Glory, glory days – Teil 4

Eine nicht ganz ernstgemeinte Rubrik in alten Übersteiger-Ausgaben trug diesen Titel. Mit mehr als einem Augenschmunzeln wurde ein Blick in die Zukunft unseres glorreichen FC St. Pauli geworfen. Nachdem der FC St. Pauli in den letzten drei Teilen mehrfach Deutscher Meister, DFB- und Champions-League-Sieger wurde und sogar den Weltpokal holte, wurde das Team in Katar verhaftet. Die Scheichs verlangten, dass die Kiezkicker fortan als katarisches Nationalteam antreten, damit endlich der WM-Pokal geholt wird.

Geiselbefreier KFA
(Foto: Hossa)

Zunächst eine gute Nachricht: Bundeskanzler Oke Göttlich schaffte es 2028 die Mannschaft samt Trainer- und Betreuerstab unter Mithilfe des militärischen Arms der Karo-Family (KFA) nach nur vier Tagen aus den katarischen Straflagern zu befreien. “Das war echt hart“, sagt ein sichtlich mitgenommener Marcel Hartel nach seiner Befreiung vor den Kameras von “Übersteiger-TV-Live_news” mitten in der Wüste. Doch die kommende Spielzeit sollte noch viel härter werden.

28. Juli 2028 – Die neue Saison beginnt mit einem Paukenschlag: Aufsteiger Atlas Delmenhorst gewinnt am Millerntor 3:1. Fabian Hürzeler tobt: “Was erlaube Mannschaft? Spiele wie Flasche leer! Diesen Sauhaufen tu’ ich mir nicht mehr an!”. Co-Trainer Thomas Müller übernimmt, bis der Chefcoach seinen Burn-Out überwunden hat. Hilfe findet er bei “St. Depri e.V.”.

05. August 2028 – Es kommt noch schlimmer: Die Auswärtspartie in Gladbach endet 8:1 für die Borussia. Thomas Müller tritt sofort zurück und löst Xavi Alonzo als Trainer bei den Bayern ab. “Dohoam is dohoam“, wird er im “Münchner Übersteiger” zitiert.

06. August 2028 – Peter Neururer ist am Ziel! Endlich wird der U23-Coach zum Cheftrainer der Profis ernannt. Auf der Pressekonferenz vor knapp 2000 Journalisten*innen aus aller Welt im großen Ballsaal, verspricht er: “Mit mir wird alles wieder gut!“. Bei seinem Jubelsprung bricht er sich beide Sprunggelenke. Dumm gehüpft.

01. September 2028 – “St. Pauli ist ToT”, titelt die Blöd-Zeitung. Das “Team ohne Trainer” verliert Spiele am Fließband. Tabellenplatz 16 ist der Lohn. Dann meldet sich Fabian zurück. Den Medizincheck bei Doc Mabuse besteht der Coach locker, nur beim Abschlusstraining im Jolly Roger schwächelt er. Teammanager Jackson Irvine trinkt ihn locker unter’n Tisch und trägt ihn auf der Schulter zu sich nach Hause.

Übles Foul am Schiri: Fabian Boll
(Foto: Ariane)

02. September 2028 – Puuuuuh! Es ist 22 Uhr 30 und immernoch 38°C heiß, als der Anpfiff im wie immer ausverkauften Millerntor ertönt. Klimawandel olé! Zum Heimspiel gegen Aufsteiger Alemannia Aachen steht Fabian Hürzeler mit einem großen Pflaster auf dem Mund und von zwei Bodyguards an eine Hundeleine gefesselt am Spielfeldrand. Peter Neururer sitzt nur auf der Bank. Beim Abendspiel der U23 in Halstenbek-Rellingen. Die Hürzeler-Elf siegt am Millerntor durch einen unberechtigten Strafstoß in der 15. Minute der Nachspielzeit mit 1:0. Aufatmen am Millerntor. Der erste Dreier der Saison. Alemannen-Trainer Fabian Boll tritt dem Schiri vor Wut gegen’s Schienbein, reicht ihm aber sofort Eis aus der Truhe zum Kühlen. “Tschuldigung“, nuschelt er noch. FC-Coach Hürzeler kassiert auf dem Weg in die Kabinen glatt Rot, als er dem Schiri die Eiswürfel aus dem Stutzen klaut und sich in den Nacken hält. “Mir ist so warm!“.

