„Hömma, aber dieses Jahr, dieses Jahr werden wa deutscher Meister, da verwette ich Omma Hilde ihr Sparschwein drauf!“

Voreilig gedruckte Schals – keine gute Idee. Foto: Carsten
Aber auch dieses Jahr ahnen wir eigentlich schon jetzt: Wieder wird es nichts mit dem geschmückten Borsigplatz in Dortmund Westfalen. Denn wie in den vergangenen Jahren auch, leidet der Ballsportverein Borussia Dortmund an einer Auswärtsallergie. Schon beim Verlassen der Bundesstraße Richtung A45, kurz hinter der geruchlichen Wahrnehmung des Pavianfelsens des Dortmunder Tierparks, scheint der Druck unermesslich.

Man hätte die letzten Penunzen aus der Omma ihrem Sparschwein also getrost für andere Dinge ausgeben können, denn es ist die letzten Jahre famos egal gewesen, an welcher spielerischen Stellschraube der BVB drehte. Jede Thekenmannschaft holte sonntags morgens um 9 Uhr auf Asche mehr Punkte, als der BVB auswärts in den Bundesligaarenen. Zwar konnte man international durchaus überzeugen und auch zu Hause die Pferdestärken auf die Wiese bringen, auswärts verlor man in der Regel gegen alles, was es irgendwie in die Turnhose schaffte. Der große Traum, dem Rivalen aus dem Süden mal wieder ein Bein zu stellen, erfüllt sich damit also nicht.

“Ja, wat willste da machen, haste Kacke am Fuß, haste Kacke am Fuß”. Was natürlich erstmal nicht zu widerlegen ist. Allerdings könnte man zumindest mal anfangen rauszufinden, wer denn wieso sein Geschäft vor die eigene Haustür macht. Man versuchte in Dortmund alles. Trainer kamen und gingen, Spieler kamen für teures Geld und gingen. Das Problem blieb, der spielerische Aspekt erfüllte nicht die Ansprüche. Und so badet man nun weiterhin in der eigenen Lobeshymne, so ein wahnsinnig tolles Stadion zu haben, wo es noch nach Bratwurst und Senf riecht, wo es noch Bier vom Fass gibt und wo die wahre Stimmung ein Zuhause hat.

Hat sie dort ein Zuhause?

BVB-Fanwand in der Gästekurve auch am Start. 28.10.2014 Pokalspiel am Millerntor. Foto: arigrafie

Zugegeben, wenn man ins Stadion neben der “Roten Erde” kommt, den Blick auf die Südtribüne schweifen lässt, dann ist dies durchaus imposant. Auch wenn es Flutlichtabend ist und der Wind kalt ins Gesicht weht. Schön anzuschauen ist es. Allerdings, und das gehört zur Wahrheit auch dazu, ist es oftmals eine sehr launische Stimmung, die nicht immer das selbstverliebte Non Plus Ultra ist. Ganz im Gegenteil, gerade in dahin plätschernden Spielen schafft die Südtribüne es nicht, den Funken über das ganze Stadion springen zu lassen, nicht einmal die eigene Tribüne zum Support zu bewegen. Das Leid einer großen Tribüne ist es, dass dort auch genügend Menschen verweilen, die nur zum Saufen im Stadion sind. Und wir reden hier von einem Bier, welches durchaus schäbiges Astra Niveau erreicht, in einer Bierstadt wie Dortmund eigentlich eine Frechheit. (Anmerkung des Lektors: Hamburg hatte im Mittelalter mehr Brauereien als Dortmund).
Und die Bratwurst? Die kommt im Stadion von einer fettigen Alugrillplatte, was die ganze Sache auch nicht wirklich besser macht.

Was erwartet uns spielerisch? Dortmund wird die Schmach der Niederlage bei Union Berlin versuchen zu egalisieren und betont schnell über die Außen agieren. Mit Karim Adeyemi fällt allerdings einer der schnellsten Spieler der Bundesliga beim BVB aus. Hauke Wahl mag sich an dieser Stelle ein wenig freuen, den Knoten in den Beinen hätte ich nicht zwingend sehen wollen, auch nicht, wenn beide nur den Ansatz von einem Laufduell hätten. Fällt beim BVB aber ein Spieler aus, so wird dieser in der Regel gleichwertig ersetzt. Was bei uns mit Saad sicherlich nicht möglich sein wird, macht die Borussia müde lächelnd mit links.

Er kam, Saad und siegt? In diesem Spiel wohl leider nicht.

