FC St.Pauli – Eintracht Frankfurt 2:0 (1:0)
Tore: 1:0 Fabio Morena (32.), 2:0 Max Kruse (68.)
Zuschauer: 24.487 (ausverkauft, ca. 2.500 Gästefans)
Da sage nochmal einer, bei Heimspielen gibt es doch nichts zu schreiben…
Das Sportliche
Endlich hört dieses Mediengewäsch von “Kein Sieg gegen eine Spitzenmannschaft” auf. Mit sechs Punkten aus fünf Spielen sind wir da sicher im Soll, die Eintracht hat jetzt acht Punkte aus sechs Spielen innerhalb der “Top Fünf”.
Wir haben definitiv schon bessere Leistungen in der Hinrunde abgeliefert, die mehr nach drei Punkten verlangt hätten (u.a. im Hinspiel), aber auch 17:10 Torschüsse oder 12:4 Ecken für die Eintracht bringen eben keine Punkte, das haben wir umgekehrt ja auch schon oft genug feststellen müssen.
Während die erste Hälfte noch recht ausgeglichen war, mit einem leichten Übergewicht für die Eintracht, war es in der zweiten Halbzeit eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis die Frankfurter den Ausgleich erzielen, wir haben mal wieder drum gebettelt. Zweikämpfe wurden fast nicht mehr angenommen und wenn doch, dann verloren. Im Spiel nach vorne ging gar nichts, Marius Ebbers rechtfertigte seine Aufstellung an dem Tag offensiv gar nicht, aber immerhin defensiv und das reichte ja auch. Wirklich fest hielt den Sieg aber einzig Philipp Tschauner, der dafür auch mit seiner zweiten Berufung in die Elf des Tages beim Kicker und der Note 1,5 belohnt wurde.
Die glatte 1 hatte er sich wohl mit den Abschlägen versaut, wobei ich eher davon ausgehe, dass er die absichtlich so scheiße gemacht hat, um noch weitere Glanzparaden zeigen zu können.
Ein Tor nach Standard und Gewusel (6.Treffer nach einer Ecke diese Saison, unglaublich) durch Morena, sowie ein fantastisches Kontertor in Co-Produktion von Bartels und Kruse.
Dazu vielleicht mal ein taktischer Exkurs, soweit ich mich überhaupt da aus dem Fenster lehnen darf: Bei Ecken gegen uns stehen meist alle Spieler in oder um den eigenen Strafraum. Im Block 2 der Gegengerade sitzt hinter mir jemand, der dann immer lautstark fordert, Fin Bartels möge doch bitte an die Mittellinie gehen, da er ja so schnell sei.
Und Nein, genau das sollte er nämlich nicht, und gestern war nun endlich mal der Beweis für die Idee, die dahinter steht. Mal ganz abgesehen davon, dass Bartels alleine vorne aufgrund mangelnder Kernkompetenz im Abschluß ja eh kein Tor machen würde, ist dieser blitzartige Konter über ihn und Kruse aufgrund der Schnelligkeit der Beiden das viel gefährlichere Mittel.
Davon ab: Von zehn Pässen in die Mitte nach diesem Sprint kommen wohl neun nicht an und von zehn Pässen die ankommen schießt der Mitspieler weitere neun in den Ballsaal der Süd; alles in allem also ein Traumtor! Ich bleib dabei: Würde Bartels irgendwann anfangen Tore zu erzielen, ist er für uns nicht mehr zu bezahlen, also bleib wie Du bist, Fin!
Wäre dieses 2:0 nicht gefallen, hätte es wohl noch eine Niederlage gegeben. Wir taumelten über den Platz wie ein angeknockter Boxer der schon zweimal bis Neun angezählt worden war und landeten dann doch noch den Lucky Punch der Verzweiflung. Wenn wir in der Phase den Ausgleich kassiert hätten, wären wir untergegangen.
Immerhin konnte Gekas mit seinen handgezählten vier Umfallern keinen einzigen Freistoß bekommen, Respekt dafür an den Berliner Schiri Zwayer.
