den Untiefen der Tabelle eingefunden, die zumindest anhand der xG-Werte nicht dorthin gehören. Im Fall von Braunschweig lässt sich diese Diskrepanz mit der schwächsten Chancenverwertung der Liga erklären (Score = 22,8%). Dynamo Dresden wiederum weist zwar den zweitniedrigsten xG gegen sich auf, hat davon jedoch nicht so viel, da die Quote der Chancenvernichtung (Save %) die drittschwächste der Liga ist (der FCI ist da ein noch krasseres Beispiel). Laut xG-Werten (xG sum) hätten die ersten drei Plätze deutlich an Holstein Kiel, FC Ingolstadt und Union Berlin gehen sollen. Dass Kiel es nicht geschafft hat, liegt vielleicht auch ein wenig an dessen Einzelspielern (später mehr dazu), Ingolstadt wurde die effiziente Chancenverwertung seiner Gegner zum Verhängnis. Bei Union Berlin zeigt sich die leichte Schwäche der Auswertung mit xG-Daten bei ‚nur‘ 34 Spielen: Eigentlich lieferte Union eine eher mittelprächtige Saison ab, die sich auch in den xG-Werten zeigte. Es gab mit den Spielen gegen Fortuna Düsseldorf (xG 3.7 – 0.2) und den VfL Bochum (xG 5.1 (!!!) – 0.8) aber zwei Ausreißer, die sich in erheblichen Maße auf die Gesamtwerte auswirken. Trotzdem: Ersetzt man bei diesen Spielen den eigentlichen xG-Wert mit dem durchschnittlichen xG (1.3), so belegt Union weiterhin den 3.Platz nach xG-Werten. Übrigens konnte nur Holstein Kiel einen ähnlich hohen xG-Wert erreichen (4.2 im Spiel gegen Düsseldorf). Und wo ist der FCSP? Genau da wo er hingehört. Sämtliche xG-Werte dümpeln im unteren Mittelmaß, wo wir ja letztlich auch gelandet sind. Wir haben uns den 12.Platz also redlich verdient.

Noch deutlicher als in der xG-Tabelle wird die Überperformance von Fortuna Düsseldorf, wenn man einen Blick in die Einzelspiele wirft und ausrechnet wie viele Spiele laut xG hätten verloren werden müssen (eigener xG ist um mind. 0.2 niedriger als xG des Gegners) und trotzdem gewonnen wurden und andersherum. Auch hier zeigt sich, dass Fortuna Düsseldorf überperformed hat: Satte 10 Spiele wurden gewonnen, obwohl das Chancenverhältnis eher für den Gegner sprach und nur zwei Spiele wurden nicht gewonnen bei eigener xG-Überlegenheit. Kein anderes Team kann ansatzweise eine solche Quote aufweisen. Teams wie Union, Dresden, Sandhausen, Kiel, Braunschweig und allen voran Ingolstadt haben sogar deutlich negative Quoten. Auch hier: Mittelmaß für den FCSP.

Wie fielen die Tore/Gegentore?

So. Hier wird es nun wirklich interessant. Ich habe einen tiefen Blick in die Daten von Stratabet gewagt. Stratabet listet alle Chancen sämtlicher Spiele u.a. auch die der 2.Bundesliga. Jede Chance wird dabei sowohl subjektiv, als auch objektiv klassifiziert und kategorisiert. So kann man mit Hilfe dieser Daten z.B. zeigen wie die Teams ihre Tore erzielt und Gegentore gefangen haben, also durch eine Ecke, einen Elfmeter, einen Pass, eine Flanke, etc. zum Tor kamen. So kann erkannt werden, wie der FCSP im Vergleich zur restlichen Liga seine Tore erzielt und Gegentore gefangen hat. Ich habe diese Statistik mal auf die wesentlichen Daten heruntergebrochen: Tore nach Standardsituationen (ohne Elfmeter), nach Ballverlusten und aus dem Spiel heraus.

Aus diesen Statistiken werden zwei Probleme des FCSP mehr als deutlich: 1. Der FCSP hat ein Problem mit Standardsituationen. Das war vielen schon vor dem Lesen dieser Zeilen bewusst, aber nun hat man es nochmal Schwarz auf Weiß – Wir haben uns acht Gegentore nach Standards gefangen und nur zwei erzielt, der Liga-Durchschnitt beträgt aber 5.2 Tore nach Standards. Es gibt also sowohl offensiv als auch defensiv Nachholbedarf in diesen Spielsituationen. Viel besorgniserregender finde ich jedoch die Statistik „Tore nach Ballverlusten“. Der FCSP hat sich satte 26 Gegentore (also 54% seiner Gegentore) nach Ballverlusten eingefangen, bei einem Liga-Durchschnitt von 17.3 Toren (38.2% aller Gegentore). Und es wurden nur 11 Tore nach Ballgewinnen erzielt. Für ein Team, das vom Trainer als „Umschaltmannschaft“ betitelt wurde, ist das bedenklich. Es scheint also für den FCSP auch in anderen Bereichen extremen Nachholbedarf zu geben. (Ich muss an dieser Stelle darauf hinweisen, dass „Tore nach Ballverlust“ als „Tore nach weniger als drei aufeinanderfolgenden Pässen“ definiert ist. Viele, aber weit nicht jede Umschaltsituation ist nach drei aufeinanderfolgenden Pässen abgeschlossen, daher sind in dieser Statistik nicht alle Umschaltsituationen erfasst; Zusätzlich sind viele, aber auch nicht jeder Ballverlust gleichbedeutend mit einer Umschaltsituation).