16. September 2028 – Vor einem Jahr übernahm Ex-Nationalspielerin Alex Popp die St. Pauli-Frauen und führte sie als Trainerin direkt in die Bundesliga. Am ersten Spieltag kommt ausgerechnet ihr Ex-Verein VfL Wolfsburg in die “Zitronen-Jette-Arena”, wie das im Sommer aus dem Boden gestampfte Stadion auf dem Heiligengeistfeld heißt. Das “Volxfest Hamburger Dom” wurde bereits vor einem Jahr nach einem Viertel-Volxentscheid endlich abgeschafft. Trainer der “Wölfinnen” ist kein geringerer als Fußballgott Jan-Philipp Kalla, Ex-Coach der St. Pauli-Frauen.
Vor der Partie essen die Spielerinnen im Clubheim “Molly Roger” gemeinsam Labskaus. Die Woflsburgerinnen vertragen die Hamburger Delikatesse nicht wirklich und verlieren die Partie vor 20.000 Fans mit 0:5. Die St. Pauli-Frauen stehen an der Tabellenspitze der Bundesliga! Chapeau!

Die Wurst ist das Ziel!
(Foto: Ariane)

Anschließend verliert die U23 auf dem Kunstrasenplatz an der Sternschanze gegen HFC Falke II 0:3. Trainer Neururer gibt sich philosophisch-hungrig: “Der Aufstieg ist der Weg. Und der Weg ist das Ziel. Und hier gibt es die beste Stadionwurst! Also ist die Wurst der Weg und das Ziel!“. Er klebt sich mit extra scharfen Senf auf einem Barhocker am Tresen fest.

03. Oktober 2028 – Bundeskanzler Oke Göttlich schafft den Nationalfeiertag am 3. Oktober ab. “Ab sofort ist der 15. Mai ein Tag zum Feiern. Und das bitte international!”. Fabian Hürzeler und seine Mannschaft gehorchen prompt und schlagen den englischen Meister Leeds United auf der Insel 2:0. Die Gruppenphase in der Champions League ist überstanden. Bei der Siegesfeier auf dem vereinseigenen, mit Hanffasern angetriebenen Zweimaster kommt es fast zum Eklat: Teammanager Jackson Irvine und Manolis Saliakas erreichen beim Karaoke-Singen das Finale. Mano gewinnt mit einer herzerweichenden Version von “Griechischer Wein”, während Jackson mit einer sehr gewagten, getragenen Version von “Hells Bells” beim Publikum gnadenlos durchfällt. Daraufhin jagt der Australier den Griechen von Deck zu Deck, um ihn “kielzuholen”. Doch Marathon kommt bekanntlich aus Griechenland und Mano läuft und läuft und läuft. Am nächsten Tag kommt aus Wolfsburg ein Angebot für einen Werbespot…

31. Oktober 2028 – In der Liga läuft es dagegen nicht so gut. Nach Niederlagen gegen den HFC Falke, Saarbrücken und den FC Gütersloh, belegt der FC St. Pauli Rang 17. Nur Eintracht Frankfurt ist noch schlechter. Und so kommt es um 22 Uhr zum Kellerduell der Extraklasse am Millerntor. Bei Übersteiger-TV-Sport1 wird die Partie als “Topspiel der Woche” angekündigt.
Ex-St. Pauli-Kicker Igor Matanovic erzielt in der ersten Hälfte binnen zehn Minuten einen lupenreinen Hattrick für die Hessen. Mit der Einwechselung des Youngsters Michel Gröbner macht Coach “Hürzi” dann aber alles richtig. Der 7-Jährige kam im Sommer von Jahn Regensburg zurück in seinen Geburtsort an die Elbe und netzt in seinem ersten Spiel gleich viermal und bereitet zwei Tore zum 6:3-Sieg vor. Chapeau! Die “Rote Laterne” nehmen die Hessen mit an den Main.

