Zum Glück spielen wir mal wieder auswärts!

Gedanken zum Derby von Carsten

Derby am 22.02.2020 im Volksparkstadion. So voll wird es leider nicht.
Derby am 22.02.2020 im Volksparkstadion. So voll wird es diesmal leider nicht. Foto: Ariane Gramelspacher / arigrafie.de

Endlich ist es wieder soweit, Elton schlüpft in seine lustigsten Pauli Shirts und Corny biedert sich dem Boulevard an. Hurra! Endlich wieder illustre Gespräche mit den Arbeitskollegen, die sich seit knapp 6 Monaten nicht mehr für Fußball interessiert haben.
„Und, bist du nervös?“, oder ein „das dürft ihr jetzt aber nicht verlieren!“, wird hinterher geschoben.
„Ich war nervös, in welchem rundlichen Zustand Gerdl Scharping aus der weihnachtlichen Kekspause kommen würde. Das war noch mein Pauli… aber lassen wir das.“
„Scharping? Den hab ich auch mal gewählt“… Stille.

Nach den gefühlten und tatsächlichen Niederlagen gegen Düsseldorf, Kiel und Aue ist die Talsenke nach dem grandiosen Pokalachtelfinalsieg gegen Borussia Dortmund freilich wieder völlig vergessen. Vielleicht war das ja der berühmte Schuss vor den Bug zur richtigen Zeit.

Es ist also wieder Derbyzeit, Stadtmeisterschaft, Traditionsduell…. Nennt es, wie ihr wollt: für mich sind es sichere 3 Punkte. Der Rest interessiert mich einfach nicht mehr. Es ist sogar soweit, dass mir weder Corny bei BILD Live ein Kopfschütteln abringt, noch Elton, als gern gesehener Bezahlfernsehen-Gast, der dort schlechte Witze und Weisheiten über SEIN St. Pauli zum Besten gibt (seit Jahren erzählt er dort die Story, dass St. Pauli keine guten brasilianische Fußballer verpflichten kann). Halten wir also vorab fest: wichtig ist auf dem Platz!

In sieben Spielen in Liga 2 geht der Drops bis dato eindeutig an uns. Vier mal blamierten die Kiezkicker den Dino bis auf die Knochen. Zwei mal einigte man sich auf Unentschieden und einmal ließ man Mitleid walten. Die letzte Niederlage datiert aus der Saison 2019, wo man zu Hause den Rauten um Posterboy Lasogga (2 Tore, heute angestellt im Herzen „der Menschenrechte“, im aktuellen Lieblingsland der Fifa – in Katar) den Vortritt ließ.

Statistik aus: sport.de

Der Winterblues steckt noch in den Knochen, die Pandemie hat uns weiter im Griff. Auch auswärts an der Müllverbrennungsanlage sind kaum Zuschauer erlaubt, ich fürchte dies wird uns auch noch den Rest der Saison so verfolgen. Bis auf den minimal positiven Aspekt, dass der Verein sein peinliches (vor der Kurve) Derbyshirt diesmal im Vorfeld verwerfen kann, ist die magere Zuschauer*innenzahl selbstverständlich eine Katastrophe, könnte es auf lange Sicht doch das letzte Derby gewesen sein. Zumindest könnte es dieses Jahr eine der beiden Hamburger Mannschaften schaffen.

Beide Vereine waren im Winter (Stand 19.01.) nicht auf dem Transfermarkt aktiv. Bei uns kündigte Finn Ole Becker seinen Abgang zum Sommer 2022 an. Es wird sich im Laufe der Rückrunde zeigen, ob die dringend benötigte Transfersumme leichtfertig verschenkt wurde, oder ob der Masterplan aufgeht. Es laufen ja noch einige andere Verträge aus, eventueller Aufstieg hin oder her, auch bei Fürth brach, mehr oder minder ablösefrei, eine Aufsteigermannschaft im Sommer auseinander. Der sportliche Sinn des Aufstiegs von Greuther Fürth erschließt sich daher, zum aktuellen Zeitpunkt, nicht.
Bei unserem Nachbarn aus der Vorstadt verlief der Winter ähnlich ruhig, zumindest was den Kader angeht.

