18.Spieltag (H) – SC Freiburg

FC St.Pauli – SC Freiburg 2:2 (1:0)
Tore: 1:0 Marius Ebbers (13.), 1:1 Papiss Demba Cissé (61.), 2:1 Gerald Asamoah (68.) 2:2 Papiss Demba Cissé (75.)
Zuschauer: 24.051 (davon ca. 4.000 Internet-Hoschies, die aussahen wie 20.000 und 2.000 Gästefans)

Wer im Büro arbeitet, lernt ja schnell was es heisst, Dinge liegen zu lassen: Die erledigen sich dann meist von selbst und teilweise auch von anderen. Und so ähnlich ergeht es mir jetzt, wo ich endlich Zeit habe, das Wochenende schriftlich Revue passieren zu lassen.
Denn es gibt bereits wunderbare Statements zu den Vorkommnissen des Samstags, die ich Euch ans Herz legen möchte, wenn Ihr sie nicht eh schon gelesen habt. Gleichzeitig auch mal Gelegenheit, ein bißchen Werbung für die fleißige schreibende Fan-Zunft beim FC St.Pauli zu machen. Denn, dass muss man auch mal sagen: Ich bewege mich (gerade vor und nach unseren Spielen) gerne auch mal lesenderweise in den Foren unserer Gegner. Klar gibt es inzwischen bei fast allen Vereinen Seiten, die man gut lesen oder (bei Fotos) anschauen kann. Aber eine solche Breite wie bei uns, mit einer derart hohen Qualität an Berichten und Foto-Seiten, hab ich noch nirgendwo sonst gesehen. Und umgekehrt haben wir kaum bis keine Seiten, für die man sich schämen müsste… davon haben hingegen viele andere Vereine genug.