Pappnase olé!
(Foto: Hossa)

11. November 2028 – Sven Brux läutet den Hamburger Karneval ein. Mit knapp 50 närrisch verkleideten Leuten im Gefolge, umrundet er per Polonaise das Stadion. “Alaaf!“, brüllt die Truppe bei ihrer zweiten Runde am U-Bahnhof Feldstraße. Dumm nur, dass gerade die Fans des heutigen Gegners aus Düsseldorf ankommen. “Helau!“, schallt es von deren Seite. Ein kurzes Intermezzo ist die Folge und beschert Brux fortan den Spitznamen “Ohr-fast-ab-Sven”.
Die Partie gegen die Fortuna geht sang- und klanglos mit 0:2 verloren. Fabian Hürzeler tobt: “Was erlaube Mannschaft? Spiele wie Flasche leer! Ich entlasse mir!“. Andreas wirkt beruhigend auf ihn ein: “Aber du hast doch noch nicht fertig!“.

23. Dezember 2028 – FC-Präsidentin Sandra Schwedler sagt die offizielle Weihnachtsfeier des Vereins ab. “Bei diesem Tabellenstand können wir uns das einfach nicht leisten“, sagt sie vor den Kameras von “ÜS-Worldwide-TV”, das inzwischen die weltweiten Rechte an allen Fußballübertragungen hat. Allein mit dem Verkauf der Printausgaben des Fanzine “Der Übersteiger”, verdienten die Macher*innen bei einer Auflage von einer Million Exemplare je Ausgabe in den letzten Jahren Milliarden. Das Fanzine ist weltweit erhältlich und wird in über 1910 Sprachen und Dialekten verkauft. So z.B. op Platt, in Oberpfälzisch, Japanisch und Suaheli.

Nu ock jümmers op platt…
(Bastelarbeit: Hossa)


Dazu kamen die Merchandise-Rechte an sämtlichen Fan-Artikeln und durch das Sponsoring der DFB-Elf(en), “plätscherte die Kohle nur so in unseren Brunnen“, wird eine Redakteurin im Fachmagazin “11 Übersteiger” zitiert. Letztendlich spendet die “ÜS-Holding & Sonstewas GmbH” rund zwölf Millionen Schokotaler an den FC St. Pauli. Einzige Bedingung: Ein eigenes ÜS-Separee am Millerntor.

31. Dezember 2028 – Erstmals gibt es in Deutschland ein Spiel an Silvester. St. Pauli empfängt den 1. FSV Mainz 05. Die Partie wird weltweit und bis auf den Mars übertragen. Das Mainzer Trainer-Duo Jürgen Klopp und Thomas Tuchel hat den Karnevalsverein binnen zwei Jahren wieder in die Bundesliga gehievt. St. Pauli hat auf dem TransFAIRmarkt zugeschlagen und den 17-jährigen Zlatko Klasnic, Sohn der FCSP-Legende Ivan Klasnic von Atlethic Bilbao geholt. Gleich in der Startelf, zeigt er, dass er seinem Vater in nichts nachsteht. Nach fünf Aluminiumtreffern gelingt ihm in der 45. Minute das 1:0 per Fallrückzieher. (Der Treffer wird später zum Tor des Jahres gewählt). Dennoch verlieren die Kiezkicker die Partie am Ende 1:2. Platz 18 ist wieder erreicht. “Schlimmer geht’s nimmer“, titelt die italienische “Gazzetta del Übersteigerio”. Wat nu’? Guter Rat ist teuer, heißt es ja. Also entlässt man erstmal den Pressesprecher. “Hossa war eh überbezahlt“, so Vereinschefin Schwedler. “Jeden Tag ein Mittagessen im Clubheim und dazu drei Freigetränke können wir uns echt nicht mehr leisten“. Wahrscheinlich wusste niemand, dass er Champagner über alles liebt, mutmaßt das Investigativ-Magazin “ÜSSO-TV” (Übersteigerspiegel-Online-TV).

