Den Letzten beißen die Hunde…?
(Dieser Artikel erschien mit zwei weiteren im Print-ÜS 124. Teil 1 findet Ihr bereits hier, hier Teil 3 und Teil 4.
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Außerdem sei ergänzend das Rasenfunk-Tribünengespräch zum Thema TV-Rechte empfohlen.)
Die Reaktion der deutschen Vereine auf den Premier League-Deal ließ nicht lange auf sich warten. Über das letzte Jahr wurde mit allen möglichen Vorschlägen zur Verteilung der Fernsehgelder Politik gemacht: sportlicher Erfolg, Tradition, Marktwert, TV-Interesse, Einhaltung der 50+1-Regelung, wirtschaftliche Stabilität – kaum eine Kennziffer, die nicht als „gerechter“ als das bisherige System bezeichnet worden wäre. Was aber kann im Milliardengeschäft Fussball überhaupt als „gerecht“ gelten? Wie soll man Tabellenplätze gegen TV-Quoten, „Tradition“ – was immer das auch sein mag – gegen „Marktwert“ gewichten? Darüber haben wir uns ein paar Gedanken gemacht. Bevor wir darauf kommen, wollen wir zunächst die Entwicklung der Debatte und die unterschiedlichen Lager skizzieren.
Die „Traditionsvereine“ im „Team Marktwert“
Der erste Vorschlag zur Neuausrichtung der Fernsehgeldverteilung kam Anfang Mai 2015 und war in Teilen sogar ganz gut. Bremens Geschäftsführer Klaus Filbry vertrat nämlich im Deutschlandfunk den Standpunkt, dass man grundsätzlich zunächst den Sockelbetrag für alle Klubs erhöhen müsse und in die Verteilung der Restsumme neben dem sportlichen Erfolg auch „Nachfragekriterien“ einbeziehen sollte. Frankfurts scheidender Vorstandsvorsitzender Heribert Bruchhagen sprang den Bremern bei und brachte eine entsprechende Initiative in die DFL ein. Die Gründung des sogenannten „Team Marktwert“ Ende März dieses Jahres, zu dem neben Bremen und Frankfurt auch Köln, Stuttgart, Hertha und die Rauten gehören, geht im Kern auf diesen Vorstoß zurück. Die Pressemitteilung der Vereine macht nun jedoch vor allem die „Nachfragekriterien“ stark: „Fanbasis, Beliebtheit, Bekanntheit, TV-Reichweite und Interaktionsraten in Social Media“. Die Gruppe fordert, dass „eine große, leidenschaftliche Fangemeinde als Wert im TV-Ranking Berücksichtigung“ finden solle. Ein Verein, der „den Wert unseres gemeinsamen Produkts Bundesliga steigert“, müsse „bei der Verteilung der Einnahmen auch entsprechend berücksichtigt werden“, so das „Team Marktwert“.
Ob die richtige Idee, den Sockelbetrag für alle zu erhöhen, vom „Team Marktwert“ noch verfolgt wird, geht aus der Pressemitteilung nicht eindeutig hervor. Da das Thema darin allerdings gar nicht mehr auftaucht, muss man wohl davon ausgehen, dass diese „Traditionsvereine“ sich vor allem als Agenten der eigenen Sache begreifen. Der Mainz-Manager Christian Heidel hielt denn auch sofort dagegen: Er sieht nicht ein, warum eine „Tradition […], die 50 Jahre zurückliegt, aber nichts mit der Leistung des Vereins im Jahr 2016 zu tun hat“, noch vergütet werden solle (www.kicker.de, 1.4.2016). Worauf er zielte, ist klar: Die sechs Vereine, die das „Team Marktwert“ bilden, sind zugleich diejenigen, die in der für die Saison 2015/16 relevanten Fernsehgeldtabelle die Plätze 11–16 einnahmen – hinter ihnen lagen lediglich noch die Aufsteiger aus Ingolstadt und Darmstadt.
