Zunächst mal: Sorry für den brach liegenden Blog der letzten (Spiel-)Tage, aber Dienstreisen ohne Notebook und am Wochenende Zeit für Privates finden lassen hierfür manchmal eben keine Zeit.
Da die Spiele ja teilweise auch schon deutlich zurückliegen, beschränke ich mich mal auf die Chronistenpflicht:
FC St.Pauli – hamburger sv 1:1 (0:0)
Tore: 1:0 Fabian Boll (77.), 1:1 Mladen Petric (88.)
Zuschauer: 23.794 (ausverkauft, geschätzte 3.000 Gäste)
Tja, das Saisonhighlight schlechthin, das Heimspiel gegen den Stadtrivalen. Es hielt so ziemlich alles, was man sich versprochen hatte. Kribbeln, Vorfreude, eine wie elektrisiert wirkende Stadt, ein packendes Spiel, einen der wohl intensivsten Torjubel den das Millerntor je erlebt hat… nur eben leider kein Happyend.
Rund ums Spiel gibt es schon heute genug Mythen und Anekdoten, um Bücher zu füllen, allein bei der Erwähnung des Stichwortes “Taxi” dürften einige noch über Jahre hinaus ein Schmunzeln im Gesicht haben. (Zumindest, in der mir erzählten Version.) Unterm Strich bleibt festzuhalten, dass es im Großen und Ganzen friedlich blieb, aber man sicher auch wieder einiges gelernt hat, was es für die Zukunft zu verbessern gilt.
Die Stimmung im Stadion war großartig und auch die Choreos sahen auf beiden Seiten sehr gut aus. Dass es viele hsver auf die Business-Seats geschafft haben, darf wohl niemanden verwundern, ähnliches werden wir sicher diese Saison noch ein paar Mal mit ansehen müssen wenn bspw. Bayern, Werder oder Schalke gastieren. Schön wäre natürlich, wenn man die Firmenkunden dahingehend sensibilisieren könnte, zumindest die Süd-BS nicht an Gäste zu vergeben, aber ich habe da so meine Zweifel, ob das realistisch ist.
Zu den Vorfällen bzgl. der hsv-Fans bleibt wohl nur zu sagen, dass sich da keiner drüber wundern dürfte. Nicht etwa, weil alle hsv-Fans pöse sind, sondern weil die Polizei im Vorfeld angekündigt hatte, keine Toleranz üben zu wollen… und wenn dann Böller fliegen, knallt es eben, im doppelten Wortsinne. Das die Polizei dadurch dann ihren eigenen Einsatz rechtfertigt, macht es nicht besser, ist aber eben leider auch nichts neues. Ich habe nach dem Spiel genug aggressive Gästefans gesehen, die den Einsatz sicher “verdient” hatten, der absolut überwiegende Teil der Gästefans hatte es aber eben umgekehrt auch nicht. Aber vielleicht schafft ja “Stuttgart 21” mal eine etwas sachlichere und breitere Basis, um über Polizeigewalt zu diskutieren. Allein, auch hier fehlt mir der Glaube.
Kleiner Themenwechsel aus eigenem Interesse: Immerhin hat man uns die 100.Ausgabe des Übersteigers aus den Händen gerissen, wir waren schon vor Anpfiff mit unserem Kontingent am Stadion ausverkauft. Wer noch Hefte nachbestellen möchte, kann das über die Website noch tun, ein paar Restexemplare haben wir noch, allerdings nur ohne die DVD-Beilage.
Borussia Mönchengladbach – FC St.Pauli 1:2 (1:0)
Tore: 1:0 Juan Arango (25.), 1:1 Gerald Asamoah (66.), 1:2 Florian Bruns (71., Foulelfmeter)
Gelb-Rot: Mohamadou Idrissou(90.)
Zuschauer: 41.080 (geschätzte 3.000 St.Paulianer)
Eine der oben erwähnten Dienstreisen verschlug mich nach Düsseldorf, von wo aus es dann natürlich ein leichtes war, zum Bökelberg nach Mönchengladbach in diese neu hochgezogene Arena im Niemandsland zu reisen. Von innen natürlich eine der typischen modernen Arenen, von außen einfach nur furchtbar häßlich und seelenlos, gelegen im absolut trostlosen Nirgendwo.
