23.Spieltag (H) – FSV Frankfurt, oder: “Hinten kackt die Ente”

FC St.Pauli – FSV Frankfurt 3:0 (1:0)
Tore: 1:0 (28.), 2:0 (52.), 3:0 (76.) Daniel Ginczek
Zuschauer: 26.398 (ca. 150 Gästefans)

Die Steine, die da gestern vielen von den Herzen fielen, dürften zum erneuten Neubau der Gegengerade locker ausreichen, wahrscheinlich hätte man auch die Nord und die Domwache noch problemlos mit hochziehen können, wenn nicht sogar die Elbphilharmonie, den Berliner Airport und Stuttgart 21.

Wichtig war er also, zweifellos, dieser Dreierpack von Daniel Ginczek, gleichbedeutend mit einem Dreierpack auf dem Punktekonto des Vereins. Fünf Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz sind ein anderes Gefühl der Sicherheit, als es nur zwei gewesen wären, keine Frage.

Ich nutze diese Situation mal, um darauf hinzuweisen, dass Fußball ein Tagesgeschäft ist, und eben dies auch medial seine Folgen hat. Mitnichten aber nur seitens des Boulevards, sondern mindestens genauso boulevardesk in den Internetforen dieser Welt.
Da wird nach Siegen himmelhoch gejauchzt, um nach Niederlagen im besten Fall zu Tode betrübt zu sein, in den meisten Fällen aber eher unsachlich (Boulevard) oder beleidigend (Foren) über wahlweise die Spieler oder leitende Angestellte der sportlichen Führung herzuziehen.
Will ich das anprangern? Oder anders: Glaube ich daran, dass sich dies irgendwann nochmal ändern wird? Naja, so ist die Welt eben, also eher nicht.
Zumindest in den Foren wird es oftmals neben chronischer Ahnungslosigkeit auch von der Anonymität bestens unterstützt, in der sich jeder sicher fühlt und gerne mal einen raushaut.
Und so kommt es dann, dass nach Spielen wie in Regensburg (0:3) oder Sandhausen (1:4) viele den Abstieg als quasi feststehend betrachten, während umgekehrt nach Siegen wie bei 1860, gegen Lautern oder eben jetzt gegen den Tabellenvierten aus Frankfurt wieder alles toll ist und man je nach Anzahl der restlichen Spiele schon wieder auf den Aufstieg schielt.

Worauf ich hinaus will: Ein bißchen mehr Realismus und Sachlichkeit würde ich mir wünschen, zumindest in der öffentlichen Betrachtung, gerade von den eigenen Fans.
Denn klar ist auch: Weder steigt man nach Spielen wie in Sandhausen ab, noch sichert man sich mit einem 3:0 gegen den Tabellenvierten den Klassenerhalt. Eine Saison ist lang, gerade in den Profiligen Deutschlands kann derzeit fast jeder jeden schlagen. Gut, außer die Bayern vielleicht.
So komme ich auch zur Überschrift, denn dieses Zitat der sich am körperlichen Ende ausscheidenden Ente brachte Stani heute nach dem Kölner Sieg, und ich fand ihn sehr passend, für mehrere Situationen.
Denn: Würden die Kölner immer so spielen, wie bei uns, wären sie kaum Vierter, dafür war es zu schwach. Würden die Frankfurter immer so spielen wie gestern, würden sie kaum noch Hoffnungen auf den Klassenerhalt haben. Würden wir immer so spielen wie gestern, wären wir wohl irgendwo um und bei Platz 4. Würden wir immer so spielen wie in Regensburg, könnte sich die Polizei in Rostock nächste Saison wieder auf uns freuen. (Wobei… dort ist der Klassenerhalt ja auch noch nicht sicher.)
Es spielt aber (gerade in dieser Liga) niemand “immer” so, eine mangelhafte Konstanz in der Leistung ist wohl bei den meistens Spielern eben auch ein Grund dafür, dass diese eben nicht in der 1.Liga, sondern “nur” in der 2.Liga spielen.
Und so zählt dann eben alles himmelhochjauchzende oder wahlweise zutodebetrübte während der Saison nichts, denn mit “Hinten kackt die Ente” hat Stani natürlich völlig recht. Abgerechnet wird nach Abpfiff aller Spiele am 34.Spieltag, ggfs. kommt dann sogar noch die Relegation dazu.
Natürlich gehört das sich freuen und ebenso das sich ärgern oder am Boden zerstört sein zum Fußball dazu, keine Frage. Ich gucke nach jedem Spiel auf die Tabelle und rechne unsere Chancen auf alles mögliche aus, meist guck ich danach auch noch auf zig andere Tabellen verschiedener Ligen, von sowas lebt der Fußball. Nur ist zwischen: “Oha, wenn jetzt XY passiert und wir dieses und jenes machen, könnte es so und so ausgehen!” doch noch ein gehöriger Unterschied zu: “Das war es! Den Klassenerhalt können wir uns abschminken!” nach dem 22.Spieltag und bei drei Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz.