Gesund und erfolgreich – die Klubs, die die Massen bewegen …
Heidel schlug stattdessen vor, künftig „80 Prozent der Fernseheinnahmen nach sportlichen und 20 Prozent nach wirtschaftlichen Kriterien“ zu verteilen (ebd.). Damit vertrat er wohl nicht allein die Interessen seines Noch-Arbeitgebers Mainz, sondern dürfte mindestens ebenso sehr seine Aufgabe als künftiger Manager von Schalke 04 im Hinterkopf gehabt haben. Zwar würde auch Schalke von den ins Gespräch gebrachten „Nachfragekriterien“ durchaus profitieren, ebenso wie Gladbach. Doch mit den abgewrackten „Traditionsvereinen“ wollten sich beide Vereine offenbar nicht in ein Boot setzen. Solange bezüglich der Aufteilung der TV-Gelder die Logik des Verteilungskampfes herrscht, wäre das ja auch Unsinn: Warum sollte man langjährige Konkurrenten, die man sportlich und wirtschaftlich abgehängt hat, wieder aufpäppeln helfen und so die eigenen Pfründe und Perspektiven gefährden?
Die Bayern müssen sich um ihre Position innerhalb der Bundesliga keine Gedanken machen und interessieren sich nur dafür, wo sie im europaweiten TV-Geld-Ranking stehen: Darin durch den Premier League-Deal auf Platz 26 zurückzufallen, wie Rummenigge es auf der JHV des Vereins als Schreckgespenst an die Wand malte, ist für sie nicht akzeptabel. Die DFL müsse dafür Sorge tragen, dass „die deutschen Topclubs in Europa wettbewerbsfähig sein können und vor allem bleiben“. In dieser Frage herrscht zwischen Bayern und Dortmund sogar einmal Einigkeit, wie BVB-Chef Watzke kurz darauf betonte: „Wir – und damit meine ich vor allem Bayern und uns – erwarten von der Liga, dass wir uns auch international messen können“ (SportBild-online, 9.12.2015). Im gleichen Interview machte Watzke eine Unterscheidung zwischen „Traditionsklubs“, für die er sich nie „stark gemacht“ habe, und den „Klubs, die die Massen bewegen“, die man stärken müsse: „Wenn ein Klub eine Million Fans in Deutschland hat, 65000 Zuschauer im Schnitt zu Hause und 5000, die auswärts mitfahren, dann muss sich das auch wirtschaftlich niederschlagen.“
Wer die Zuschauertabelle der Bundesliga anführt, ist ja allgemein bekannt …
Wer braucht denn noch die Zecken aus der 2. Liga?
Der provokanteste Vorschlag war derjenige des FC St. Pauli, Vereinen, die sich nicht an die 50+1-Regel halten, die TV-Gelder zu kürzen. Leverkusen, Wolfsburg und Hoffenheim schrien natürlich auf, Hannover lieber auch schon mal mit, und Völler begab sich in die Rolle des großen, bösen Wolfs, der das „Schweinchen Schlau“ Andreas Rettig am liebsten zerfleischen wollte. Auch Augsburg lehnte den Vorschlag ab. Dieser würde dazu führen, dass „sich alle vier Investorenklubs selbst vermarkten und wenn die das tun, werden Bayern und Dortmund nachziehen“ und die „Mehrheit der anderen Klubs wie der FCA würden massiv darunter leiden“, so Finanz-Geschäftsführer Peter Bircks (Augsburger Allgemeine, 1.12.2015). Dass ausgerechnet die langweiligen Werks- und Investorenklubs ihr Heil in der Direktvermarktung suchen und so das Ende der Zentralvermarktung einläuten könnten, ist natürlich völlig abwegig und das Argument nur vorgeschoben. Bircks geht es vielmehr darum, bei der „Verteilung nach sportlichen Kriterien“ zu bleiben, weil diese „die fairste“ sei – was soll man aber auch als 7. der Fernsehgeldtabelle sonst sagen, wenn alle alternativ diskutierten Kriterien dazu führen würden, dass man weniger bekäme?
Womit wir sie alle hätten, bis auf Ingolstadt und Darmstadt, die als Neuankömmlinge in der Bundesliga den noch ungewohnten Geldregen erst einmal genießen und sich ansonsten gepflegt zurückhalten. Bleibt festzuhalten: Alle Vereine versuchen, ihr Schäfchen ins Trockene zu bringen, und den letzten beißen die Hunde. Wobei der letzte nicht nur der jeweils andere ist, dessen Interessen sich nicht mit den eigenen decken, sondern vor allem der Pöbel in der 2. Liga. Geht es gegen „die da unten“, fällt es den Bundesligisten plötzlich leicht, mit einer Stimme zu sprechen: Im „Strategiepapier“, das 16 von ihnen im Februar dieses Jahres vorlegten, war die gemeinsame Position: Deckelung des TV-Geld-Anteils der 2. Liga auf den aktuellen Stand von 142 Mio. EUR oder bestenfalls 15 % des Gesamttopfes. Um die Kluft noch größer werden zu lassen, diskutiert man zeitgleich darüber, für Absteiger aus der Bundesliga „Fallschirmzahlungen“ einzuführen, wie es sie in der Premier League gibt.
