Hallo, verehrte Leserschaft.
Eigentlich sollte euch der nachfolgende Exklusivartikel in unserer Printausgabe zum Leipzig-Match präsentiert werden. Da wir unser Erscheinen um zwei Wochen auf die Bochum-Partie verschoben haben und inzwischen unsere exklusiven Infos zum U23-Rück-Umzug ins Victoria-Stadion in den letzten Tagen in die Öffentlichkeit durchgesickert sind, rotzen wir diesen Artikel von Ronny nun schon an dieser Stelle und heute raus, um euch umfassend zur Zukunft der U23 zu unterrichten.
Abmeldung bei Zwangsabstieg? Heimspiele ab 2015/16 wieder in Hamburg? Waidmannstraße als künftige Heimspielstätte nach Altona-93-Deal noch akut?
Eintracht Frankfurt hat es getan, die Stadtnachbarn vom FSV ebenso, Bayer Leverkusen war gleichfalls wie Darmstadt 98 und Heidenheim frühzeitig dabei und zuletzt haben es unter anderem Union Berlin, VfL Bochum, Unterhaching und Dynamo Dresden gemacht: Diese und einige andere Vereine mehr nämlich haben – seit die Verpflichtung zum “Halten” einer Nachwuchsmannschaft im Spielbetrieb durch die DFL im vergangenen Jahr auf Antrag von Bayer Leverkusen aufgehoben wurde – ihre zweiten Mannschaften vom Spielbetrieb abgemeldet. Das war seinerzeit natürlich auch hier beim FC St. Pauli ein Thema, doch unisono pochte man damals im Trainer- und Vereinsführungsstab weiterhin auf die Notwendigkeit einer solchen Nachwuchself im Herrenleistungsbereich. Mit der Gefahr eines Abstiegs der Ligamannschaft aus der Zweiten Bundesliga in dieser Saison und der damit zwingend einhergehenden Rückstufung der U23 durch die DFB-Statuten in die Hamburger Oberliga (eine etwas ähnliche Situation wie nach der Spielzeit 2002/03, als die Zweite als souveräner Oberligameister nicht in die damals drittklassige Regionalliga aufsteigen durfte, weil die Erste in eben diese abgestiegen war) kamen nun erneut Gerüchte auf, der FC St. Pauli würde sein U23-Team sowohl aus Kosten- als auch aus sportlichen Gründen gänzlich vom Spielbetrieb ab der Saison 2015/16 abmelden und die Nachwuchsarbeit bis auf Weiteres auf die Teams im U19-Bereich und abwärts konzentrieren. Mitnichten, meint nun auf ÜS-Anfrage der FC St. Pauli, auch wenn man in dieser Angelegenheit, trotz unseres umfangreichen Fragenkatalogs hierzu, äußerst einsilbig bleibt:
“Ein Abstieg der Profimannschaft veranlasst uns nicht dazu, die Mannschaft vom Spielbetrieb abzumelden“, teilt uns Alexander Eick, der organisatorische Leiter unseres Nachwuchsleistungszentrums, im Namen des Klubs mit. Gleichwohl darf der Etat der Zweitvertretung “nicht unabhängig von der Gesamtsituation des Vereins betrachtet werden“, so Eick weiter. Was dies nun allerdings konkret heißt und in welcher Größenordnung sich die U23-Finanzierung nach unten bewegen würde, dazu möchte man lieber nichts sagen: “Bitte hab Verständnis, wenn wir dazu keine konkreten Angaben machen können.” Insider sprechen allerdings von einem Jahresbudget, das sich um eine knappe dreiviertel Millionen Euro bewegen soll; bei einem (Zwangs-)Abstieg in die Oberliga würde dieser Etat lediglich um etwa 200.000 Euro niediger ausfallen.
Kunstrasen oder Victoria
Was damit zu tun hat, dass sich wohl nur die Platzmiete aus dem Jahresplan heraus rechnen lassen könnte. Denn immerhin räumt Alex Eick ein, dass bei einem mutmaßlichen Start eine Etage tiefer 2015/16 der zukünftige Heimspielort noch zu klären wäre, “da die Anforderungen in der Oberliga Hamburg wesentlich geringer sind, bzw. es gar keine großartigen Vorschriften gibt. Es könnte sogar auf Kunstrasen gespielt werden.“, so Eicks Einschätzung.
