Ein Sonntagsschuss am Samstagnachmittag

0:1 – und wieder kein Millerntor

… war mein erster Gedanke, als Schiri Timo Grerach die durchaus interessante Partie mit einem Pfiff beendete. Etwas ratlos und ein wenig frustriert stand ich nach Abpfiff auf den Traversen inmitten meiner Bezugsgruppe auf der Gegengerade. Auch in deren Augen war abzulesen, dass nach diesem Spielverlauf deutlich mehr drin gewesen wäre für unsere Kiezkicker, die jeden Zweikampf annahmen und zumindest im ersten Durchgang den Gästen durchaus Paroli boten. Schade auch für meine Gäste aus der Oberpfalz (allesamt Zecken!), denen ich gerne einen netten Sieg gegen die Bayern am Millerntor offeriert hätte. Doch es hat nicht sollen sein…

Foto: Ratzfatz

Dabei hatte der Tag recht gut begonnen. Hatte ich am Vorabend doch schon Kaffee gemahlen und nach einer wahren Koffein-Infusion, war ich dann an diesem grau-kalten Novembertag auch absolut für Heldentaten bereit. Doch dann kam die böse Nachricht: Eine langjährige Freundin, die allerdings vor Jahren von St. Pauli nach Groningen zog, ist am Vorabend mit Mitte 50 verstorben. R.I.P. Birgit!

Egal, lange Unnerbüx an und dazu den dicken Pulli und raus in die Kälte.
Tja und diesmal rückte kein amtierender Meister oder Pokalsieger, geschweige denn ein Weltpokalsieger an, sondern einfach nur der FC Bayern München, eben einfach nur ein Bundesligist. Allerdings der bislang einzig ungeschlagene und demzufolge eben Spitzenreiter.

Doch bereits im 16er-Bus (wie immer schwer in Braun und Weiß „geschmückt“), zeigte sich, dass wesentlich mehr FCSP-Fans unterwegs waren, als das Stadion aufnehmen kann. Ins Jolly, sagten die einen, die andere wollten es irgendwo auf dem Kiez, dem Clubheim oder der Domschänke versuchen… What a hype!

Die Oberpfälzer traf ich beim AFM-Container und dort herrschte reichlich Andrang. What a hype! Nachdem der erste Sturm vorüber war, verlor Tom kurz die „Contenance“ und wollte alle Anwesenden kurzerhand raus aus dem mollig warmen Container schmeißen! Alles nur Spaß – er wollte nur mal vor die Tür, um eine zu rauchen.

Meine bajuwarischen Gäste wurden zu den Fanräumen geleitet und um mich herum floss dann der Gerstensaft. Naja, es waren ja nur noch knapp zwei Stunden bis zum Anpfiff und die „Sechs durch drei“ waren machbar. (Hier mal Grüße an den Fanclub „18 auf 12″… gibt’s euch noch???).

Draußen vor dem Stadion waren so unendlich viele Menschen mit „Suche Karte“ Schilder – oder ganz modern statt Pappschild ihr Handy in die Höhe hielten, mit Laufschrift „Suche Karte“ – das muss Rekord gewesen sein. What a hype!

Karten-Check, Treppen hoch und ab zu meinem Platz. Ich ging vor, weil die Beiden ja nicht wussten, wie man sich am besten zu unserer Bezugsgruppe durchschlängelt. Aber eigentlich hätte ich meinen Zwei-Meter-Gast vorlassen sollen, denn es war gegenüber dem letzten Spiel absolut derbe voll. What a hype! Aber dank meines Gehstocks und der wirklich tollen Rücksicht der Leute in unserer Ecke (GG/NK), standen wir pünktlich zum Herz von St. Pauli auf unseren Plätzen. (Hier mal ein phettes Dankeschön, an meine Leute, die mir immer „meinen“ Platz am Wellenbrecher freihalten!).

Schick die Doppelchoreo der Ultras beider Vereine vor Anpfiff. Sehr entspannt alles und man ertrug gut die Bayern Fans, die vereinzelt ein wenig überall in den Kurven standen und saßen (auch wenn das bedeutet, dass da weniger Karten für die St. Pauli-Fans verfügbar waren…)

Ach so, das Spiel… – da war doch noch was… Tja, irgendwann war Hells Bells und dann der Anpfiff. In der ersten Hälfte spielten die Bhoys in brown richtig gut, hatten einige Chancen, – aber irgendwas störte immer. Unvermögen, Hektik oder Manuel Neuer. Unser Keeper Vasilj parierte wie zuletzt wieder etliche Torschüsse, doch gegen das 25m-Traumtor Musialas war auch er machtlos (22.).

Die Kiezkicker waren kurz geschockt, aber hielten weiter gut dagegen. Die Bayern erspielten sich kaum noch gute Gelegenheiten, und wenn, war Nikola zur Stelle. Chapeau!

In der Halbzeitpause wurde im Stadion mit einer Ansprache und einer Choreo („Kein Vergeben, kein Vergessen!“) an die Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 erinnert. Dabei wurde u.a. auch an den ehemaligen St. Pauli-Spieler Selig Cahn gedacht, der 1942 in Auschwitz ermordet wurde.

Nach dem Seitenwechsel „spielten die Bayern ihren Stiefel runter, ließen Ball und Gegner laufen, erspielten sich Chancen im Minutentakt (und vergaben diese im Minutentakt) und unsere Jungs konnten nur vereinzelt Nadelstiche setzen…„. Nu’ is’ aber auch mal gut. Gute Nacht!
Die Rückfahrt verlief dann halbwegs reibungslos, sieht man mal von dem nervigen Akkordeonspieler am Altona Busbahnhof ab, dessen Variation von Freejazz doch mehr als gewöhnungsbedürftig ist…
P.S.: Am Sonntag nach der Länderspielpause wird dann der Bökelberg, … ähem Borussia-Park gerockt! Aber so was von! // Hossa

P.S.: Eine sehr gute Nachricht des Tages wurde von Stadionsprecherin Dagmar auch angekündigt: Die Menschen um das Projekt „FCSP Aufstiegsbänder“ haben tatsächlich ganze 9200€ durch den Verkauf der schicken, handgefertigten Perlarmbänder sammeln und den Kiezhelden übergeben können. Maximalen Respekt!

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