Es begab sich am Donnerstag, dass der Verein folgenden Tweet absetzte:
Lieber Kai Diekmann, am Ende zählt nur eins: #RefugeesWelcome! #fcsp https://t.co/2mjZuflsQu
— FC St. Pauli (@fcstpauli) November 17, 2016
Ehrlich gesagt rutschte der mir fast durch, da ich Herrn Diekmann (wie auch alle anderen mir bekannten BILD-Accounts auf Twitter) konsequent geblockt habe und mir daher der Zusammenhang fehlte.
Ja, diese Haltung sei mir auch kurz nach dem “Tag der Toleranz” weiterhin zugestanden, kann ja jeder gegebenenfalls doof finden oder anders handhaben, die Nutzung der Medien ist ja weiterhin sehr individuell einstellbar, zum Glück.
Der Wirbel um diesen Tweet nahm dann natürlich unter dem #FCSP-Hashtag recht schnell zu und wurde im Ton dann auch sehr hart, was mich zu dem Zeitpunkt noch die Augenbraue hochziehen ließ, denn ich empfand den Tweet als solchen eher als “Okay”, denn man nahm (in meiner Wahrnehmung) eher nochmal augenzwinkernd Bezug auf die damaligen Situation, in der Kai Diekmann sich bekanntlich nicht allzu sehr mit Honig Ruhm bekleckert hat. Eher also ein Schulterzucken meinerseits.
Jenes Max Goldt-Statement hat seitdem nichts von seiner Berechtigung verloren, trotzdem hatte ich das Ganze noch als “Naja, den einen Pott Honig, aus welchen Gründen auch immer… wird seine Gründe haben. Muss ich nicht gut finden, ist jetzt aber auch kein Grund für nen Shitstorm.” abgetan.
Nun hat sich der Verein ausführlicher geäußert.
Und… nun ja, mein anfängliches Schulterzucken hat sich inzwischen dann doch in ein “verärgertes Augenbrauen hochziehen mit kombiniertem nervösen Fingergetippe auf dem Schreibtisch” verwandelt, vorsichtig formuliert.
Um es klar zu sagen: Was unser Vizepräsident Joachim Pawlik in seiner Freizeit oder auch in seinem beruflichen Wirken macht, ist seine Sache. Das kann ich gut oder scheiße finden, hat mich aber (sofern gewisse Grenzen nicht überschritten werden) als St.Pauli-Fan nicht oder nur sehr begrenzt zu interessieren.
Ich würde auch eine Einladung Kai Diekmanns in beruflichen Zusammenhängen unter dieses Dach packen. Das kann ich doof finden und für eine eventuelle Wiederwahl im Hinterkopf abspeichern, grundsätzlich aber ist das noch etwas, was ich einem ehrenamtlich tätigen Präsidium in einem Land mit freien Medien absolut zugestehen muss, auch wenn ich persönlich die BILD noch so sehr als menschenverachtend und unzumutbar erachte.
Und auch wenn dann da ein Pott Honig und das RefugeesWelcome-Kochbuch verschenkt wird, gehe ich erstmal davon aus, dass dieses entsprechend von Pawlik oder seiner Firma gekauft und bezahlt wurde und dann darf er damit eben auch machen was er will.
Grenzwertig bzw. auch grenzüberschreitend wird es in meinen Augen dann, wenn hier Berufliches und das Amt des FCSP-Vizepräsidenten vermischt wird, denn wie anders ist es zu erklären, dass der Geschäftsführer Andreas Rettig überhaupt auf dieser Veranstaltung auftaucht und dann auch noch in ein Gespräch mit Diekmann gebracht wird?
Wer das Gespräch von Andreas Rettig im letzten MillernTon gehört hat, wird diesem (auch wenn wir dort das Thema BILD ausgeklammert hatten, weil es dazu alles schon mehrfach gesagt worden war) zweifellos abnehmen, dass er wenig Lust hat, hier auf Herrn Diekmann und Co. zuzugehen.