Auch von diesem Spiel wird in einigen Jahren nicht mehr viel in Erinnerung sein, daher kurz meine beiden Highlights:
- Gerald Asamoah, der durch seine körperliche Präsenz nach seiner Einwechslung den nötigen Ruck gab, um völlig verdiente drei Punkte mitzunehmen
- Döp Döp Döp Dödödöpdöpdöp! Was für ein beschissener Torjingle der Gladbacher… und umso schöner, dass wir ihn dann bei unseren Toren adaptieren konnten. Ich hoffe aber auch, dass niemals jemand am Millerntor auf die Idee kommt, derartiges lustig zu finden.
Lowlights gab es dann nach dem Spiel auch noch. Schon vor dem Anpfiff gab es einige ThorSteinar Träger zu sehen, nach dem Spiel entlud sich der angestaute Frust bei den Borussen dann in üblen Jagdszenen auf St.Pauli Fans. Zum Glück kamen die meisten wohl mit dem Schrecken davon. Bleibt die Erkenntnis, dass es in der ersten Liga wohl bei so ziemlich jedem Auswärtsspiel Ärger geben kann.
FC St.Pauli – Borussia Dortmund 1:3 (1:1)
Tore: 0:1 Kevin Großkreutz (17.), 1:1 Rouwen Hennings (26.), 1:2 Shinji Kagawa (50.), 1:3 Kevin Großkreutz (61.)
Zuschauer: 24.082 (ausverkauft, geschätzt 3.000 Gäste)
Abhaken… ein Gegner, der in den ersten zwanzig Minute eigentlich schon drei Buden machen muss, wird nach unserem Tor deutlich beherrscht und wenn Fin Bartels den Ball ins Tor grätscht könnten wir wohl Zeuge einer kleinen Sensation werden. So aber kommen wir durch Bruns’ Fehlpass unglücklich in Rückstand und die Borussia ist in dieser Saison stark genug, um solche Geschenke dankend anzunehmen.
Von sieben Spielen das bisher einzige, wo wir auf einen deutlich stärkeren Gegner getroffen sind. Macht die Niederlage nicht besser, hilft aber, sie einzuordnen.
Hannover 96 – FC St.Pauli 0:1 (0:1)
Tor: 0:1 Marius Ebbers (6.)
Zuschauer: 49.000 (geschätzte 6.500 St.Paulianer)
Auswärtssiegen ist schööööhööön – Nur mit St.Pauli!
Feine Sache, der Sieg beim Tabellendritten. Das Tor war in seiner Entstehung eine Augenweide und auch Marius Ebbers hat es sich nach seinen Leistungen in den letzten Spielen absolut verdient, hoffentlich platzt bei ihm jetzt der Knoten.
Großartig auch der Support auf den Rängen, auch wenn dank der fragwürdigen Akustik in der AWD-Arena in der Heimkurve nichts(!) ankam. Die inzwischen genossene sky-Aufzeichnung bestätigte mir dann aber unsere gefühlte Lautstärken-Hoheit, insbesondere das “That’s the way – We like it!” nach dem Tor verursachte auch beim nochmaligen Angucken einen Hauch von Gänsehaut. So kann es gerne weitergehen!
Auch hier sammelte sich nach dem Spiel ein Haufen Schwachmaten, um mal Zecken klatschen zu gehen. Ca. 50 Jungs (sic!) in schwarzen Pullis, teilweise mit “Hamburg” oder “1887” Aufdruck, alle mit diesem “OOooooh, halt mich bitte fest, sonst dreh ich riiiischtisch durch!”-Gesichtsausdruck. Aber wenn man selbst von der Polizei nur müde belächelt wird, sagt das auch schon einiges über die “Gefahr” dieser Truppe aus.
Apropos Polizei: Eine sehr schöne Art der Kommunikation übte die Hannoveraner Polizei nach dem Spiel über den Fanladen, welcher den Text im Forum veröffentlichte. Ob sie jetzt selber intern auch so selbstkritisch ist, wie gepriesen, lässt sich hier natürlich nicht aufklären, aber vom Grundtenor des Textes find ich das eine deutlich angenehmere Art des Umgangs, als in den meisten anderen Städten üblich, wo in aller Regel der Weg über die Presse gegangen wird, meist mit Halbwahrheiten gespickt. Zur Nachahmung empfohlen.