Sollten wir defensiv wie zuletzt Bochum oder Celtic stehen, dann werden wir sicherlich auch vier bis fünf Tore kassieren. Schaffen wir es allerdings, die Dortmunder so zu nerven oder einzulullen, halte ich ein enges Spiel zumindest für möglich. Und wenn Auswärtssieg, dann richtig demütigen und das geht in Dortmund bekanntlich nur mit einem 0:4. Gut, ich bin mit einem Punkt zufrieden.

Was erwartet uns in Bezug auf die heimischen Fans? Sagen wir es so: nicht allzu viel Positives. Denn große Teile der aktiven Fanszene des BVB pflegen ein offenkundig rechtes Gedankengut und dies zeigen sie nicht nur im Stadion, sondern auch vor dem Stadion. Also wachsam sein, insbesondere in der Dunkelheit des Abendspiels. Dortmund hat seit eh und je ein Problem mit rechts. Die Partei “Die Rechte” um Mitgründer “SS- Siggi” ist Stammgast im Dortmunder Stadtrat und ist oftmals auch in den Fanreihen vertreten.

Natürlich, und das gehört zur Wahrheit dazu, gehen auch viele Normalos zur Borussia. Vieler meiner Freunde sind Anhänger von Lüdenscheid Nord. In gewissen Dingen kann ich es verstehen, gerade international gab es in den letzten Jahren packende Duelle. Und auch wenn mir persönlich Bier und Bratwurst im Stadion nicht schmecken, so ist es durchaus eine nette Umgebung ums Westfalenstadion, welches ein Meer an Sportmöglichkeiten bildet und Historie aufzeigt. So gibt es dort den Hockeyclub, die Eishockeyhalle und den Volleyballverein, die Leichtathletikhalle und natürlich die Westfalenhallen. Auch der Vorplatz zur Roten Erde ist als neutraler Fan durchaus ein Besuch wert.
Ich mag diese historischen Plätze und Stadien, die schon immer an ihrem Standort waren. Wo Geschichten geschrieben wurden und oftmals auch bittere Tränen vergossen. Mit diesen Dingen können nicht mehr so viele Vereine in Deutschland aufweisen, daher ist Dortmund sicherlich etwas Besonderes. Die Leidenschaft vieler kann man nicht absprechen, doch ist es insbesondere über die letzten Jahre auch ein wenig eine Theaterveranstaltung geworden.

Wer einen Tag vorher anreist oder etwas länger bleibt: Ein Besuch der Bergmann Brauerei sei jeder und jedem ans Herz gelegt, die/der gutes Bier zu schätzen weiß. Kulinarischer Tipp an dieser Stelle, bei der Frage: “Wat drauf auffe Wurst?”, darf man auch mal gepflegt “mit allem!” antworten.
Ausgehmöglichkeiten gibt es im Kreuzviertel zur Genüge, es ist vom Stadion mit der Bahn gut erreichbar und innenstadtnah.

Musikalisch hat Dortmund natürlich auch eine Menge zu bieten. Sasha zum Beispiel. Wer allerdings den Dortmunder Schmusesänger und Freizeitcowboy verschmäht, dem sei die Dortmunder Underground-HipHop-Szene ans Herz gelegt.

Ich werde mich Freitag früh jedenfalls gepflegt in den ICE gen Dortmund setzen, aus dem Fenster die alte Heimat betrachten und denken: “Kärlokiste, früher warste auch nicht viel schöner!“.

St. Pauli Fans wussten hingegen schon längst: Keine Macht dem Jürgen! (Bild vom 28.10.2014 (c)Arigrafie)
Jürgen Klopp vor 10 Jahren als Trainer des BVB am Millerntor. Foto: Arigrafie

Und bzgl. “Echter Liebe” (was ja bekanntlich der BVB Marketing-Gag ist) hat Jürgen Klopp nochmals deutlich gemacht, was wirklich echte Liebe bedeutet, nachdem er einen Vertrag beim Klassenfeind RB unterschrieben hat. Ich gucke in den Chat meiner Freunde und sehe, nett ausgedrückt, Fassungslosigkeit. Wer also wirklich auf eine Rückkehr des lieben Herrn Klopp hoffte, hat sich zuletzt mindestens einen Krampf in einem bestimmten Finger geholt. Aber sie sind ja so traditionsbewusst in Dortmund, – echte Liebe halt.

An dieser Stelle dann nochmals ein kräftiges “Sankt Pauli allez, Sankt Pauli allez, keiner mag den BVB” // Carsten

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