18.Spieltag (A) – TSV 1860 München

TSV 1860 München – FC St.Pauli 0:2 (0:1)
Tore: 0:1 Christopher Nöthe (43.), 0:2 Fin Bartels (81.)
Zuschauer: 23.700

Montagsspiele… waren scheiße, sind scheiße, bleiben scheiße.
Ändert auch nichts, wenn man dann durch Zufall doch mal eines auswärts live sehen kann, dieses hätte ich nämlich trotzdem lieber an einem Freitag, Samstag oder Sonntag getan.

(Vorbemerkung: Dieser Text beschreibt subjektiv meine Wahrnehmung des Fußballspielbesuchs in einer Loge. Dieses Erlebnis kommt dabei aus Fansicht verständlicherweise nicht so überragend bei weg. Dies soll allerdings nicht als Undankbarkeit missverstanden werden, denn natürlich ist der Spielbesuch in einer Loge dem Blick von der Wohnzimmercouch immer noch vorzuziehen. Wenn man mir allerdings die Wahl zwischen Kurve und Loge lässt, werde ich mich immer gerne für die Kurve entscheiden, kein Zweifel.
Trotzdem war es interessant zu sehen, wie es sich “dort” anfühlt.)

Wie dem auch sei, dank eines wohlgesonnenen Geschäftspartners durfte ich zum zweiten Mal in meinem Leben ein Fußballspiel aus dem VIP-Bereich erleben. Das erste Mal war im März 2010, die Aufstiegssaison, als ich dank eines Gewinnspiel durch einen Bekannten das bwin-Separée am Millerntor besuchte. 5:3 gegen RW Oberhausen, schönes Spiel… aber furchtbar als Fan. Oben in der Süd, vor einem die Business-Seats, deren Besetzer die darunter befindlichen Ultras begafften wie die Affen im Zoo, und sich amüsiert nach hinten umdrehten, wenn von uns mal was gerufen wurde. “Ach, Herrlich kultig, diese Paulis! Rufen sogar in den Logen, haha!

Nee… war aufschlußreich dies mal gesehen zu haben, würde ich aber trotz frei Essen, Trinken und Eis nicht allzu oft ertragen. Mit normaler Bus-/Zuganreise wäre für mich aber das Spiel in München aus Jobgründen nicht möglich gewesen, daher nahm ich jetzt die Einladung natürlich trotzdem gerne an, solche Einblicke sind ja auch immer wieder interessant.
Nun also, die Allianz-Arena. Da erwartet man natürlich mehr Prunk und Luxus, schließlich spielt hier der Triple-Sieger! Okayokay, wir gastieren nur bei jenem Verein, der vor Urzeiten mal sympathisch war und inzwischen nur noch dank eines Scheichs existiert, aber dies darf doch der Verwöhnung der VIP-Klientel keinen Abbruch tun, oder?

Doch zunächst: Die sportliche Ausgangslage!
Der Sieger steht auf dem Relegationsplatz! Im Falle eines Unentschiedens stehen wir da auch. Klarer Fall: Zehner auf Heimsieg, sicheres Ding. Solche Dinger verdaddeln wir regelmäßig.
Andererseits: 1860 auch…


(Getwittert nach dem Spiel)

Und: Seit Philipp Tschauner von “denen” zu uns gewechselt ist, gab es für uns vier Siege und ein Unentschieden (remember Patrick Funk).

Die Loge
Tja, da bekommt man von der wirklichen Welt tatsächlich nicht viel mit. Das Taxi fährt “unter” die Tribüne, mehrere Rolltreppen befördern einen in die gewünschte Etage, selbst das Scannen der Karte wird einem abgenommen.
Oben dann erste Giveaways vom “Sponsor of the Day” und in der Loge ansich ein Büffett, welches manches Hotel vor Neid erblassen lassen würde. Sechs Biere, je zwei Weiß- und Rotweinsorten, fünf Vorspeisen, Pasta, Red-Snapper Filet und Rinderroulade, anschließend noch Strudel und Bratengröstl… schon was anderes als ne Currywurst.
W-LAN gab es auch noch, Flatscreen-TV natürlich, aber wenigstens waren wir pünktlich zum schauderhaften Löwenlied draußen, wenn auch als eine von nur sehr wenigen Logen. Insgesamt scheint 1860 ca. ein Drittel – die Hälfte der Logen verkauft zu haben. Kann aber auch sein, dass die alle Event-Unabhängig fest vergeben sind, nur eben von vielen zu den 1860-Spielen nicht genutzt werden. Ich erspar mir an der Stelle die Diskussion über den Fluch des Stadions für den ehemals sympathischen Verein.

