Verdammt, verflucht, verpfiffen!

Nach neun Jahren: Erste Pleite beim KSC

Immer den Abstand auf Platz 2 und 3 hoch halten ist doch auf die Dauer langweilig, dachten sich die Kiezkicker wohl und streuten mal wieder eine Niederlage in der Liga ein. Bereits die dritte in diesem Jahr! Was erlaube Mannschaft? Heute wird hier geflucht!
Überschattet wurde der Ausflug ins Badische Land nicht nur durch die 1:2-Pleite und die unberechtigte Gelb-Rote Karte für Hauke Wahl, sondern auch durch die Nachricht, dass ein St. Pauli-Fan auf der Anreise kollabiert sei und in in einem Frankfurter Krankenhaus behandelt wird. Das erklärt auch, dass es keinen organisierten Fansupport aus der St. Pauli-Kurve gab. Selbst die Karlsruher Ultras haben noch blitzschnell eine Tapete gebastelt “Kein Spiel ist wichtiger als das Leben! Für immer Ultras”, ließen sich ihren druckvollen Support inklusive eindrucksvoller Blockchoreo aber nicht nehmen. Über den Gesundheitszustand des St. Pauli Fans ist uns zu diesem Zeitpunkt noch nichts bekannt, wir hoffen er ist aus dem Gröbsten raus und wünschen: Gute Besserung!

On the road again…
(Foto: Franzi)

Kollegin Franzi hatte sich schon früh per Auto auf den Weg nach Karlsruhe aufgemacht. Ich dagegen machte einen auf “Sofa-Kartoffel” und beschäftigte mich ab 13 Uhr mit Gegner- bzw. Konkurrenz-Beobachtung. Die Ergebnisse der Spiele in Nürnberg und im Volxpark trugen nicht unbedingt zur Erheiterung bei. Zum Lachen brachte mich dann aber KSC-Trainer Christian Eichner im Pre-Match-Interview auf sky: “Der grüne Rasen ist verantwortlich dafür, was auf den Rängen passiert“. Ein wahrer Philosoph!

Das Wildparkstadion!
(Foto: Franzi)

Franzi hatte die Baden-Metropole inzwischen erreicht. In einer Textnachricht schrieb sie: “Etliche tolle Karlsruher beim Bier schnorren im Schlosspark kennengelernt. Aber unsere größte Verbindung ist das “Nicht-Mögen” des HSV.
Im Stadion dann eine schöne Entdeckung: Im Gästeblock gibt es barrierefrei Rolliplätze plus einem Klappsitz für eine Begleitperson und das mitten im Stehblock! “Die Heimfans haben auf gleicher Höhe links davon die ganze Tribüne dafür. Immer 2x Rolli und daneben immer ein Platz für die Begleitungen“, meldet Franzi. Chapeau!

Barrierefrei: Rolliplatz plus Begleitungssitz
(Foto: Franzi)

Endlich: Das Spiel beginnt. Leider gar nicht gut! Bereits nach 90 Sekunden gibt es die erste KSC-Ecke, die prompt zum 1:0 führt. Jerome Gondorf kommt unbedrängt zum Kopfball, den Nikola Vasilj etwas uncool abprallen lässt. KSC-Verteidiger Marcel Franke netzt trocken ein. Verdammt!
Nach zwölf gespielten Minuten testet Manolis Saliakas die Standfestigkeit des Karlsruher Tores. Erst tanzt er mit zwei, drei angetäuschten Abschlüssen die KSC-Defensive aus und dann nagelt unser Grieche die Kugel mit geschätzten 200 km/h ans Lattenkreuz, aber das Gehäuse fällt nicht um und die Murmel nicht ins Netz. Verflucht! Man möchte den Kickern einen Hippie-Shanty aus den 1980ern zurufen: “Wehrt euch, leistet Widerstand…“. Aljoscha Kemlein scheint als erster meine gerufene 80er-Parole vernommen zu haben, steht bei seiner guten Chance aber hauchzart drei Meter im Abseits. Verflixt!
Nach einer knappen halben Stunde gibt es eine längere Verletzungspause, die beide Teams zur Flüssigkeitsaufnahme nutzen. Bei noch immer knapp 30° C im Stadion keine ganz schlechte Idee. Fabian Hürzeler nutzt diese aber auch zum Coaching. Und seine Anweisungen werden kurz darauf von Erfolg gekrönt. Cello Hartel bringt wie immer die Ecke rein und im 16er sorgen die Braunweißen für ordentlich Verwirrung. Käpt’n Jackson AIRvine schädelt die Kugel scheinbar in der Luft stehend unhaltbar in die Maschen – 1:1! Chapeau!

