(Dieser Artikel erschien bereits im Print-Übersteiger, Nr.117, am 28.Oktober 2014)
Die Entwicklungen der letzten Monate beim Stadtrivalen ließen uns als St.Pauli-Fanzine natürlich oft schmunzeln. Eine Folge der Ausgliederung aber betrachten wir durchaus mit Interesse, wurde doch mit dem HFC Falke ein Verein gegründet, der dem Weg des FC United of Manchester folgt und als Verein „von Fans, für Fans“ neue Wege einschlagen will. Ronny und Frodo sprachen daher in sehr angenehmer Atmosphäre mit Philipp und Marco, zwei der Gründungsmitglieder des neuen Vereins.
Übersteiger: Stellt Euch doch bitte erst mal den Lesern vor, gerade auch im Hinblick darauf, wie Ihr Euch selbst in der Fanszene des HSV gesehen habt.
Philipp: Ich bin Gründungsmitglied bei Chosen Few und war jahrelang im Supporters Club aktiv. Sei es bei den „Supporters News“ oder auch bei Choreos, noch bevor es Chosen Few gab. Außerdem bin ich Pressesprecher bei ProFans.
Marco: Ich bin ebenfalls seit 1999 Chosen Few-Mitglied und habe mich jahrelang ehrenamtlich im Supporters Club eingebracht und auch immer aktiv in der Vereinspolitik mitgestaltet. Außerdem habe ich die Rugby-Abteilung wiedergegründet und bin dort nun schon seit neun Jahren aktiv.
ÜS: Ihr habt beide von Chosen Few-Mitgliedschaft gesprochen, ohne die Vergangenheitsform zu wählen. Wird das bis auf Weiteres so bleiben?
Philipp: Ja, zu einer Auflösung der Gruppe ist es nicht gekommen und wird es sicher auch nicht, nur aufgrund einer Ausgliederung der Profifußballer.
ÜS: Wie lief denn dieser „Abnabelungsprozess“ von diesem Teil des HSV für Euch zeitlich ab? Als öffentliche Eckdaten stehen der 19.Januar, mit der Vorab-Abstimmung und eben der 25.Mai mit der Ausgliederung. Wie seid Ihr damit umgegangen?
Das war’s, die haben uns den Verein genommen
Philipp: Eigentlich muss man dafür ja zurück ins Jahr 2005, als Bernd Hoffmann erstmals mit der Idee „Ausgliederung“ ankam und grandios scheiterte. Ich hab damals schon gesagt: Wenn irgendwann ausgegliedert wird, ist für mich Feierabend.
Im Herbst 2013 musste man sich dann konkreter fragen wie es weitergehen soll, denn da kam Ernst-Otto Rieckhoff mit seinem HSVPlus um die Ecke. Die Werbefirma, die er im Rücken hatte und die ja angeblich „nur 5.000,-€“ für sämtliche Aktionen investierte, ließ da natürlich schon erahnen, dass er nicht völlig chancenlos sein wird. Da kam erstmals die Idee auf, einen „HFC Falke Germania“ zu gründen. Am 19.Januar wurde das Ganze dann schon etwas bedrohlicher und aktuell.
Marco: Wir saßen abends zusammen und sagten: „Das war’s. Sie haben uns jetzt schon den Verein genommen, da kommen wir nicht mehr gegen an!“
ÜS: Gab es nicht noch die Hoffnung, mit Argumenten etwas zu erreichen oder war das zu emotional belegt?
Philipp: So eine kleine Hoffnung war natürlich noch da. Man wusste ja nicht, wie viele Personen kommen würden, sie hätten ja auch auf „nur“ 74,x Prozent kommen und damit scheitern können. Der Stimmenanteil im Januar war hoch, aber auch nicht so uneinholbar, dass man es nicht noch hätte aufholen können. Am 25.Mai aber mussten wir uns eines Besseren belehren lassen, haben danach in der Kneipe ein Frustbier getrunken und uns gefragt: „Was machen wir jetzt?“ und einen neuen Verein zu gründen erschien uns als beste Möglichkeit und es nahm seinen Lauf.