Das sportliche Zwischenfazit:
Drei Auswärtssiege… in einer Erstligasaison! Man weiß gar nicht, hinter welches Wort man da überall die Ausrufezeichen setzen soll. Allerdings: Gab es schon zweimal, nämlich 89/90 (in Mannheim, Nürnberg und Homburg, letzteres am 22.Spieltag) und 95/96 (Freiburg, Gladbach und Uerdingen, 17.Spieltag). Der nächste Sieg am Freitagabend auf Schalke schreibt die Geschichtsbücher dann aber endgültig neu, vier Auswärtssiege gab es nämlich für unseren FC in der ersten Liga noch nie!
Nach sieben Spieltagen zehn Punkte zu haben ist okay bis gut, hochgerechnet auf 34 Spiele würde dies natürlich zu einem souveränen Klassenerhalt mit ca. 48 Punkten führen. Nur: Diese Saison ist ja alles anders, und ich für meinen Teilhätte gerne bereits nach 24 Spielen die 40 Punkte zusammen, denn die letzten zehn Spiele haben es in sich: 6x Auswärts in Nürnberg, Frankfurt, Leverkusen, Wolfsburg, Lautern und Mainz sowie vier Heimspiele gegen Stuttgart, Schalke, Werder und Bayern… wäre dies eine normale Saison, so würde ich da von optimistisch kalkulierten 0-3 Punkten ausgehen. Und wenn man sieht, wie die vermeintlichen Favoriten derzeit Federn lassen, so müssen diese eben alle noch nen fulminanten Endspurt hinlegen, bei dem wir natürlich dann drohen, überrollt zu werden.
Aber zu schwarz sehen will ich natürlich auch nicht, die bisher gezeigten Leistungen lassen auch in den Spielen sicherlich auf eine ansehnliche Punktzahl hoffen, und sechs Auswärtsspiele sind ja anscheinend besser als sechs Heimspiele, wenn das so weitergeht. Nichtsdestotrotz wird es gegen den Club jetzt mal Zeit für nen Heimsieg!
Arme Frau wird aus dem Jolly geprügelt!
So oder ähnlich muss es sich ja zugetragen haben, wenn man die mediale Aufmerksamkeit auf den Rausschmiss der Frau Fegebank und den teilweise heftigen Reaktionen im Forum Glauben schenkt. Natürlich war es weit weniger hetzerisch, die Frau weder arm noch schuldlos und körperliche Verweise gab es ebenso wenig, die meisten Kommentare im Forum sind daher auch erfreulich entspannt und zustimmend zu dieser Aktion.
In Kürze: Nach dem Heimspiel gegen den BVB wurde die Hamburger GAL-Chefin Katharina Fegebank aufgefordert, das Jolly zu verlassen, da sie mit ihrer Partei den Ex-Innensenator Ahlhaus zum aktuellen Bürgermeister gemacht hat. Zur Erinnerung: Neben einigen weiteren fragwürdigen Aktionen gab es eben auch den Angriff aufs Jolly beim Schanzenfest im Juli 2009, bei dem Hossa durch einen Schlag mit einem Tonfa ins Gesicht übelste Verletzungen davontrug und es diverse weitere Rechtsüberschreitungen fragwürdige Aktionen der Freunde und Helfer gab.
Nun wurde der Frau Fegebank beim Verlassen des Jolly sicher kein Blumenstrauß überreicht, die verbalen Angriffe allerdings, die auf sie einprasselten, muss sie aber problemlos aushalten können, denn da dürfte wenig beigewesen sein, was sie nicht bereits von der eigenen Parteibasis gehört hatte. Für die politische Diskussion, ob die Grünen nun zu sehr an der Macht hängen und deswegen gerne den Steigbügelhalter machen, oder ob es aufgrund der aktuellen Umfragewerte nicht sogar eine verpasste Chance war eine Neuwahl herbeizuführen, fehlt hier sicher der Platz.