Während ich nach der dreiminütigen Nachspielzeit bei angenehmen 23° C und einem Snack die Halbzeit auf dem Balkon verbringe, meldet Franzi “Akku alle“. Wann gibt es endlich in den Wellenbrechern angebrachte Handy-Ladestationen? (und Zapfhähne).
Während Cello zuletzt gegen Paderborn noch auf der linken Seite wirbelte, muss er heute auf rechts ran. Elias Saad ist dagegen so ziemlich überall auf dem Platz zu finden. Dann wird es plötzlich kurios: Ob Foul und Elfer oder Eckball ist die VAR-Frage. Es gibt nix! In der 53. Minute ist erneut Jackson zur Stelle und zimmert das Kunstleder an den Innenpfosten und ins Netz. Wieder meldet sich der “Traurig aber VAR” (Copyright darauf hat Arnd Zeigler!). Ob nun Kemlein oder Saad im Abseits standen, – da ist sich der Kölner Keller auch nicht so ganz einig, aber der Treffer wird aberkannt. Verdammt!

Cello bei einer seiner Ecken. Foto: Franzi

Nun kommt die Zahl “3” ins Spiel. Nein, nicht Karol Mets. Der Este spielt von Beginn an. Aber nur drei Minuten nach dem nicht gegebenen Tor, gibt es drei Hartel-Ecken in Folge für St. Pauli. Jojo Eggestein prüft zunächst KSC-Keeper Patrick Drewes per Kopf, anschließend scheitert auch AIRvine per Kopf am Schlussmann. Bei der dritten Chance köpft der Käpt’n dann aber deutlich drüber. Verflucht!
In Minute 69 wird lauthals geflucht und mal so komplett die gute Kinderstube vergessen! Ein langer Pass, die Kugel einmal quergelegt und Vasilj ist ohne Chance. Das ging für unsere Defensive einfach viel zu schnell. Verdammt!

Das Comic von Guido Schröter (scheißfussball.de) aus unserem letzten Heft ist praktisch auf jedes Spiel anwendbar und passend.

Unser Coach holt sich in der Folge noch seine fast schon obligatorische Gelbe Karte ab (die siebte bislang!) und dann kommt es zur absoluten Un-Szene und Fluch-Höhepunkt: St. Pauli ist im Angriff und im 16er wird Manolis glasklar gefoult. Kein Pfiff, kein VAR. Der KSC versucht zu kontern, doch Hauke Wahl spitzelt Igor Matanovic die Kugel gekonnt weg. Nachdem er bereits nach 24 Minuten irrtümlich Gelb gesehen hatte, muss er nun den Platz verlassen. Verpfiffen! Ampelkarte heißt das Stichwort. Apropos: Wo ist da eigentlich das Grün…? (Anmerkung: Nach 246 Spielen ist dies der allererste Platzverweis in Haukes Karriere!)
Es wird noch reichlich durchgewechselt, Cello hat in den fünf Minuten Nachspielzeit noch zwei Gelegenheiten, dann ist Ende. Verdammt! Verflucht! Verpfiffen!
Aber merke: “You’ll Never Walk Alone!”, was nach Abpfiff auch druckvoll von der gesamten St. Pauli Kurve in Richtung der Mannschaft angestimmt wurde. Gänsehaut!

„Wir müssen so gut sein, dass der Schiedsrichter nicht unser Spiel beeinflussen kann. Das haben wir heute nicht geschafft.“ (TV-Screenshot: Hossa)

Im Interview nach der Partie wird Hürzi gefragt, woran denn sein Team heute gescheitert sei. “Am schlechten Start“, ist seine punktgenaue Antwort. Und weiter: “In den wichtigen Phasen haben wir nicht das Richtige getan“. Das ist unbestritten gut formuliert. Zum Abschluss fordert er noch mehr Hand-Gesicht-Koordination: “Wir müssen uns an die eigene Nase fassen“. Na denn… // Hossa


Karlsruher SC: Drewes – Jung, Franke, Beifus, Herold – Nebel (90. Stindl), Gondorf (90.+2 Rapp), Jensen (67. Burnić), Wanitzek – Matanović, Zivzivadze (67. Schleusener)
FC St. Pauli: Vasilj – Dźwigała, Wahl, Mets – Saliakas, Irvine, Kemlein (71. Amenyido), Ritzka (85. Albers) – Saad (71. Afolayan), Eggestein (90. Maurides), Hartel
Tore: 1:0 Franke (2.), 1:1 Irvine (37.), 2:1 Nebel (69.)
SR: Michael Bacher
Fans: 33.000 (ausverkauft)

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