19. Januar 2029 – Wieder ein Geburtstag in der Oberpfalz. “Häpi börsdäi tu ju!“, grölen gut 15000 St. Pauli-Fans, als Klaus sie am Regensburger Bahnhof in Empfang nimmt und zum Stadion leitet. Auf dem Weg dorthin kommt es absolut zu keinem Eklat. Endlich mal! Das Spiel beim Jahn geht allerdings mehr als deutlich 0:5 verloren. Auf der anschließenden gemeinsamen, durch das “Regensburger Weißbräuhaus” und “Brauhaus am Schloss” gesponserten Fan-Party im Regensburger Donaupark geht es hoch her.

Peter brüllt und fällt
(Foto zensiert von Hossa)

Am höchsten schafft es U23-Trainer Peter Neururer. Er erklimmt eine alte Eiche und schwenkt auf einem Ast stehend die braun-weiße Fahne. “Tor, Tor, – Amator!“, brüllt er noch. Dann macht es “knack”. Peter ist nun mal nicht mehr der Schlankeste, seit er jeden Tag im “Molly Roger” den Mittagstisch genießt. Folgerichtig bricht der Ast und Peter sich… beide Sprunggelenke. Dumm gefallen. Als er am nächsten Morgen vom einzigen Amateur-Fanclub “FK Wischmopp” aus der Klinik abgeholt wird, stammelt er nur: “Weißwurst oder Weißbier, – ich weiß es nicht mehr!“. Schlimmer geht’s nimmer!

12. Februar 2029 – Es geht schlimmer. Nach Niederlagen in Paderborn, Wanne-Eickel und Saarbrücken hält der FC die “Rote Laterne” aber mal sowas von hoch! Als dann auch noch das Pokal-Viertelfinale gegen Roter Stern Leipzig im Elfmeterschießen verloren wird, platzt Vize-Präsident Marcel “Cello” Hartel der berühmte Kragen: “Ab morgen steh’ ich wieder auf dem Platz. Und das nicht als Galionsfigur. Die bewegen sich ja nicht. Ich lauf’ immernoch 100m in 15 Minuten und zwei Kilometer im Spiel! Und Elfer verschießen kann ich auch immernoch!“.

12. März 2029 – Cello wirkt. Und wie! In den letzten drei Partien hat der FC St. Pauli mit ihm sagenhafte drei 1:1-Remis geholt. Aber jedes mal war er der Torschütze zum späten Ausgleich.
Geht es bergab mit den Kiezkickern?” lautet die Zuschauerfrage in der sonntäglichen Sendung “Übersteiger-Doppelpass” auf ÜS-TV. Die Diskussionsrunde besteht aus Sven Brux (Karnevals-OL), Sandra Schwedler (FCSP-Präsidentin), Oke Göttlich (Bundeskanzler), Corny Littmann (???) Stefan Effenberg (immer schon da) sowie Moderator Hossa.
Natürlich kommt es schnell zum Eklat. Ist schließlich der FC St. Pauli. Sandra wirft Sven immernoch den verweigerten Kuss bei der Siegerehrung vor, Sven bezichtigt Oke ein “radikaler Grüner” zu sein und Corny beschimpft Hossa als “Sozialromantiker”. Am Ende fliegende die Fäuste. Vor laufenden Kameras. Nachdem die Zuschauer zahlreiche Tennisbälle und Schokotaler auf die Protagonisten werfen, beruhigen sich die Gemüter. Anschließend werden die Wunden fachfräulich von der zufällig anwesenden Tierärztin Karen Voekel behandelt. “Die benehmen sich wie Tiere, also darf ich sie auch behandeln“. Punkt.