Aber wenn man dann später in zwei Artikeln des BILANZ Magazins beim Herrn Rebbe nachlesen kann, wie geschickt da Öffentlichkeit und Medien manipuliert wurden, ist das schon auch demaskierend gewesen. Das der gleiche Autor sich später von den weiteren Entwicklungen etwas beleidigt zeigte, war da nur eine kleine Genugtuung.
ÜS: Aber so konkret begann es tatsächlich erst an jenem Abend im Mai?
Marco: Es gab zumindest vorher keine direkte Planung. Die Idee stand seit knapp einem Jahr im Raum, seit die Kampagne „Ausgliederung“ losgetreten worden war. Wir fühlten uns mit unserem „Traditionsgehabe“ und „e.V.-Glaube“ manches Mal wie von einem D-Zug überrollt und immer wieder kam der eigene Verein in Gesprächen auf, aber erst an diesem Abend war es dann tatsächlich so weit, da war es endgültig schief gegangen.
ÜS: Aber einen Verein zu unterstützen und einen eigenen Verein zu gründen sind dann ja doch noch unterschiedliche Dinge.
Philipp: Seit dem 19.1. gab es ja ein langsames „sich innerlich abwenden“, wie bei einem Patienten mit langer Krankheit, wo das Ende absehbar ist.
Marco: Wobei wir ja im letzten halben Jahr auch mit dem massivsten Abstiegskampf aller Zeiten beschäftigt waren und es dann durch die Existenzangst vor der 2.Liga auch wieder stundenlang oder tagelang ausblenden konnten. Die Kampagnen für und gegen die Ausgliederung liefen zwar weiter, aber der Fußball stand im Vordergrund.
Philipp: Naja, die e.V.-Befürworter haben die Kampagne in den entscheidenden Wochen des Abstiegskampfs ruhen lassen, die „Plussies“ hingegen kamen kurz vor der Relegation dann ja doch nochmal hervor, was ihnen auch Einige übel nahmen.
Aber es gab dieses absolut vergiftete Klima, in dem Leute denunziert und übelst beleidigt wurden, auch von Menschen, die eigentlich sozial etwas reifer sein sollten. Es wurde Gewalt angedroht, wenn die Stimmen nicht zusammenkommen „müsse man den Ultras an den Kragen“ und ähnliches. Leute, die keine Ahnung haben, was die Abteilungsleitung des Supporters Club überhaupt macht und wie viel Zeit da ehrenamtlich investiert wird, bezeichnen diese Leute als Totengräber des Vereins. Kein Wort über deren Leistungen, die Organisation von Auswärtsfahrten, das Tageschgeschäft solch einer Abteilung mit ja auch einigen Festangestellten, mit denen man Gehaltsverhandlungen führt und so weiter. Immer wurde alles nur auf „Ihr mischt Euch in die Vereinspolitik ein!“ reduziert. Dabei hat sich die Abteilungsleitung nur konsequent verhalten, denn sie hatte von vornherein gesagt, dass sie keine Ausgliederung will.
Vergiftetes Klima
Marco: Schönes Beispiel dafür, wie wenig Ahnung die Leute von den tatsächlichen Verhältnissen und der Satzung haben: Ich habe zigfach vor der Versammlung gehört, man müsse endlich Schluss machen mit „diesem Aufsichtsrat“, der sich „eine goldene Nase“ an uns verdiene. Auf den Einwand, dass auch der AR ehrenamtlich tätig sei wurde ich dann selbst als naiv bezeichnet, „richtig große Gehälter“ bekämen die ja bestimmt.
Philipp: Und genau diese Leute hätten am 19.1. die Chance gehabt, alles das zu wählen was sie wollten, das gab es nämlich genau so bei „HSV Reform“, von Jojo Liebnau und Christian Reichert. Mit der dort geplanten Verkleinerung des AR hätten alle Räte zurücktreten müssen und es hätte Neuwahlen gegeben. Aber die „Reform“ wurde ja leider auch abgeschmettert. Es war eben eine gut gesteuerte Kampagne für und gegen einzelne Personen.
Das ganze Klima im Verein war so vergiftet, es fiel einem schon leichter loszulassen, auch wenn das jetzt fast nach zwischenmenschlicher Beziehung klingt.