Was natürlich viele Optionen offen lässt: Weiter in Norderstedt, zurück an die Waidmannstraße, oder gar – back to the roots – wieder in den Schanzenpark mit Kunstrasen-Geläuf? Aus Vorstandskreisen des SC Victoria verlautet gar, dass sich unser FC momentan auch in Verhandlungen oder zumindest Gesprächen mit den Blau-Gelben befinden soll, um eine Rückkehr an die Hoheluftchaussee zu prüfen. Auch aus anderen vereinsinternen Millerntor-Kreisen werden diese Gespräche bestätigt. Man sei nach fast einer Spielzeit in Norderstedt doch ein wenig ernüchtert: deutlich weniger Zuschauer als in Hamburg und mittlerweile vor allem ein Rasenplatz, der sich vom damaligen Victoria-Acker kaum unterscheidet; und viel getan würde in Norderstedt, um das abzustellen, auch nicht eben. Auf jeden Fall würde man deshalb Norderstedt nach dieser U23-Saison definitiv wieder verlassen, zumal Victoria ein neues Angebot vorgelegt hätte, dass merklich unter den Konditionen von damals liegt. Der erhoffte “geldwerte Vorteil” durch den Umzug nach Schleswig-Holstein wäre durch die argen Zuschauerrückgänge wieder aufgebraucht. Verbliebe die U23 also in der Regionalliga, möchte man für die anstehende Saison wieder in Lokstedt spielen, um – idealerweise – nach einer Spielzeit endgültig an die Waidmannnstraße zurückzukehren. Sollte man aber in der Oberliga landen, wären, allein aus Kostengründen, die beiden Heimspiel-Alternativstandorte Kollaustraße und Brummerskamp die Favoriten – der Schanzenpark eher nur eine unwahrscheinliche Variante.
Zwei Regionalligaplätze “Am Diebsteich”?
Apropos Waidmannstraße: Durch die kürzliche Behördenentscheidung, das 2.999 Zuschauer große und dann regionalligataugliche neue Stadion von Altona 93 an die Memellandallee und somit in die unmittelbare Nachbarschaft des Grounds des SC Union 03 zu bauen – AFCs Adolf-Jäger-Kampfbahn wurde bekanntlich schon vor einigen Jahren an Bauinvestoren verscherbelt –, muss der gemeinsam vom FC St. Pauli und Union 03 schon länger geplante Umbau des Waidmannstraßen-Platzes zu einem akzeptablen Regionalligastadion (der ÜS berichtete mehrfach) möglicherweise in einem anderen Licht betrachtet werden. Die eigentlich naheliegende Frage nach der Sinnhaftigkeit zweier den Anforderungen des Regionalligafußballs genügenden Sportplätzen in unmittelbarer Nachbarschaft wird vom FC St. Pauli in der Einschätzung allerdings eher locker gesehen: Wiederum Alexander Eick hierzu mit offiziellem Mandat:
“Ganz aus dem Nichts kamen die Planungen von Altona 93 nicht, da wir immer im Austausch mit dem SC Union standen. Die Kurzfristigkeit ist allerdings doch ein wenig überraschend. Am Ende ist aber das Gelände von Union in deren Vereinsbesitz und folglich kann auch formal in unmittelbarer Nähe zum neuen Stadion von Altona ein regionalligataugliches Stadion entstehen. Wir werden die neue Situation intern beurteilen und über ein weiteres Vorgehen entscheiden. Einen konkreteren Stand gibt es derzeit nicht.”
Aufsichtsrats-Vize Roger Hasenbein muss auf Nachfrage den Schwebezustand zwar bestätigen (“Wir müssen halt in allen Bereichen zweigleisig planen“), doch in der Prioritätenliste stünde für ihn und den Verein der Union-03-Platz an der Waidmannstraße (Rudolf-Barth-Stadion) ganz oben: “Die Waidmannstraße bleibt eine klare Option. Dafür müssen aber alle Rahmenbedingungen auch stimmen“, so Hasenbein.
Durch den Beschluss, den AFC dessen neues Stadion an der Memellandallee bauen zu lassen, seien aber “die Chancen gestiegen”, dass nun auch bald der SC Union seinen lange beantragten Kunstrasenplatz erhält – wichtigste Voraussetzung für den Umzug der braunweißen U23 nach Altona, schätzt das langjährige AR-Mitglied die neue Situation ein. Bis dahin treten die Kicker des neu gegründeten HFC Falke (der ÜS berichtete in Ausgabe #117) auf “unserem” Platz an.
P.S. Vier Klubs aus dem Hamburger Fußballverband haben die Regionalligalizenz für die kommende Spielzeit beantragt: HSV II, Eintracht Norderstedt, SC Victoria sowie FC St.Pauli II – am 4. Mai tagte in dieser Angelegenheit die NFV-Zulassungskommission.
// Ronny