01. April 2029 – Es ist Sonntag und die Ostereier liegen versteckt unter’m Schnee. Gegen 16 Uhr rücken gut 4000 Helfer*innen am Millerntor an, um das Stadion von den Schneemassen zu befreien. Um 22 Uhr 30 kann die Partie gegen den Tabellensechzehnten Bayern München endlich angepfiffen werden. Zuvor läuft erstmals seit Mitte der 1990er (“Wumbo”) wieder ein Maskottchen am Millerntor auf. Im Kostüm der übergroßen Zecke steckt Ex-Stadionsprecherin Daggi. Einst hatte sie versprochen, dass, wenn es nochmals ein Maskottchen am Millerntor geben sollte und es eine Zecke ist, “dann mach ich das!“. Gesagt, getan. Chapeau! Die Partie endet torlos.

Knut mit Pirat
(Fotot: Hossa)

05. Mai 2029 – Das Auswärtsspiel in Dortmund wird allen in Erinnerung bleiben. Der Fanladen bucht über die “ÜS-Bahn GmbH & Travel KG” den längsten Sonderzug aller Zeiten. 2,5 Kilometer lang ist das 50 Waggon-Gefährt. Damit ist der schweizer Rekord von 1,91 km überboten. Guiness schmeißt ’ne Runde. Zudem ist dies die erste Mottofahrt seit Jahren. Diesmal heißt es: “Piraten”!
Und so reisen geschätzt je 1000 Klaus Störtebekers, Jack Sparrows sowie Mary Reeds und Anne Bonnys in die Ruhrpott-Metropole. Ein leicht verwirrter Simon von Utrecht wird gleich am Grasbrook ausgesetzt und enthauptet. Er schafft nicht mal fünf Meter ohne Kopf…

Gute Freunde kann niemand trennen (Foto: Hossa)


Am Dortmunder Hauptbahnhof angekommen, überfallen einige körperlich Behinderte (besondere Kennzeichen: Augenklappe, Holzbein, Handhaken) einen schottischen Imbiss. Also irgendwas mit Mac…
Da fast die komplette Mannschaft nach dem Besuch eben dieser Lokalität am Vorabend mit einer Lebensmittelvergiftung flach liegt, werden Spieler aus der U23 und U19 mit dem vereinseigenen Hyper-Solar-Jet eingeflogen. Auch Hürzeler schwankt daheim zwischen Kotz-Eimer und Kloschüssel. Somit sitzt Peterle Neururer mal wieder auf der Bank in der “Super-Dupa-Schau-ins-Land-Tipico-Verlier-mal-wieder-Arena”.
Bereits nach zehn Minuten führen die Braun-Weißen durch zwei Treffer von Moukoko 2:0. In der Halbzeit entlässt sich BVB-Boss Watzke selbst, zerreißt seine Dauerkarte und wird Mitglied bei Schalke 04.
Wäre er geblieben, hätte er eine Sensation erlebt: Matthias Emmerich, Enkel der BVB-Legende Lothar Emmerich (Stichwort: “Linke Klebe”) trifft binnen 30 Minuten fünf Mal und besiegelt den 5:2-Sieg der Borussia über die Kiezkicker.

Heiko ohne Bademantel
(Foto: Hossa)

Die Stimmung auf der Rückfahrt im Sonderzug ist nicht wirklich prickelnd. Die Mannschaft sowie das Präsidium hat es sich im Party-Waggon gemütlich gemacht und tanzt ausgelassen zu Schlagern wie “Siebzig Fässer Wein” und “Fiesta St. Pauilana”. Höhepunkt ist kurz vor Osnabrück der Auftritt von Heiko: Den weißen Bademantel hat er verloren und so singt er “Ich wünsch’ dir Liebe ohne Leiden” diesmal im Kilt. Inzwischen dringen Klaus Störtebeker, Jack Sparrow sowie Mary Reeds und Anne Bonny bis zum Lok-Käpt’n vor, kapern den Zug und werfen den Zugführer von Bord. Ungebremst rast der Sonderzug in den Sackbahnhof Altona, bricht durch alle Mauern und hebt kurzfristig ab. Der Zug rutscht anschließend knapp rechts am Altonaer Rathaus vorbei, biegt rechts in die Kaistraße ab und rast Funken sprühend bis zum Museumshafen Oevelgönne bergab. Dort kracht er bei Sturmflut in die Elbe. Die Segel-Abteilung des FC St. Pauli ist gerade am trainieren und rettet die “Sonderzug-Brüchigen” aus dem tosenden Fluten.

