Oder: St. Pauli 1 – hsv egal
Für euch das Spiel Revue passieren lässt: Hossa
Das Haus- und Hofmagazin vom Millerntor hatte mich erneut „shangheit“, um einen Text zum Spiel unserer Frauen in der zweiten Runde des DFB-Pokals zu schreiben und Dank eines gewissen Herrn Brux erhielt ich auch drei Tage vor dem Match eine Presseakkreditierung. Somit stand einem heißen Pokalderby nichts im Weg.
Und heiß lautet auch das Stichwort. Bei bestem Spätsommerwetter und 30° C kam ich gegen 17 Uhr am Stadion an, begrüßte das ein oder andere bekannte Gesicht und holte meine Arbeitskarte ab. Dass es schon einige Zeit her ist, dass ich Stadionführungen machte, musste ich feststellen, als ich mich in der Haupttribüne doch tatsächlich kurz verlaufen hatte… tststs
Durch die freundliche Unterstützung eines netten Ordners fand ich jedoch zum Presseraum samt Currywurst. Bier gab es dort leider nicht, doch ich Schlaufuchs hatte mich unten im Umlauf schon versorgt.
Ich bezog Sitzplatz Nummer 23, was sich kurz darauf als eher suboptimal erwies, denn direkt vor mir saßen vier Nasen, mit Shirts und diesen schwarzen-weißen Quadraten auf blauem Grund, die auf der Spitze stehen und angeblich Rauten sein sollen.
Ab 17 Uhr 35 begann der erste verbale Schlagabtausch zwischen der prallgefüllten Gegengeraden und dem kleinen Haufen in der Nordkurve. Kurz vor 18 Uhr lief auf der Leinwand noch das neue Video unser Kickerinnen, dann präsentierte Stadionsprecherin Anja im Mittelkreis die Teamaufstellungen. Um sie herum spielten sich die St. Paulianerinnen noch warm und ein scharf geschossener Ball zwang Anja zu einem eleganten Ausweichmanöver, begleitet von einem lauten „Huuuuch!“…
Um 18 Uhr 29 ertönte Hells Bells und die unterste Reihe der Gegengerade wurde von roten Bengalos erleuchtet. In der Nordkurve brannte ein jämmerliches kleines blaues Lichtlein.
Bereits nach sechs Minuten hatte sich der Traum von der Pokal-Sensation in den – von den „Cruise-Days-Kreuzfahrtschiffen“ verpesteten – Hamburger Abendhimmel verflüchtigt. Denn das Gäste-Team bewies von Beginn an, dass sie eben eine Liga höher spielen. Larissa Mühlaus eröffnete mit ihrem ersten von drei Treffern nach 160 Sekunden den Torreigen, die äußerst agile Lisa Baum legte kurz darauf doppelt nach. 0:3 nach 21 Minuten…
Kurz nach einer Trinkpause in Minute 25, musste Midou Loubongo-Mboungou verletzungsbedingt vom Platz, für sie kam Emma Forchel in die Partie. Durch allzu viele leichte Ballverluste im Mittelfeld machten es sich die Kiezkickerinnen in der Folgezeit selbst schwer und die Rothosen kannten kein Erbarmen. Zwar verdaddelten die Gäste die ein oder andere aussichtsreiche Möglichkeit, doch quasi mit dem Pausenpfiff schraubte Sarah-Vanessa Stöckmann auf 0:4. Zeit für eine dringend benötigte Hopfenkaltschale…
Zurück im Pressebereich sah ich noch kurz die kopfschüttelnde Trainer-Mama Eva, bevor ich wieder Sitzschale 23 bezog und Schiedsrichterin Anna-Lena Heidenreich um 19 Uhr 36 wieder anpfiff.
Braun-Weiß schien entschlossener und legte auch wesentlich mehr Härte in die Zweikämpfe. Doch leider haperte es im Abschluss oder der letzte Pass kam einfach nicht an. In der 61. Minute musste Keeperin Frederike Ihle erneut den Ball aus dem Netz holen, obwohl sie den Schuss von Victoria Schulz beinahe pariert hatte. Zwei Minuten später gab es – nach einem absolut unnötigen Foul -einen absolut berechtigten Strafstoß, den Mühlaus locker unten rechts zum 0:6 einschob. Zweimal konnte sich unsere Keeperin aber noch gegen Baum auszeichnen, als sie in Minute 65 und 67 in bester Almuth-Schult-Manier parierte. Chapeau!
Nach etlichen Wechseln auf beiden Seiten und einer erneuten Trinkpause, ließen die Kräfte bei beiden Teams sichtbar nach. Nur Keeperin Ihle lief nun zur Höchstform auf und parierte gegen Schulz (83.), Irma Schittek (85.) sowie erneut gegen Mühlhaus (88.) bravorös.
Und nun kommen wir zu den absoluten Highlights! Bereits kurz nach der Pause hatte Anja die Zahl der Anwesenden bekannt gegeben: Mit 19.710 Fans wurde ein neuer Rekord im Frauenfußball in Hamburg erreicht. Chapeau!
Und dann setzte sich Joline Floeter im 16er energisch durch, stocherte nach und hatte etwas Glück, als Gäste-Torhüterin Lela-Celin Naward sich die Kugel dann selbst ins Nest schubste. Der Ehrentreffer – 1:7 !!! Chapeau!
Um 20 Uhr 26 erfolgte der Abpfiff und nun die Partie ging erst richtig los. Vor der Gegengeraden ließen sich unsere Frauen zu Recht ausgiebig feiern. Denn gegen das klassenhöhere Team haben sie nie aufgesteckt und sind gelaufen und haben gerackert bis zum Umfallen. Chapeau!
Es dauerte ob der Feierlichkeiten ewig, bis es in der Mixedzone auf Stimmenfang gehen konnte. Hier eine kleine Auswahl.
Vanessa Zawada: „Jeden Traum vergisst man irgendwann. Aber das heute werden wir unser ganzes Leben nicht vergessen.“
Kim Koschmieder: „Unterm Strich war es ein toller Tag für uns und auch für den Fußball im Norden.”
Schnecke Kalla: „Man hat im Spiel gesehen, dass der HSV eine Liga höher spielt. Für uns gilt es jetzt, das Positive aus diesem Pokalabend mitzunehmen und weiter zu arbeiten.”
FC St. Pauli:
Ihle – Loubongo (27. Forchel), Nicoleit (64. Gellert), Hauschild, Kingman (C), Ginsberg (64. Sellami), Mannes (74. Greifenberg), Bodenstedt, Floeter, Hechtenberg (64. Zawada), Rinast
Trainer-Team: Kim Koschmieder & Jan-Philipp Kalla
HSV:
Naward – Deyß, Günther (58. Schittek), Mühlhaus, Stoldt, Baum (69. Profé), Marquardt (57. Schulz), Hirche, Stöckmann, Woelki, Lahr (59. Karowski)
Trainer: Marwin Bolz
Tore:0:1 Mühlhaus (3.), 0:2 Baum (6.), 0:3 Baum (21.), 0:4 Stöckmann (45. + 1), 0:5 Schulz (61.), 0:6 Mühlhaus (63., FE), 0:7 Mühlhaus (88.), 1:7 Naward (Eigentor, 90.)
Gelbe Karten: Fehlanzeige
Schiedsrichterin: Anna-Lena Heidenreich
Fans: 19.710
Foto: Ariane Gramelspacher
Foto: Ariane Gramelspacher
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