  •  pathos93
    Der “alte Veteran” unter den Berichte-Schreibern, der früher auf der Blutgrätsche-Website schrieb und inzwischen nicht immer aber immer öfter mal wieder zur Tastatur greift, hat hier einen wunderbaren Text verfasst. Gerade weil er es etwas weniger “emotional” angeht, dürfte dieser Text den meisten umso greifbarer und nachvollziehbarer sein.
    Folgenden Absatz daraus würde ich mir auch sofort auf die Wade tätowieren lassen, wenn er nicht so lang wäre:
    Nein, es geht nicht um Zollstock, Briefwaage und Juristensemantik. Es geht um Werte, um Ideale. (Und bei dieser Gelegenheit ein kleiner Hinweis an die Freunde des Marketingvokabulars: St. Pauli ist für mich keine „Marke“, sondern ein Ideal. Ich weiß, dass man im Profifußball die Sicht des Vereins als Marke nicht völlig ausblenden kann, aber ich werde mich künftig wie bisher weigern, dieses Faktum als Dreh- und Angelpunkt meines Selbstverständnisses als St. Paulianer zu betrachten.) Es geht darum zu verstehen, was der Sinn dieser beim Fankongress erarbeiteten Leitlinien ist. Nicht darum, welche Aktionen man durchdrücken kann und damit schlimmstenfalls einen Definitionskonflikt in Form von „das ist nicht eindeutig“ riskiert, den man dann selbstverständlich zum Anlass nimmt, die umstrittene Aktion durchzuziehen. Es geht darum zu verstehen, was der FC St. Pauli seinen Fans, Mitgliedern, Dauerkarteninhabern bedeutet. Es geht darum, Fußball als Kulturgut zu bewahren und nicht zu einem reinen Wirtschaftszweig verkommen zu lassen. Wenigstens bei St. Pauli, wenn schon die Konkurrenz kein Problem damit hat, ihre Identität unter Videowürfeln, Sponsorenzauber mit 100% Fremdschäm-Garantie und dem Geschrei geltungssüchtiger Stadionsprecher (in letzterer Hinsicht verkörpern wir ja dankenswerterweise immer noch eine Insel der Seligkeit) zu begraben. Und es geht letzten Endes darum, das zu erhalten, was uns zu dem gemacht hat, was wir sind, und was uns das Schicksal anderer Klubs mit großen Nachbarn erspart hat. Niemand nennt uns „HSV light“, und wenn wir nicht wollen, dass dies in Zukunft geschieht, dann müssen wir schon ein bisschen was dafür tun.
  • Ollis Tresen Thesen
    Ach, was hab ich ihn damals noch kritisch beäugt, als er seine Sonntags-Kolumne bei der MOPO aufgab und kurze Zeit später beim ÜBERSTEIGER antanzte. Jemand der freiwillig und noch dazu unentgeltlich für dieses Schmutzblatt schrieb, konnte doch nur einen an der Waffel haben!? Inzwischen eines meiner montäglichen oder dienstäglichen Highlights, seine Berichte lesen zu dürfen und auch diese Woche schreibt er mir mal wieder aus der Seele. Und aus der ÜS-Redax mag ich ihn mir auch nicht mehr wegdenken… fühl Dich gedrückt, Olli! (Nicht, dass ich gleich anfang zu weinen, aber ich bin immer noch so gerührt von dem was da Samstag an gemeinsamer Leidenschaft im Stadion feststellen durfte, dass mir das jetzt mal so rausgerutscht ist.)
    Meine Lieblingsstelle:
    Sonnabend haben wir eindrucksvoll demonstriert, wie wir uns den Fußball wünschen. Ehrlich und direkt und eben frei von der ganze Kacke drum herum.
  • Magischer FC
    formerly known as “Norbert regt sich auf”.
    Insbesondere seine Gedanken zur Zukunft des Protests, den Business-Seats und der Machbarkeit einer AOMV stechen im aktuellen Bericht hervor.
  • Kleiner TodTeil 1 und Teil 2
    Ich weiß nicht, ob ich es letztens schon mal schrieb oder dies nur vorhatte, aber: Mein persönlicher Aufsteiger unter allen Internetseiten rund um den FC. Eine wunderbare Mixtur aus Texten mit fundierter eigener Meinung und aussagekräftigen Fotos, die in den Text eingebettet sind. Das Ganze dann auch noch mit viel Liebe zum Detail bzw. eher Gesamtzusammenhang zusammengefügt, klasse.
  • Fabulous St.Pauli Blog (oder auch SantaPauli-Blog)
    Oh, streitbare Geschichte, ich weiß. Ich persönlich habe meine mehr oder weniger offenen Differenzen mit Frau Jeky und glaube auch nicht, dass wir irgendwann noch beste Freunde werden, dazu sind unsere Ansichten und Herangehensweisen zu unterschiedlich. Trotzdem weiß sie eben ihre Meinung sehr gut zu argumentieren und kann ihren Blog in schöner Regelmäßigkeit mit interessanten Ansichten füllen, die mir als “Wortfetischisten” doch einiges an Respekt abverlangen. Und eben dies ist ihr auch diese Woche wieder gelungen und ich bin sogar auch inhaltlich bei ihr. Insbesondere folgenden Part find ich großartig:
    Im Stadion galt es noch, ein paar rote Pappen zu verteilen auf der Nord im Stehbereich, dort hatte ich mein persönliches Highlight, als ein Mann und seine Ehefrau bedauernd die Annahme ablehnten, weil sie die Forderungen insgesamt nicht unterstützen könnten und das auch alles so nicht verstünden, das mit dem Boykott etc. Ich weiß nicht, warum ich nicht einfach weiterging, es gab genug, die die Pappen gerne genommen hätten, aber ich entschloss mich, den Mann als Herausforderung zu betrachten und wir diskutierten. Ich erklärte ihm, was wir damit erreichen wollen, was diese Petition bedeutet. Dass sie nicht bedeutet, dass wir den Support boykottieren, sondern im Gegenteil hoffen, dass es so laut wird wie selten, gerade, um zu demonstrieren, wie sehr wir hinter diesem Verein und der Mannschaft stehen, dass es aber Dinge gibt, deren Entwicklung uns Angst macht und denen wir rechtzeitig entgegentreten wollen. Das alles friedlich und mit der Farbe des Herzbluts. Er überlegt einen Moment und sagte: „Also wenn ich hier heute 90 Minuten jubeln und schreien kann, wie ich will, dann her mit der Pappe, ich nehm sie.“ Das ist wirklich nur eine kleine Begebenheit, aber es hat mich so gefreut, dass ein ganz klarer Nein-Sager schließlich in der Kurve stand und gemeinsam mit seiner Frau, die dann auch eine Pappe wollte, den Jolly Rouge zu zeigen bereit war.
  • StPauli.nu
    Die Person hinter “Ring2” hab ich erst vor kurzem “live” kennen- und ebenfalls gleich sehr schätzen gelernt. Während (und da schließe ich mich mal mit ein) die meisten der verlinkten Seiten ellenlange Elaborate verfassen, bringt er mit einem bewundernswerten Fleiß ganz viele kurze Meldungen in die Welt, die sich in vielen Bereichen eben auch gar nicht an den “Ich lese 24 Stunden im Forum!”-St.Pauli-Fan richtet, sondern an all jene, die eben auch noch was anderes zu tun haben, im “normalen” Leben, und diesem quasi eine Art Grundversorgung mit den wichtigsten Infos aus dem “drumherum” des FC St.Pauli bieten.
    Diese Woche schafft aber auch er es mit recht wenigen Worten genau das auszudrücken, was wohl die meisten an diesem Samstag so empfunden haben.
  • Roter Stern St.Pauli
    Ingo Ambs kenne ich noch aus seiner Zeit beim Fanclub-Sprecherrat, seitdem ist auch der Fanclub “Roter Stern St.Pauli” für mich ein Begriff. Da hört man dann auch mal ne ganze Zeit gar nichts, wenn es aber um wichtige Dinge geht kann man sich sicher sein, dass sie wieder dabei sind und mithelfen.
  • Sitz[blog]ade
    Ebenfalls noch recht neu und doch stetig größer werdend. Auch hier meine Lieblingsstelle:
    Was in den letzten Tagen abging, hat mich persönlich richtig richtig stolz gemacht und ich hoffe, dass es nur der Anfang war. Auch in unserer Bezugsgruppe fand die Idee, Fahnen als Zeichen des “Widerstands” zu basteln, ziemlich schnell einen begeisternden Zuspruch. In solchen Momenten merke ich, warum ich mich genau für diesen Verein und sein Umfeld entschieden habe.
  • BreitSeite
    Erneut eine streitbare Seite, allerdings aus diametral anderer Sicht als oben bei Jeky. Jens schreibt mir in 99,99% der Fälle aus der Seele, tut dies aber mit einer sehr viel direkteren und unverblümteren Sprache als ich mich das hier trauen würde, da erinnert mich vieles an die Leiden des jungen Bibers. Auch dies also eine absolute Pflichtlektüre für mich zum Wochenbeginn.