ÜS: Naja, passt ja schon auch, irgendwie. Was genau heißt denn „loslassen“ konkret bei Euch? Die Präsidentin des HFC Falke, Tamara Dwenger, hat beispielsweise nach 18 Jahren ihren Vereinsaustritt beim HSV vollzogen und ihre Dauerkarte aufgegeben. Wie weit ging der Schritt bei Euch beiden?
Philipp: Meine Dauerkarte habe ich nicht verlängert, auch die Auswärtsdauerkarte nicht. Ich hatte den 25.Mai abgewartet, andere hatten schon vorher verlängert und haben sich dann geärgert. Beim HSV bin ich jetzt Förderndes Mitglied im Amateursport, die Beiträge gehen nicht mehr an den Supporters Club.
Marco: Ich habe meine Dauerkarte ganz bewusst verlängert, diesen Schritt konnte ich noch nicht gehen. Ich wusste, dass es nicht mehr „mein Verein“ ist, aber es hängen auch zu viele soziale Kontakte an den Besuchen im Stadion. Inwieweit ich da aber noch Energie reinstecke und es unterstütze, wie ich es bei Chosen Few jahrelang getan habe, das weiß ich noch nicht. Vielleicht bin ich dann nur noch der konsumierende Eventfan, den ich bei anderen immer kritisiert habe. Ich bin auch aus dem Supporters Club ausgetreten, spiele ja aber noch aktiv Rugby.
Philipp: Die Ausnahme beim „loslassen“ war dann natürlich nochmal die Relegation, sowas wünsche ich ja meinem ärgsten Feind nicht. Mit 0:0 und 1:1, da hab ich in der 2.Halbzeit mit Herzkasper den Weg hinter der Tribüne in Fürth geebnet, furchtbar.
Marco: Ich konnte eine halbe Stunde nach dem Abpfiff noch immer mit keinem Menschen reden.
ÜS: Wenn es denn am 25.Mai nur 74,x Prozent gewesen wären, würden wir dann heute nicht hier sitzen? Hättet Ihr nach all dem zerbrochenen Porzellan und den Anfeindungen nicht trotzdem den neuen Verein gegründet?
Marco: Nee, glaub ich nicht. Dann hätten wir versucht es beim HSV nochmal zu retten, wir hätten nochmal Zeit investiert eine andere und bessere Reform zu bewirken, die keine Ausgliederung in eine KG beinhaltet.
Philipp: Wohl wahr, sehe ich auch so. Eine andere Frage ist, ob wir körperlich in der Lage gewesen wären, hier zu sitzen, denn wenn es an jenem Tag anders ausgegangen wäre, wären die Leute im Volkspark aufeinander losgegangen. Die Lager waren da schon sehr deutlich zu erkennen.
ÜS: Okay, Blick nach vorne: Wie muss man sich das denn vorstellen, im Deutschen Vereinswesen mit all seinen Formalien einen Verein zu gründen und wie schnell geht sowas?
Marco: Das ist relativ einfach, wie bei unseren Großvätern: Man setzt sich in die Kneipe und denkt sich was aus!
Philipp: Ja, tatsächlich. Es begann mit dem Namen, denn „HFC Falke Germania“, wie es sich historisch angeboten hätte, fiel wegen Germania Schnelsen aus. Die haben zwar mit den Wurzeln nichts zu tun, aber wir wollten da gar nicht erst Irritationen aufkommen lassen. Dann macht man sich schlau: Was muss man beachten, wie sehen Satzungen anderer Vereine aus und so weiter. Beim ersten Treffen waren wir zu acht, dann zu zwölft, später 22. Zum 19.06. haben wir dann den Verein gegründet, da es mit 1906, dem Gründungsjahr von Falke, ganz gut zusammenpasst. Und unter diesen 22 wurden dann auch die ersten Mitgliedsnummern ausgelost.
Marco: Für alles rechtliche, Sportverbände, Vereinsregister etc. wurden Arbeitskreise gebildet.
Philipp: Und so ganz nebenbei haben wir ja auch die jüngste Vereinspräsidentin Deutschlands.
ÜS: War das ein bewusster Schritt, eine Frau zu wählen?
Philipp: Nein, sie war die einzige, die sich zur Wahl gestellt hat.
