Azzouzi, Meggle, Göttlich, Lienen – Endlich Winterpause

Montag/Dienstag, 15./16.Dezember 2014 – oder auch: die Tage nach Darmstadt und vor Ingolstadt, um im St.Paulianischen Kalender zu sprechen.
Ja, kein Grund zum Jubeln nach der 0:1-Niederlage, eher Zeit zum Wunden lecken und Konzentration sammeln vor den letzten beiden Spielen des Kalenderjahres, welches es schnellstmöglich abzuhaken gilt.
Und doch: Zwei Tage, die auch ein mittleres Erdbeben im Verein auslösten.

Es begann am Montag noch recht harmlos, mit einem zweiseitigen Interview von Oke Göttlich im “bunten” Teil des Kicker, in dem er den handelnden Personen (Meggle und Azzouzi) sein Vertrauen aussprach und für ein erfolgreiches Gelingen des Unternehmens Klassenerhalt im Mai ein gestärkt daraus Hervorgehen versprach. Klang super, sah ich genauso. (Hier ein gekürzter Ausschnitt.)
Am Abend wurde ein weiterer wichtiger Punkt, denn Deniz Naki selbst gab das Ende eines der Aufregerthemen der letzten Wochen bekannt. Auf die ihm eigene offene Art und Weise machte er auf Facebook öffentlich, dass der FC St.Pauli ihm keinen Vertrag anbieten würde.
Wahrscheinlich hätte er es bei dieser Sachebene belassen sollen, große Sympathien wären ihm sicher gewesen, Unverständnis wäre geäußert worden. Konnte er aber nicht, er trat nach – in einer Mischung aus Selbstherrlichkeit und beleidigter Leberwurst, die beim Lichterkarussell ausführlich und treffend gewürdigt wurde.
Das FB-Posting ist inzwischen gelöscht worden. Einige dachten, es wäre ein Zeichen der Reue oder taktisches Kalkül, um die Tür vielleicht doch nochmal etwas zu öffnen. Andere vermuteten gar Zensur!
Mal ehrlich… Facebook mischt sich in den kleinen Zwist eines Fußballers mit einem Zweitligisten ein und löscht ein nicht annähernd strafrelevantes Posting, zu dem es keinerlei Grund gibt es überhaupt zu melden? Paranoia ist ja manchmal okay, aber hier geht es dann doch zu weit.
Tatsächlich wurde das Posting von FB gelöscht, weil Deniz auch nach mehrfacher Aufforderung durch einen beim FC St.Pauli durchaus bekannten Fotografen die mit dem Posting verbundenen Fotos nicht löschte, die einen Copyright-Verstoß darstellten. Dumm gelaufen, irgendwie aber auch bezeichnend.
Lieber Deniz, ein „bleib wie Du bist“ klingt nach diesen Sätzen irgendwie komisch, andererseits bin ich mir sicher, dass auch die vielen guten und richtigen Dinge, die von Dir ausgingen eben nur zustande kamen, weil Du bist wie Du bist. Ich wünsche Dir daher ganz ehrlich und aus tiefstem Herzen alles Gute und hoffe, dass Du schon zur Rückrunde einen Verein findest, bei dem Du glücklich wirst. Und wer weiß, vielleicht gibt es ja irgendwann dann doch nochmal die Chance für uns und Dich zusammenzufinden.

Nachdem dies in der Nacht zu Dienstag geklärt war und sich mit dem sehr guten Artikel des Lichterkarussells auch alle hätten wieder dem Tagesgeschäft widmen können, kam dann der nächste Knaller: Lienen ersetzt Meggle, Meggle ersetzt Azzouzi, Azzouzi… wird vor die Tür gesetzt.
All dies nur einen Tag, nach besagtem Interview mit Oke Göttlich im Print-Kicker. Selbst Reinhold Beckmann fragte am Samstag in der Sportschau, wie denn so ein Sinneswandel in nur 24 Stunden möglich wäre.
Nun gut, da müsste man natürlich berücksichtigen, dass das Interview wie erwähnt im „bunten“ Teil des Kickers erschien, der redaktionell in großen Teilen schon immer vor dem Wochenende fertig ist und das Interview also wahrscheinlich schon Donnerstag oder Freitag geführt wurde. Trotzdem bleibt es eine ziemlich unerwartete Kehrtwende, auch wenn in 4-5 Tagen im Profifußball natürlich immer eine Menge passieren kann.

Schaut man sich die gemeinsame Pressekonferenz von Oke Göttlich und Thomas Meggle an, so kann man schon heraushören, dass Meggle diese Lösung vielleicht nicht laut jubelnd herbeigefordert hat, aber doch auch überzeugt mit trägt.
Demnach war es also auch Meggles Empfehlung, etwas zu verändern. Ein „Und wenn, dann jetzt!“ kann gedanklich durchaus hinzugefügt werden.
Und dann liest man im Abendblatt-Artikel vom letzten Mittwoch zusätzlich, dass Lienen eben auch einer von vielen externen Beratern ist, mit denen sich der Verein in den letzten Wochen traf. Zehn seien es gewesen, so Göttlich auf der Pressekonferenz.
Eine im Profifußball wohl eher unübliche Vorgehensweise (wie ja auch der Fragebogen, den Deniz Naki als unzumutbar empfand…), umgekehrt aber hier durchaus ein großer Vorteil, denn dadurch war man vorbereitet.
Sowohl von Vereinsseite, indem man aus dem Kreis der Berater bereits eine Vorauswahl an möglichen Trainernachfolgern erstellen konnte, als auch Ewald Lienen selbst, der bereits detailliert im Thema war.
Ich bin ganz ehrlich: Im Text zum neuen Präsidium im letzten Print-ÜS hatten wir einen Wechsel im Trainserscouting bereits angesprochen. Und dann kommt Ewald Lienen? Es klang alles nach undurchdachter Kurzschlußreaktion. Als dann besagte externe Beratersitzungen angesprochen wurden, machte es allerdings wieder Sinn.