Philipp Tschauner hingegen wurde dann leider in der 90.Minute zum tragischen Helden, als er sich bei einer Flanke sicher den Ball griff und durch die Berührung des Gegenspielers am Kopf etwas unkoordiniert fiel, was jetzt zu einer bitteren Verletzungspause führt. Schultereckgelenkssprengung und zweifacher Bänderriss, Gute Besserung, Philipp!
Insgesamt ist die Mannschaft wohl froh, endlich in der Winterpause zu sein. Und natürlich sind 39 Punkte aus 19 Spielen eine gesunde Ausbeute. Wenn wir am Ende aufsteigen, fein, denn die Jungs haben es einfach verdient, auch wenn wie in Ingolstadt mal was daneben geht. Und wenn nicht, hoffe ich das Paderborn und Fürth auf- und Köln und Lautern absteigen, dann macht die 2.Liga noch mehr Spaß.
Die Kassenrolle
Meine Güte, wie oft das Wort wohl heute gegoogled wurde? Die Fernsehbilder zeigen also, wie ein weißer Gegenstand sich über das Fangnetz der Süd in der 47.Minute mittig in den Frankfurter Strafraum senkt, wo man sich grad zur Ecke sortiert.
Wohl eine Kassenrolle, die (kleiner Exkurs) zur Vorbereitung einmal komplett abgerollt wird, ihres harten Plastikkerns entledigt und anschließend (je nach Vorliebe) komplett oder in Teilen wieder aufgerollt wird.
Keine Diskussion: Wenn einen diese Papierrolle unvorbereitet aus einigen Metern am Kopf trifft, tut das weh. Wie Pirmin Schwegler sich also sowohl während des Spiels verhielt als auch nach dem Spiel im sky-Interview äußerte, fand ich bemerkenswert. Sinngemäß: “Ich sollte jetzt vielleicht was anderes sagen, aber: Mir geht es gut. So ein Vorfall ist besonders schade, weil das Publikum auf St.Pauli doch zu den besseren gehört.”
Ich will mir nicht ausmalen, wie die Reaktion von Gekas gewesen wäre…
In der Entstehung war es eine Szene, in der grad nichts los war, außerdem führen wir 1:0, die Wahrscheinlichkeit eines absichtlichen (vielleicht sogar gezielten) Wurfes eines einzelnen Idioten aus der Aufregung heraus ist aus meiner Sicht daher eher gering.
Wahrscheinlicher ist, dass da jemand den rituellen “Nach der Pause alle die Kassenrollen in Richtung Fangzaun schmeissen!“-Moment irgendwie verpasst hat und dann auch noch zu blöd war, den Tesa-Film zu entfernen. Typischer Fall von extrem dumm gelaufen, insbesondere wenn man dann auch noch trifft.
Fakt 1: Gegenstände werfen ist scheiße.
Fakt 2: Gerade beim FC St.Pauli sollte man das im Jahre 2011 wissen.
Fakt 3: Dummheit schützt vor Strafe nicht.
Fakt 4: Eine Kassenrolle, die sich wie geplant abrollt, hätte niemanden interessiert.
Soweit alle einig?
Ab hier kommen wir dann wohl in Bereiche, wo sich die Geister scheiden werden.
Aus meiner Sicht sollte man bei allem was jetzt kommt, die Kirche im Dorf lassen *pling*. Ja, der Wurf war falsch, man hätte die Rolle einfach fürs nächste Spiel wegpacken sollen. Wer jetzt hier aber die Parallele zum Becherwerfer (oder gar noch abstrusere Vergleiche zu Raketen in Rostock) ziehen will, übersieht folgenden Unterschied: Der (gefüllte) Bierbecher bleibt ein Gegenstand, der aufs Feld fliegt… ob er trifft, oder nicht. Die Kassenrolle hingegen hätte ihrer eigentlichen Bestimmung nach eher den Effekt von Konfetti gehabt und den Platz normalerweise kaum erreicht. Doof eben nur, dass sie mehr war als Konfetti, keine Frage.