Das “Erlebnis” Fußball
Nee, kannste knicken. Wir saßen zwar sogar noch in der Nähe zum Gästeblock, aber unsere Plätze waren schon weiter weg vom Spielfeld als mein Platz im Block 2 der Gegengerade am Millerntor. Gut, größeres Stadion, ist halt so.
Und wenn dann in einem derart großen Stadion nur 23.700 Zuschauer sind, hat es eben ohnehin was von Geisterspiel. Anfangs fehlte dann auch noch USP für einige Minuten, erst danach kam dann (wie schon in Aue) auch Leben in den Gästeblock.
Stimmung auf der Geraden gab es nicht, dementsprechend auch eher leicht belustigte Blicke, wenn man dann selber mal die Gesänge mitmacht. Dafür werden einem auf Wunsch ne Decke und weitere Getränke gereicht, damit man sich beim Schweigen wenigstens wohlfühlt.
Ich schrieb es eingangs schon: Meine Vorstellung von Fußball im Stadion ist es nicht, wird es auch nie sein, muss ja aber auch nicht. Wenn man die Glastür zur Loge schließt, kann man sicher drinnen an den Tischen gut seine Business-Deals verhandeln und nebenbei auf dem Bildschirm etwas Fußball gucken. Wenn Firmen dafür Geld ausgeben und ihre Kunden oder Mitarbeiter mal mit so einem “Goodie” des Besuchs belohnen? Meinetwegen, gerne, es wird ja keiner dazu gezwungen. (Nein, auch ich tat es ja freiwillig.)

Spiel und Stimmung
Lief gut, beides.
Über das Niveau der 1860-Ultras mögen andere urteilen, dafür ist mir meine Zeit zu schade. Wenn das Lauteste am Support die “Scheiß St.Pauli!“-Rufe sind, ist alles gesagt.
Bei uns war es durchgehend laut und mit der Zeit machte auch der Oberrang immer besser mit. Der verhaltene Beginn des Spiels mag da sein Übriges zu beigetragen haben, mit der Zeit wurde es aber wie gesagt auch immer besser.
Und während Sechzig sich mühte, standen unsere Jungs hinten gut und setzen eben immer wieder gefährliche Konter, was in Hälfte eins zu immerhin zwei Toren führte, wobei das von Kringe wohl zurecht wegen Abseits nicht gegeben wurde. Umgekehrt hatte Sechzig zwei Chancen, eine schoß Volz knapp drüber, bei der anderen stand Benny Lauth tatsächlich im Weg und wurde abangeschossen und verhinderte somit gekonnt die Gefahr.
Aber dann ein schöner Konter, Traumpass von Marc Rzatkowski und endlich mal wieder Glück im Abschluß für Christopher Nöthe. Und: so ein Torjubel ist immer schön, selbst in der Loge.

In Hälfte zwei war es dann schon fast Spiel auf ein Tor, zumindest was das Chancenverhältnis anbelangt. Sechzig nur noch mit einer Chance nach Ecke, die aber in den Wolken landete, wir hingegen gleich mehrfach mit besten Gelegenheiten, nicht zuletzt dem Freistoß von Sebastian Maier.
Und schließlich eine Wiederauflage des 1:0 aus Aue: Christopher Buchtmann diesmal ganz offensichtlich mit der exakten Absicht eines gezielten Passes auf Fin Bartels, welcher Moritz Volz düpiert und das Ding in den Winkel drischt, großartig.
(Zitat von ihm heute bei der Presserunde: “Joa, aus 16 Metern… war in Ordnung, aber den kann man auch mal machen!“)

Und weil ich nicht nur in der Loge gestern beim Mitsingen fragend angeschaut wurde, sondern auch per Mail schon jemand nachfragte, hier der Text des neuen USP-Ohrwurms, den hab ich beim Auswärtssieg in Aalen erstmals vernommen:

Oh, FC St.Pauli – wir woll’n Dich siegen seh’n!
Die ganze Kurve singt und tanzt für Dich,
unser Ein und Alles – Ja, wir lieben Dich!
(Hier im Video aus Aalen, Danke an Lars für den Link)

Schön dann auch der Jubel nach dem Spiel, als der Gästeblock mehrfach “Wir woll’n den Trainer seh’n!” intonierte, ebenso wie “Ohne Trainer, fahr’n wir nicht nach Haus!“, dieser aber noch beim sky-Interview stand. Doch selbst als er dann rüber kam, winkte er zwar brav, deutete aber gleichzeitig an, dass er auf die geforderte Welle keine Lust hat. “Der ist sowas von geerdet, klasse!” sagte mein Sitznachbar. Recht hat er. Schönes Statement zu dem Thema auch heute in der Presserunde, er will sich eben jetzt, wo es positiv läuft, nicht in den Vordergrund stellen, sondern umgekehrt auch bei negativen Dingen immer sachlich bleiben können.
Roland Vrabec wirkt sympathisch und uneitel, die Mannschaft spielt einen tollen Fußball mit eigener Linie, konsequent, selbst bei Rückstand wie gegen Köln. Und nun hat sie auch noch das Glück wiedergefunden. Alles andere als die Vertragsverlängerung bzw. Umwandlung in den Cheftrainerposten wäre einfach nicht vermittelbar und wird dann sicher zeitnah nach dem KSC-Spiel auch verkündet werden.
Wer im Vereins-TV ab und an auch die Trainerrunde mit der Presse anschaut, dürfte ein ähnlich positives Bild von ihm haben.

Gästeblock und Mannschaft nach dem Spiel
Gästeblock und Mannschaft nach dem Spiel

Wenn man dann im Logenbereich der Arena aufs Klo geht, kann man auch mal den Vizepräsidenten treffen. Bernd-Georg Spies begrüßte mich mit einem freundlich gemeinten “Du hier? Im Logenbereich? Das muss ich bloggen!“. Jaha, Danke, mach ich dann doch lieber selbst.

Ich gönnte mir dann noch etwas Lebkuchenstrudel, nahm mir die ausgedruckte und bereitgelegte frische Tabelle mit und war durchaus froh, jetzt keine stundenlange Busfahrt mehr vor mir zu haben, sondern ins Hotel verschwinden zu können.
Kleines Kuriosum beim Verlassen der Arena: Man musste am Ausgang mit seiner Karte auch wieder auschecken, an den Drehkreuzen. War mir von meinen zwei bisherigen Besuchen dort nicht in Erinnerung, vielleicht so’n crazy VIP-Ding.

Fazit: Schön, dass ich das Spiel live sehen konnte. Interessant auch, dies mal in der Loge eines fremden Vereins getan zu haben, allein schon um mitreden zu können. Nächstes Mal bin ich dann sehr gerne wieder im Gästeblock. // Frodo

P.S. Dran denken: Freitag rund ums Spiel wird Benedikt Pliquett offiziell verabschiedet. Details hab ich noch nicht gelesen, aber vermutlich geschieht dies vor dem Spiel. Also pünktlich sein! Laut Bolls FB-Eintrag (siehe Links) geschieht dies in der Halbzeit. Frühes Kommen schadet natürlich trotzdem nie.

Links:
– Gegengeraden-Gerd mit einem (wie immer) großartigen Text: “Zentrifugalkonter
– MagischerFC war mit dem Bus unterwegs: “Ich habe ein Kissen dabei
– Der Breitseiten-Jens in bayrischer Mundart, oder sowas in der Art
– Die Province Fanatics waren zusätzlich auch noch bei FCB – hsv
– Die VETERANEN vermissen seit Montag leider ihr Transpi, Hilfe ist willkommen!
– Spendenaufruf von USP für Freitag, für das Flüchtlingslager in Horst.
Fotos von USP
Fabian Boll mit guten Neuigkeiten aus der medizinischen Abteilung und nem Kommentar zu den VfL93-Gerüchten. (FB)
– BlutgrätscheDeluxe mit der täglichen Blog- und Presseschau

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