Land unter auf St. Pauli
(Foto: Hossa)

19. Mai 2029 – Es ist nichts mehr zu retten. Am letzten Spieltag der Bundesliga verliert die Hürzeler-Elf am Millerntor 0:2 gegen Regensburg. Knapp hinter Braunschweig, dass Mainz 1:0 geschlagen hat, Platz 17 und damit der Abstieg aus der Eliteklasse, sind das Ergebnis einer mehr als verkorksten Saison. Hürzeler entlässt sich selbst. “Ich habe fertig!“.

Es ist schon fast halb zwölf am Abend, als ein reichlich angetrunkener Mann ins mittlerweile fast leere Clubheim “Molly Roger” torkelt und brüllt: “Schmeißt die Kiste an, es is’ was passiert!“. Zunächst schenkt ihm niemand Beachtung. “Was willste denn?“, fragt Jackson schließlich und schmeißt die leere Whisky-Flasche gegen die Wand. “Ist Marinus Bester vom Michel gesprungen?“, bringt Sandra gerade noch raus, bevor sie vom Stuhl kippt. “Nein, nein“, brüllt der junge Mann sichtlich erregt.
Was ist denn eigentlich los?“, wollen nun alle wissen, als der Neuankömmling plötzlich lauthals brüllt: “Braunschweig hat einen nicht spielberechtigten Kicker eingewechselt!“. Langsam erheben manche die schweren Köpfe von den Tischen und die Wirtin ist bereits dabei, die Knöpfe am Fernseher zu malträtieren. Im gleichen Moment ertönt die “Übersteiger-Sportschau”-Melodie und ein bereits sichtlich angeschlagener Moderator Alex Pommes-Braun-Weiß begrüßt das Publikum:
Hallo und Guten Abend meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich hätte kaum gedacht, dass ich Sie zu so später Stunde noch einmal begrüßen darf, aber eine schier unglaubliche Entwicklung in der bereits geklärten Abstiegsfrage in der Bundesliga veranlasst uns zu einer Sondersendung“. Atemlose Stille im Clubheim, nur ungläubig dreinblickende Gesichter mit weit offenen Mündern. Die Worte des Moderators sind nicht gerade klug gewählt, aber er selbst hat wohl schon beim Feierabendbierchen gesessen und über die Ungerechtigkeiten des Fußballs sinniert.
Doch was der Mann gerade erzählt ist wahr. Braunschweigs neuer Trainer Tim Walther hatte im Eifer des Gefechts einen Spieler der Amateure eingewechselt, der noch keine Freigabe für Profieinsätze erhalten hatte. “Wegen dieses Verstoßes wird das Spiel Braunschweig gegen Mainz mit 0:3 Toren und drei Punkten für die Gäste gewertet“, verkündet der Moderator in diesem Moment. “Ein Einspruch dagegen ist nicht mehr möglich und St. Pauli ist somit Tabellensechzehnter“.
Ahhh, Ahhhh, Ahhhhh“, schreit einer, schnappt sich seinen Nachbarn, umarmt ihn jubelnd, um gemeinsam mit drei weiteren Tischnachbarn samt Stühlen umzufallen.

Feuer & Flamme für den Klassenerhalt!
(Foto: Hossa)

Vor einer Kneipe an der Budapester Straße, deren Besucher ebenfalls die Sondersendung verfolgt haben, steigt eine Leuchtrakete auf, um sozusagen die gute Nachricht in alle Himmelsrichtungen zu verbreiten. Irgendwo tanzen wildfremde Menschen zusammen auf der Straße, auf Kneipentischen und auf den Balkonen. Und weit weit weg sitzt ein frustrierter Braunschweiger Trainer, der es nicht fassen kann, dass er zum zweiten Mal in seinem Leben einen entscheidenden Einwechselfehler gemacht hat…
Gelingt dem FC St. Pauli in der Relegation der Klassenerhalt? Wer wird der Gegner sein?
Weiter zu Teil 5
// Hossa

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