16.Spieltag (H) – Dynamo Dresden

FC St.Pauli – SG Dynamo Dresden 3:1 (0:0)
Tore: 0:1 Zlatko Dedic (66.), 1:1 Fabian Boll (71.), 2:1 Deniz Naki (73.), 3:1 Marius Ebbers (85.)
Zuschauer: 24.113 (ca. 100 Dynamo-Fans, da der Verein auf das Gästekontingent verzichtete)

“Hamburger Wetter! Wir haben Hamburger Wetter!”, ein durchaus beliebter Gesang am Millerntor, der gestern zumindest nicht zu mir durchdrang aber umso passender gewesen wäre. Der Übersteiger-Verkauf verlief zunächst ganz okay, mit der einsetzenden Niesel-Peitsche im Gesicht verging zum Einen die Zeit immer schleppender und zum Anderen den potentiellen Käufern wohl auch die Lust am Kauf, denn selbst bekannte Stammkunden warfen mir im Vorbeieilen nur ein “Nee, lass ma’, ich hol mir nachher lieber einen Trockenen!” zu.

Im Stadion gab es dann zunächst mal wehleidige Blicke gen Gästeblock, denn der war zwar gefüllt, allerdings mit lauter braun-weißen Fans. Klar, freut mich für diejenigen die dadurch erst die Chance hatten, ans Millerntor zu kommen, allerdings fehlt eben ohne Gästefans dann doch der akustische Gegenpart an dem man wächst oder sich reiben kann. Und bei den bisherigen beiden Auftritten am Millerntor hatten sich die Dynamos ja auch von ihrer besten Seite gezeigt.

Die Stimmung war dementsprechend eher durchwachsen, die erste Halbzeit bot Fußball zum Abgewöhnen und Petar Sliskovic wurde zur Halbzeit als Bauernopfer ausgewechselt. Ja, er wirkte wie ein Fremdkörper und stand größtenteils neben sich, nur ehrlicherweise hätten auch noch fünf-sechs Weitere ausgewechselt werden können, da machen ja aber die Regularien der FIFA nicht so ganz mit.

Jedenfalls ging es nach der Pause durchaus munterer weiter, nur wurde die jetzt deutlichere Überlegenheit eben nicht in zählbares umgemünzt. Gerade als ein Ruck durchs Publikum ging, weil Ebbers vom Warmmachen an die Seitenlinie gerufen wurde um eingewechselt zu werden, gab es einen Bilderbuchkonter der Dynamos nach Ballverlust von Kruse, der uns in Rückstand brachte aber gleichzeitig als wohl nötiger Weckruf fungierte.
Nur kurze Zeit später nämlich nickte Boller einen Freistoß von Daube zum Ausgleich ins Netz, unter gütiger Mithilfe des kopflos herauseilenden Ex-hsvers Wolfgang Hesl, 72 Sekunden später spielte Boll (mit Note 2 auch einziger St.Paulianer in der Kicker Elf-des-Tages) den Ball zum am 16er wartenden Ebbers, der mit der Hacke Naki bediente und dieser traf perfekt und flach ins lange Eck, Hesl diesmal chancenlos.
Es folgte noch ein bißchen Millerntor-typisches Zittern, ehe Funk im perfekten Zusammenspiel mit Naki auf Außen durch war und Ebbers dessen Hereingabe nur noch verwerten musste.

Wahnsinn, FC St.Pauli, zum vierten Mal in dieser Saison einen Rückstand gedreht, da brauchte es in den vergangenen Jahren oft sechs oder noch mehr ganze Saisons für.
Durch die Frankfurter Niederlage bei 1860 ist der Gleichstand an der Spitze perfekt, man kann also ganz gemütlich heute Abend zuschauen wie die Düsseldorfer Fortuna sich mit Greuther Fürth um maximal drei zu vergebende Punkte haut, bevor es dann am Freitag beim Überraschungs-Fünften aus Paderborn ins letzte Spiel der Hinrunde geht.

Und sonst so?