Ein Blick auf einzelne Spieler des FCSP

Ein weiteres Attribut das Stratabet jeder Chance gibt, ist das sogenannte „chance rating“. Hierbei werden die Chancen subjektiv in Kategorien eingeteilt, je nach Größe der Chance, von ‚den muss man machen‘ (1) bis ‚Verzweiflungsschuss‘ (6). Stratabet hat mal zigtausende Chancen analysiert (es müssen in etwa 40.000 gewesen sein) und nachgeschaut, wie viele dieser Chancen aus jeder Kategorie tatsächlich zu Toren werden. Daraus ergab sich, dass Chancen aus der höchsten Kategorie eine conversion rate von 83% haben, während Chancen der niedrigsten Kategorie nur zu 3% in Tore umgemünzt werden. Es handelt sich also um eine Art xG-Modell, wenngleich keinerlei objektive Daten genutzt werden. Es ist also ein sehr einfaches xG-Modell und dient als Orientierungshilfe zur Einordnung der Abschlussqualitäten von einzelnen Spielern. Aus der Anzahl an Chancen und deren Einordnung lässt sich nun die Anzahl der Tore anhand der conversion rate berechnen (conv. Goals) und mit den tatsächlich erzielten Toren vergleichen. Zusätzlich wird von Stratabet jeder Torschuss noch qualitativ bewertet (Shot-Q.; Skala von 1 (schlechter Schuss) bis 5 (guter Schuss)). So ist z.B. ein direkter Freistoß vom „chance rating“ eher schwach, also zwischen 5 und 6, einzuordnen, aber die Schussqualität kann hoch sein. All diese Daten habe ich genutzt, um einen einigermaßen objektiven Vergleich der Torjäger der letzten Saison zu machen.

(Source: https://app.stratabet.com)

Aus der Tabelle wird deutlich, dass es Stürmer gibt, die aus viel wenig machen und andersherum. Marvin Ducksch gehört zur zweiten Kategorie. Der Top-Torjäger der vergangenen Saison hat mächtige 127 Torschüsse abgegeben und dabei beachtliche 18 Tore erzielt, hätte anhand der Klassifizierung aber etwa 22 Tore erzielen müssen. Ähnlich gelagert ist das Verhältnis von Marco Grüttner. Anders sieht es da bei Hanno Behrens und Steven Skrzybski aus, die in Hinblick auf die conversion rate deutlich überperformed haben. Und wie steht es um die Stürmer des FCSP? Nun, man konnte es sich vermutlich schon denken. Aziz Bouhaddouz und Sami Allagui hätten 7 bzw. 6 Tore mehr erzielen müssen, wenn man die conversion rate als Maßstab nimmt. Auch die Schussqualität sämtlicher Torschüsse ist eher unter dem Durchschnitt bei den beiden FCSP-Stürmern. Ganz grundsätzlich muss aber angemerkt werden, dass es bereits ein Qualitätsmerkmal von Stürmern ist, sich Chancen in guten Positionen zu erarbeiten (Hauptargument, warum Mario Gomez zur WM fährt).

Was brachte der Trainerwechsel beim FCSP?

Auf den ersten Blick nicht sonderlich viel. Unter Janßen gab es einen Punkteschnitt von 1.25 pro Spiel, unter Kauczinski wurde dieser Schnitt nur unbedeutend besser mit 1.28. Es gibt aber durchaus Änderungen in den xG-Werten. Unter Kauczinski hat der FCSP seinen eigenen xG um knapp 0.3 erhöht. Aber es erhöhte sich auch der xG des Gegners leicht (von 1.29 unter Janßen auf 1.35 unter Kauczinski, was aber nicht signifikant ist), wodurch die Summe der xG-Werte auch bei Kauczinski negativ blieb. Deutliche Verbesserungen gab bei der Anzahl der Tore und Gegentore (vor allem auf die herben Klatschen und die effektiven 1-0 Siege unter Janßen zurückzuführen). Es blieb also beim unteren Mittelmaß.

Der FCSP hat also waschechtes unteres Mittelmaß abgeliefert, mit schwacher Abschlussquote, auch dank Stürmern, die weniger Tore machen als der Durchschnitt es tut. Hinzu kommen Probleme beim defensiven Umschalten nach Ballverlusten und bei Standards.  So. Jetzt lasse ich Euch mit den Daten allein. Ihr dürft selbst entscheiden, ob und wie brauchbar und aussagekräftig ihr die findet.

//timbo

p.s. Du bist glühender FCSP-Anhänger und die Begriffe Matlab, Python und R sagen dir etwas? Zusätzlich hast Du Lust mit mir zusammen an Fußball-Daten zu arbeiten? Meld dich: timbo@uebersteiger.de

This article was written with the aid of StrataData, which is property of Stratagem Technologies. StrataData powers the StrataBet Sports Trading Platform, in addition to StrataBet Premium Recommendations.

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