Im Stadion dachte ich mir noch, dass es schön wäre, wenn der Werfer/die Werferin sich nach dem Spiel bei Sven Brux meldet und mit einem deprimierten “Ich hab scheiße gebaut!” zu Kreuze kriecht. Zweimal die Gegengerade mit der Zahnbürste schubben und Sven ein Jahr lang den Köder bezahlen und gut is’.
Gleiches dachte ich auch heute Morgen noch, nachdem ich die ersten Texte dazu gelesen hatte, wohlgemerkt noch ohne die Hexenjagd im Forum.
Inzwischen hat das Ganze eine etwas andere Wendung genommen, der Verein sucht jetzt öffentlich nach der Person und unterstellt Anderen ihr bewusst beim Untertauchen geholfen zu haben. Durch die Formulierung liegt es nahe, dass es eh bald aufgeklärt sei, von daher wäre es jetzt besser sich zu melden, sonst meldet sich die Polizei. Wie nett vom Verein, auch ne Interpretation von “Auf St.Pauli regeln wir das unter uns!“.
Der Boulevard springt wie zu erwarten war drauf an, prominente investigativ tätige Redaktionen wie das GMX-Portal überbieten sich an schwachsinnigen Foto/Text-Kombinationen.
Die zu Beginn des Spiel (übrigens weniger als erwartet) zündelnden Randalemeister 2011 werden als reisserischer Aufmacher genommen. Bildunterschrift: “Erneut wurde im Millerntor-Stadion mit Gegenständen geschmissen!”
Aufklärung zumindest im Text? Quatsch, wozu denn?
Aber so eine Kassenrolle macht eben optisch nicht so viel her…
Tja, die Links und Bilder zum Boulevard erspare ich uns wie gewohnt lieber, für den Verein gilt da aber wohl: Ziel erfüllt! Die Aufmerksamkeit hat man, der Werfer/die Werferin ist jetzt ähnlich beliebt wie ein U-Bahn-Schläger, im Zweifel wird er sogar härter bestraft.
Hab ich Mitleid mit dem Werfer / der Werferin? Ja, wenn ich sehe was da derzeit an Hetzjagd abgeht. Nein, wenn es zu erwarten wäre, dass es eine der Tat angemessene Bestrafung gibt, und das kann eben keine 1:1 Durchreichung der (zu erwartenden) Geldstrafe des DFB sein. Beim Lichterkarussel werden diese Gedanken etwas ausführlicher und eloquenter ausgeführt, auch beim Magischen FC oder im 1910Blog kann man dies so ebenfalls nachlesen.
Völlig anders (wenn auch nicht weniger eloquent) sieht dies der SantaPauli-Blog von Frau Jeky, aber sowohl sie als auch ich wären sicher schwer irritiert, wenn wir in solchen Dingen nicht möglichst weit voneinander entfernt wären.
Nachtrag: Der Magische FC hat nochmal nachgelegt und bringt u.a. noch den juristischen Blickwinkel auf den Text der Pressemitteilung ins Spiel.
Um es noch mal in einen zusammenfassenden Satz zu packen: Der Wurf war ein Fehler und es wird sicher eine Bestrafung geben, allerdings erhoffe ich mir von unserem Verein (wohlgemerkt nicht vom DFB), dass diese mit Augenmaß getroffen wird, die Verhältnismäßigkeit wahrend. // Frodo
Links:
– Bericht Gegengeraden Gerd (“Gebrannte Mandeln”)
– Bericht Magischer FC
– Bericht Lichterkarussell
– Bericht Neunzehnhundertzehn-Blog
– Bericht SantaPauli-Blog
– Bericht Kleiner Tod
– Bericht BeebleBlox (“Es geht auch mit Würstchen”)
– Bericht StPauli.nu (“Stolpernde Eintracht”)
– Bericht pathos93 (“Parallelen und Diskrepanzen”)
– Fotos Stefan Groenveld
– Fotos EFC Rodgau
Und sonst so…
Frohes Fest vom Verein!
httpv://www.youtube.com/watch?v=A3VGLdzCMFY
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