Abgesehen davon, dass es angesichts der Einhelligkeit der Bundesligisten fast sicher sein dürfte, dass die 2. Liga künftig weniger Geld bekommt und die Bundesliga immer mehr zum „Closed Shop“ wird, in den sich nur Investorenclubs wie Leipzig einkaufen können, werden die neuen Verteilungskriterien sicher auch auf die Zweitligisten angewandt, wenn die sich nicht vehement dagegen wehren. Deshalb bleiben zwei grundsätzliche Fragen: Wie „gerecht“ sind die Varianten, die diskutiert werden? Und wie würden sie sich auf den FC St. Pauli auswirken?
Was ist schon „gerecht“?
Bevor wir uns diesen Fragen widmen, wollen wir deutlich machen, welche Perspektive wir dabei einnehmen. Grundsätzlich finden wir vor allem aus sportlichen Gründen eine möglichst gleichmäßige Verteilung der TV-Gelder in beiden Ligen erstrebenswert. Daneben würde sie aber unserer Meinung nach auch die besten Vermarktungsperspektiven bieten. Daher sollte der Faktor, um den die TV-Einnahmen des Ersten diejenigen des Letzten übersteigen, möglichst gering sein, und zwar über die Gesamtbetrachtung von nationaler und internationaler Vermarktung hinweg. Denn wer im Ausland Bayern oder Dortmund sehen will, wird sich vor allem Spiele der Champions League anschauen und nicht Bayern gegen Hoffenheim. Wer aber wirklich und ernsthaft die Bundesliga sehen will, interessiert sich für alle Vereine gleichermaßen. Dann müssen die aber auch interessant und innerhalb der Liga konkurrenzfähig sein, um das „Produkt“ spannend und vermarktbar zu halten. Falls die Bayern darauf kein Bock haben, sollen sie doch nach Milton Keynes umziehen – dann würde es vielleicht sogar mal wieder spannend. Auch wenn sich diese Position sicher nicht durchsetzen wird, liegt sie unserer Sicht auf die diskutierten Kriterien zugrunde, an denen uns außerdem ihre jeweilige Steuerungswirkung interessiert.
Sportlicher Erfolg
Auf den ersten Blick sicher der kleinste gemeinsame Nenner: Sportlicher Erfolg ist ein klares Kriterium und Fussball am Ende nun einmal ein Ergebnissport. Allerdings wird der sportliche Erfolg sowieso bereits belohnt. Die Teilnahme an europäischen Wettbewerben spült den erfolgreichen Vereinen jede Menge Kohle in die Kassen. Umgekehrt zahlen die Absteiger für ihr sportliches Scheitern einen hohen Preis. Wer den Abstiegskampf allerdings besteht, profitiert weiter vom gemeinsamen Geld. Die Vereine haben also sowieso genug Grund, sich durch gute Arbeit um sportlichen Erfolg zu bemühen, auch in der 2. Liga. Ihn darüber hinaus noch zusätzlich zu vergüten, öffnet die Schere zwischen den Vereinen immer weiter, und zwar je schneller, je weiter sie schon offen ist. Das ist sie aber eh schon weit, zwischen den Vereinen und zwischen den Ligen: Schalke und Leverkusen werden nie mehr Meister werden können und die Chancen der Aufsteiger, sich zu behaupten, sind bereits jetzt gering, weil die einen wie die anderen finanziell nicht mithalten können. Die Erfolgreicheren kriegen mehr Geld, haben deswegen mehr Erfolg, und deswegen kriegen sie dann wieder mehr Geld. Kann es das sein? Wir meinen, eher nicht, weshalb der sportliche Erfolg gern weniger in die Verteilung einfließen darf als bisher. Dem FC St. Pauli wäre das sicher nicht zum Schaden …
Wirtschaftliche Gesundheit
Eine ganz schwierige Kategorie. Einerseits hat man den Eindruck, dass der FCSP zur Zeit gut wirtschaftet und man könnte zudem denken, dass dadurch den eher zahnlosen Regeln des Financial Fairplay mehr Nachdruck verliehen werden könnte. Andererseits: Was würde ein solches Kriterium mittelfristig bedeuten? Käme man nicht schnell in Nachteil, wenn man wie wir sagt, wir machen nicht alles mit, was Geld bringt, bspw. in Bezug auf den Stadionnamen? Die Gefahr, dadurch die Kommerzialisierung weiter anzuheizen, ist zumindest nicht von der Hand zu weisen, wenn mehr Einnahmen auch mehr Fernsehgelder bedeuten könnten. Abgesehen davon wäre es wohl sehr schwer, ein solches Kriterium auszugestalten: Wie mit Leverkusen, Wolfsburg, Leipzig und anderen umgehen? Wie mit Vorgängen wie bspw. in Kaiserslautern, wo die Stadt dem Verein massiv unter die Arme greift? Da nützen auch die Lizenzierungsunterlagen wenig, die Heidel als Basis vorschlug. Die Verlockung, die Regeln zum eigenen Vorteil zu umgehen, wäre groß und ein „echter“ Vergleich kaum möglich.