Fotos gibt es auch ne Menge, als da wären:

Und hier noch das YouTube Video der Woche:

Getreu dem Motto: “Es ist alles gesagt, nur noch nicht von jedem!“, kann ich mich in einem wichtigen Punkt dann eben auch nur nochmal wiederholen: Ich hatte vor dem Spiel große Bedenken, ob der Sturm der Entrüstung, den es da im Internet gab, sich auch wirklich ins Stadion übertragen ließe. Würden sich da ein paar Leute mit roten Klamotten und hier und da vereinzelte rote Pappen outen, 19.000 andere aber nur mitleidig darüber lächeln, solange die “Paadie” nur irgendwie weiter geht und man unfallfrei zum Bierstand kommt, alles andere ist scheißegal?
Aber schon beim Betreten der Gegengeraden (bzw. meinem geliebten Sitzplatz im Block 2) spürte man, dass da heute was besonderes passieren würde, und die drei komplett roten Tribünen zum Einlauf der Mannschaften hinterließen mich mit heruntergeklapptem Unterkiefer, einfach großartig.
Ich bin mir auch absolut sicher, dass dies so bei keinem anderen Verein im bezahlten Fußball Deutschlands so funktioniert hätte: Unmut über einzelne Vorgänge im Verein, der sich größtenteils im Internet organisiert, dann aber “offline” in unzählig vielen Einzelaktionen in der Vorbereitung entlädt und eben drei Tribünen im Stadion in eine Farbe verwandelt, die nicht den Vereinsfarben entspricht, dazu eine unfassbare Anzahl an Transparenten und Darstellungen, seien es rote Jacken, Mützen, Pappen oder was auch immer. Auch die “LED-Aktion” in der Süd war unfassbar klasse, als Tapeten mit Spruchbändern jeweils am Zaun entlanggezogen wurden und somit die LED-Wände nachstellen sollten, dies dann mit einer großen Portion Humor.