  • Die Dynamos die da waren, verhielten sich größtenteils vorbildlich. Vereinzelt waren sogar Anfeuerungs-Rufe zu hören und beim Torjubel konnte man schon eine geschätzt knapp dreistellige Zahl an Leuten beim Jubeln sehen. Ist alles okay und erlaubt, sollte sich dann aber bitte im Rahmen bewegen, also ohne die anderen Fans (in deren Heimbereich man sich ja befindet) wüst zu bepöbeln und zu provozieren, ansonsten muss man eben das Echo abkönnen.
    Besagten Rahmen an zulässiger positiver Freude überschritten ein paar Besucher auf der Süd und wurden dafür später auch vom Ordnungsdienst aus dem Verkehr gezogen.
  • Ebenso war ein Einzeller einzelner Verwirrter Heimfan im Stehbereich der Südkurve dumm genug, sich auf den Zaun zu setzen und wohl einen Hansa-Schal anzuzünden. Das Echo der Umstehenden war mehr als deutlich und er musste/durfte/konnte sein Unterfangen dann auch schleunigst beenden.
  • Gestern war großer Fanzine-Tag am Millerntor und bei mir stapeln sich neben den ebenfalls noch nicht komplett gelesenen 60 Übersteiger-Seiten (Auszüge, u.a. zur Pyro-Debatte, JHV, St.Pauli-Anleihe und Rostock away) noch der/die/das Basch, der Kiezkieker, Das Ende der Welt (Fanzine der BreitSeite) und der Zeckenbiss (Fanzine der St.Pauli-Mafia) , am Kiosk heute Morgen holte ich dann auch noch das neue 11Freunde dazu. Viel Lesestoff in den nächsten Tagen, vielleicht schaff ich ja mal eine Komplett-Rezension.
  • Der Verein konnte nach dem Spiel dann noch eine durchaus spannende Spende vermelden, denn durch das Ausbleiben der Dresdner Fans sei es kein Sicherheitsspiel mehr gewesen und es konnte Vollbier ausgeschenkt werden, was zu Mehreinnahmen in Höhe von 10.000,-€ führte. Diese wurden vom Catering-Partner Förde Show Concept auf 13.000,-€ aufgestockt und nun zu gleichen Teilen an Fanräume und das Dresdner Fanprojekt verteilt.
    Man könnte, wie es ein uns bekannter St.Pauli Fan aus dem Süden des Landes dann auch tat, an dieser Stelle mal wieder über das schwer zu leugnende Alkoholproblem unserer Fanszene nachdenken, aber dafür fehlt hier etwas der Platz und auch die Zeit.
    Lobenswerte Maßnahme jedenfalls insgesamt, mal gucken inwieweit sowas Schule macht und auch vom DFB/DFL deutlichere Positionierungen für die Fanprojekte vorgenommen werden. Die Stellungnahme des Fanladens zum Spiel in Rostock lässt jedenfalls vermuten, dass auf der großen Spielwiese zur Unterstützung der Fanprojekte noch einiges an Potential brach liegt, auch wenn es dort größtenteils die Polizei und nicht die Verbände betrifft.
  • Letzter Reminder für heute Abend: 19.30h, Gesprächsrunde “Warum bist Du eigentlich bei Sankt Pauli?” im Ballsaal der Südkurve.
  • Und noch zu was ganz anderem: Ich habe meine ersten Spiele auf der Insel 1992 gesehen, u.a. ein Heimspiel von Leeds United. Während ich von der englischen Atmosphäre ohnehin sehr angetan war, blieben mir zwei Spieler bei Leeds in bleibender Erinnerung. Eric Cantona, der in dieser einzigen Saison für den Club diesen zum Titel schoss, sowie ein junger Wirbelwind namens Gary Speed, Publikumsliebling und Eigengewächs des Klubs. Wie das oftmals so ist, verfolgt man derartige Spieler dann über die Jahre auch aus der Ferne weiter, auch wenn sein Stern bei den späteren Stationen dann nicht mehr ganz so hell strahlte. Auf jeden Fall freute es mich dann, im letzten Jahr von seiner Ernennung zum Nationaltrainer von Wales zu hören.
    Gestern kam dann die Meldung, der 42jährige hätte sein Leben beendet. Verheiratet, als Vater von zwei Kindern. Nachrufe gibt es sowohl auf der Seite von Leeds als auch auf der von Newcastle, wo er später auch noch aktiv war, als auch wahrscheinlich noch auf vielen weiteren Seiten. R.I.P., Gary.

// Frodo

Links zum Spiel:
Fotos – Stefan Groenveld
Bericht – pathos93 (“With someone I love”)
Bericht BreitSeite
Bericht – Beebleblox (“Das Christstollenorakel”)
Bericht – StPauli.nu (“Spätes Licht am Millerntor”)
Bericht – Gegengeraden Gerd (“Regentropfenmassaker”)
Fotos – Offizielle Homepage

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