Oder: Warum ist der FC SPitzenreiter mal wieder Aufbaugegner?
Aufgrund des ÖPNV-Streiks ließ man sich in Gelsenkirchen einiges einfallen. So wurde ein „Pop-Up“-Fahrrad-Parkplatz in Stadionnähe quasi über Nacht aus dem Boden gestampft, um die Leute zu ermutigen, mit dem Rad anzureisen. Dazu gab es Shuttle-Busse für die Zuschauer*innen und einige Fußwege wurden sogar als Parkplätze für Autos freigegeben. Andere gingen die gut sieben Kilometer vom Bahnhof zur Arena zu Fuß. Ist ja schließlich Fußball…
Es macht natürlich mehr Spaß über einen Sieg des Teams deines Herzens zu schreiben, als über Pleiten, aber auch über richtig heftige Niederlagen geht das. Dann kann man sich mal so richtig über sein Team auskotzen! Die Aufstellung, die Tatik, das System und natürlich den Trainer in Frage stellen. Heute war es eher (Achtung: Berti Vogts): „Nich‘ Fich, nicht Fleich“. Und um Vegetarier*innen und Veganer*innen nicht außen vor zu lassen, wird dieses Menü fein aufgeteilt.
Vorspeise: „Eingemachte Kellerstufen an frittiertem Asphalt mit Petroleum“! Der FC Schalke 04 bezwingt im Freitagabendspiel den Tabellenführer FC St. Pauli 3:1 (1:0). So nüchtern heißt es dann in den Medien. Aber eine Auswärtsfahrt beginnt bekanntlich hinter den Elbbrücken. Solange es nicht nach Kiel, Rostock oder Berlin geht…
Ein paar Redeaktionsmitglieder*innen haben sich (per PKW und Sonderzug) auf den Weg in die Ruhrpott-Metropole gemacht und kurz nach 13 Uhr kommt das erste Foto aus Höhe Cloppenburg von der A1: „Schalker on Tour“, auf einem großen Zettel am Heckfenster eines Busses – ja wo kommen die denn her?
Von „Drängt sie in den Straßengraben ab!“ bis „Klaut denen die Zaun-, ähem Blockfahne, – ähem den Block-Zettel„, lauten die schlaumeierischen Tipps aus der Heimat an die Crew auf der Autobahn.
Dann wird es ernst: Um 17 Uhr 13 erreichen mich die nächsten Fotos. Jetzt vom Stadion. Man ist also heile angekommen. Sehr schön! Dann servieren wir den…
Hauptgang: „Kühles Bier mit heißem Auflauf und lauem Kick“. „Der Aufstieg unters Dach war mies„, schreibt Franzi. Ich versteh’ erstmal nur Bahnhof… Wie Aufstieg? Der kommt doch erst im Mai. Und wieso Dach?… „Das ist offen„, klärt mich der inzwischen eingetroffene Tom auf. Heute erscheint er sogar nicht erst mit der letzten Sekunde vor dem Anpfiff. Dieser erfolgt dann alsbald. Schnell noch Bier aus dem Kühlschrank holen, Auflauf in den Ofen schieben und los geht das Drama!
Nach zwei guten Chancen in den ersten 15 Minuten, beginnen Tom und ich zu fluchen. „Weil sich St. Pauli einfach nicht richtig präsentiert„, lautet die erste Analyse. „Die spielen gegen den Trainer„, denke ich leise. Das Schlimmste aber ist: Abwehrchef Eric Smith muss nach zwölf Minuten verletzt raus!
Alter Schwede! „Ich ahne Böses„, unkt Tom.
Schalke übernimmt plötzlich das Ruder und rudert und rudert. Kurz vor der Pause zum 1:0. „Quasi aus dem Nichts„, beschreibt der sky-Reporter den gut vorgetragenen Angriff und das Tor. Wo war die Quasselstrippe die letzte halbe Stunde? Auf’m Klo…? Da muss ich nun auch hin und zum Glück ist Pause. Aber seit Eric raus ist, agiert nur noch „Königsblau“.
Weiter geht’s!- Und wie es weiter geht! „Von Aufbäumen keine Spur“, schrieb ich im Vorbericht über Schalkes Auftritt in Magdeburg. Und genau das machen – oder machen unsere Held eben auch nicht. In Minute 73 schnürt Schalkes Kabadayi seinen Doppelpack. Dabei sieht die komplette Hintermannschaft des FCSP aber mal so richtig Scheiße aus!
Dann plötzlich ein Hoffnungsschimmer: Elias Saad belebt nach seiner Einwechslung das Spiel der Unseren und trifft in der 89. Minute zum Anschluss. Okay, war noch leicht abgefälscht. Aber ein Tor ist ein Tor ist ein Tor! Jubel in der Kurve und auf dem Sofa!
Sieben Minuten Nachspielzeit werden angezeigt. „Da geht noch was!„, ist die fachmännische und einhellige Meinung der vollgefressenen Fans auf den Sofa-Sitzplätzen mit dem unbändigen Glauben an ihre Fußball-Götter. Doch nur drei Zeigerumdrehungen später folgt der berühmte „Knock-out“: Karaman erzielt den Treffer zum 3:1-Endstand.
Dessert: „Pandemie von Houston-Fake mit flambierten Präsi-Blabla auf Drei-Pleiten-Pudding“. Als Fabian Hürzeler vor dem Spiel beim sky-Interview ganz zum Schluss sehr dezent auf die Vertragssituation angesprochen wurde, antwortete unser (Noch-)Coach sinngemäß: „Es wird zeitnah in der nächsten Zeit bekannt gegeben“. Oh weia!
Nach der Partie kam er nicht zum Interview vor die Kameras und auch kein Andreas Bornemann. Stattdessen stellte sich Präsi Oke den „investigativen“ Fragen der natürlich absolut kompetenten Journalisten. Sein Statement: „Wir nehmen uns die Zeit„. Und auf eine weitere intensivere Nachfrage: „Wir kämpfen um Fabian Hürzeler„. Klingt für mich irgendwie so, dass der Verein bettelt und Fabian alle Trümpfe in der Hand hat. Unterschreib endlich, Digger!
Digestiv: „Doppelter Helbing mit fettem Fluch!“ Prost!
P.S.: Übrigens ist es auf den Tag genau vier Jahren her, dass am Millerntor ein Spiel vor Fans stattfand, bevor Corona kam. 3:1-Sieg über den VfL Osnabrück und jemand hatte einen runden Geburtstag. Aber das ist wieder mal eine ganz andere Geschichte.
// Hossa (& Tom Bilbao)
FC Schalke 04: Müller – Soppy (69. Brunner), Kalas, Murkin, Ouwejan – Schallenberg, Seguin – Lasme (62. Topp), Karaman, Kabadayi (77. Churlinov) – Terodde
FC St. Pauli: Vasilj – Wahl (85. Albers), Smith (12. Dźwigała), Mets – Saliakas, Irvine, Kemlein (46. Eggestein), Treu – Metcalfe (62. Saad), Hartel, Afolayan
Tore: 1:0 Kabadayi (44.), 2:0 Kabadayi (73.), 2:1 Saad (89.), 3:1 Karaman (90.+2)
Gelbe Karten: Soppy, Kabadayi, Churlinov / –
Schiedsrichter: Daniel Siebert (Berlin)
Fans: 61.497
Ein Kommentar
Kommentare sind geschlossen.