Spaß beiseite: Wir mussten gewisse Voraussetzungen erfüllen, Gründungsversammlung und so weiter, das haben wir gemacht, es folgte der Eintrag ins Vereinsregister.
Und nach nur zwei Tagen kam dann auch schon der erste Betrugsversuch. Vereinsgründungen werden ja im Bundesanzeiger veröffentlicht und aktuell gibt es da eine Masche, alle neu gegründeten Vereine anzuschreiben, mit einem offiziell aussehenden Brief und Überweisungsbitte auf ein vertrauensvoll aussehendes Konto in Bulgarien. Mit relativer kurzer Zahlungsfrist natürlich. Andere sind da wohl auch tatsächlich drauf reingefallen.
ÜS: Gab es dann auch Überlegungen, die Anfangseuphorie zu nutzen und schon zu dieser Saison einen Spielbetrieb hinzubekommen?
Philipp: Überlegungen ja, die wurden dann aber auch sehr schnell damit zerstört, dass man offiziell bis zum 01.Juni hätte melden müssen. Und wir wollten es dann auch auf solide Füße stellen und mit Spielern, Trainerteam und Spielstätte eine vernünftige Basis schaffen. Und wenn das steht, kann man immer noch Testspiele abmachen, um sowas wie ein Vereinsleben abzubilden.
ÜS: Seid Ihr in der Zeit auf Widerstände gestoßen, die Euch auch hätten hinschmeißen lassen?
Marco: Ich wäre sicher dran verzweifelt, aber wir hatten ja zum Glück Leute, die jahrelang die Abteilungsleitung bei den Supporters gemacht haben und daher eine dicke Haut im Umgang mit Behörden hatten.
Philipp: Wir hatten ja Leute, die gleich nach der ersten Facebookmeldung ihr Wissen aus dem Hamburger Amateurfußball und auch finanzielle Hilfe angeboten haben, beides war natürlich Gold wert.
ÜS: Wie viele Personen seid Ihr jetzt?
Philipp: Wir treffen uns regelmäßig und haben verschiedene Arbeitskreise, die sich an unterschiedlichen Terminen treffen, um auch mal Leuten von außerhalb die Möglichkeit zu geben sich einzubringen. Mitglieder sind wir aktuell 330, was nach der kurzen Zeit sicher ganz beachtlich ist.
ÜS: Und die 330 sind alles „enttäuschte“ HSVer, oder kommen da auch Leute aus anderen Vereinen?
Philipp: Da haben auch Personen aus anderen Vereinen unterschrieben, aber auch Personen vom HSV, aus Kreisen, wo man das vielleicht nicht erwartet hätte.
Geplante Spielstätte: Waidmannstraße
ÜS: Als Gerücht kursiert ja, dass Ihr als Spielstätte die Waidmannstraße auserkoren habt, die ja auch erklärtes Ziel unserer U23 ist, die allerdings aktuell noch in Norderstedt gastiert.
Philipp: Nun ja, wir sind ja nicht der HSV, vielleicht kann man da nebeneinander existieren. Spannender dürfte sein, ob Union wirklich ihren Platz Regionalligatauglich machen will, mit all den Sicherheitsdingen die damit einher gehen.
ÜS: Da bleiben wir natürlich aus ureigenstem Interesse dran. (Anm.: Inzwischen sieht es so aus, als ob der HFC nächste Saison an der Waidmannstraße spielen wird. Alles Weitere ist noch offen.)
Wie nehmt Ihr denn die mediale Aufmerksamkeit wahr, die Euch zuteilwird?
Philipp: Wir sind uns der immensen Wirkung nach außen durch unsere besondere Entstehungsgeschichte natürlich bewusst, planen da aber aktuell noch nichts. Aber wenn neben 11Freunde-TV jetzt auch schon der Übersteiger anfragt, sind wir in der Öffentlichkeitsarbeit ja gut aufgestellt.
Marco: Dadurch, dass wir zumindest in Deutschland einer der ersten Fanvereine sind, sind wir uns dieser medialen Beachtung natürlich bewusst, die nichts mit der Liga zu tun haben wird, in der wir jeweils spielen. Und auch die Sehnsucht bei den Fans nach diesem „Bodenständigen“, was wir sicher eher bieten können als ein Profiverein.