Wenn sich in einem solchen Rahmen, wie bei dieser Veranstaltung, aber eben dieses Gespräch “ergibt”, dann kann man sich zwar wünschen, dass Rettig Diekmann ansatzlos das Honigglas ins Gesicht pfeffert und ihn anschließend lächelnd ins UKE fährt oder zumindest den Inhalt des Glases lächelnd von oben auf ihn niederfließen lässt – einem normalen Verhalten zwischen erwachsenen Menschen in entsprechenden Funktionen auf solch einem Event entspricht dies aber natürlich nicht.
Es ist also schon nachvollziehbar, dass Rettig dann gute Miene zum Diekmannschen Spiel macht – welches dieser natürlich auch medial entsprechend bestens beherrscht.
Und ob die Einladung zum Spiel dann auf Rettigs oder Pawliks Bestreben hin erfolgte, ist dann auch ziemlich Wurst, denn da lag das Kind bereits mit gebrochenen Beinen im Brunnen.
Spätestens die Veröffentlichung über Diekmanns Twitter-Account brachte das Ganze dann in die Welt und der Verein versuchte mit dem Tweet eben (aus meiner Sicht) Schadensbegrenzung zu betreiben, in dem man zumindest das damalige Thema (und die damals auch eindeutig verteilten Rollen, s.o.) nochmals in Erinnerung rief. Ein “Diekmann, Du dummer Mensch mit kleinem Penis, geh Stuhlgang verrichten und habe Beischlaf mit Deinem Meniskus!” wäre vielleicht ein besserer Tweet gewesen… aber damit sind wir dann wieder bei vernunftgetriebenem Umgang unter Erwachsenen und es ist imho auch gut oder zumindest okay, dass dieser Tweet eben dann so lautete wie er lautete und nicht wie jetzt hier erdacht.
(Copyright ist aber hiermit freigegeben, wenn das jemand so tweeten will, nur zu.)
Das eigentlich Schlimme an dieser Geschichte ist doch folgendes:
Der Verein hat es damals geschafft, die BILD (und Kai Diekmann) medial zu bezwingen. Die Vielzahl an positiven Reaktionen zeigen dies ebenso wie die (immerhin) paar Vereine, die sich damals dem Protest angeschlossen haben.
Und ein Sieg gegen die BILD ist hierzulande für große Gruppen oder Vereine immer noch ähnlich selten wie ein Sieg gegen den FC Bayern in der Fußball-Bundesliga.
Das Ding war durch, das Spiel war abgepfiffen – und mit diesem Abend und der Einladung von Joachim Pawlik an Kai Diekmann UND Andreas Rettig wurde völlig unnötig noch eine Verlängerung eingeläutet, die Diekmann die Gelegenheit gab, doch noch den Ausgleich zu erzielen.
Und dies ist ihm gelungen, denn dass sich jetzt, in dieser sportlich durchaus prekären Situation, mehrere Leute überhaupt wieder mit diesem Herrn und diesem Print-Erzeugnis befassen, dass es innerhalb von Fanszene und Verein schon wieder einen völlig unnötigen und überflüssigen Ärger gibt – dies ist mehr als nur ärgerlich.
Insofern, Joachim Pawlik: Zukünftig bitte strikter zwischen Beruf und dem Amt des Vizepräsidenten trennen und den Verein und seine Angestellten aus Kungeleien mit der BILD heraushalten, Danke.
Ein völlig unnötig aufgemachtes Fass.
Damit der Artikel jetzt aber doch noch positiv endet:
Lest den Aufruf des MagischenFC-Blogs zum sportlichen Zusammenhalt und hört den aktuellen MillernTon.
Fazit bei beiden: Wir steigen nicht ab.
Und: Hört auf Max Goldt, weiterhin.
P.S.: Der MagischeFC-Blog hat sich auch zum Thema geäußert, ebenfalls lesenwert..
// Frodo
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