Wenn das Herr Kühne wüsste, eine Winterpause ohne Neuzugänge und ohne wahnwitzige Gerüchte! Geschätzte 100 Millionen Euro versenkte der gute Herr im Volkspark. Vielleicht kommen Typen wie Holby oder Hunt nicht mehr vor lachen in den Schlaf, vielleicht war es auch nur Pech, vielleicht Unvermögen. Bei aller Häme: Er hat dies nach eigenen Aussagen alles nur für die Stadt Hamburg gemacht. Lieber Herr Kühne mit einem geschätzten Vermögen von 30 Milliarden Euro, warum zur Hölle müssen in unserer so tollen Stadt Menschen auf der Straße schlafen, warum genau muss die Suppenküche jeden Euro umdrehen? Jeder soll mit seinem Geld machen was er will, von mir aus auch Fußball (wenn man schon kein Gewissen hat), aber verschonen Sie uns mit „für Hamburg“. Sind wir ehrlich: Das war lediglich Status und nichts anderes. Wenn man etwas für eine Stadt tut, dann ist der aufgeblähte „Volkssport“ sicherlich das Letzte was mir einfallen würde.

Profiteur der Pandemie: Michael Kühne. Screenshot aus der mopo online

Kommen wir aber nochmal zum sportlichen zurück. Die Statistik in der Saison ist grundsätzlich gut beim HSV. Mit einer Passquote von 85 Prozent (Ligaprimus), einer überdurchschnittlichen Laufleistung und 68 Prozent Ballbesitz ist man grundsätzlich besser als wir und führend in der Liga. Wenn ihr also das Gefühl hattet, dem HSV, dem fehlt so ein richtiger Knipser, dann dürft ihr euch auf eure Taktikschulter klopfen. Zwar hat der gute Herr Glatzel mittlerweile 10 Tore, aber danach passiert lange nichts. Der HSV hat keinen Spieler, der den entscheidenden Unterschied macht, besonders nicht im Sturm. Schon 10 Unentschieden stehen auf der Habenseite und damit ist man der Remiskönig der Liga, kann sich davon aber halt nix kaufen. Tim Walter hat ein Team, was spielerisch gut ist, gefährliche Spieler besitzt und sicherlich auch unter die ersten 3 der Liga gehört, der rote Faden der Unfähigkeit zieht sich aber nicht erst seit dieser Saison durch die Jahre 2021-22.

Was gibt es noch zum HSV zu sagen?

Um es mit „Euch (kürzlich 80 gewordener) Uwe“ Seelers Worten zum Derby zu sagen: „Wir (der HSV) stehen mit dem Rücken nicht an der Wand, wir stehen mit dem Rücken in der Wand!“

Ist beim HSV eigentlich jemals jemand auf die Idee gekommen, als Marketinggag „DINO Topmöller“, aktuell Co-Trainer der Bayern, als Trainer zu verpflichten?

Wusstet ihr, dass man das Maskottchen der Vorstädter für einen 30 Minuten Auftritt buchen kann? Sollten wir also irgendwie wirklich aufsteigen, oder den DFB-Pokal holen, man könnte das blaue Plüschtier am 34. Spieltag zu einer entspannten Sektverkostung vorladen.

HSV-Maskottchen Dino dankte auch beim Abstieg aus der Ersten Liga nicht ab. Foto: Ariane Gramelspacher

Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast:
Seit 2017 stieg das Interesse an den HSV wieder an, um 2021 plötzlich wieder zu schwinden. Ca. 250.000 befragte Menschen gaben an, dass ihr Interesse zum HSV gemindert ist. (Quelle: AWA)

Nun denn. Mit erreichen des DFB-Pokal-Viertelfinals sowohl bei den Rauten als auch beim Kiezklub, stehen sich am Freitag zwei Mannschaften mit stolzgeschwellter Brust gegenüber, aber die eine hat 30 Minuten plus Elfmeterschießen mehr in den Beinen.

Nett aussehen kann es ja: Das Volksparkstadion formerly known als AOL/HSH-Nordbank/Imtech-Arena. Foto: Ariane Gramelspacher
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