ÜS: Tamara Dwenger sagte im Interview bei elbkick.tv: „Wir wollen nicht mehr gegen etwas kämpfen, sondern für etwas sein!“. Dies gefiel uns als Statement sehr gut, ist das auch Vereinsphilosophie?
Marco: Das ist durchaus die allgemeine Stimmungslage nach der Ausgliederung, denn der Kampf dauerte ja wie schon erwähnt seit 2005 an. Wir haben nur noch abgewehrt und reagiert, aber keine positiven Änderungen mehr schaffen können.
Philipp: Die Atmosphäre beim HSV war durch „Gegeneinander“ geprägt, da haben wir einfach auch keine Lust mehr zu. Sollen sich die Leute, die da geblieben sind und sich die Mäuler zerreißen wollen, doch weiter in den dortigen Foren austoben. Wenn die sich an uns abarbeiten, obwohl wir noch nicht mal am Spielbetrieb teilnehmen, sagt es ja auch viel über sie aus.
Für uns schließt sich auch Falke und HSV gar nicht aus, HSV-Fans sind bei uns selbstverständlich mehr als willkommen. Wir sehen uns da schon als „kleines Gallisches Dorf der Fußballromantik“, aber natürlich soll da am Ende auch sportlicher Erfolg stehen.
Auf lange Sicht kann ich „Oberliga ist zu ambitioniert“ für mich nicht unterschreiben, wenn man das richtig anpackt ist das kein Ding der Unmöglichkeit.
Kleines gallisches Dorf der Fußballromantik
Marco: Aber natürlich muss man da sehr vorsichtig sein. Gerade am Anfang sollten wir uns lieber zu oft als zu selten überlegen, ob und welche Sponsoren wir ins Boot holen, nur um den sportlichen Erfolg zu steigern. Gerade als „kleines gallisches Dorf der Fußballromantik“.
Philipp: Auf der anderen Seite ist unser Etat allein durch die Mitgliedsbeiträge schon so hoch, dass wir gerade am Anfang über Sponsoren auch nicht nachdenken müssen.
ÜS: Sind Sponsoren denn durch die Satzung ausgeschlossen?
Philipp: Nein, sind sie nicht. Allein schon deshalb, weil es derzeit nur eine Standardsatzung ist, die erst am 27.9 auf der ersten Mitgliederversammlung durch „unsere“ Satzung ersetzt wird. Wir werden aber auch da keine Sponsoren ausschließen. Natürlich werden wir keinen Investor zulassen und spielen auch gerne so lange es geht ohne Trikotsponsor, aber wenn da jemand ist der unsere Idee gut findet und bereit ist dafür Geld hinzulegen, dann kann man zumindest drüber nachdenken. Aber auch da gibt es Leute bei uns, die dies ganz grundsätzlich ausschließen, es wird dann also die Mitgliedschaft entscheiden. Nicht bei jeder Frage des Tagesgeschäfts, aber bei Grundsatzentscheidungen.
Marco: Das ist eben die Basisdemokratie, die uns beim HSV genommen wurde. Wenn es dann durch Abstimmungen und Diskussionen etwas komplizierter wird, dann ist das eben so.
ÜS: Wie sieht denn Eure Planung für andere Sportarten und Jugendfußball aus?
Philipp: Konkret gibt es Planungen für die Frauenfußballmannschaft, allgemein wollen wir aber natürlich sowohl andere Sportarten als auch Jugendsport anbieten, auch Inklusionssport steht auf unserer Liste.
Wir wollen da auch unserer sozialen Verantwortung gerecht werden, was sich auch an den Mitgliedsbeiträgen zeigt. Die belaufen sich auf mindestens 5,-€ monatlich, alles darüber hinaus ist freiwillig. Derzeit liegen wir im Durchschnitt bei etwa 11,- €.
ÜS: Wie sieht es denn mit Fans anderer Vereine aus? Konkret: Wäre ein St.Pauli-Fan, der Eure Idee toll findet auch im FCSP-Trikot willkommen?
Philipp: Ich find es generell seltsam, bei Spielen eines Vereins mit einem anderen Trikot aufzulaufen. Auch eine HSV-Kutte im Festtagsornat würde ich bei unseren Spielen eher merkwürdig finden. Aber klar: Wir sind ein freies Land, derjenige muss das selbst wissen.