Zum Thema Rachid Azzouzi wurde viel geschrieben, u.a. auch bei uns, von Mirco. Es bleibt festzuhalten, dass er an den Ergebnissen gemessen werden muss, die mit “Platz 17” eben nicht so ausfallen, wie man sich das erhofft hat. Dabei gibt es viele verschiedene Gründe die dazu führten, u.a. sicher auch “Pech”.
Egal aber, wie man zu ihm steht: Auch wenn man ihn in der Sache kritisiert, verbieten sich einige genutzte Formen der Kritik von selbst.
Ich wünsche ihm in seiner nächsten Position jedenfalls alles Gute, hat bei halt nicht sollen sein.

Das Spiel gegen Aalen nährt die Hoffnung, dass der Klassenerhalt in den verbleibenden 15-17 Spielen gelingt. Wird kein Selbstläufer, ist aber mit ein bißchen weniger Verletzungspech absolut machbar.

Verletzungspech:
Gebt doch mal einen Tipp ab: Welcher Spieler stand als Einziger bei allen 19 Spielen zur Verfügung?
Richtig, Philipp Tschauner. (Lösung: Zeile markieren)

Auf die meisten Einsätze in 19 Spielen kommen zwei, bei denen man auch nicht unbedingt drauf tippen würde: Dennis Daube (18) und Lennart Thy (17). (Lösung: Zeile markieren)

Insbesondere die Abwehr wurde massiv durcheinandergewirbelt, elf(!) verschiedene Spieler standen in unserer Viererkette, wenn man die Anfangsformationen durchgeht. Lasse Sobiech ist hier mit 16 Einsätzen die Konstante, danach folgt schon Sören Gonther mit 12. Lediglich an den Spieltagen 2-3 (Schachten, Sobiech, Gonther, Buballa), 6 (Buballa, Thy, Thorandt, Ziereis), 9-10 (Sobiech, Thy, Startsev, Ziereis) und 16-18 (Schachten, Sobiech, Gonther, Halstenberg) gab es  die gleiche Aufstellung wie im Spiel zuvor – wie man sieht, aber immer mit großer Rotation im Gesamtgefüge.

Bei Langeweile kann das gerne jemand für das Mittelfeld durchspielen, man dürfte auf ähnliche Werte kommen, in der Abwehr ist eine eingespielte Kette aber sicher am wichtigsten, was sich ja auch an unserer Gegentorflut ablesen lässt.

Statistik eines 17. nach 19 Spielen:
Wir haben nach 19 Spielen 16 Punkte geholt, damit einen Punkt Rückstand auf den Relegationsplatz (VfR Aalen) und den ersten Nichtabstiegsplatz (1860).

Schaut man sich die letzten Jahre (seit Einführung der Relegation) an, so ist dies etwa im Durchschnitt. Dynamo Dresden hatte letzte Saison 21 Punkte (schaffte es aber am Ende nicht), Hansa hatte 2011/2012 12 Punkte, stieg damit ebenso ab.
In den sechs Jahren stieg der 17. nach dem 19.Spieltag viermal sportlich ab (Dynamo, Sandhausen [die aber durch Duisburgs Lizenzentzug drin blieben], Hansa und Wehen-Wiesbaden), lediglich der FC Ingolstadt und FSV Frankfurt konnsten sich 2011 und 2010 noch retten.

15,17 Punkte hatten sie im Schnitt nach 19 Spielen, sie holten in den verbleibenden 15 Spielen im Schnitt 16 Punkte (Top: FSV Frankfurt mit 25, Flop: Wehen-Wiesbaden mit 10).
Das Team auf Relegationsplatz 16 hatte in diesen sechs Jahren im Schnitt knapp 34 Punkte (von 31 bis 37), der 15. hatte knapp 37 Punkte (von 33 bis 40).
Mit 32 Punkten war Dynamo Dresden in der letzten Saison der punktbeste 17. am Saisonende, mit 33 Punkten wäre man also immer mindestens auf dem Relegationsrang gelandet.

Nimmt man diese Zahlen als Grundlage, so brauchen wir also noch ca. 17 Punkte für den Relegationsplatz, noch ca. 20 Punkte für den direkten Verbleib.
Fünf bis sechs Siege also, dazu drei Unentschieden – wie erwähnt, ist sicher mit einem vollständigen Kader nicht unmöglich, muss aber in der aktuellen Tabellensituation und dem damit verbundenen Nervenkostüm auch erst mal geholt werden. // Frodo

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