Es war klar, dass unsere Jungs irgendwann mal ein Spiel verlieren. Aber so? Im Pokal? Zuhause? Gegen Düsseldorf? Die Fortuna hatten wir doch erst vor drei Tagen in deren Stadion souverän 2:1 bezwungen. Doch scheinbar hatten sich die Düsseldorfer unsere Spielweise abgeschaut und brachten diese am Millerntor recht gut auf den Rasen. Denn was die Hürzeler-Elf noch am Samstag eindrucksvoll präsentierte – aus einer stabilen Defensive heraus das Mittelfeld schnell zu überspielen und dann gefährlich im 16er aufzutauchen – all das gelang den Braun-Weißen in diesem Viertelfinal-Pokalspiel nicht – und verschenkten mal eben 3,5 Millionen Euro.
Zunächst beginnt dies als “Mecker-Bericht”. Denn was “erlaube Trainer”? Never change a winning team – heißt es doch. Also warum ein funktionierendes Team (zumal gegen denselben Gegner!) dermaßen “auseinander zu wechseln”? Pokal-Torwart, okay, ist Tradition. (Dennoch gewagt, wie sich noch herausstellen sollte). Und Lars Ritzka auf links ist auch verständlich, aber Philipp Treu auf rechts und ohne Manolis Saliakas? Und wo war Elias Saad?
Aber von Beginn an: An Nervosität war nicht zu denken, dazu war ich viel zu aufgeregt. Nach 18 Jahren und exakt sechs Tagen könnte der FC St. Pauli wieder ein Pokal-Halbfinale erreichen.
Man erinnert sich: 24. Januar 2006. Schnee und Eis bedeckten das Spielfeld am Millerntor. Trotz Protesten seitens des Werder-Managers Klaus Allofs (heute übrigens als Sportchef der Fortuna am Millerntor) wurde die Partie angepfiffen. Unsere Jungs waren besser im Wintersport und gewannen 3:1. Unvergessen ist der Heimweg: Auf nahezu jedem verschneiten Autofenster hatte jemand “3:1” in den Schnee gemalt.
Gegen die Bayern gab es Mitte April am dann – für damalige Verhältnisse – gut bespielbaren Millerntor bekanntlich kein “Früh-Sommer-Märchen”. Und heute endete die Reise gen Berlin ebenfalls bereits auf St. Pauli.
“Wir können alles”, konnte man im Gästeblock auf der Blockfahne lesen. Die Südkurve hielt das riesige Vereinslogo samt etlichen braunen, weißen und roten (!) Fahnen hoch. (Jetzt müssen diese komischen “blauen” Trikots erwähnt werden, die unsere Jungs tragen: Die gehen echt gar nicht! Warum nicht braun zuhaus, weiß auswärts und rot im Pokal…? – Das musste jetzt mal raus!).
Okay, weiter im Text: Nach den Gedenksekunden für den Kaiser ging es dann endlich los. Nach drei Minuten kam Jojo einen Schritt zu spät und dann passierte erstmal nichts wirklich aufregendes. Schiri Sascha Stegemann kickte einen Luftballon vom Feld, unser Sascha zwischen den Pfosten fing einen harmlosen Freistoß sicher ab und Eric Smith köpfte nach Cello-Ecke deutlich drüber. Dann der erste Blackout unseres Keepers: Mit der ganz langen Hand holte Sascha Vincent Vermeij im 16er von den Füßen. Klare Sache. Strafstoß. Der Gefoulte trat selbst an und verwandelte zum 0:1.
Danach gab es irgendwie so etwas wie einen kollektiven Total-Ausfall bei den Kiezkickern. Nichts funktionierte mehr. Nicht der einfachste Pass über fünf Meter, schon gar nicht die gewohnten schnellen Diagonalpässe durch das gegnerische Mittelfeld oder überlegte Torabschlüsse. Blackout und endlich Pause.
Es musste sich was ändern. Und das tat Hürzeler zum Glück. Der Coach brachte Saad und Saliakas für Amenyido und Ritzka. Die belebten das braun-weiße Offensivspiel. Nach einem soliden Vorstoß wurde Treu im 16er zu Fall gebracht und es gab den zweiten Strafstoß in dieser Partie. Capitano Cello verwandelte locker und netzte wie am Samstag in Düsseldorf unten links ein (60.). Bis in die Nachspielzeit passierte nicht mehr viel.
In der Verlängerung dann die verflixte 99. Minute: Einen Fernschuss wehrte unser Pokal-Keeper nicht anständig ab, berappelte sich dann auch allzu spät, so dass Ao Tanaka abstaubte und zur erneuten Gäste-Führung reingrätschte.
Der Rest wäre eigentlich schnell erzählt. Denn der Support ließ merkwürdigerweise deutlich nach und auch die oft zitierte “Körpersprache” unserer Kicker sah nicht unbedingt nach weiteren (Pokal-)Highlights aus. Doch die gab es! Positiv wie negativ. Zunächst zum Negativen: Unser Trainer hat die Gelbsucht! Kaum hat er seine Liga-Sperre abgebrummt, kassiert er im Pokal die nächste Gelbe Karte und dann sogar Gelb-Rot! Wieder fürs Meckern. Wie wär’s mit einem Anti-Aggressionstraining…? ;-))
Tja, und dann kam Boukhalfa. Carlo Boukhalfa. Geschüttelt nicht gerührt! Danel Sinani brachte eine Flanke auf den Schädel von Boukhalfa und mit Hilfe des Innenpfosten stand es in der 120. Minute plötzlich 2:2! Wahnsinn!
Es ging also ins Elferschießen. Und nun kommen wir zum traurigen Teil des Abends.
3:2 Smith
3:3 Hoffmann
4:3 Saad
Burchert hält gegen Daferner (Yeah!!!)
5:3 Sinani
5:4 Engelhardt
Kastenmeier pariert gegen Maurides
5:5 Tanaka
Kastenmeier hält gegen Hartel
5:6 Tzolis.
Ende. Aus. Vorbei.
Scheiß Abend! Gute Nacht. // Hossa
FC St. Pauli: Burchert – Wahl, Smith, Mets – Treu, Kemlein (74. Boukhalfa), Hartel, Ritzka (46. Saliakas) – Amenyido (46. Saad), Eggestein (74. Maurides), Afolayan (99. Sinani)
Fortuna Düsseldorf: Kastenmeier – Iyoha (12. Uchino), Hoffmann, de Wijs (91. Quarshie), Gavory – Engelhardt – Tanaka, Jóhannesson (91. Zimmermann) – Klaus (86. Niemiec), Vermeij (68. Daferner), Tzolis
Tore: 0:1 Vermeij (38./FE), 1:1 Hartel (60./FE), 1:2 Tanaka (99.), 2:2 Boukhalfa (120.)
SR: Sascha Stegemann (Niederkassel)
Fans: 29.546 (wie immer ausverkauft)
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