Marco: Ich würde ihn schon bitten, dass Trikot beim nächsten Mal zuhause zu lassen. Falke ist ja schon das Gegenteil des durchgestylten Marketing-Produkts.
*für kurze Zeit fliegen Gegenstände hin und her*
Er als Mensch ist natürlich willkommen, aber das Trikot muss es dann vielleicht doch nicht unbedingt sein.
ÜS: Das würde dann aber umgekehrt auch für Braunschweig- oder 96-Trikots gelten, oder? Und wie sieht es mit HSV-Trikots aus?
Marco: Klar, gilt für alle „anderen“ Vereine, wobei der HSV natürlich ein Sonderfall ist.
Philipp: Im Idealfall würden wir unsere Heimspiele ja zeitlich vor die HSV-Heimspiele packen, da lässt es sich nicht verhindern bzw. bietet sich ja auch sogar an. Grundsätzlich wollen wir aber natürlich schon, dass die Fans sich mit unserem neuen Verein identifizieren.
Marco: Und es ist natürlich auch ein Unterschied, ob da jemand im uralten BP-Trikot aufläuft, mit seiner geliebten Raute im Herzen, oder mit einem nagelneuen „Ich liebe die AG“-Trikot. Letzteren würde ich wahrscheinlich ähnlich freundlich wie den St.Pauli-Fan darum bitten, dieses Shirt zukünftig woanders zu tragen.
Philipp: Bei Altona 93 nervt mich sowas auch, da sieht man ja sowohl die Raute als auch den Totenkopf und für mich gehört da beides nicht hin. Aber natürlich kommen wir vom HSV, da irritiert der Totenkopf dann logischerweise etwas mehr als das HSV-Trikot.
Ja, so ein Aufstieg wäre schon mal was
ÜS: Zurück zum Sportlichen: Die Oberliga darf nicht zu ambitioniert sein, sagtet Ihr. Also soll es möglichst schnell zumindest in die Verbandsliga gehen?
Philipp: Wir können ja im Gegensatz zu Euch bisher noch gar nicht beurteilen, wie sich so ein Aufstieg anfühlt.
*erneut fliegen Gegenstände*
Marco: Ja, so ein Aufstieg wäre schon mal was. Aber natürlich will man nicht zwanzig Jahre in der Kreisklasse spielen, wir wollen auch sportlichen Erfolg, logisch. Dieser Verein hat schon jetzt eine gute Basis, mit dieser muss man jetzt arbeiten.
ÜS: Habt Ihr Euch denn schon informiert, ab wann man im Hamburger Amateurfußball Geld bezahlen muss?
Marco: Das geht recht früh los. Es fängt an bei Jugendspielern, denen man die HVV-Monatskarte bezahlt, in der Bezirksliga kriegt jeder schon ein paar Euro.
Philipp: Wir sind uns natürlich auch bewusst, dass die wenigsten bei uns anfangen, weil wir so sympathisch sind. Anfangs sicher schon, aber ab der Bezirksliga ist das dann auch wieder vorbei, da interessieren sie sich neben dem tollen Rasenplatz und der Atmosphäre auch für das Geld.
ÜS: Atmosphäre ist ja ein gutes Stichwort. Aktuell unterstützen viele von Euch ja die 3.Herren des HSV (bzw. die 1.Herren des e.V.), wo die anderen Vereine in der Liga jetzt vom Hamburger Fußballverband gebeten wurden, sich für die Heimspiele gegen Euch für anwesende Polizei zu sorgen.
Philipp: In der Tat. Wir warten jetzt erst mal ab, wie es sich bei der Mannschaft entwickelt, vielleicht beruhigt sich das ja bis zum nächsten Sommer wieder. Angeblich gab es auch Ansagen, dass der Verband bei „Unregelmäßigkeiten rund ums Spielfeld“ Strafen aussprechen wird. Bei Heimspielen des Teams hingegen ist keine Polizei auf dem Gelände und natürlich ist da bisher noch gar nichts passiert.