Und dementsprechend gibt es eben auch noch keinen Grund zu verfrühter Euphorie, denn ganz ehrlich: Der FSV Frankfurt hat (gerade in Hälfte zwei) eine Leistung gezeigt, die der unsrigen in Sandhausen entsprach, die haben nicht mal so gut gespielt wie ein Tabellenvierter in Liga 3, geschweige denn höher.
Klar ist aber auch: Wenn Leistungen wie gegen Köln (zumindest kämpferisch) und Frankfurt auch in den restlichen Spielen abgerufen werden können, werden wir drei Teams finden, die sich dümmer anstellen als wir.
(Und damit bekomme ich wieder nicht das Relegationsspiel, welches ich mir so wünsche… aber ich gebe zu auf eins nach unten in Liga 3 kann ich notfalls auch noch ein Jahr warten verzichten.)

Zurück also zum Heimsieg am Freitag: Ja, so muss es sein, so muss es laufen. Kämpfen, beißen, und dann durch eine Grätsche des Torwarts und einen Befreiungsschlag des Kapitäns (Yes, Schnecke!) den Angriff einleiten, der für das gesamte Stadion zum Brustlöser wurde.
Und während viele (zurecht) vom zweiten Tor schwärmen, war für mich dieser erste Treffer mindestens genauso gut, denn beim Start hat Ginczek noch erheblichen Rückstand, ist dann eher am Ball und schafft sogar noch den Lupfer… da wäre in der Vergangenheit so mancher Ball bei uns wohl eher an den Pfosten und zurück ins Feld geprallt, bei unserem Glück bisher in der Saison.
Nichts desto trotz war das zweite Tor dann natürlich großartig erarbeitet von Ginczek. Aus der eigenen Hälfte loslaufen, zwei Leute quasi seitwärts tunneln und dem Torwart dann den Ball um Milimeter am Ohrläppchen vorbei in die Maschen zu dreschen, großartig!

Der Rest war Jubel und Gänsehaut. Ein Stadion, in dem die Südkurve grad Lied A singt, die Gegengerade Lied B und der Block 1 gerade Lied C anstimmt, mag für Gotthilf Fischer ein Grauen sein, gestern Abend war es einfach nur toll. Ich hoffe, dass jetzt auch dieses auf mich sehr befremdlich wirkende  gegenseitige Kurve/Gerade-Bashing endlich aufhört, denn beiden “Seiten” sollte klar sein, dass der jeweils andere seine Stärken und Schwächen hat, wenn es hart auf hart kommt aber da ist.
United we stand, divided we fall, und so…

Last but not least möchte ich der letzten BASCH widersprechen, denn ich persönlich finde Song2 immer noch gut… auch wenn es sicher mal einen Versuch wert wäre, gänzlich auf Tormusik zu verzichten. Nur grade gestern, nachdem man es nun wirklich länger nicht hören durfte, hab ich mich sehr darüber gefreut.

So, spät ist es geworden, daher jetzt noch zwei Videos und diverse Links zum Weiterlesen oder angucken:

Zunächst die wirklich sehr gelungene Choreo von USP, vom Vereins-TV (Flimmerkiste) dankenswerterweise kostenlos zur Verfügung gestellt:

Dann das Auslaufen der Mannschaft, welches wohl bei allen noch Anwesenden erneut Gänsehaut verursachte:

Links:
Bericht Gegengeraden-Gerd: “13.000-Master”
Bericht Yorkshire St.Pauli: “Passion, Pride, Positivity”
Bericht Athens South End Scum: “Matchday 23”
Bericht StPauli.nu: “Wenn das Wünschen wieder hilft”
Bericht BeebleBlox: “Im Vollrausch”
Bericht KleinerTod: “Besser als die Realität”
Bericht OSTBLOCK: “Randale, Bambule, Alte Schu… äh… Fahne”
Bericht BreitSeite: “Eulen nach Athen tragen”
Bericht In den Sinn gekommen: “Ich liebe Dich, ich träum von Dir…”
Foto Stefan Groenveld: “Drei-Tore-Schwangerschaft”
Fotos Stefan Groenveld: “Langweiliges Freitagabendgekicke”
Justus Pauli (St.Pauli-Forum): “Ich hab mich in meine Ex verliebt”

Und wo ich grad beim Videos zeigen und verlinken bin: Da ich doch einige Nachfragen zum Video erhalten habe, welches beim Spiel gegen Köln in der Halbzeit gezeigt wurde: Hier ist es. In der Beschreibung auf YouTube erhaltet Ihr auch mehr Infos zum Hintergrund. // Frodo

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