Kriterien des „Teams Marktwert“
Von der Einführung dieser Kriterien könnte der FC St. Pauli sicher nur profitieren. Zumindest in der 2. Liga sind wir mit Abstand Facebook-Meister, selbst unter allen 36 Vereinen der DFL sind wir noch bei den ersten Zehn dabei. Wir sind seit Fertigstellung des Stadions Zweiter in Sachen Zuschauerschnitt. Außerdem zählt der FCSP zu den beliebtesten und bekanntesten Vereinen beider Ligen, und ist entsprechend auch hinsichtlich des TV-Interesses in der Liga eher vorne mit dabei. Für die Bundesliga hat das Medienportal www.meedia.de Ende März testweise eine Tabelle erstellt, in die ein Mix aus sportlichem Erfolg, Erfolg im Fernsehen, bei nationalen Fans und internationalen Fans eingeflossen ist. Die großen Gewinner waren die Rauten und Köln, die neun Plätze nach oben rückten. Bremen, Stuttgart und Hertha legten fünf Plätze zu – das „Team Marktwert“ weiß also, was es tut. Größter Verlierer war Augsburg (-7). Leverkusen, Wolfsburg, Hannover und Hoffenheim verloren sechs Plätze, Mainz fünf. Der Rest blieb ungefähr da, wo sie in der aktuellen TV-Tabelle eh stehen: oben oder unten (www.meedia.de, 31.3.2016).
Im Endeffekt muss man sagen: Die Kriterien sind vergleichsweise objektiv messbar und haben Einfluss auf den Vermarktungserfolg der DFL. Man kann einwenden, dass die Spielansetzungen einen starken Einfluss auf die Zuschauerzahlen haben, aber andererseits erfolgen sie selbst wiederum zumindest teilweise auf Basis des Quoten-Interesses der Sender. Eine große Steuerungswirkung entfalten die Kriterien nicht; sie bilden eher die Lage ab und begünstigen die sogenannten „Traditionsvereine“, die sowieso schon bessere Karten im Rennen um Sponsoren haben. Wenn man solche Kriterien einführt, wäre es allerdings nur angemessen, die dafür vorgesehene Summe nicht innerhalb der Ligen, sondern auf Basis einer Rangliste aller 36 DFL-Vereine zu verteilen, da sie das „Produkt“ gemeinsam liefern. Dann allerdings könnte die Auswirkung irgendwann sein, dass eine „Operettenliga“ entsteht, in die kleinere Vereine schwer eindringen könnten. Wir würden mittelfristig wahrscheinlich als „Hofnarr“ mit hochgespült werden. Ob man das will, muss man wissen. Unsere Meinung: Wenn man den Anteil des Sockelbetrags erhöht, wäre es nicht unangemessen, in die Verteilung des Restes auch den „Marktwert“ einzubeziehen.