Oirobbabogaaaaal
ÜS: War das denn auch Teil Eurer Überlegungen, statt einer Neugründung nur noch die „e.V.-Abteilungen“, also Fußball ab 3.Herren, Eishockey etc. zu unterstützen?
Philipp: Das war für mich nicht konsequent genug, nein. Und besagte „HSV e.V. 1“ ist durch die AG ja an natürliche Grenzen gebunden, über die man nicht hinaus kann, wegen des Oberbaus. Und mit Falke können wir jetzt sogar schon International planen!
ÜS: Richtig, Ende September fahrt Ihr ja zum FC United of Manchester.
Marco: Ja, um sich das mal in Ruhe anzuschauen. Jeder hat für sich gebucht, wir haben lediglich die Personenanzahl abgefragt um in etwa das Programm vor Ort zu planen.
Philipp: Stuart bot indirekt ja auch schon ein erstes Spiel an, falls wir uns melden sollten, wobei da von unserer Seite gleich „Nur bei Hin- und Rückspiel“ als Bedingung kam. Da würden dann wahrscheinlich auch viele HSVer mitfahren, so als Ersatzdroge, denn bis die mal wieder international spielen dauert es ja wohl noch.
ÜS: Wie sehen denn die sportlichen Planungen aus?
Philipp: Nach dem Aufruf für Mannschaft und Trainerteam hätten wir theoretisch gleich drei Teams an den Start schicken können, teils auch aus höheren Ligen bis hin zur Schleswig-Holstein-Liga.
ÜS: Dietmar Beiersdorfer hat in Interviews Verständnis für Euch geäußert und bei 11Freunde-TV gesagt, es sei sein Ziel die Falke Fans wieder zurück in die „HSV-Familie“ zu holen. Ist das für Euch denkbar? Kann man das Rad nochmal zurückdrehen?
Philipp: Ich kann mir das ehrlich gesagt nicht vorstellen. Ich gehe sicher ab und an nochmal hin, da ist ja auch ein großer Teil des Freundeskreises. Auswärts fahre ich jetzt beispielsweise noch nach Hannover, aber auch nur aus privaten Verbindungen und da dort mit Martin Kind und den 96-Ultras ja auch einiges im Argen liegt weiß ich noch nicht mal, ob wir da ins Stadion gehen.
Marco: Ein Zurück wäre ja nur möglich, wenn der HSV die AG zurückabwickelt und zum e.V. zurückkehrt. Das wäre das größtmögliche Scheitern, was man aber keinem Menschen wünscht und auch wir dem HSV nicht wünschen.
ÜS: Sergej Barbarez wird bei Euch wohl nicht auflaufen, Dietmar Beiersdorfer eher auch nicht. Aber habt Ihr überlegt, Euch auch prominente Altstars zu holen?
Marco: Nein, wir haben uns da bewusst gegen entschieden. Lieber locken wir mit gesundem Amateurfußball.
Philipp: Man würde es wohl auch nur als Provokation auffassen, das wollen wir nicht.
ÜS: Angenommen Ihr steigt ein paar Mal auf und Beiersdorfer will Euch ein-zwei Talente aus der U23 leihen. Passt das?
Marco: Das muss dann unser sportlich Verantwortlicher entscheiden. Aber warum nicht? Und wenn das der Trainer von St.Pauli sagt, gilt das Gleiche.
ÜS: Eure Präsidentin sprach auch von einer Ewigkeitsklausel in der Satzung. Könnt Ihr die näher erläutern? Und was passiert am 27.September auf Eurer Versammlung?
Philipp: Es gibt eine Klausel, die besagt, dass bestimmte Paragraphen der Satzung nicht geändert werden können. Dies sind die Fernwahl und die Ausgliederung, die beide ausgeschlossen sind. Beide könnten nur eingeführt werden, wenn diese Ewigkeitsklausel entfernt wird, was aber nur durch ein Votum von 100% der anwesenden Mitglieder möglich wäre.
Marco: Wir verabschieden die Satzung, bestätigen oder wählen das fünfköpfige Präsidium, bestehend aus der Präsidentin, dem 2.Vorsitzenden, zwei Beisitzern und dem Schatzmeister.
ÜS: Vielen Dank für das interessante Gespräch und viel Erfolg in den nächsten Schritten. // Ronny & Frodo