Der Verein, also Präsidium und Vermarktung, sind gefragt auf die Unmutsäußerungen zu reagieren. Es handelte sich eben nicht mehr um zehn einzelne E-Mails oder ein paar Internet-Hupen, es war eine große Gemeinschaft des nahezu gesamten Stadions, die sich gegen die Kommerzialisierung äußerte, und dies eben auch aus den unterschiedlichsten Beweggründen.
Ob der anscheinend eingeschlagene Weg, nämlich eine bewusste Desinformation der Öffentlichkeit über den Hamburger Boulevard (siehe in den S- und U-Bahnen liegengelassene MOPO und BILD von gestern), dabei hilfreich ist, oder die Fronten eher verhärtet, kann man dann ja mal die Presseabteilung fragen, oder einfach abwarten.

Was sonst noch war:

  • Muskelfaserriss bei Marius Ebbers
    Man konnte es ihm ja Samstag in den letzten Minuten schon ansehen, nun ist es raus: Er wird wegen einem Muskelfaserriss im Bauchmuskel(!) am Sonntag gegen Hoffenheim nicht dabei sein, hofft aber auf eine Gesundung bis zum Köln-Spiel. Ach, was waren das noch für Zeiten, als man keine Bacuhmuskel zum Fußballspielen brauchte…
    Auf der anderen Seite eine Chance für Hennings und/oder Sukuta-Pasu, denn Asamoah halte ich für einen idealen Joker, um nochmal zu pushen, aber momentan nicht für den alleinigen Stürmer über 90 Minuten. Aber wer bin ich denn, dass ich Stani da was vorschreibe, der wird das schon machen.
  • Business-Stands
    Na, das wär doch mal was…
    War anfangs vielleicht als Gag gedacht und ist sicher auch noch weit davon entfernt, konkret umgesetzt zu werden, ist aber sicher eine Idee, die man für die Zukunft (und vielleicht die neue Gegengerade?) mal im Hinterkopf behalten sollte.
  • Knut ist nicht mehr Stadionsprecher
    Es war nur eine Randnotiz in der aktuellen VIVA, doch ohne die Gründe im Hintergrund zu kennen freue ich mich einfach darüber, einige musikalische Geschmacklosigkeiten demnächst nicht mehr hören zu müssen.
  • Offener Brief der Fans des VFL Halle  (8.Beitrag) nach einem Hallenturnier in Köthen, bei dem es zu Ausschreitungen mit den Unsympathen des Halleschen FC kam.
  • Muskelfaserriss bei Cissé
    Ach Mööööönsch… ich wünsch den Freiburgern ja alles erdenklich gute, aber hätte er den nicht schon Freitag im Abschlußtraining bekommen können? Dann wäre er auch schneller wieder fit.
  • Gegengerade – Der Film
    Der Trailer ist online, die Diskussionen schießen los. “Zuviele Klischees!”, “Total unrealistisch!” etc. Hmmm… ja, mag alles sein, aber es ist ja auch keine Doku, sondern ein Film der der Unterhaltung dienen soll. Also mal abwarten, ich bleib da indifferent, werde ihn mir aber ganz sicher angucken. Und sei es nur wegen einiger Nebendarsteller.
    Heute Abend ist jedenfalls Premiere auf einem Filmfest in Saarbrücken, vielleicht weiß man morgen schon mehr dazu. // Frodo
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