Einhaltung der 50+1-Regelung
Darauf, dass der Vorschlag, den Werks- und Investorenklubs die TV-Gelder zu kürzen, in dieser Verhandlungsrunde von uns kam, können wir immer noch stolz sein. Denn er war der einzige, der mit der allgemeinen Vermarktungslogik brach und ein sportpolitisches Kriterium in die Debatte einbrachte: Die Stärkung der „echten“ Vereine in Mitgliederhand gegenüber den Werks- und Investorenvereinen. Die Problematik ist allerdings ähnlich wie hinsichtlich des Einbezugs wirtschaftlicher Kriterien: Leipzig umgeht die Regelung einfach und auch bei anderen Vereinen bleibt die Frage, inwieweit die Interessen der Vereinsmitglieder denen der Investoren untergeordnet werden, selbst dort, wo diese offiziell nur Minderheitsbeteiligte sind. Im Endeffekt ist es aber egal, wie man dazu steht: Durchsetzen wird man sich damit nicht mehr, auch wenn Watzke 2010 noch praktisch die gleiche Forderung gestellt hatte (vgl. „Kicker“, 30.11.2015).
Wenn es doch so käme, würde der FC St. Pauli nicht sonderlich davon profitieren, außer in einer Hinsicht: Es ist abzusehen, dass die Entwicklung immer mehr dahin gehen wird, dass Vereine zum Vehikel von Investoreninteressen werden. In der Premier League und in der zweiten englischen Liga, der Football League Championship, ist diese Entwicklung schon abgeschlossen. Der Vorschlag, den unser Verein machte, wäre geeignet, die Entwicklung zumindest zu verzögern, und war insofern im Eigeninteresse des FCSP, der eine solche Entwicklung (hoffentlich) niemals mitmachen wird – was dann aber dazu führen würde, dass man immer mehr Schwierigkeiten hätte, sich in den oberen zwei Ligen zu halten.
Fazit
Der Blick auf die bisherigen und aktuell diskutierten Kriterien zeigt: Eine „gerechte“ Verteilung ist nicht zu erreichen. Selbst wenn alles Geld zu gleichen Teilen aufgeteilt würde – wäre es „gerecht“, Werks- und Investorenvereinen, die per se alles Geld der Welt haben, dadurch noch mehr in den Rachen zu werfen? Irgendwie auch nicht. Zu etwas mehr „Gerechtigkeit“ könnte ein höherer Sockelbetrag allerdings beitragen – sich dafür einzusetzen, wäre unser Auftrag an die Vereinsführung. Wenn in der Verteilung des Restes der sportliche Erfolg eine geringere Rolle spielen sollte als bisher, wäre das einer ausgeglichenen Liga, in der spannender Sport statt nur die nächste Gala der Bayern Globetrotters geboten wird, sicher ebenfalls zuträglich. Der Einbezug des „Marktwertes“ könnte ein weiterer Baustein sein, der insofern angemessen scheint, als es zumindest einen engen Zusammenhang mit den potentiellen Erlösen gibt. Und warum sollte letztlich nicht auch eine Kürzung bei Nichteinhaltung der 50+1-Regelung ein Bestandteil des Gesamtmixes sein? Was auf der einen Seite einbehalten wird, könnte dann auf der anderen Seite unter den „echten“ Mitgliedervereinen aufgeteilt werden und so eine sportpolitische Komponente in den Mix eingehen, die zumindest unserer Meinung nach sinnvoll wäre. Die Vereinsführung sollte hier ihren ursprünglichen Ansatz weiterverfolgen.
Was den FC St. Pauli betrifft, so muss man als Fan dieses Vereins vor keinem der in der Debatte stehenden Kriterien „Angst“ haben. Letztlich würden wir in der Gesamtbetrachtung wohl eher zu den „Gewinnern“ zählen. Überhaupt würde jede „Entsolidarisierung“ der Vereine untereinander eher dazu führen, dass die Position des FC St. Pauli innerhalb der Liga zumindest kurz- und mittelfristig gestärkt wird. Langfristig mag das anders aussehen. Die größte Gefahr für den Verein und die gesamte 2. Liga ist die Zunahme der Kluft zur Bundesliga. Dass diese Entwicklung zu vermeiden ist, erscheint angesichts des scheinbar weitgehend einheitlichen Handelns der Bundesligisten allerdings höchst fraglich. Auch in dieser Frage wird übrigens mit teils falschen Argumenten Politik gemacht.
Unter anderem darauf geht der letzte Artikel unseres Schwerpunkts ein, der einen vergleichenden Blick auf die englische zweite Liga und den Umgang der Premier League mit ihr wirft. // Die Redaktion
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