Festzuhalten bleibt aber: Wer Dinge zu verantworten hat, die den Betreibern einer wie auch immer gearteten Einrichtung missfallen, der muss damit rechnen, dort den Zutritt verweigert zu bekommen, dies fällt unter das Hausrecht. Nicht viel anders verläuft es übrigens mit den Stadionverboten, nur mal nebenbei.
Wer jetzt empört “Aber wo bleibt da die Toleranz?!” schreit, verwechselt eben diese Toleranz mit dem Setzen von Zeichen. Natürlich will das Jolly jetzt nicht auf Dauer alle Parteimitglieder der GAL ausschließen, selbst Frau Fegebank dürfte in naher Zukunft dort wohl mal wieder ein Bier bekommen, wenn sie das denn jetzt noch will. Aber man hat eben ein Zeichen gesetzt, dass sich die Grünen immer weiter von ihrer vermeintlichen Basis entfernen. Ja, als solche dürften sie den Stadtteil St.Pauli und auch die Fanszene des FC St.Pauli sehen, dazu muss man sich aus den vergangenen hundert ÜS-Ausgaben nur mal die Stadtteil-Wahlergebnisse ansehen, wo sie regelmäßig mehr Prozente bekommen haben, als aktuell in den landesweiten Umfragen. Ein Zeichen wurde gesetzt, dass das Hofieren eines Herrn Ahlhaus auf St.Pauli nicht akzeptiert wird.
Toleranz wird weiterhin beim FC St.Pauli GROß geschrieben, grade auch im Jolly und seinem Umfeld… mit eben jenen, die diese auch nötig haben. Wenn dann im Forum von einzelnen Experten sogar schon Vergleiche mit “Juden raus!” und ähnlichen Dingen angestellt werden, so kann man nur noch den Kopf schütteln. Wären die Grünen eine kleine verfolgte Gruppe, deren Existenz durch größere Mächte bedroht wäre, so hätte es diesen “Rausschmiss” in der Form sicher nicht gegeben. Der Mut, sich politisch zu äußern und auch mal unbequemes zu artikulieren, zeigt sich aber eben eher bei dem Rausschmiss einer vermeintlich nahe stehenden Politikerin, als wenn man Herrn Worch oder Herrn Ahlhaus hinausgeworfen hätte. Mal ganz abgesehen davon, dass die beiden sich sicher nicht ins Jolly verirren und bei ersterem ganz sicher neben dem verbalen auch ein körperlicher Rausschmiss erfolgt wäre.
Mit der Entschuldigung des Vereins BallKult (die es wohl in interner Form gegenüber Frau Fegebank gegeben hat) wurde nun auch die Form gewahrt und die eigene Satzung geachtet. Gut so, muss man machen, ist auch in Ordnung.
Den Rausschmiss als solchen kann man trotzdem nur begrüßen, auch wenn ich bezweifel, dass die wahren Gründe dafür beim Adressaten ankommen.
Um dann auch noch schnell die Fehler aufzuzählen, die in dem reißerischen MOPO-Artikel von gestern gemacht wurden:
- Dass das Jolly mit “kräftiger Unterstützung der Stadt” gegründet wurde, ist der Hohn schlechthin, insbesondere wenn man die damaligen Gespräche mit der zur Stadt gehörenden Sprinkenhof AG auch nur annähernd mitbekommen hat.
- Ein sehr schwammiger Absatz schwenkt vom “Pauli-Umfeld” auf “stinksaure führende Vereinsmitglieder”, ohne zu erläutern, ob damit BallKult e.V. oder der FC St.Pauli von 1910 e.V. gemeint sei. Um es klar zu sagen: Wenn das Mitglieder des FC St.Pauli sauer wären, wäre dies zwar schade, aber eben auch völlig egal, weil dieser offiziell nicht beteiligt ist. Eine “offizielle Mitteilung in der der Vorfall bedauert wird”, wie im folgenden Satz zu lesen, gab es aber bisher weder vom einen noch vom anderen Verein.
Und wenn ich dann als Zitat noch “Das war kein schönes Erlebnis!” lesen muss, kann Frau Fegebank ja gerne mal bei Hossa nachfragen, wie schön denn damals sein Erlebnis vor dem Jolly war, auf dass es bis heute noch immer keine Reaktion der Verantwortlichen gab (und ja, bereits seit 2008 ist hier auch die GAL “verantwortlich”). // Frodo